JudikaturJustiz3Ob114/98f

3Ob114/98f – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Mai 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei O***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Wolf Heistinger, Rechtsanwalt in Mödling, wider die verpflichtete Partei K*****kommanditgesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Martin Wandl und Dr.Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in St.Pölten, wegen 6 Mio S infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgerichts vom 17. November 1997, GZ 5 R 175/97k-38, womit der Beschluß des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 24.Juli 1997, GZ 6 Cg 11/97w-34, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei begehrte die Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung und beantragte folgenden Beschluß:

"Auf Grund des Versäumungsurteiles des Landesgerichtes Krems an der Donau, GZ 6 Cg 11/97w-19, vom 16.04.1997, wird der ... betreibenden

Partei ... wider die ... verpflichtete Partei ... zur Sicherung der Forderung von 6.000.000 S samt 7,25 % p.a. Zinsen seit 20.04.1996 sowie 150.262,40 S an Prozeßkosten und die Kosten dieses Antrages für die Zeit bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens 6 Cg 11/97w des Landesgerichtes Krems die Exekution durch

Zwangsverwaltung

des gewerblichen Unternehmens ...

bewilligt.

Gegenüber der ... verpflichteten Partei wird das Gebot erlassen, sich jeder Verfügung über die gepfändeten Rechte und der zum Unternehmen gehörigen Einrichtungsgegenstände zu enthalten.

Die Zwangsverwaltung wird im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien ... eingetragen.

Als Vollzugsgericht einzuschreiten hat das Bezirksgericht Krems an der Donau.

Die Anmerkung im Firmenbuch ist durch das Handelsgericht Wien zu vollziehen."

Zu diesem Exekutionsantrag wurde vorgebracht, die verpflichtete Partei habe gegen das bezeichnete Versäumungsurteil Widerspruch erhoben und betreibe in der Wachau als "Gewerbeinhaber" ein "Gastgewerbe- und Weinkolleg". Eine Gefahrenbescheinigung im Sinne des § 370 EO sei gemäß § 371 EO nicht erforderlich.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Exekutionsbewilligung "durch Zwangsverwaltung des gewerblichen Unternehmens ... Gastgewerbe- und Weinkolleg" mit der Begründung ab, die Exekution zur Sicherstellung auf gewerbliche Unternehmen habe "primär durch Pfändung gemäß den §§ 341 ff EO zu erfolgen". Die Bewilligung der Zwangsverwaltung komme nur dann in Betracht, wenn die betreibende Partei behauptet und bescheinigt habe, daß der Sicherungszweck durch eine Pfändung allein nicht erreicht werden könne. Dem Exekutionsantrag fehle es schon an derartigen Behauptungen.

