JudikaturJustiz2Ob180/22t

2Ob180/22t – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Januar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. D*, 2. F*, und 3. W*, alle vertreten durch Dr. Günther Klepp ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. C*, und 2. R*, beide vertreten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 36.000 EUR sA (Erstkläger), 44.000 EUR sA (Zweitkläger) und 60.000 EUR sA (Drittkläger), über die Rekurse aller Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Schifffahrtsobergericht vom 20. Mai 2022, GZ 33 R 95/21i 67, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien als Schifffahrtsgericht vom 25. Juni 2021, GZ 1 C 81/19x 55, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21. Oktober 2021, GZ 1 C 81/19x 61, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

A. Die Rekurse der beklagten Parteien und der klagenden Parteien werden

1. betreffend die erstklagende Partei im Betrag von 27.362,70 EUR samt 4 % Zinsen seit 28. 8. 2018,

2. betreffend die zweitklagende Partei im Betrag von 32.069,10 EUR samt 4 % Zinsen seit 28. 8. 2018,

3. betreffend die drittklagende Partei im Betrag von 11.366,15 EUR samt 4 % Zinsen seit 28. 8. 2018

als absolut unzulässig zurückgewiesen.

Die Streitteile haben die auf diese Beträge entfallenden Kosten ihrer Rekursbeantwortungen selbst zu tragen.

B. Im Übrigen wird dem Rekurs der beklagten Parteien Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts als Teilurteil lautet:

„Das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der erstklagenden Partei 8.637,30 EUR, der zweitklagenden Partei 11.930,90 EUR sowie der drittklagenden Partei 48.633,85 EUR, jeweils samt 4 % Zinsen seit 28. 8. 2018 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die auf das Teilurteil entfallenden Kosten sind weitere Verfahrenskosten.“

C. Im Übrigen wird der Rekurs der klagenden Parteien zurückgewiesen.

Die erstklagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 154,59 EUR (darin enthalten 25,77 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die zweitklagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 213,56 EUR (darin enthalten 35,59 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die drittklagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 870,58 EUR (darin enthalten 145,10 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Die drei Kläger sind die Obmänner von je einem Fischereirevier an der Donau: Donau C (Stromkilometer 2.110,9 bis 2.122,825, Erstkläger), Donau B (Stromkilometer 2.122,825 bis 2.137,3, Zweitkläger) und Donau A (Stromkilometer 2.137,3 bis 2.157, Drittkläger).

[2] Die Zweitbeklagte ist die Reederin und Ausrüsterin der A*, eines 2016 in Betrieb genommenen Fahrgastkabinenschiffs (im Folgenden: Schiff) für Binnenwasserwege, das jährlich von Fachunternehmen gewartet wird. Das Schiff ist von der Bauart her ein Flussschiff.

[3] D as Schiff fuhr am 16. 5. 2018 auf der Donau in Oberösterreich stromaufwärts. Um 1:30 Uhr passierte es Winden, danach die Schleuse Ottensheim. Zwischen den einzelnen Schleusen sind ungefähr 50 Stromkilometer zu überwinden. Der Erstbeklagte übernahm als Kapitän den Dienst während des Schleusvorgangs in Abwinden-Asten.

[4] Aufgrund eines technischen Gebrechens des Schiffs liefen bei dieser Fahrt ca 8.000–9.000 Liter Dieselöl in die Donau.

[5] Die Fischereiberechtigten der Reviere A, B und C haben ihre Ansprüche an die Kläger abgetreten.

[6] Die Kläger begehren von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von 36.000 EUR sA an den Erstkläger, 44.000 EUR sA an den Zweitkläger und 60.000 EUR sA an den Drittkläger, jeweils aus Schadenersatz. Durch den Ölaustritt sei der (näher dargestellte) Fischbestand in den betroffenen Revieren verringert und die Qualität der fangfähigen Fische beeinträchtigt worden. Aus dem Schadensereignis errechne sich ein Gesamtschaden, der anteilig auf die Flächen der einzelnen Fischereirechte und auf die jeweilige Anzahl der Koppelfischereiberechtigten aufzuteilen sei. Die Kläger stützen sich auf eine Gefährdungshaftung in analoger Anwendung der entsprechenden Regelungen aus dem Luftfahrt- und Kraftfahrzeugrecht, eine Verschuldenshaftung und ein Anerkenntnis der Beklagten.

