JudikaturJustiz1Ob506/95

1Ob506/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Elisabeth B*****, vertreten durch Dr.Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die Antragsgegner 1. Franz G*****, 2. Karl E*****, 3. Josef H*****, 4. Oskar B*****, und 5. Franz K*****, alle vertreten durch Dr.Erich Proksch und Dr.Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Festsetzung einer Entschädigung gemäß § 77 Abs 1 Oö JagdG (Streitwert S 223.224), infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 16.November 1994, GZ R 727/94 16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Haag am Hausruck vom 19.Juni 1994, GZ Nc 61/93 9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Die Bezeichnung der Antragsgegner wird von „Jagdgesellschaft Aistersheim und alle Mitglieder der Jagdgesellschaft“ auf die im Kopf dieser Entscheidung genannten natürlichen Personen berichtigt.

2. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Den Antragsgegnern fallen die Kosten ihrer Rekursbeantwortung und ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zur Last. Im übrigen sind die Kosten des Rechtsmittelverfahrens weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Eigentümerin forstwirtschaftlich genutzter Grundflächen, die zum genossenschaftlichen Jagdgebiet gehören. Die Antragsgegner waren Mitglieder einer mit Vertrag vom 10.März 1987 gegründeten Jagdgesellschaft. Diese war Pächterin des genossenschaftlichen Jagdgebietes und als solche vom 1.April 1987 bis 31.März 1993 jagdausübungsberechtigt. Zum bevollmächtigten Jagdleiter wurde der Zweitantragsgegner bestellt (§ 3 Abs 2 des Gesellschaftsvertrages), der die Jagdgesellschaft allein „in allen Belangen....nach außen“ zu vertreten hatte (§ 3 Abs 12 des Gesellschaftsvertrages). Die Gesellschafter haften „rücksichtlich aller aus der Jagdpachtung gegenüber der Jagdgenossenschaft hervorgehenden Verbindlichkeiten, insbesondere auch für den während der Dauer des Pachtverhältnisses entstandenen Jagd und Wildschaden... zur ungeteilten Hand“ (§ 4 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages). Die Gesellschaft wurde mit dem Ablauf der Jagdperiode der Genossenschaftsjagd (31.März 1993) aufgelöst (§ 5 Abs 4 des Gesellschaftsvertrages).

Im Zeitraum vom 1.April 1993 bis 31.März 1999 übt die mit Vertrag vom 4.März 1993 gegründete Jagdgesellschaft als Pächterin der Genossenschaftsjagd das Jagdrecht aus. Zum bevollmächtigten Jagdleiter wurde der Erstantragsgegner bestellt (§ 3 Abs 2 des Gesellschaftsvertrages), der die Jagdgesellschaft allein „in allen Belangen... nach außen“ vertritt (§ 3 Abs 12 des Gesellschaftsvertrages). Die Gesellschafter „haften rücksichtlich aller aus der Jagdpachtung gegenüber der Jagdgenossenschaft hervorgehenden Verbindlichkeiten, insbesondere auch für den während der Dauer des Pachtverhältnisses entstandenen Jagd und Wildschaden... zur ungeteilten Hand“ (§ 4 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages). Die Gesellschaft wird mit Ablauf der Jagdperiode der Genossenschaftsjagd (31.März 1999) aufgelöst (§ 5 Abs 4 des Gesellschaftsvertrages).

Gesellschafter der am 31.März 1993 aufgelösten Jagdgesellschaft waren die Antragsgegner; letztere sind auch Gesellschafter der das Jagdrecht seit 1.April 1993 ausübenden Jagdgesellschaft.

Die Antragstellerin machte mit ihren an den Erstantragsgegner gerichteten Schreiben vom 20.April 1993 und 17.Mai 1993 Wildschäden in Höhe von S 140.000 und S 83.224 geltend. Eine gütliche Einigung wurde nicht erzielt. Daraufhin meldete die Antragstellerin ihre Schadenersatzansprüche beim Obmann der zuständigen Jagd und Wildschadenskommission an. Der Erstantragsgegner war als Jagdleiter der Jagdgesellschaft am Verfahren der Jagd und Wildschadenskommission beteiligt. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens sprach die Kommission mit Bescheid vom 4.November 1993 aus, „ein Wildschaden“ bestehe zu Recht, die mit S 2.176,47 festgesetzte Entschädigung sei von der Jagdgesellschaft binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides an die Antragstellerin zu bezahlen. Eine an die Antragstellerin adressierte Ausfertigung dieses Bescheides wurde am 5.November 1993 zur Post gegeben. Am 6.Dezember 1993 langte sodann beim Erstgericht das Begehren der Antragstellerin ein, „die erlittenen Wildschäden mit S 224.050“ (richtig addiert S 223.224) zu bestimmen und „dem Antragsgegner“ den Ersatz dieses Betrages aufzutragen. Vorgebracht wurde im wesentlichen:

