JudikaturJustiz3Ob98/02m

3Ob98/02m – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. April 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerold A*****, vertreten durch Dr. Alexander Haas, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Waltraude Maria A*****, vertreten durch Dr. Richard Benda, Rechtsanwalt in Graz, wegen 25.090,43 EUR sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. Jänner 2002, GZ 6 R 221/01v 11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. August 2001, GZ 23 Cg 84/01m 7, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger und dessen am Verfahren nicht beteiligter Bruder sind die Söhne des am 28. Mai 1998 verstorbenen Erblassers und die Stiefsöhne der beklagten erblasserischen Witwe. Der Erblasser setzte in seinem Testament die Beklagte zur Universalerbin seines gesamten Vermögens ein und verpflichtete sie, die angetretene Erbschaft nach ihrem Tode seinen beiden Söhnen zu gleichen Teilen zu überlassen (fideikommissarische Substitution gemäß § 608 ABGB). Im Verlassverfahren gab der Beklagtenvertreter für die Beklagte als Vorerbin zum gesamten Nachlassvermögen eine bedingte Erbserklärung unter Verzicht auf das Recht zur Gläubigereinberufung ab. Nach dem im Verlassenschaftsverfahren errichteten Inventar beträgt der Reinnachlass 2,071.511,24 S = 150.542,59 EUR, davon entfallen 1,1 Mio S = 79.940,11 EUR auf eine Eigentumswohnung und 400.000 S = 29.069,13 EUR auf eine Liegenschaft. In der im Rahmen der Tagsatzung zur Durchführung der Verlassabhandlung vom 2. Juni 1999 erstellten Niederschrift wurde festgehalten, dass die Pflichtteilsansprüche der Beklagten, des Klägers sowie dessen Bruders je 1/6 des Reinnachlasses, sohin je 345.251,87 S = 25.090,43 EUR betragen. In dieser Tagsatzung wurde vereinbart, dass im Hinblick auf die nicht zur Gänze aus dem Barvermögen des Nachlasses mögliche Berichtigung der Pflichtteilsansprüche der beklagten Witwe sowie der beiden Kinder zur Berichtigung dieser Ansprüche eine außergerichtliche Einigung erfolgen werde und das Verfügungsrecht für sämtliche erbl. Vermögenswerte (Substitutionsmasse) dem Beklagtenvertreter, dem Kläger und dessen Bruder (nur) gemeinsam zukomme.

Mit rechtskräftigem Beschluss des Verlassenschaftsgerichts vom 18. Juni 1999 wurde die bedingte Erbserklärung der Beklagten zu Gericht angenommen und ausgesprochen, dass über das gemeinsame Verfügungsrecht des Beklagtenvertreters sowie der beiden Nacherben über nachstehende erbl. Vermögenswerte und Konten (Konten, Sparbücher, Münzen, Goldbarren und Schmuckgegenstände) die entsprechenden Banken, das Amt der Stmk. Landesregierung und der Gerichtskommissär in Kenntnis gesetzt werden. Der Nachlass wurde mit Einantwortungsurkunde vom 18. Juni 1999 der Beklagten als Vorerbin zur Gänze eingeantwortet; darin ist auch die im Grundbuch vorzunehmende Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten an den erbl. Liegenschaften mit der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution zugunsten des Klägers und dessen Bruders angeführt.

Mit Schreiben vom 11. Juni 2000 unterbreitete der Beklagtenvertreter den beiden Nacherben einen Vorschlag für die Auszahlung der Pflichtteilsansprüche. Auf die weitere Aufforderung des Beklagtenvertreters mit Schreiben vom 13. Juli 2000 an die Nacherben, ihre Zustimmung zur Auflösung der Sparkonten bzw. zu den sonst notwendigen Verfügungen zu erteilen, um die Pflichtteilsansprüche erfüllen zu können, reagierten die Nacherben in ihrem gemeinsam verfassten Schreiben vom 20. Juli 2000. Darin forderten sie von der Beklagten für den Kläger einen Nachlass Pflichtteil in Geld von zunächst 400.000 S = 29.069,13 EUR, jedoch unter ausdrücklichem „Hinweis", dass von ihnen zu einer Heranziehung des Nachlassvermögens für die Berichtigung der offenen Pflichtteilsansprüche keine Zustimmung erteilt werde (weil die Beklagte zur Tilgung der Pflichtteilsansprüche nicht die ihnen zustehende Nacherbschaft heranziehen dürfe, sondern dies aus eigenen Mitteln bzw. aus Mieteinnahmen der Wohnungsvermietung bestreiten müsse), die Veräußerung oder Aufteilung von Nachlassteilen rechtswidrig und aussichtslos sei und auch keine Chance bestünde, eine gerichtliche Zustimmung zu erhalten; die Beklagte wurde auch aufgefordert, einer Transferierung des gesamten „Geldvermögens" auf ein einziges Konto, lautend auf die beiden Nacherben zuzustimmen; ein Vorschlag zur Befriedigung der Pflichtteilsansprüche aus dem Substitutionsvermögen wurde jedoch nicht unterbreitet. Vor der vorliegenden Klageführung erteilten die beiden Nacherben der Beklagten keine Zustimmung zu den für die Auszahlung des Pflichtteilsanspruchs aus dem Nachlassvermögen notwendigen Verfügungen.

