JudikaturJustiz2Ob131/19g

2Ob131/19g – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** F*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Gartner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K***** H*****, vertreten durch Mag. Karlheinz Amann, Rechtsanwalt in Wien, wegen zuletzt 6.169,21 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 25. April 2019, GZ 36 R 56/19f 19, womit aus Anlass der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 6. Dezember 2018, GZ 52 C 463/18a 12, samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig aufgehoben und die Rechtssache in das außerstreitige Verfahren überwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Streitteile waren Hälfteeigentümer einer Liegenschaft, die sie vor Klagseinbringung veräußert haben.

Die Klägerin begehrt anteiligen Kostenersatz für vor der Veräußerung im Zusammenhang mit der gemeinsamen Liegenschaft gemachte Aufwendungen.

Die Beklagte wendete ein, die begehrten Beträge stünden der Klägerin zum Teil nicht zu, zum Teil seien sie ihr bereits bezahlt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 5.821,21 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren ab. In den Entscheidungsgründen bejahte es nach amtswegiger Prüfung ausdrücklich die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs und führte dazu aus, die Streitigkeit falle nicht unter § 838a ABGB, weil die Parteien im Zeitpunkt der Klagseinbringung nicht mehr Teilhaber im Sinne dieser Bestimmung gewesen seien. In der Sache selbst bestehe der Anspruch teilweise zu Recht.

In ihrer gegen den stattgebenden Teil dieses Urteils erhobenen Berufung begehrte die Beklagte die gänzliche Klagsabweisung, hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht. Gegen die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs wendete sich die Beklagte nicht.

Das Berufungsgericht hob aus Anlass der Berufung der Beklagten das erstgerichtliche Urteil samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig auf und sprach aus, dass das von der Klägerin erhobene Begehren vom Erstgericht im außerstreitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen sei. Der streitige Rechtsweg sei unzulässig, weil die Aufwendungen, für die Kostenersatz begehrt werde, aus einem Zeitraum stammten, in dem die Streitteile Miteigentümer der Liegenschaft gewesen seien. Solche Streitigkeiten seinen gemäß § 838a ABGB dem außerstreitigen Verfahren zugeordnet.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der (richtig) Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Die Beklagte beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO – unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands und unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne von § 502 Abs 1, § 528 Abs 1 ZPO – zulässig (RS0041890; RS0043890); er ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis auch berechtigt .

1. Nach § 42 Abs 3 JN, der insbesondere auch auf die Zulässigkeit des streitigen bzw außerstreitigen Verfahrens angewendet wird (10 Ob 31/17g mwN), kann die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs nicht mehr wahrgenommen werden, wenn dem eine – auch von Amts wegen getroffene – bindende Entscheidung des Gerichts entgegensteht (vgl RS0039226; Garber in Fasching/Konecny ³ § 42 JN Rz 48). Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist für eine bindende Entscheidung über eine Prozessvoraussetzung iSd § 42 Abs 3 JN nicht erforderlich, dass das Gericht über ihr Vorliegen ausdrücklich und spruchmäßig entschieden hat (RS0114196; aA noch RS0039857; RS0039811). Zwar wird eine bloß implizite Bejahung der Prozessvoraussetzung durch meritorische Behandlung als nicht ausreichend erachtet, sehr wohl aber eine bindende Entscheidung dann angenommen, wenn das Gericht sich mit dem Vorliegen der Prozessvoraussetzung in den Entscheidungsgründen auseinandergesetzt hat (9 Ob 19/18m; 10 Ob 31/17g; 8 Ob 56/17v; ua).

2. Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht die Zulässigkeit des Rechtswegs von Amts wegen geprüft und in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich bejaht. Die Beklagte ließ dies unbekämpft. Der neuerlichen Prüfung dieser Frage stand daher eine insofern bindende Entscheidung des Erstgerichts entgegen (§ 42 Abs 3 JN; vgl 10 Ob 31/17g; 5 Ob 3/10t; RS0035572).

3. Damit hat das Berufungsgericht zu Unrecht die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs für das Klagebegehren angenommen, sodass seine Entscheidung aufzuheben ist. Da das Berufungsgericht bislang die Berufung inhaltlich nicht erledigt hat, ist dem Obersten Gerichtshof eine Entscheidung in der Sache selbst verwehrt.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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