Der von der Jagd und Wildschadenskommission zuerkannte Ersatzbetrag von S 2.176,47 sei angesichts des im Vermögen der Antragstellerin tatsächlich entstandenen Wildschadens in Höhe von S 223.244 völlig ungenügend. Dieser sei daher unter Beachtung aller verursachten Nachteile in Höhe des geltend gemachten Betrages neu festzusetzen.

Die Antragsgegner beantragten, das Ersatzbegehren zurückzuweisen oder abzuweisen. Sie wendeten im wesentlichen ein:

Die Antragstellerin begehre in dem vom Erstgericht zu Nc 27/93 geführten Verfahren bereits die Festsetzung eines Wildschadens von S 224.050. Im vorliegenden Verfahren würden „nahezu deckungsgleiche“ Wildschäden geltend gemacht. Es sei daher von „Streitanhängigheit“ auszugehen, was zur Zurückweisung dieses Antrages führen müsse; zu dieser Rechtsfolge müsse es jedoch auch deshalb kommen, weil „bei Stellung des Antrages die 6 wöchige Frist des Jagdgesetzes bereits abgelaufen“ gewesen sei. Überdies sei der Erstantragsgegner erst mit 1.März 1993 in die Funktion eines Jagdleiters berufen worden, während sich der Antrag auf „gerichtliche Wildschadensfestsetzung“ auf einen davor liegenden Zeitraum beziehe; dieser Antrag sei demnach auch deshalb zurückzuweisen, weil der Genannte „für den antragsbetreffenden Zeitraum nicht Zustellbevollmächtigter der Jagdgesellschaft“ gewesen sei. Die Jagdgesellschaft sei ihren jagdrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen. Aus dem Bescheid der Jagd und Wildschadenskommission vom 4.November 1993 folge die Unhaltbarkeit der von der Antragstellerin behaupteten Schadenshöhe.

Das Erstgericht wies das Begehren der Antragstellerin, „die Antragsgegner zu verpflichten, ihr auch den Wildschaden, der in der Zeit bis zum 31.3.1993 entstanden ist, zu ersetzen“, zurück und schränkte das Verfahren auf den im Zeitraum vom „1.7.1993 bis 17.5.1993“ eingetretenen Schaden ein. Es vertrat im wesentlichen die Ansicht, das Ersatzbegehren beziehe sich auf einen Zeitraum, in dem zwei Jagdgesellschaften das Jagdrecht ausgeübt hätten. Es handle sich dabei um die bis 31.März 1993 existente und durch den Zweitantragsgegner als Jagdleiter vertretene sowie um die ab 1.April 1993 wirksame und durch den Erstantragsgegner als Jagdleiter vertretene Gesellschaft. Der Jagdleiter habe die Jagdgesellschaft nach dem Oberösterreichischen Jagdgesetz nach außen zu vertreten. Der Anspruch auf Ersatz eines Jagd und Wildschadens sei binnen drei Wochen bei sonstigem Verlust beim Jagdausübungsberechtigten geltend zu machen. Demnach hätte die Antragstellerin den nach ihren Behauptungen bis zum 31.März 1993 eingetretenen Wildschaden beim Jagdleiter der alten Jagdgesellschaft geltend zu machen gehabt. Die neue Jagdgesellschaft sei nicht Rechtsnachfolgerin der alten und hafte somit auch nicht für deren Verbindlichkeiten. Da die Antragstellerin ihre Ersatzansprüche nur gegenüber dem Jagdleiter der neuen Jagdgesellschaft geltend gemacht habe, ohne daß dieser von der alten Jagdgesellschaft bevollmächtigt gewesen sei, Schadenersatzforderungen entgegenzunehmen, seien auf den Zeitraum bis 31.März 1993 bezogene Ansprüche gegenüber der alten Jagdgesellschaft und ihren Mitgliedern verfristet. Das Verfahren sei daher auf jenen Zeitraum einzuschränken gewesen, „für welchen eine allfällige Haftung der neuen Gesellschaft bzw. Gesellschafter der neuen Jagdgesellschaft möglich“ sei. Schäden dieser Art seien nicht Gegenstand des Verfahrens zu Nc 27/93, weshalb die von den Antragsgegnern erhobene Einrede der Streitanhängigkeit erfolglos habe bleiben müssen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, „daß der Entschädigungsantrag, soweit er bis 31.3.1993 aufgetretene Wildschäden betrifft, nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen wird“, und berichtigte den angefochtenen Beschluß im übrigen dahin, daß sich die vom Erstgericht ausgesprochene Verfahrenseinschränkung auf den Zeitraum vom 1.April 1993 bis 17.Mai 1993 beziehe. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es zu und vertrat im wesentlichen folgende Ansicht:

Als Antragsgegner könne nicht die Jagdgesellschaft, der es an der Parteifähigkeit fehle, auftreten. Prozeßparteien als Antragsgegner seien vielmehr deren einzelne Gesellschafter. Ersatzpflichtig für Wildschäden nach dem Oberösterreichischen Jagdgesetz sei der im Zeitpunkt der Schadenszufügung Jagdausübungsberechtigte. Die Antragstellerin habe im Verwaltungs und im Gerichtsverfahren lediglich die neue Jagdgesellschaft in Anspruch genommen, die jedoch für vor dem 31.März 1993 aufgetretene Wildschäden nicht haftbar gemacht werden könne. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die Gesellschafter der alten und neuen Jagdgesellschaft ident seien, weil es auf derartige Zufälle nicht ankommen könne. Die neue Jagdgesellschaft sei nämlich weder nach dem Gesetz noch nach dem Vertragsinhalt Rechtsnachfolgerin jener Jagdgesellschaft, die das Jagdrecht in der vorangegangenen Jagdperiode ausgeübt habe. Der Passivlegitimation der Zweit bis Fünftantragsgegner für vor dem 31.März 1993 eingetretene Wildschäden stehe somit entgegen, daß solche gegenüber der alten Jagdgesellschaft gemäß § 69 Oö JagdG nicht ordnungsgemäß geltend gemacht worden seien. Die alte Jagdgesellschaft sei auch nicht am dem Gerichtsverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen. Sei aber die Passivlegitimation der Mitglieder der neuen Jagdgesellschaft für vor dem 31.März 1993 eingetretene Wildschäden zu verneinen, müsse dies zur Antragsabweisung führen. Die Verfahrenseinschränkung auf einen Zeitraum ab 1.Juli 1993 sei als offenbarer Schreibfehler auf 1.April 1993 zu berichtigen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Zu Punkt 1. des Spruches:

Das Rekursgericht erkannte richtig, daß der Zusammenschluß eigenberechtigter Personen zu einer Jagdgesellschaft iS des § 21 Oö JagdG als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu beurteilen ist (NRsp 1994/244; vgl im übrigen zu Jagdgesellschaften nach den Jagdgesetzen anderer Bundesländer: EvBl 1962/514; VwSlg 11.567 A). Einer solchen kommt aber nach herrschender Auffassung keine Parteifähigkeit zu, weshalb die Gesellschafter als Prozeßparteien aufzutreten haben (NRsp 1994/244; Strasser in Rummel , ABGB 2 Rz 28 zu § 1175 mwN). Wird eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter ihrem Gesamtnamen - wie im vorliegenden Fall dennoch als Verfahrenspartei benannt, ist die Parteibezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO der auch im Verfahren außer Streitsachen anwendbar ist in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen zu berichtigen ( Strasser aaO mwN). Da sämtliche Mitglieder der Jagdgesellschaft ihrem Vertreter Prozeßvollmacht erteilten, stand der sofortigen Berichtigung der Parteibezeichnung kein Hindernis entgegen, weshalb zur Klarstellung der vom Rekursgericht noch unterlassene Formalakt der Berichtigung der Parteibezeichnung der Antragsgegner nachzuholen ist.

Zu Punkt 2. des Spruches:

Um wie sich die Revisionsrekurswerberin ausdrückt „Nägel mit Köpfen“ zu machen, wird angeregt, beim VfGH die Aufhebung aller Normen des Oberösterreichischen Jagdgesetzes „über die Jagd und Wildschadenskommission im Zusammenhang mit Wildschäden“ als verfassungswidrig zu beantragen. Eine faire Behandlung von Ersatzansprüchen aus Wildschäden sei nämlich nur möglich, wenn diese „sehr schnell“ erfolge.

