JudikaturJustiz3Ob79/13h

3Ob79/13h – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. August 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M*****, vertreten durch Draxler Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. A*****, vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn Winischhofer Rechtsanwälte in Wien, wegen Erbteilung (1.000.000 EUR), infolge der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 12. Februar 2013, GZ 34 R 205/12t 33, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 17. August 2012, GZ 27 C 949/11b 29, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin und die Beklagte sind die Töchter des am 20. Juli 2007 verstorbenen Dr. W*****. Dieser hat in seinem Testament vom 19. Dezember 2004 die beiden Töchter zu gleichen Teilen als Testamentserbinnen eingesetzt.

Das Verlassenschaftsverfahren ist noch beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien anhängig; der Nachlass ist noch nicht eingeantwortet. Die Klägerin hat im Verlassenschaftsverfahren eine unbedingte, die Beklagte eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben. Die Verlassenschaft besteht aus unbeweglichem und beweglichem Vermögen mit jeweils beträchtlichem Wert.

Die Klägerin hat am 15. November 2011 gegen die Beklagte beim Verlassenschaftsgericht eine als „Erbteilungsklage“ bezeichnete Klage eingebracht, in der sie sich (allein) auf eine am 21. Oktober 2008 erzielte Einigung über die Erbteilung stützte, die sie in das Urteilsbegehren aufnahm. Dieses umfasst insgesamt 36 Punkte, wovon sich die ersten 14 darauf beziehen, dass „die Erbengemeinschaft der klagenden Partei zu 50 %-Anteilen einerseits und der beklagten Partei zu 50 %-Anteilen andererseits“ an im Einzelnen bezeichneten unbeweglichen Sachen aufzuheben und jeweils das Alleineigentum entweder der Klägerin oder der Beklagten einzuverleiben ist. In Punkt 15 wird der Ausspruch begehrt, die Klägerin (!) zu verpflichten, der Beklagten einen Betrag von 1.100.000 EUR zu zahlen. Laut Punkt 16 soll die Beklagte schuldig erkannt werden, hinsichtlich einer in Texas gelegenen Liegenschaft alle zur Durchführung des Eigentumsübergangs auf die Klägerin notwendigen Anträge zu stellen und Erklärungen abzugeben. Die Punkte 17 bis 33 betreffen Wertpapierdepots und Kontoguthaben, wobei jeweils begehrt wird, die Erbengemeinschaft aufzuheben und die Wertpapiere je zur Hälfte an die Klägerin und die Beklagte zu übertragen bzw nach Kontoschließung jeweils die Hälfte des Kontoguthabens an die Klägerin und die Beklagte auszuzahlen. Laut Punkt 34 des Klagebegehrens soll die Erbengemeinschaft an einer Kommanditgesellschaft aufgehoben werden und es sollen die Klägerin und die Beklagte im Firmenbuch als Kommanditistinnen mit einer Haftsumme von jeweils 6.235 EUR eingetragen werden. Laut Punkt 35 soll die Erbengemeinschaft an einer 18,75 % Beteiligung an einer Gesellschaft aufgehoben und die Beklagte zu diesen Anteilen als Gesellschafterin eingetragen werden. Das zu Punkt 35 gestellte Eventualbegehren geht dahin, den Veräußerungserlös aus dem Verkauf dieser Beteiligung an die näher bezeichneten Mitgesellschafter in der Gesamthöhe von 440.000 EUR an die Beklagte auszuzahlen. Punkt 36 betrifft die begehrte Verpflichtung der Beklagten, Geschäftsanteile an einer GmbH an die Klägerin zu übertragen und dazu alle notwendigen Erklärungen abzugeben.

Die Beklagte hat eine Einigung bestritten. Es seien Verhandlungen über ein Erbteilungsübereinkommen geführt worden, wobei aber noch eine eingehende steuerrechtliche Begutachtung erforderlich gewesen sei, deren Ergebnis erst im Februar 2010 vorgelegen sei. Danach seien die Verhandlungen über eine Erbteilung wieder aufgenommen worden; auch die Klägerin habe in diesem Zusammenhang am 30. Juni 2010 festgehalten, dass noch keine Einigung erzielt worden sei.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren auf der Grundlage der Annahme einer erzielten Einigung stattgegeben.

Über Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht das Ersturteil im Sinne einer Klageabweisung ab. Bereits auf der Grundlage des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts erweise sich das Klagebegehren als unberechtigt, weil die von der Klägerin behauptete Einigung über die Aufteilung nicht erzielt worden sei. Das Berufungsgericht ist weder darauf eingegangen, ob der begehrten Teilung aus anderen Gründen stattzugeben gewesen wäre, noch wurden die Berufungsgründe der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens inhaltlich erledigt. Die Revision wurde im Hinblick auf die Einzelfallbezogenheit nicht zugelassen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des klagestattgebenden Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungs und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die vorliegende Klage nicht als Teilungsklage qualifiziert hat, was aus Gründen der Rechtssicherheit im Einzelfall zu korrigieren ist. Die Revision ist auch im Sinne einer Aufhebung der Berufungsentscheidung berechtigt.