[7] Die Beklagten wendeten ua ein, die Klage sei unschlüssig, weil die Kläger den Klagsbetrag nicht auf die einzelnen geltend gemachten „Schadensarten“ und auf die einzelnen geschädigten Personen bzw Koppelfischereiberechtigte aufgeteilt hätten.

[8] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte rechtlich aus, für den Ölaustritt sei eine Kombination technischer Gebrechen kausal gewesen. Es verneinte ein haftungsbegründendes Verschulden des Erstbeklagten, das Bestehen einer Gefährdungshaftung im Binnenschifffahrtsrecht sowie ein konstitutives Anerkenntnis der Beklagten.

[9] Das Berufungsgericht hob über Berufung der klagenden Parteien das erstgerichtliche Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Inhaltlich seien die geltend gemachten Schadenersatzansprüche zwar hinreichend bestimmt, nämlich durch die behauptete Verringerung des Fischbestands und der Qualität der fangfähigen Fische, womit ein Einkommensverlust der einzelnen Koppelfischereiberechtigten aufgrund eines Eingriffs in deren Fischereirecht behauptet werde. Die Kl äger machten jedoch keinen einheitlichen Gesamtschaden aufgrund derselben Schadensursache geltend, sondern mehrere selbständige Schadenersatzansprüche, nämlich die ihnen abgetretenen Ansprüche der einzelnen Koppelfischereiberechtigten. Es liege daher eine Klagenhäufung vor, bei der der Klage zwingend die betragliche Aufgliederung des Anspruchs jedes einzelnen Fischereiberechtigten zu entnehmen sein müsse, weil es sonst nicht möglich wäre, den Umfang der Rechtskraft einer Teilabweisung zu bestimmen. Diesem Erfordernis werde das Klagevorbringen selbst unter Berücksichtigung der vorgelegten Urkunden nicht gerecht. Das Klagebegehren sei daher zu wenig bestimmt, was das Erstgericht mit den Parteien zu erörtern habe. Im Binnenschifffahrtsrecht gebe es keine Gefährdungshaftung. Daran habe sich auch mit dem Inkrafttreten des Bunkerölabkommens (BGBl III 118/2013) nichts geändert. Die Frage, ob dem Erstbeklagten ein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen sei , k önne noch nicht beantwortet werden, weil keine Feststellungen zu dem von den Klägern erstatteten Vorbringen vorlägen, wie sich ein sorgfältiger Schiffsführer in der Situation des Erstbeklagten verhalten hätte und ob diesfalls der Schaden verhindert worden wäre.

[10] Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei wegen folgender Rechtsfragen zulässig:

[11] a) Im Zusammenhang mit der Bestimmtheit des Klagebegehrens (§ 226 ZPO) sei keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage ersichtlich, ob im Falle mehrerer Inkassozessionen eine Aufteilung des Klagebegehrens auf die einzelnen Zedenten erforderlich sei , wenn alle potenziell Geschädigten als Zedenten aufträten und die Kläger daher den gesamten Schadenersatzanspruch aus einem Schadensereignis geltend machten.

[12] b) Der Oberste Gerichtshof habe noch nicht dazu Stellung genommen, ob und allenfalls wie sich das Bunkerölübereinkommen auf die Rechtsprechung zur Gefährdungshaftung im Binnenschifffahrtsrecht auswirke.

[13] Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richten sich die Rekurse aller Parteien . Die Beklagten beantragen, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Die Kläger beantragen die Abänderung dahingehend, dem Klagebegehren stattzugeben. Hilfsweise wird jeweils ein Aufhebungsantrag gestellt.

[14] Die Kläger beantragen in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.

[15] Die Beklagten beantragen in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs der Kläger mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[16] Die Rekurse sind teilweise absolut unzulässig (A.).

[17] Im Übrigen ist der Rekurs der Beklagten zulässig und berechtigt (B.), der Rekurs der Kläger hingegen nicht zulässig (C.).

[18] Die Beklagten machen in ihrem Rechtsmittel ua geltend, sie hätten in erster Instanz auf die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens wegen inhaltlicher Unbestimmtheit ausreichend hingewiesen, weshalb das Berufungsgericht dem Erstgericht keine Erörterung des Klagevorbringens auftragen hätte dürfen, sondern das abweisende Urteil des Erstgerichts bestätigen hätte müssen.

[19] Die Kläger vertreten in ihrem Rekurs die Ansicht, das Klagebegehren sei ausreichend bestimmt, eine (analoge) Gefährdungshaftung sei im Binnenschifffahrtsrecht zu bejahen, ein (konstitutives) Anerkenntnis liege vor.