Die Regelungen der Jagdgesetze der einzelnen Bundesländer über den Ersatz von Jagd und Wildschäden haben zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK zum Gegenstand. Über solche Ansprüche ist von einem Tribunal im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK zu entscheiden. Dabei machen es die besonderen Ziele und Folgen eines Zivilverfahrens möglich, der Entscheidung durch das Tribunal ein Verfahren vor einer weisungsgebundenen Verwaltungsbehörde vorzuschalten. Es reicht also zur Erfüllung der gemäß Art 6 Abs 1 EMRK zu gewährleistenden Verfahrensgarantien aus, wenn das letztlich maßgebliche Tribunal aufgrund selbständiger Feststellung und Würdigung der Tat und Rechtsfragen die Sachentscheidung fällt (VfSlg 11.591). Das in § 70 Abs 2 und § 77 Abs 1 Oö JagdG idF LGBl 1990/2 eingerichtete Verfahren, das nach der Entscheidung einer Jagd und Wildschadenskommission über Ansprüche auf Ersatz von Jagd und Wildschäden eine sukzessive Kompetenz der ordentlichen Gerichte vorsieht, entspricht somit den gemäß Art 6 Abs 1 EMRK zu stellenden Anforderungen (so auch: Binder, Jagdrecht 101, 110). Der Oberste Gerichtshof sieht sich demnach nicht veranlaßt, eine vom VfGH bereits entschiedene Rechtsfrage neuerlich an diesen heranzutragen.

Gemäß § 8 Abs 1 lit b Oö JagdG kommt das Jagdrecht in einem genossenschaftlichen Jagdgebiet der Jagdgenossenschaft zu; gemäß § 8 Abs 2 dieses Gesetzes sind die Pächter oder die Jagdverwalter Jagdausübungsberechtigte. Als Pächter kann gemäß § 20 Abs 1 lit a Oö JagdG auch eine Jagdgesellschaft iS des § 21 Oö JagdG auftreten, die sodann gemäß § 8 Abs 2 Oö JagdG jagdausübungsberechtigt ist. Gemäß § 21 Abs 3 Oö JagdG hat die Jagdgesellschaft die Jagd unter einheitlicher Leitung auszuüben, im Gesellschaftsvertrag aus ihrer Mitte einen Jagdleiter zu bestellen und diesen zur Vertretung der Jagdgesellschaft zu bevollmächtigen. § 21 Abs 7 Oö JagdG ordnet an, daß die einzelnen Jagdgesellschafter für eine den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Ausübung der Jagd persönlich verantwortlich sind. Die Jagdgesellschafter haften rücksichtlich aller aus der Jagdpachtung hervorgehenden Verbindlichkeiten, insbesondere auch für die Jagd und Wildschäden, zur ungeteilten Hand. Gemäß § 65 Abs 1 Oö JagdG hat der Jagdausübungsberechtigte es sei denn, es lägen besondere Vereinbarungen vor - allen entstandenen Jagd und Wildschaden in dem in diesem Gesetz bestimmten Ausmaß zu ersetzen. § 69 Oö JagdG idFd LGBl 1988/13 bestimmt, daß der Anspruch auf Ersatz eines Jagd oder Wildschadens binnen drei Wochen nach dessen Bekanntwerden bei sonstigem Verlust des Anspruches beim Jagdausübungsberechtigten oder dessen Bevollmächtigten geltend zu machen ist. Gemäß § 73 Oö JagdG idFd LGBl 1988/13 hat der Geschädigte seinen Schadenersatzanspruch, falls eine gütliche Vereinbarung mit dem Jagdausübungsberechtigten nicht zustande kommt, binnen zwei Wochen nach Ablauf der im § 69 festgesetzten Frist beim Obmann der Kommission anzubringen.

Die für die Geltendmachung und Anbringung eines Jagd oder Wildschadens normierten Fristen sind gesetzliche Fallfristen. Eine Fristversäumnis hat den Anspruchsverlust zur Folge (VwGH 5.4.1976 Zl 2301/74 8; Binder aaO 107). Streitentscheidend ist daher, ob die Antragstellerin ihre Ersatzansprüche innerhalb der gesetzlichen Fallfristen geltend machte und anbrachte.