In der Tagsatzung vor dem Erstgericht vom 5. Juni 2001 erklärte der Klagevertreter namens des Klägers, nunmehr jedweder Verfügung durch die Beklagte zur Erfüllung berechtigter Pflichtteilsansprüche zuzustimmen; eine Zustimmung des Bruders des Klägers liegt nicht vor.

Der Kläger begehrte mit seiner Pflichtteilsklage 1.) gegenüber der Beklagten die nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende Feststellung, die Belastung der Erbansprüche des Klägers durch die fideikommissarische Substitution bis zur Höhe der Pflichtteilsansprüche des Klägers im Betrage von 345.251,87 S = 25.090,43 EUR sei ungültig, und 2.) von der Beklagten die Zahlung von 345.251,87 S = 25.090,43 EUR s.A. Beide Begehren wurden jeweils allein auch als Eventualbegehren geltend gemacht.

Die Beklagte stellte das Klagevorbringen in allen wesentlichen Punkten, insbesondere auch die Höhe des Begehrens außer Streit, beantragte jedoch Abweisung des Klagebegehrens, weil der Pflichtteilsanspruch des Klägers nicht fällig sei. Im Verlassverfahren habe man sich im Hinblick auf die nicht zur Gänze aus der Erbmasse mögliche Berichtigung der Pflichtteilsansprüche der Witwe und der beiden Söhne des Erblassers darauf geeinigt, dass eine außergerichtliche Einigung erfolgen werde, und vereinbart, dass das Verfügungsrecht über sämtliche erblasserischen Vermögenswerte dem Beklagtenvertreter, dem Kläger und dessen Bruder gemeinsam zukomme. Der Kläger und sein Bruder würden jegliche Verfügung über sämtliche zum Nachlass gehörige Vermögenswerte verweigern, weil sie der Meinung seien, dass nur die Früchte der Beklagten zustünden, und das Bargeld selbst ein Teil der Nacherbschaft sei, somit ihr Pflichtteilsanspruch zusätzlich zu der Nacherbschaft befriedigt werden müsse.

Das Erstgericht wies das Haupt- und die Eventualbegehren ab. Es liege eine fideikommissarische Substitution gemäß § 608 ABGB vor, wobei die beiden Nacherben zugleich Noterben iSd § 762 ABGB seien. In diesem Fall könne der Noterbe seinen Pflichtteilsanspruch vom Vorerben verlangen, wobei der Pflichtteil die Substitutionsmasse belaste. Wie bei sonstigen Erbgangsschulden könne zur Erfüllung der Pflichtteilsansprüche das von der fideikommissarische Substitution betroffene Vermögen grundsätzlich auch ohne Zustimmung der Nacherben verwertet werden. Aufgrund der im Verlassverfahren getroffenen Vereinbarung der Streitteile und des Bruders des Klägers sei vor dem Vorliegen der Zustimmung der Nacherben zu den notwendigen Verfügungen im Nachlassvermögen für die Erfüllung ihrer Pflichtteilsansprüche durch die Vorerbin die Fälligkeit des Pflichtteilanspruchs allerdings nicht gegeben, zumal es bei diesen Verhältnissen völlig unbillig und nicht nachvollziehbar wäre, wenn der Vorerbe selbst bei Nichtzustimmung eines von ihm mit einem Mitverfügungsrecht "ausgestatteten" Nacherben zu den entsprechenden Verfügungen vorerst unter Heranziehung seines eigenen Vermögens zur Erfüllung dieser Ansprüche gezwungen werden könnte und er anschließend die notwendige Zustimmung für die Verfügungen in Ansehung des Nachlassvermögens klageweise gegen den/die mitverfügungs- und pflichtteilsberechtigten Nacherben durchsetzen müsste; vielmehr obläge es dem Kläger, die notwendige Zustimmung seines Bruders zu Verfügungen über das Substitutionsgut klageweise zu erwirken. Für das Feststellungsbegehren fehle ein rechtliches Interesse des Klägers, weil sich die Beklagte nie gegen die Berichtigung der Pflichtteilsansprüche aus der Nacherbschaft ausgesprochen habe.

