JudikaturJustiz13Os80/18s

13Os80/18s – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Dezember 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sischka als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Mag. Erich S***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Oktober 2017, GZ 122 Hv 118/06a 574, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Erich S***** im zweiten Rechtsgang mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er als Geschäftsführer der D*****-Gesellschaft mbH unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten durch Abgabe unrichtiger Jahressteuererklärungen eine Verkürzung von Abgaben

A) bewirkt, und zwar im Bereich des Finanzamts L*****

1) am 13. Mai 1994 für das Jahr 1991 an

a) Umsatzsteuer um 15.203,16 Euro,

b) Körperschaftsteuer um 16.746 Euro und

c) Gewerbesteuer um 7.537,77 Euro sowie

2) am 22. Juni 1994 für das Jahr 1992 an

a) Umsatzsteuer um 17.610,46 Euro,

b) Körperschaftsteuer um 20.149,27 Euro und

c) Gewerbesteuer um 9.067,17 Euro, weiters

B) zu bewirken versucht (§ 13 FinStrG), und zwar am 30. August 1995 (vor Einleitung eines Finanzstrafverfahrens und nach Verlegung des Sitzes der Gesellschaft) im Bereich des Finanzamts für Körperschaften W***** für das Jahr 1993, wobei es mangels erklärungskonformer Veranlagung beim Versuch blieb, an

Umsatzsteuer um 8.563,27 Euro,

Körperschaftsteuer um 5.123,94 Euro und

Gewerbesteuer um 2.260,45 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 2, 3, 4, 5, 5a, 8, 9 lit a, b und c, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl:

Mit ihrem nicht auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Oktober 2017, GZ 122 Hv 118/06a 574, bezogenen Vorbringen verfehlt die Nichtigkeitsbeschwerde den Gegenstand der Anfechtung.

Wegen der Hinterziehung von Kapitalertragsteuer erging kein Schuldspruch (vgl US 1 f). Vielmehr hat das Schöffengericht in den Entscheidungsgründen durch entsprechende Negativfeststellungen (US 19) einen – von der Staatsanwaltschaft nicht angefochtenen – Freispruch zum Ausdruck gebracht (vgl RIS Justiz RS0116266 [T9 und T10]). Zur Bekämpfung eines Freispruchs ist der Angeklagte aber nicht legitimiert (§ 282 StPO), womit das Vorbringen zur Kapitalertragsteuer auf sich zu beruhen hat.

§ 83 Abs 2 FinStrG gilt ausschließlich im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren (siehe Überschrift vor §§ 56 ff FinStrG), aus welchem Grund der Verweis auf diese Bestimmung hier unverständlich ist.

Mit dem Einwand der örtlichen Unzuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Wien, den die Beschwerde im Übrigen auf eigene Prämissen gründet, wird kein Nichtigkeitsgrund angesprochen (§ 213 Abs 5 StPO).

Die Kritik an der Annahme von „Scheingeschäften“ entfernt sich vom Urteilssachverhalt (US 7 f).

Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet. Soweit die Beschwerde dies missachtet, entzieht sie sich von vornherein einer inhaltlichen Erwiderung (RIS Justiz RS0115902).

In die Nichtigkeitsbeschwerde aufgenommene Beweisanbote sind der Strafprozessordnung fremd.

Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 2 StPO ist dann gegeben, wenn ein Protokoll oder ein anderes amtliches Schriftstück über eine nichtige Erkundigung oder Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren trotz Widerspruchs des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung verlesen wurde. Unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes fehlt es hier schon am Widerspruch, weil der Angeklagte nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung zum Vortrag (§ 252 Abs 2a StPO) und solcherart zum Vorkommen des gesamten Akteninhalts in der Hauptverhandlung (RIS-Justiz RS0127712) sein Einverständnis erklärt hat (ON 573 S 33).

Mit dem Einwand des „Fehlens von Unterlagen“ bezeichnet die Rüge keinen Nichtigkeitsgrund deutlich bestimmt.

Indem die Verfahrensrüge (Z 3) Berichtigungsanträge zum Protokoll über die Hauptverhandlung des ersten Rechtsgangs releviert, behauptet sie die Verletzung oder Missachtung einer Bestimmung, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet, im Rahmen der – unter diesem Aspekt hier allein maßgebenden (vgl Danek/Mann , WK StPO Vor §§ 228–279 Rz 2/1) – Hauptverhandlung des zweiten Rechtsgangs nicht.

Im zweiten Rechtsgang fand die Hauptverhandlung am 13. Oktober 2017 und am 31. Oktober 2017 statt. Durch die Neudurchführung der Hauptverhandlung verliert die vorangegangene ihre rechtliche Bedeutung. Daraus folgt, dass formale Voraussetzung zur Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO die Antragstellung in der neu durchgeführten Hauptverhandlung ist. Die bloße gerichtliche Verlesung des Protokolls über früher gestellte Anträge reicht der weiteren Verfahrensrüge (Z 4) zuwider nicht aus (RIS Justiz RS0099049; Danek/Mann , WK StPO § 276a Rz 10). Gleiches gilt für den Vortrag oder die Verlesung eines Beweisanträge enthaltenden Schriftsatzes durch den Vorsitzenden (RIS Justiz RS0099250 [T17]).

Der Antrag auf Ladung und Vernehmung der Ambrosia G***** als Zeugin wurde vom Angeklagten zurückgezogen (ON 573 S 42) und scheidet solcherart als Bezugspunkt des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 4 StPO aus.