Jene machte nach dem zu beurteilenden Sachverhalt ihre den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Ersatzansprüche gegenüber dem von der derzeit bestehenden Jagdgesellschaft als Jagdleiter bestellten Erstantragsgegner geltend, und zwar sowohl für die allenfalls vor dem 31.März 1993 als auch für die allenfalls nach diesem Zeitpunkt eingetretenen Wildschäden. Die Antragstellerin war offenbar in Unkenntnis der Tatsache, daß eine Jagdgesellschaft mit dem Zweitantragsgegner als bevollmächtigtem Jagdleiter zum 31.März 1993 aufgelöst und in der Folge eine weitere Jagdgesellschaft gegründet wurde, der das Jagdausübungsrecht im genossenschaftlichen Jagdgebiet als Pächterin für den Zeitraum vom 1.April 1993 bis 31.März 1999 zukommt und die durch den Erstantragsgegner als bevollmächtigen Jagdleiter vertreten wird.

Zunächst ist zu betonen, daß die Mitglieder der zum 31.März 1993 aufgelösten Jagdgesellschaft dieselben Personen waren, die nunmehr Mitglieder der das Jagdrecht seit 1.April 1993 ausübenden Jagdgesellschaft sind. Der Unterschied in der Organisationsstruktur der beiden Gesellschaften besteht darin, daß die derzeit bestehende Jagdgesellschaft im Unterschied zu der zum 31.März 1993 aufgelösten vom Erstantragsgegner als bevollmächtigtem Jagdleiter vertreten wird. Es stellt sich also die Frage, ob die Mitglieder der das Jagdrecht seit 1.April 1993 ausübenden Jagdgesellschaft durch die Bestellung des Erstantragsgegners als bevollmächtigten Jagdleiters gegenüber Dritten auch zum Ausdruck brachten,

auch ein Anspruch auf Ersatz des gegebenenfalls im Zeitraum bis zum 31.3.1993 verursachten Jagd und Wildschadens könne beim Erstantragsgegner als Bevollmächtigtem im Sinne des § 69 Oö JagdG idFd LGBl 1988/13 geltend gemacht werden.

Da eine ausdrückliche Bevollmächtigung des Erstantragsgegners in diesem Sinne weder behauptet worden noch aus dem festgestellten Sachverhalt erkennbar ist, ist zu prüfen, ob die Antragstellerin auch jenen Schaden, der der früheren Jagsgesellschaft zuzurechnen ist, durch die Anmeldung beim Erstantragsgegner im Sinne des § 69 Oö JagdG wirksam geltend gemacht hat, obwohl dieser nicht deren Jagdleiter gewesen war, weil die Mitglieder der früheren und gleichzeitig auch der gegenwärtigen Jagdgesellschaft durch ihr Verhalten im Zusammenhang mit der Auswechslung des Jagdleiters einen Sachverhalt veranlaßt haben, aus dem auf den Willen zur Vollmachtserteilung an den Erstantragsgegner oder aber zumindest zu deren Kundgabe geschlossen werden kann (vgl. dazu ÖBA 1990, 53 mwN). Die schlüssige (externe) Vollmachtserteilung im Sinne des § 863 ABGB setzt voraus, daß der Dritte aus dem Verhalten des Vertretenen folgern darf, dieser wolle damit die Vollmacht erteilen; Anscheinsvollmacht darf hingegen nur dann angenommen werden, wenn aus dem Verhalten des Vertretenen nur der Schluß gezogen werden kann, dieser habe bereits früher Vollmacht erteilt (WBl 1990, 247 ua; Welser in JBl 1979, 1, 8ff; Schinko in Straube , HGB I 2 § 54 Rz 7; Koziol Welser , Grundriß 9 I 170).

