JudikaturJustiz15Os124/05g

15Os124/05g – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gomez Reyes als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alfred H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann F***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 12. Juli 2005, GZ 28 Hv 61/04w-58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagen fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche der Angeklagten Alfred H***** und Maria M***** enthält, wurde Johann F***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (2./) und des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB (3./) schuldig erkannt.

Danach hat er in Freilassing und Innsbruck

2./ zur Ausführung der strafbaren Handlung des Alfred H*****, der einen Bestandteil seines Vermögens, nämlich einen Spezialkraftwagen Mercedes beiseite geschafft und dem Masseverwalter vorenthalten sowie eine nicht bestehende Verbindlichkeit vorgetäuscht hat, indem er im Konkursverfahren Kreditverbindlichkeiten vortäuschte und vorgab, diese Maschine dem Kreditgeber in Form einer Sicherungsübereignung übergeben zu haben, wobei der Schaden 40.000 Euro nicht überstieg, dadurch beigetragen, dass er am 26. Februar 2003 beim Landesgericht Innsbruck als Konkursgericht mit der Behauptung einer Sicherungsübereignung - unter Vorlage inhaltlich unrichtiger Schuldscheine (US 13) - einen Aussonderungsantrag für den Spezialkraftwagen Mercedes stellte;

3./ im Februar und März 2003 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Alfred H***** durch die zu 2./ genannte Tat falsche Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren gebraucht.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann F*****. Deren Ausführung wurde von der gemäß § 41 Abs 2 StPO dem Beschwerdeführer beigegebenen Verteidigerin Dr. Lass (ON 66) am 13. Oktober 2005 zur Post gegeben und langte am 14. Oktober 2005 während der Amtsstunden beim Erstgericht ein (ON 70). Ebenfalls am 14. Oktober 2005, jedoch erst nach Ablauf der Amtsstunden, nämlich um 16.50 Uhr, langte per Telefax eine zweite (teilweise wortidente) Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde, verfasst vom zuvor am selben Tag namhaft gemachten (ON 69) neuen Wahlverteidiger des Angeklagten, Mag. Sch*****, ein (ON 71).

Letztere war unbeachtlich, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde zulässt (Ratz, WK-StPO § 285 Rz 6). Werden von mehreren Verteidigern mehrere Schriften überreicht, ist nur auf die zuerst eingelangte Rücksicht zu nehmen (SSt 59/17; WK-StPO § 285 Rz 7). Von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgründe (§ 290 Abs 1 StPO) werden in der Zweitausführung nicht aufgezeigt. Der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO gestützten (ersten) Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vernachlässigt mit der Behauptung, das Schöffengericht habe zur subjektiven Tatseite Feststellungen lediglich für die Wissens-, nicht aber die Wollenskomponente getroffen, die Urteilskonstatierungen zum für die Beurteilung nach § 156 StGB essentiellen Schädigungsvorsatz (US 21: „... und fand sich damit ab, ..."). Bei gebotener Beachtung aller Urteilsaspekte, somit auch des Spruches (US 4), ist aber der Wille der Tatrichter, das - in der konkreten Konstellation auch durch die konstatierte Wissentlichkeit implizierte - voluntative Element auch zum Tatbestand der Fälschung eines Beweismittels darzustellen, ersichtlich (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Soweit die Rechtsrüge unter Bezugnahme auf § 428 ABGB weitwendig darzutun versucht, dass die - nach den erstgerichtlichen Feststellungen nur vorgetäuschte - Sicherungsübereignung rechtsgültig zustande gekommen sei, sagt sie nicht, inwieweit dies für die Beurteilung des - sowohl durch bloß scheinbare wie auch durch tatsächliche Vermögensverringerung verwirklichbare - Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 StGB von Bedeutung sein soll. Im Übrigen verfolgt eine Sicherungsübereignung wirtschaftlich nichts anderes als eine Pfandbestellung, daher sind die für die Pfandbestellung im Gesetz vorgesehenen Formen der Übergabe einzuhalten. Deshalb kann Sicherungseigentum nicht durch Besitzkonstitut begründet werden. Es ist vielmehr nur dann wirksam zustande gekommen, wenn eine Gewahrsamsänderung vorgenommen wurde, oder, wenn diese nicht möglich oder tunlich sein sollte, eine Übergabe durch Zeichen iS des § 427 ABGB erfolgte (RIS-Justiz RS0010394; Koch in KBB § 451 Rz 2).

Mit der Behauptung, durch die Erstellung zweier Schuldscheine über insgesamt 700.000 S sei - auch in Bezug auf den 500.000 S übersteigenden Teil - keine nicht bestehende Verbindlichkeit vorgetäuscht oder anerkannt worden, vernachlässigt die Beschwerde den aus den Urteilskonstatierungen unmissverständlich ersichtlichen Umstand, dass die erst nach der am 12. Juli 2002 erfolgten Konkurseröffnung erstellten (US 13, vgl auch S 13/III) Schuldscheine tatsachenwidrig mit 12. April 2001 und 21. August 2001 vordatiert worden sind. Gleiches gilt für die Behauptung, dass der Aussonderungsantrag des Angeklagten kein falsches Beweismittel dargestellt habe (S 257 ff/I). Soweit die Beschwerde behauptet, die Schuldscheine seien tatsächlich zu den genannten Zeitpunkten errichtet worden, argumentiert sie nicht auf Basis der gegenteiligen Urteilsfeststellungen.

Der Beschwerdebehauptung, eine sogenannte Lugurkunde sei - entgegen der zu RZ 1995/11 veröffentlichten Entscheidung eines verstärkten Senates und der seither ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - nicht vom Anwendungsbereich des § 293 StGB erfasst, mangelt es an jeglicher inhaltlichen Argumentation, sodass sie einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich ist (vgl dazu im Übrigen Plöchl/Seidl in WK2 § 293 Rz 17).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet, der Angeklagte wäre nur wegen Beteiligung nach § 12 dritter Fall StGB am versuchten Verbrechen nach §§ 15, 156 Abs 1 StGB zu bestrafen gewesen, weil er mangels Kenntnis vom Verkauf des PKW Mercedes an der Vollendung des Delikts nicht mitgewirkt habe. Dabei vernachlässigt sie, dass die Tatkomponente des Beiseiteschaffens nach den Urteilsfeststellungen nicht erst durch den Verkauf, sondern bereits durch das Vortäuschen der Sicherungsübereignung verwirklicht wurde (US 13 f iVm 3), und legt zudem auch nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, warum es für die Zurechnung der Begehung einer strafbaren Handlung als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB erforderlich sei, dass der Täter Kenntnis von der tatsächlichen Vollendung habe. Im Übrigen genügt es, dass der Tatbeitrag vor oder während der Ausführung der Tat geleistet wird; auf die zeitliche Nähe des Tatbeitrags zur Ausführung der geförderten Tat kommt es hingegen nicht an (Fabrizy in WK2 § 12 Rz 94). Auf der subjektiven Tatseite reicht es aus, dass der - zumindest bedingte - Vorsatz auf die Tatbildverwirklichung, somit auf die (in der Zukunft liegende) Vollendung der Tat gerichtet ist (WK2 § 12 Rz 103). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Rechtssätze
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