Das Vorbringen der Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision lässt sich dahin zusammenfassen, dass das Berufungsgericht die als „Erbteilungsklage“ bezeichnete Klage zu Unrecht nicht als Teilungsklage nach § 830 ABGB behandelt habe. Der Teilungsanspruch sei unbedingt, sodass die Teilung von der Klägerin grundsätzlich jederzeit und ohne Angabe von Gründen verlangt werden könne. Teilungshindernisse seien nicht hervorgekommen. Tatsächlich sei es am 21. Oktober 2008 zu einer Einigung über die Erbteilung gekommen. Werde eine solche Einigung wie vom Berufungsgericht nicht angenommen, hätte das Gericht die angemessene Art der Erbteilung verfügen müssen. Der von der Klägerin in der Klage unterbreitete Teilungsvorschlag sei für das Gericht nicht verbindlich.

Dazu wurde erwogen:

1. Mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterlässt, entsteht zwischen diesen zunächst bis zur Einantwortung eine sich auf das Erbrecht beziehende schlichte Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825 ff ABGB (RIS Justiz RS0012313). Diese Rechtsgemeinschaft wird durch Erbteilung aufgehoben (2 Ob 123/07p RIS Justiz RS0012313 [T3]), die von jedem Miterben auch schon vor der Einantwortung verlangt werden kann, aber erst mit dieser dinglich wirksam wird. Die Erbteilung erfolgt entweder durch Erbteilungsübereinkommen oder mangels Einigung durch Erbteilungsklage (RIS Justiz RS0012311).

2. Die auf Aufhebung der Erbengemeinschaft gerichtete Erbteilungsklage ist ein Fall der Teilungsklage nach § 830 ABGB (2 Ob 41/11k). Das Klagebegehren ist auf Teilung unter Angabe des Wertverhältnisses der jedem Miterben zukommenden Portionen zu richten. Die Teilung wird real, etwa durch Änderung in den ideellen Anteilen, oder zivil vorgenommen (RIS Justiz RS0012312). In das Teilungsbegehren kann auch ein Teilungsvorschlag aufgenommen werden (RIS Justiz RS0004270). Solche Teilungsvorschläge binden das Gericht nur insoweit, als es eine Verhandlung und Entscheidung darüber nicht ablehnen kann. Davon abgesehen handelt es sich aber bei einem von der klagenden Partei im Urteilsbegehren gemachten Teilungsvorschlag nicht um ein echtes Klagebegehren. Hält das Gericht die vorgeschlagene Teilung für nicht sachgerecht, so darf es die Klage nicht abweisen, sondern es hat die ihm angemessen erscheinende Teilung zu verfügen (RIS Justiz RS0004270 [T2], RS0113832). Eine die Art der Teilung regelnde Klage wird in Rechtsprechung und Lehre als (unvollkommene) Rechtsgestaltungsklage qualifiziert (RIS Justiz RS0013261 [T2]).

3. Die Klägerin hat im gesamten erstinstanzlichen Verfahren in den Vordergrund gerückt, dass bereits ein Erbteilungsübereinkommen zustande gekommen sei; dies hätte allerdings eine Erbteilungsklage entbehrlich gemacht. Andererseits hat sie die Klage als „Erbteilungsklage“ bezeichnet und beim Verlassenschaftsgericht eingebracht. In der außerordentlichen Revision bestätigt die Klägerin, dass sie mit ihrer Klage die Erbteilung auf Basis eines bestimmten Vorschlags begehrt und nicht die Durchsetzung einer bereits vereinbarten Erbteilung (wie es die Klageerzählung nahe legen würde).

3.1. Handelt es sich nun hier um eine Klage auf Teilung des Nachlassvermögens (Erbteilungsklage), ist zu bedenken, dass der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft ein unbedingter ist, weshalb das Teilungsbegehren keiner Begründung aus der Interessenlage des Teilungsklägers bedarf; die beklagte Partei trifft die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen von Teilungshindernissen (RIS Justiz RS0013247).

3.2. In das Begehren einer Erbteilungsklage kann bereits ein Teilungsvorschlag aufgenommen werden; ein solcher führt aber im Hinblick auf die fehlende Bindung des Gerichts nur dazu, dass das Gericht eine Verhandlung und Entscheidung darüber nicht ablehnen kann; es darf dann die Durchführung der Realteilung nicht dem Exekutionsrichter überlassen werden.

3.3. Die fehlende Einigung über die Erbteilung führt anders als das Berufungsgericht meint nicht zur Abweisung einer Erbteilungsklage; vielmehr ist im angeführten Sinn über die Teilung zu verhandeln und zu entscheiden.

4. Da das Berufungsgericht ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht die Berufung nicht erledigt hat, ist ihm eine neuerliche Entscheidung aufzutragen. Dabei wird zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung auch zu berücksichtigen sein, dass sich das gesamte bisherige Verfahren um die Frage gedreht hat, ob am 21. Oktober 2008 eine Einigung erzielt worden ist oder nicht; die Voraussetzungen und allfällige Hindernisse einer Erbteilung wurden bislang nicht erörtert, was im Verfahren nachzuholen sein wird.

5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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