Hierzu wurde erwogen:

Zu A.:

[20] A.1. Übersteigt bei einem (hier vorliegenden) Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR nicht, ist der Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz über die Zulässigkeit des Rekurses wirkungslos (RS0043025 [T12]). Trotz eines Zulässigkeitsausspruchs bleibt nämlich ein Rekurs dort unzulässig, wo – abgesehen von den Fällen des § 502 Abs 5 ZPO – der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR nicht übersteigt (vgl RS0042429 [T8]).

[21] A.2. Mehrere aus einem Unfall Geschädigte sind nur formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO. Die materielle Streitgenossenschaft auf Seite der beklagten Parteien (Halter, Lenker, Versicherer) kann nicht dazu führen, dass die von den Geschädigten in einer Klage geltend gemachten Ansprüche zusammenzurechnen wären (RS0110982 [T1]). Auch die Abtretung der Ansprüche der Lenkerin des Fahrzeugs an die Halterin des Fahrzeugs vermag weder die anspruchsbegründenden Tatsachen noch den Rechtsgrund derselben zu verändern, weshalb auch gleichartige Forderungen verschiedener Gläubiger, die einem einzelnen abgetreten wurden, nicht zusammenzurechnen sind, (RS0110982 [T2]). Diese Grundsätze sind auch für die aufgrund der Höhe des Entscheidungsgegenstands zu beurteilende Zulässigkeit der Revision bzw eines Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO anzuwenden (RS0053096; RS0035588; RS0037838 [T3]).

[22] A.3. Diese Rechtslage ist auch für den vorliegenden Fall maßgeblich: Koppelfischereirechte liegen vor, wenn an einem Fischwasser mehrere selbständige Fischereirechte bestehen (§ 5 Abs 1 Oö Fischereigesetz in der am Unfallstag geltenden Fassung = § 3 Abs 5 Oö Fischereigesetz 2020). Dem entsprechend machen die Kläger (teilweise eigene, teilweise ihnen abgetretene) Schadenersatzansprüche der einzelnen (Koppel-)Fischerei-berechtigten aus einem Unfallereignis (Ölaustritt aus dem Schiff) geltend. Trotz dieser behaupteten Abtretung sind die Ansprüche der einzelnen Fischereiberechtigten nach den dargestellten Grundsätzen nicht zusammenzurechnen und daher selbstständig zu beurteilen.

[23] A.4. Aus der von den Klägern vorgelegten Urkunde Beilage ./F, in der die drei Fischereireviere, die darauf jeweils entfallenden (nach Stromkilometern definierten) Fischereirechte und für diese die einzelnen (Koppel-)Fischereiberechtigten aufgelistet sind, lässt sich errechnen, dass lediglich drei Fischereiberechtigte mit ihren Ansprüchen die Wertgrenze von 5.000 EUR übersteigen. Dies betrifft den Fischereiverein E*, der seine Ansprüche an den Erstkläger abgetreten hat und auf den 5.987,41 EUR entfallen. Der o* kommt auf einen eingeklagten Betrag von 45.450,97 EUR, wobei davon 2.649,89 EUR an den Erstkläger, 11.930,90 EUR an den Zweitkläger und 30.870,18 EUR an den Drittkläger abgetreten wurden. Schließlich kommt Ing. S* auf einen eingeklagten Betrag von 17.763,67 EUR, wobei er diesen Anspruch an den Drittkläger abgetreten hat.

[24] A.5. Für die drei soeben Genannten ist die Kognitionsbefugnis des Obersten Gerichtshofs gegeben. Alle anderen (Koppel-)Fischereiberechtigten übersteigen mit ihren (abgetretenen) Ansprüchen die Wertgrenze von 5.000 EUR nicht, sodass der Rekurs insoweit absolut unzulässig ist.

[25] A.6. Insoweit hat es also bei der Aufhebung durch das Berufungsgericht zu bleiben. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren, abweichend von § 499 Abs 2 ZPO, nicht an die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, sondern an diejenige des Obersten Gerichtshofs (siehe B.) gebunden ist (2 Ob 119/09b; RS0042279). Bei der unter B. dargelegten Rechtsansicht handelt es sich um einen abschließend erledigten Streitpunkt, der im fortgesetzten Verfahren nicht mehr aufgerollt werden kann (vgl RS0042031 [T8]).

[26] A.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Die Parteien haben in ihren Rekursbeantwortungen nicht auf die insoweit gegebene absolute Unzulässigkeit der Rekurse der Gegner hingewiesen.