Das Berufungsgericht änderte das in Ansehung des Feststellungsbegehrens bestätigte erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es die Beklagte zur Zahlung des Pflichtteilanspruchs von 25.090,43 EUR s.A. an den Kläger verhielt. Der Pflichtteilsanspruch stelle ein Forderungsrecht gegenüber dem Erben dar. Die dem Pflichtteilsrecht entsprechenden Verpflichtungen gehörten, wenn sie sich gegen den Erben richteten, zu den Nachlassverbindlichkeiten, seien eine Erbgangsschuld und könnten als solche gegenüber dem eingeantworteten Erben geltend gemacht werden. Auch bei einer fideikommissarischen Substitution besitze der Noterbe gegenüber dem Erben einen Anspruch in Geld, der durch das Substitutionsband nicht berührt werde. Der Vorbehaltserbe hafte dem Pflichtteilsberechtigten daher nach der Einantwortung als Erbe nach Zulänglichkeit des übernommenen Nachlasses persönlich, d.h. mit seinem ganzen Vermögen, jedoch nur bis zum Wert der ihm zukommenden Verlassenschaft. Dass nach der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung im Verlassenschaftsverfahren Verfügungen in Ansehung sämtlicher erblasserischer Vermögenswerte nur durch den Beklagtenvertreter, den Kläger und dessen Bruder gemeinsam möglich sind, vermöge daran nichts zu ändern, weil für den Pflichtteilsanspruch der Erbe persönlich mit seinem ganzen Vermögen und nicht nur die ihm zugekommene Verlassenschaft hafte.

Der Umstand, dass Kinder als Nacherben eingesetzt seien, schließe nicht aus, dass sie trotzdem schon jetzt einen Pflichtteilsanspruch geltend machen könnten; denn gemäß § 774 ABGB müsse der Pflichtteilsanspruch dem Noterben ganz frei bleiben und gemäß § 787 Abs 1 ABGB sei nur das anzurechnen, was der Noterbe durch Verfügung des Erblassers "wirklich" aus der Verlassenschaft erhalte. Dass die Nacherben, falls der Nacherbfall einmal eintreten sollte, für den Fall des Antritts der Nacherbschaft den erhaltenen Pflichtteil wieder herausgeben bzw. sich ihn bei der Auseinandersetzung mit ihren Miterben anrechnen lassen müssten, könne daran nichts ändern.

Rechtliche Beurteilung

Die von der zweiten Instanz mit der Begründung, es fehle höchstgerichtliche Rsp zu einem Fall wie hier, in dem beide Nacherben einerseits Noterben seien und ihnen andererseits auf Grund einer Vereinbarung bereits jetzt ein Mitverfügungsrecht über das gesamte Nachlassvermögen eingeräumt worden sei und sie ihre Zustimmung zu den notwendigen Verfügungen aber trotz Aufforderung durch die Vorerbin nicht geben, zugelassene Revision der beklagten Partei ist zulässig und berechtigt.

a) Der Erblasser setzte die Beklagte mit der Beschränkung einer fideikommissarische Substitution gemäß § 608 ABGB zugunsten seiner beiden Söhne (Kläger und dessen Bruder) zur Universalerbin ein. Die Beklagte ist damit Vorerbin (Fiduziarin). Der Kläger ist einer der beiden Nacherben (Fideikommissäre) und überdies Noterbe iSd § 762 ABGB. Zusammen haben Vor- und Nacherbe die Rechte eines freien (Voll )Eigentümers, doch ist das Recht des Vorerben ein auflösend bedingtes oder zeitlich beschränktes, mit dem Eintritt des Nacherbfalls endendes Eigentum (1 Ob 185/01i mwN aus der Rsp). Bis der Fall der fideikommissarischen Substitution eintritt, kommt dem eingesetzten (Vor)Erben das eingeschränkte Eigentumsrecht, mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers zu (§ 613 ABGB).