Das Rekursgericht bewilligte die beantragte Exekution zur Sicherstellung "durch Pfändung des von der verpflichteten Partei" in der Wachau "betriebenen gewerblichen Unternehmens ... Gastgewerbe- und Weinkolleg und der demselben zugrundeliegenden Konzession" und erließ an die verpflichtete Partei das Gebot, "sich jeder Verfügung über die gepfändeten Rechte und der zum Unternehmen gehörigen Einrichtungsgegenstände zu enthalten". Die Entscheidung über den Antrag auf "Verwertung des gepfändeten Unternehmens durch Zwangsverwaltung" wurde dem Bezirksgericht Krems an der Donau vorbehalten und ferner ausgesprochen, daß der "Revisionsrekurs" zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz erwog in rechtlicher Hinsicht, die betreibende Partei habe "außer der Bewilligung der Zwangsverwaltung - unter Verwendung der verba legalia des § 331 EO - auch die Erlassung eines Verfügungsverbotes gemäß § 331 EO (Pfändung) beantragt". Dieses Begehren sei vom Erstgericht übergangen worden. Die beantragte Pfändung sei jedoch gemäß § 371 Z 1 EO ohne Gefahrenbescheinigung im Sinne des § 370 EO zu bewilligen. Dagegen komme eine Bewilligung der Zwangsverwaltung nicht in Betracht. Zum einen sei für eine solche Entscheidung das Exekutionsgericht - hier das Bezirksgericht Krems an der Donau - zuständig, zum anderen sei die Sicherungsexekution durch Zwangsverwaltung nur zu bewilligen, wenn der betreibende Gläubiger behauptet und bescheinigt habe, daß der Sicherungszweck "durch die Pfändung allein" nicht zu verwirklichen sei. Dafür fehle es schon an Behauptungen im Exekutionsantrag. Über den Antrag auf Bewilligung der Zwangsverwaltung werde jedoch das Exekutionsgericht zu entscheiden haben. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO sei "in einem Spannungsverhältnis" zu Entscheidungen zur Befriedigungsexekution zu erblicken. Sei die Verwertung eines gewerblichen Unternehmens - etwa durch Zwangsverwaltung - unmöglich oder unzulässig, sei auch eine Pfändung ausgeschlossen. Eine Verwertungsmöglichkeit sei daher im Rahmen der Befriedigungsexekution Pfändungsvoraussetzung. Werde diese Ansicht auf die Sicherungsexekution übertragen, wäre vor der Pfändung ebenfalls zu prüfen, ob die vom betreibenden Gläubiger angestrebte Zwangsverwaltung eines gewerblichen Unternehmens überhaupt zulässig sei. In diese Richtung weise allenfalls die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Rsp 1931/167 (gemeint wahrscheinlich Rsp 1931/367).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist - entsprechend den nachstehenden Ausführungen - zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Nach herrschender Ansicht kann der betreibende Gläubiger die

Zwangsverwaltung nur erwirken, wenn der Sicherungszweck nicht schon

durch ein exekutives Pfandrecht oder eine bücherliche

Pfandrechtsvormerkung erreichbar ist (JBl 1995, 123 = ZIK 1995, 63 =

RPflSlgE 1994/129 = HS 25.807 = ecolex 1994, 811 = JUS Z 1631;

RPflSlgE 1988/124; 3 Ob 191/78; 3 Ob 97/77; 3 Ob 77/77; SZ 46/18 =

RPflSlgE 1973/93; Heller/Berger/Stix, Kommentar 2668; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht4 417; Konecny, WoBl 1991, 146 FN 8; Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht Rz 463; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 859; Schimik, Die Exekution zur Sicherstellung [1994] 197 ff [ausführlich]). Diese Voraussetzung für die Bewilligung der Zwangsverwaltung ist daher im Exekutionsantrag zu behaupten und deren Bescheinigung anzubieten (JBl 1995, 123; RPflSlgE 1988/124; 3 Ob 97/77; SZ 46/18; Holzhammer aaO 417; Konecny, WoBl 1991, 146 FN 8; Mitrovic, ÖA 1987, 120; Rechberger/Simotta aaO Rz 859; Schimik aaO 201). Das Bescheinigungserfordernis beschränkt sich jedoch auf den Umstand, daß die volle Deckung der zu sichernden Forderung allein durch eine Pfandrechtsvormerkung oder den Erwerb eines exekutiven Pfandrechts

(Pfändung) zweifelhaft erscheint (3 Ob 18/79 = RIS-Justiz RS0004217;

SZ 60/111 = RPflSlgE 1988/92 [nicht zur Zwangsverwaltung, jedoch

allgemein in diesem Sinn]). Das gilt, wie der Oberste Gerichtshof bereits aussprach, auch für die Sicherungsexekution auf ein gewerbliches Unternehmen (SZ 46/18).