B. Zum Rekurs der Beklagten:

B.1. Beiderseitiges erstinstanzliches Vorbringen

B.1.1. Schriftsatz der Beklagten ON 11:

[27] Auf das oben dargestellte Klagevorbringen zum Schaden wandten die Beklagten ein, die Kläger hätten zwar in ihrer Klagserzählung unterschiedliche, angebliche Schäden (wie Kontamination von Laichprodukten und von an der Oberfläche lebenden Fischarten, Geschmacks- und Geruchsbeeinträchtigungen von fangfähigen Fischen, Schädigung der Lebensgrundlagen der Fische) behauptet, ohne aber jeweils nachvollziehbar und konkret zu behaupten, welche Schäden tatsächlich bei welcher Person eingetreten und wie hoch die auf die einzelnen angeblichen „Schadensarten“ angeblich entfallenden Schäden der angeblich geschädigten Personen wären: Stattdessen würden bloß runde Pauschalbeträge behauptet, deren Kalkulation nicht nachvollziehbar sei. In diesem Zusammenhang würden die Kläger auf die insoweit allein ihnen obliegende Behauptungs- und Beweispflicht verwiesen, einschließlich des Nachweises der von den einzelnen (angeblich geschädigten) Personen bzw Koppelfischereiberechtigten erlittenen Schäden. Die Kläger brächten in ihrer Klage weiters vor, die Koppelfischereiberechtigten der Fischereireviere Donau C, Donau B und Donau A hätten Ersatzansprüche, den jeweiligen Revierobmännern der Fischereireviere abgetreten und diese hätten die Abtretung angenommen. (...) Welche natürlichen oder juristischen Personen nun konkret geschädigt worden seien und welche Ersatzansprüche in welcher Höhe an die Obmänner abgetreten haben sollen, ergebe sich aus dem gesamten sechzehnseitigen Klagsvorbringen nicht.

B.1.2. In der mündlichen Streitverhandlung vom 12. 7. 2019 erörterte das Gericht die Schlüssigkeit des Klagebegehrens:

[28] Der Klagevertreter brachte vor, die Biomasse pro Hektar Fischereirecht betrage zwischen 25 und 50 Kilogramm, diese teile sich auf in Edel- und Weißfische; diese Biomasse sei großteils durch den Ölaustritt getötet worden oder ungenießbar geworden. Dazu seien die Mikroorganismen durch diesen Ölaustritt zerstört worden. Mikroorganismen seien die Lebensgrundlage der Fische. Der Schaden sei daher über weitere Jahre hinweg für die Fischereiberechtigten gegeben. Die Nahrungsgrundlage der adulten Fische und der Jungfische sei durch dieses Schadensereignis zerstört worden. Es könne daher auch zu keinem Zuwachs an Biomasse kommen. Die geltend gemachten Beträge seien Minimalbeträge. Der tatsächliche Schaden liege im Doppelten oder Dreifachen des bisher geltend gemachten Schadens, wobei die Ausdehnung des Schadens nach Vorliegen eines Sachverständigengutachtens ausdrücklich vorbehalten bleibe. Es werde eine Pauschale für die geschädigte Wasserfläche nach jeweils „der Größe der Hektar“ geltend gemacht. Die Hektarberechnung sei im Durchschnitt erfolgt, da ja die Donau nicht überall gleich breit sei. E s hätten auch keine Fische entnommen werden können, da diese ungenießbar gewesen seien .

[29] Der Beklagtenvertreter beantragte daraufhin, den Klägern aufzutragen, sämtliche Besatzlisten für drei Jahre vor dem Vorfall und danach vorzulegen, dies im Hinblick darauf, dass dies der Klagevertreter heute angeboten habe und zum Beweis dafür, dass es keine Unterschiede in den Mengen des Besatzes in den Jahren vor und nach dem Vorfall gegeben habe.

[30] Der Klagevertreter spr ach sich dagegen aus, weil es sich nicht um eine gemeinschaftliche Urkunde handle.

[31] B .2. Aus dem Klagevorbringen ist zwar noch hinreichend deutlich, dass die Kläger Schäden geltend machen, die in der Schädigung des Fischbestands liegen und somit offenbar – wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat – Einkommensverluste der Fischereiberechtigten bewirkten.