Bestellten aber die Mitglieder der das Jagdrecht seit 1.April 1993 ausübenden Jagdgesellschaft den Erstantragsgegner als bevollmächtigten Jagdleiter, so begründeten jene damit aufgrund des hier zu beurteilenden besonderen Sachverhaltes vor allem der Identität der Mitglieder beider Jagdgesellschaften zumindest den nach außen wirkenden Anschein, dem nunmehrigen Jagdleiter sei auch Vollmacht erteilt worden, die Geltendmachung eines Anspruches auf Ersatz eines Jagd oder Wildschadens im Sinne des § 69 Oö JagdG idF LGBl 1988/13 auch mit Wirksamkeit für alle Mitglieder der zum 31.März 1993 aufgelösten Jagdgesellschaft entgegenzunehmen. Eine solche Regelung erscheint bei objektiver Betrachtungsweise auch zweckmäßig und sinnvoll, kann die Abwicklung eines Anspruches auf Jagd oder Wildschadenersatz doch damit beschleunigt werden, wenn der immer gegen dieselben Personen sei es nur als Mitglieder der aufgelösten oder der jetzt bestehenden Jagdgesellschaft zu erhebende Anspruch bei einem Bevollmächtigten geltend gemacht werden kann. Für die Antragstellerin bestand daher kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln, die Bevollmächtigung des Erstantragsgegners als Jagdleiter der das Jagdrecht seit 1.4.1993 ausübenden Jagdgesellschaft sei auch als eine an die Öffentlichkeit gerichtete Erklärung ihrer Mitglieder zu verstehen, daß der Erstantragsgegner auch bevollmächtigt ist, ein gemäß § 69 Oö JagdG idF LGBl 1988/13 geltend gemachtes und noch auf die Tätigkeit der zum 31.März 1993 aufgelösten Jagdgesellschaft bezogenes Ersatzbegehren mit Wirksamkeit für alle Haftpflichtigen entgegenzunehmen. Die Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts läßt nämlich die Haftung der einzelnen Gesellschafter für vorher entstandene Forderungen unberührt ( Strasser in Rummel , ABGB 2 Rz 10 zu §§ 1202, 1203 mwN). Das entspricht auch der im Oberösterreichischen Jagdgesetz getroffenen und in den Gesellschaftsverträgen im einzelnen durchgeführten Regelung.

Im fortgesetzten Verfahren wird demnach entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Ansicht und abgesehen von einer noch zu erörternden Verfahrensfrage nicht weiter zu prüfen sein, inwieweit sich das von der Antragstellerin geltend gemachte Ersatzbegehren auf bis zum oder erst nach dem 31.März 1993 verursachte Wildschäden bezieht. Wesentlich ist nur, ob die Antragstellerin die in § 69 Oö JagdG idF LGBl 1988/13 angeordnete Frist von drei Wochen für die Geltendmachung ihres Ersatzbegehrens einhielt. Die Beantwortung dieser Frage hängt aber davon ab, wann die Antragstellerin von den behaupteten Wildschäden Kenntnis erlangte.

In der dem Schreiben vom 20.April 1993 an den Erstantragsgegner als Jagdleiter angeschlossenen Aufstellung findet sich der nach Schriftbild und Schreibgerät offenbar später hinzugefügte Vermerk: „Festgestellt am 15.April 1993“ (Beilage ./G Seite 4). Feststellungen darüber, wann die mit diesem Schreiben geltend gemachten Wildschäden eintraten bzw der Antragstellerin bekannt wurden, sind den Entscheidungen der Vorinstanzen allerdings nicht zu entnehmen. Wäre vom 15.April 1993 als Zeitpunkt des Bekanntwerdens des diesem Ersatzbegehren zugrundeliegenden Wildschadens auszugehen, hätte die Antragstellerin die für dessen Geltendmachung zu beachtende gesetzliche Fallfrist eingehalten. Fristgerecht wäre in diesem Fall aber auch die Anbringung des Ersatzanspruches beim Obmann der Jagd und Wildschadenskommission gewesen (§ 73 Oö JagdG), wäre von der Echtheit und Richtigkeit der auf dem Schreiben vom 5.Mai 1993 angebrachten und dessen Eingang mit 7.Mai 1993 beurkundenden Stampiglie (Beilage ./G Seite 1) auszugehen.

Gleiches gilt für die mit Schreiben vom 17.Mai 1993 an den Erstantragsgegner als Jagdleiter erfolgte Geltendmachung von Wildschäden, wären diese der Antragstellerin entsprechend einem ebenso offenbar erst nachträglich hinzugefügten handschriftlichen Vermerk (Beilage ./F Seite 2) am 12.Mai 1993 bekanntgeworden. Von dieser Voraussetzung ausgehend, wäre auch dieser Ersatzanspruch gemäß § 73 Oö JagdG fristgerecht angebracht worden, wäre von der Echtheit und Richtigkeit der auf dem Schreiben vom 2.Juni 1993 an den Obmannn der Jagd und Wildschadenskommission angebrachten und den Eingang mit 8.Juni 1993 beurkundenden Stampiglie (Beilage ./F Seite 1) auszugehen.