Die Zwangsverwaltung beschränkt sich nicht auf Liegenschaften, sondern kann soweit andere Vermögensrechte erfassen, als sie auch im Rahmen einer Exekution zur Hereinbringung in Betracht käme (JBl 1995, 123; SZ 46/18; SZ 10/99; Heller/Berger/Stix aaO 2668; Holzhammer aaO 417 [ohne Hinweis auf die Beziehung zur Befriedigungsexekution]; Pollak, System2 1058; Rechberger/Simotta aaO Rz 859; Schimik aaO 195 ff). Sie kann sich gleichzeitig auf eine Liegenschaft und auf das dort ausgeübte gewerbliche Unternehmen beziehen, und zwar selbst dann, wenn die Liegenschaft ausschließlich oder überwiegend dem Betrieb des Unternehmens gewidmet ist (JBl 1995, 123 mzwN [ausführlich]; Angst, ÖBA 1998, 87). Zu beachten ist jedoch, daß die Zwangsverwaltung eines gewerblichen Unternehmens kein selbständiges Exekutionsmittel, sondern nur eine bestimmte Verwertungsart des Unternehmens als Pfandobjekt ist (JBl 1995, 123; 3 Ob 97/77; 3 Ob 77/77; SZ 46/18), für deren Bewilligung gemäß § 331 Abs 2 EO das Exekutionsgericht nach Vernehmung des Verpflichteten und aller Gläubiger, zu deren Gunsten die Pfändung bewirkt wurde, zuständig ist (JBl 1995, 123). Wird daher die Pfändung eines Vermögensrechts im Sinne des § 331 Abs 1 EO und die Bewilligung seiner Zwangsverwaltung bei einem vom Exekutionsgericht verschiedenen Titelgericht beantragt, hat letzteres die Entscheidung über die Bewilligung der Zwangsverwaltung dem Exekutionsgericht vorzubehalten (JBl 1995, 123; 3 Ob 17/76 = RIS-Justiz RS0000638; SZ 46/18). Dabei bedarf es einer formellen Überweisung selbst dann nicht, wenn der betreibende Gläubiger eine Entscheidung durch das Titelgericht ausdrücklich begehrt haben sollte (3 Ob 17/76). Das wurde vom Rekursgericht zutreffend erkannt.

Ein Antrag auf Bewilligung der Sicherungsexekution ist jedoch abzuweisen, wenn sich dieser auf ein nicht pfändbares oder einer Verwertung - etwa durch Zwangsverwaltung - nicht zugängliches Recht bezieht (JBl 1995, 123). Die Zulässigkeit und konkrete Durchführung der Zwangsverwaltung bestimmen sich daher auch bei dieser Exekutionsart nach dem Exekutionsobjekt und den Regelungen für die Befriedigungsexekution (Schimik aaO 195 ff, 202). Das bedeutet, daß die Exekution zur Sicherstellung allein durch Pfändung eines Vermögensrechts nicht bewilligt werden darf, wenn dessen Verwertung - hier durch Zwangsverwaltung - unzulässig ist (JBl 1995, 123; idS auch 3 Ob 56/82 [zur Einstellung einer Befriedigungs- und einer Sicherungsexekution]; Rsp 1931/367 [zur Einstellung einer Sicherungsexekution]), weil die Pfändung auch im Rahmen einer Befriedigungsexekution nur zulässig ist, wenn das davon betroffene Recht einer Verwertung zugänglich ist (JBl 1995, 123 [soweit allgemein ohne Unterscheidung zwischen Hereinbrings- und Sicherungsexekution]; SZ 46/17 [hier Verneinung der Unverwertbarkeit des gepfändeten Rechts]; SZ 20/11 [Abweisung des Verwertungsantrags]; SZ 18/220 [Einstellung der Exekution]) und eine Exekution zur Sicherstellung nicht weitergehen kann als die Exekution zur Befriedigung (3 Ob 77/77 = RIS-Justiz RS0004878).

Die verpflichtete Partei betreibt nach dem Akteninhalt ein "Gastgewerbe- und Weinkolleg". Deshalb ist die Frage eines allfälligen Verwertungshindernisses gemäß § 341 Abs 1 Satz 2 EO zu erörtern. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung darf nur auf handwerksmäßige und konzessionierte Gewerbe, deren Antritt eine besondere Befähigung voraussetzt, keine Exekution durch Zwangsverwaltung geführt werden, wenn das Gewerbe vom Gewerbeinhaber allein oder mit höchstens vier Gehilfen ausgeübt wird. Der erkennende Senat begründete jedoch bereits in der Entscheidung 3 Ob 325/97 ausführlich, daß diese Exekutionsbeschränkung auf das Gast- und Schankgewerbe nach seiner derzeitigen gewerberechtlichen Einstufung als nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe nicht zur Anwendung kommt und in diesem Zusammenhang auch nicht von Belang ist, ob die Ausübung eines solchen Gewerbes eines Befähigungsnachweises bedarf.