[32] Damit ist aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts das Klagevorbringen noch nicht schlüssig, weil nicht einmal im Ansatz erkennbar ist, wie die Kläger auf die Höhe der Klagebeträge kommen. Um einen Schaden darzustellen, hätte es etwa einer zumindest ungefähren Angabe, welche Mengen von welchen Fischarten in welchem Zeitraum ohne Gewässerverschmutzung gefangen hätten werden können und wie viel weniger Fische bzw wegen Kontaminierung bloß wertlose Fische dieser Fischarten im betreffenden Zeitraum aufgrund der Verschmutzung tatsächlich gefangen wurden. Sodann wäre der Wert des fiktiven Fangs (ohne Verschmutzung) dem geringeren Wert des (aufgrund der Verschmutzung) tatsächlich erzielten Fangs jeweils für einen gewissen Zeitraum gegenüberzustellen. Die Differenz bildete dann den Schaden.

Ein anderer vermögensmäßig darstellbarer Schaden könnte darin bestehen, dass das Fischereirecht als (entgeltlich) übertragbares dingliches Recht (vgl § 3 Abs 1 Oö Fischereigesetz 2020) durch den Ölaustritt einem (Verkehrs-)Wertverlust unterlegen ist. Es könnte auch zu einer Entwertung von Pachtrechten an Fischereirechten (vgl § 7 Oö Fischereigesetz 2020) oder zu einem Entfall des Pachtzinses (vgl § 1104 ABGB) kommen. Zu diesen möglichen Schäden gibt es gar kein Vorbringen.

[33] Da somit schon das Vorbringen zum „Gesamtschaden“ zu unbestimmt ist und die Höhe der eingeklagten Beträge in keiner Weise nachvollziehbar ist, kommt es auf die Aufschlüsselung der eingeklagten Beträge auf die einzelnen Fischereiberechtigten, nicht mehr entscheidungswesentlich an.

[34] B.3. Nach § 182a ZPO hat das Gericht das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern. Außer in Nebenansprüchen darf das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert (§ 182 ZPO) und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat.

[35] Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung hat diese Bestimmung aber nichts daran geändert, dass es keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen bedarf, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Pflicht nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufzeigte (RS0122365).

[36] B.4. Hier haben die Beklagten im Schriftsatz ON 11 sehr deutlich auf die bestehende Unschlüssigkeit hingewiesen. Das Erstgericht hat – offenbar das Beklagtenvorbringen aufgreifend – die Schlüssigkeit mit den Klägern erörtert. Auch das daraufhin vom Klagevertreter erstattete Vorbringen wird aber dem in Punkt 1.2. dargestellten Konkretisierungserfordernis nicht gerecht.

[37] Die Beklagten haben daher im Rekurs zutreffend moniert, dass – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – das Klagsvorbringen in erster Instanz trotz einschlägiger Einwendung durch die Beklagten (und Erörterung durch das Erstgericht) unschlüssig geblieben ist und dass ein Verfahrensmangel des Erstgerichts wegen mangelhafter Erörterung der Schlüssigkeit des Klagsvorbringens nicht vorliegt. Das Klagebegehren ist daher im Umfang der Kognitionsbefugnis des Obersten Gerichtshofs wegen Unschlüssigkeit des Klagsvorbringens abzuweisen. Demgemäß war in diesem Umfang dem Rekurs der Beklagten dahingehend Folge zu geben, dass das abweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen war.

[38] B.5. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

C. Zum Rekurs der Kläger:

[39] Aufgrund der dargelegten Unschlüssigkeit des Klagebegehrens kommt den im Rekurs der Kläger zu den geltend gemachten Anspruchsgründen aufgezeigten Rechtsfragen keine Entscheidungsrelevanz zu. Die Kläger haben insoweit in ihrem Rechtsmittel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt, weshalb ihr Rekurs zurückzuweisen war.

[40] Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses der Kläger wegen mangelnder erheblicher Rechtsfrage hingewiesen. Da die Kläger nur formelle Streitgenossen sind, haften sie für die Kosten nur entsprechend ihrem Anteil (RS0125635). Der Anteil des Erstklägers (von 69.202,05 EUR) beträgt 12,48 %, der des Zweitklägers 17,24 %, der des Drittklägers 70,28 %. Da die Zurückweisung des Rekurses der Kläger aus dem Grund der mangelnden erheblichen Rechtsfrage ungefähr den halben insgesamten Streitwert ausmacht, waren dem Kostenzuspruch die halben Kosten der Rekursbeantwortung der Beklagten zugrundezulegen.

Rechtssätze
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