Der bloß in einer Geldforderung bestehende Pflichtteilsanspruch entsteht grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers (SZ 57/11 u.a.; Welser in Rummel 3 , vor § 762 ABGB Rz 3 f und §§ 762 764 ABGB Rz 6; Feil , Pflichtteilsrecht 2 , Rz 2.1, je mwN), kann unmittelbar nach Kundmachung des letzten Willens erhoben werden, weil der Anspruch ab diesem Zeitpunkt fällig ist ( Welser aaO §§ 762 764 ABGB Rz 16 mwN), ist eine Erbfallschuld und folgt schuldrechtlichen Regeln. Diese Schuld ist nach der Einantwortung - wie hier - gegen den Erben geltend zu machen ( Welser aaO §§ 762 764 ABGB Rz 15; Feil aaO Rz 2 mwN). Im Falle einer fideikommissarischen Substitution wie hier ist der Anspruch gegen den Vorerben zu richten, er wird durch das Substitutionsband nicht berührt ( Welser aaO §§ 762 764 ABGB Rz 15; Eccher in Schwimann 2 , § 787 ABGB Rz 4; Feil aaO Rz 7.2, je mwN). Dass der Kläger als Noterbe auch Nacherbe ist, schließt nicht aus, dass er trotzdem an sich schon jetzt seinen Pflichtteilsanspruch gegen die eingeantwortete Vorerbin geltend machen kann, denn gemäß § 774 ABGB muss der Pflichtteilsanspruch dem Noterben ganz frei bleiben und gemäß § 787 Abs 1 ABGB ist nur das anzurechnen, was der Noterbe durch Verfügungen des Erblassers „wirklich" aus der Verlassenschaft erhält. Folglich besitzt auch bei Vorliegen einer fideikommissarischen Substitution der Noterbe gegenüber dem Vorerben den vollen Pflichtteilsanspruch in Geld ( Feil aaO Rz 13.7). Der zum Nacherben eingesetzte Noterbe kann daher grundsätzlich sofort seinen Pflichtteil fordern, muss sich aber dann, wenn er später tatsächlich im Rahmen der Nacherbschaft bedacht wird, das ihm aus der Nacherbschaft Zugekommene anrechnen lassen (3 Ob 603/81 = EFSlg 40.994; 3 Ob 517/82 = EFSlg 40.995; RIS Justiz RS0012866; Feil aaO Rz 19; Weiß in Klang 2 III 864, 922). Der Vorerbe haftet dem Noterben nach der Einantwortung pro viribus (d.h. bis zum Werte der ihm zugekommenen Verlassenschaft) und nicht bloß cum viribus hereditatis (EvBl 1968/355; SZ 43/30 = EvBl 1970/222 = RZ 1970, 80 mwN; NZ 1991, 249 u.a.; Welser aaO § 802 ABGB Rz 1; Feil aaO Rz 19) und kann (nur) mit Zustimmung des Nacherben über die Substitutionsmasse verfügen ( Welser aaO § 613 ABGB Rz 3, 7); wirksam sind aber seine Veräußerungen und Belastungen der Substitutionsmasse zur Erfüllung oder Deckung von Nachlassverbindlichkeiten wie Pflichtteilsansprüchen; ihnen steht somit das Substitutionsband nicht entgegen (3 Ob 517/82; Welser aaO § 613 ABGB Rz 7 mwN; Eccher aaO § 613 ABGB Rz 8). Hat daher der Vorerbe den Pflichtteil aus eigenem berichtigt, steht ihm gegen die Substitutionsmasse ein Ausgleichsanspruch zu ( Eccher aaO § 787 ABGB Rz 4 mwN). Von Gesetzes wegen bestünde somit kein Hindernis für die beklagte Vorerbin, ungeachtet des Substitutionsbandes die Pflichtteilsansprüche der Nacherben aus der Substitutionsmasse zu befriedigen.

b) Diese Rechtslage ist nun hier unter dem Aspekt zu sehen, dass im Verlassverfahren die Vorerbin mit den beiden pflichtteilsberechtigten Nacherben im Hinblick auf die nicht zur Gänze aus dem Barvermögen des Nachlasses mögliche Berichtigung der Pflichtteilsansprüche eine Vereinbarung trafen, zwischen ihnen werde zur Berichtigung dieser Ansprüche eine außergerichtliche Einigung erfolgen, und das Verfügungsrecht für das gesamte Substitutionsvermögen (so die Niederschrift des Gerichtskommissärs ON 40 und die erstinstanzlichen Feststellungen) oder Teile desselben (so der Beschluss des Verlassenschaftsgerichts ON 44 und die Parteien in ihren Rechtsmittelschriftsätzen) komme dem Rechtsvertreter der Vorerbin, dem Kläger und dessen Bruder (nur) gemeinsam zu. Ob sich aus dieser Vereinbarung als einziger dazu denkbarer Rechtsgrundlage ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten gegenüber einem der beiden Noterben in Ansehung seines Pflichtteils ergeben kann, hängt vom Inhalt der getroffenen Vereinbarung ab. Dazu fehlen jedoch Vorbringen der Parteien wie auch entsprechende Feststellungen. Die Erstrichterin wird daher mit den Parteien ihre Absicht, den Inhalt und Geschäftszweck (§ 914 ABGB) der vor dem Gerichtskommissär getroffenen Vereinbarung zu erörtern und nach einem allfälligen Beweisverfahren entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Erst auf der Grundlage derartiger Feststellungen kann sicher beurteilt werden, ob sich nach dem Willen der an der Vereinbarung beteiligten Parteien die mit den Ansprüchen der Nach- und zugleich Noterben belastete Vorerbin auf das von ihr geltend gemachte Leistungsverweigerungsrecht (mangelnde Fälligkeit) berufen kann.

Aus diesen Erwägungen müssen in Stattgebung der Revision die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben werden.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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