Die verpflichtete Partei wendet gegen die Ansicht des Gerichts zweiter Instanz nur ein, dem Exekutionsantrag sei mit der erforderlichen Deutlichkeit kein Pfändungsbegehren zu entnehmen. Die Wiedergabe der verba legalia einer Pfändung sei nur "als beantragte Begleitmaßnahme zur beantragten Zwangsverwaltung zu sehen, nicht jedoch als gesonderter Exekutionsantrag auf Durchführung einer Pfändung des Unternehmens bzw der mit dem Unternehmen zusammenhängenden Rechte". Der Ansicht der Rechtsmittelwerberin, die betreibende Partei habe die Pfändung ihres gewerblichen Unternehmens nicht beantragt, ist nicht zu folgen. Maßgeblich ist nicht nur die ausdrückliche Bezeichnung des Begehrens als solches auf Bewilligung der "Zwangsverwaltung", von Bedeutung ist vielmehr der gesamte Antragsinhalt. Das gilt umso mehr deshalb, weil die Zwangsverwaltung eines gewerblichen Unternehmens - wie dargestellt - kein selbständiges Exekutionsmittel, sondern nur eine bestimmte Verwertungsart des Unternehmens als Pfandobjekt ist. Die Argumentation der verpflichteten Partei fußt auf der rechtsirrigen Meinung, die Zwangsverwaltung eines Unternehmens sei ein "spezielles Exekutionsmittel".

Im weiteren Verfahren wird jedoch zu beachten sein, daß die Streitteile über die dem Exekutionsantrag zugrundeliegende Geldforderung im Verhandlungstermin vom 19. Dezember 1997 einen rechtswirksamen und bereits vollstreckbaren gerichtlichen Vergleich schlossen, nach dessen Inhalt unter anderem die verpflichtete Partei der betreibenden Partei bis zum 31. März 1998 einen Betrag von 6 Mio S samt 7,25 % Zinsen p.a. seit 20.April 1996 und Prozeßkosten von 244.861,76 S zu bezahlen hat (ON 41 Seite 3). Danach kann die Identität der verglichenen mit der zu sichernden Forderung nicht zweifelhaft sein. Unter dieser Voraussetzung bewirkt auch ein vollstreckbarer gerichtlicher Vergleich die Überleitung der Exekution zur Sicherstellung in eine solche zur Befriedigung (SZ 56/99; Schimik aaO 208 f), ist es doch herrschende Ansicht, daß die Exekution zur Sicherstellung nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Titels ohne besonderen Antrag nahtlos in eine solche zur Befriedigung übergeht (SZ 56/99 [nahtloses Übergehen]; SZ 45/15; EvBl 1961/47; EvBl 1960/28; JBl 1953, 424 = EvBl 1953/148 [Anführung verschiedener AZ in den Veröffentlichungen]; Heller/Berger/Stix aaO 2649 f; Holzhammer aaO 418; Petschek/Hämmerle/Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht [1968] 43; Rechberger/Simotta aaO Rz 865; Schimik aaO 69 ff, 206). Sind aber die Voraussetzungen für die Überleitung der Sicherungs- in eine Befriedigungsexekution - wie hier - bereits aktenkundig, ist das durch die Pfändung eines gewerblichen Unternehmens erworbene exekutive Pfandrecht nicht mehr durch den späteren Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels bedingt. Unter dieser Voraussetzung sind aber Behauptungen und Bescheinigungsanbote dafür, daß der Sicherungszweck nicht schon durch ein exekutives Pfandrecht erreicht werden kann, nicht mehr erforderlich.

Dem Revisionsrekurs ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO in Verbindung mit §§ 40 und 50 Abs 1 ZPO.

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