Aus den dargestellten Gründen folgt, daß im vorliegenden Fall auch kein Anlaß besteht, der Anregung der Antragstellerin entsprechend beim Verfassungsgerichtshof ein auf die Formulierung des § 69 Oö JagdG „beim Jagdausübungsberechtigten oder dessen Bevollmächtigten“ bezogenes Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten. Es trifft auch die im Revisionsrekurs vertretene Ansicht nicht zu, die Geltendmachung eines Begehrens auf Jagd oder Wildschadenersatz gegenüber einem von den anderen nicht zumindest dem äußeren Anschein nach bevollmächtigten Mitglied der Jagdgesellschaft keine Rechtswirkungen gegen alle Gesellschafter herbei.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Erstgericht die erforderlichen Feststellungen zur Rechtzeitigkeit der Geltendmachung und Anbringung der diesem Verfahren zugrundeliegenden Ersatzbegehren nachzuholen haben. Wäre als Folge der noch zu treffenden Feststellungen davon auszugehen, daß die von der Antragstellerin erhobenen Ersatzbegehren nicht verfristet sind, bedarf es auch Feststellungen dazu, ob und in welchem Ausmaß im Vermögen der Antragstellerin tatsächlich Wildschäden eintraten, gleichgültig ob solche Schäden bis zum oder nach dem 31.März 1993 verursacht worden sein mögen.

Es wird aber auch zu prüfen sein, inwieweit der im vorliegenden Verfahren geltend gemachte und allenfalls im Zeitraum bis 31.März 1993 verursachte Wildschaden mit dem von der Antragstellerin zu Nc 27/93 gestellten Begehren ident ist. Das Erstgericht verwarf zwar nach dem Inhalt seiner Begründung die von den Antragsgegnern erhobene „Einrede der Streitanhängigkeit“; das blieb durch die Antragsgegner unbekämpft, bezog sich jedoch nur auf die allenfalls seit dem 1.April 1993 eingetretenen Wildschäden.

Gemäß § 77 Abs 1 Oö JagdG idF LGBl 1990/2 ist im gerichtlichen Verfahren auf Ersatz von Jagd und Wildschäden das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 30 Abs 4 EisbEG iVm § 77 Abs 1 Oö JagdG ist das auf die Entscheidung über die zu leistende Entschädigung bezogene Rechtsmittelverfahren zweiseitig (7 Ob 551/94). Gemäß § 44 EisbEG sind die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen wurden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.

Die Eigentümer von Liegenschaften, die zu einem genossenschaftlichen Jagdgebiet gehören, haben nach den gesetzlichen Bestimmungen die Jagdausübung zu dulden. Als Ausgleich wird lediglich ein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch für entstandene Jagd und Wildschäden gewährt. Die Ausübung des Eigentumsrechtes wird also partiell beschränkt, was nach der vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Absicht als enteignungsgleicher Eingriff anzusehen ist. Der gemäß § 44 EisbEG geltende Grundsatz der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht (SZ 60/269; SZ 60/17) ist somit gemäß § 77 Abs 1 Oö JagdG idF LGBl 1990/2 auch im gerichtlichen Verfahren über einen Anspruch auf Ersatz von Jagd und Wildschäden anwendbar. Das bedeutet für die hier zu beurteilenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens, daß die Antragsgegner die Kosten ihrer Rekurs und Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen haben, weil diese Kosten nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten der Antragstellerin hervorgerufen wurden. Dagegen bilden die der Antragstellerin im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten weitere Verfahrenskosten. Über den Ersatz dieser Kosten kann erst mit der noch ausstehenden abschließenden Sachentscheidung abgesprochen werden (SZ 60/17). Obsiegt der Grundeigentümer im Entschädigungsverfahren bloß teilweise, gebühren ihm unter Ausschluß der Kostenteilung volle Kosten vom ersiegten Betrag (SZ 60/269). Dabei sind auch die im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten der anwaltlichen Vertretung ersatzfähig (SZ 59/229; SZ 60/17; SZ 60/269). Dieselben Grundsätze gelten aber auch für die Kosten des Verfahrens erster Instanz (SZ 60/269).

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