Anträge der Staatsanwaltschaft, denen sich der Angeklagte nicht angeschlossen hat, berechtigen diesen nicht zur Verfahrensrüge (RIS Justiz RS0099328).

Nach Erstattung von Befund und Gutachten sind auf mangelnde Sachkunde eines Sachverständigen gegründete Einwendungen nicht mehr zulässig (RIS Justiz RS0115712 [T10] und RS0126626). Fachliche Zweifel an der Expertise eines Sachverständigen sind nach § 127 Abs 3 erster Satz StPO durch dessen Befragung, falls diese nicht zum Ziel führt, durch Beiziehung eines weiteren Sachverständigen auszuräumen. Einen darauf gerichteten Antrag stellte der Angeklagte nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung nicht (ON 568 und ON 573). Vielmehr stimmte er der Verlesung der Expertise des Sachverständigen ausdrücklich zu (ON 568 S 5 und 7). Soweit die Rüge von anderen Prämissen ausgeht oder das Gutachten kritisiert, weil dafür relevante Unterlagen nicht detailliert aufgelistet worden seien, im Gerichtsakt fehlen würden und der Sachverständige bereits im Ermittlungsverfahren tätig geworden sei, stellt sie keinen Bezug zu den Kriterien eines Nichtigkeitsgrundes her.

Die Anträge auf Beischaffung der Akten über den Konkurs der E***** GmbH sowie der abgabenbehördlichen Akten über die „Dr. K*****“ waren gegenstandslos, weil diese Akten im Zeitpunkt der Antragstellung bereits von Amts wegen beigeschafft waren. Hierauf hat der Vorsitzende nach der Aktenlage im Übrigen ausdrücklich hingewiesen (ON 573 S 39 f iVm ON 140 bis 144 und 180; vgl US 13, 17 und 18).

Die Geltendmachung der

Verfahrensrüge verlangt, dass die Anträge erhebliche (§ 55 Abs 2 Z 2 StPO, vgl auch § 254 Abs 1 StPO) Tatsachen betreffen, somit solche, die unmittelbar oder mittelbar (ohne dabei auf – unzulässige – Erkundungsbeweise abzuzielen) der Feststellung entscheidender (vgl § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO) Tatsachen dienen (RIS-Justiz RS0116503). Dies trifft auf die vom Erstgericht abgelehnte Beischaffung des Betriebsprüfungsakts der E***** GmbH zum Beweis dafür, „dass von Kunden Ke***** in den Jahren ab 1995 Lizenzgebühren an die E***** bezahlt wurden und damit auch Einnahmen der im Jahre 1993 von der C***** aktivierten Geschäfte der Dr. K***** der E***** zugeflossen sind“ (ON 573 S 35 f), der Finanzamtsakten betreffend die Kapitalertragsteuerbescheide der GfB II der Jahre 1994 bis 1996 zum Beweis dafür, „welche Darlehen von der H***** AG ab 1995 an welche Empfänger gewährt wurden“ (ON 573 S 36 f), der Buchhaltungsunterlagen und Lohnverrechnungsunterlagen der E***** GmbH für das Jahr 1993 zum Beweis fremdüblicher Verrechnungen von Gehaltsaufwendungen (ON 573 S 37) und der Finanzamtsunterlagen zur GFB I zum Beweis dafür, dass „die Betriebsprüfung im Jahr 1997 den Verkauf des Klientenstockes um 10 Mio ATS bewertete“ (ON 573 S 37), nicht zu.

Enstprechendes gilt für die vom Erstgericht abgelehnte Vernehmung des Rainer F***** als Zeugen zum Beweis dafür, dass die C***** AG Leistungen für die „Dr. K*****“ erbrachte, die abgerechnet und weiterverrechnet wurden (ON 573 S 34), und des Dkfm. Uwe Hä***** als Zeugen zum Beweis dafür, „dass gemeinsam von der H***** AG vermittelte Klienten von Dkfm. Hä***** in Deutschland und von der Dr. K***** in Österreich bearbeitet wurden, wobei hiebei die Vermittlung von Hr. Rainer F***** erfolgte“ (ON 573 S 34 f).

Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht Unrichtigkeiten der Jahressteuererklärungen ausschließlich im Zusammenhang mit den Rechnungen der Ambrosia G***** aus den Jahren 1991 bis 1993 und der E***** GmbH vom 20. Dezember 1992 als erwiesen feststellte (US 7 und 32).

Die Kritik an einer „ohne Begründung“ abgelehnten Beischaffung weiterer Unterlagen verabsäumt die gebotene (RIS-Justiz RS0124172) Angabe der Fundstelle der angeblich darauf bezogenen Antragstellung im Protokoll über die Hauptverhandlung.

Die in der Beschwerde nachgetragenen Argumente sind aufgrund des sich aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ergebenden Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).

Die Richtigkeit der Begründung für die Abweisung der Anträge steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (RIS Justiz RS0121628).

Die Behauptung eines Mangels bei der Ladung der „sogenannten“ „Schweizer Zeugen“ stellt keinen Bezug zu den Kriterien eines Nichtigkeitsgrundes her.

Die nach Art einer

Aufklärungsrüge (Z 5a) erhobene Kritik, wonach eine ergänzende Befragung der vom Erstgericht vernommenen Zeugen zu einem Freispruch des Angeklagten geführt hätte, lässt nicht erkennen, wodurch dieser an der Ausübung seines Rechts, die gewünschte Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und entzieht sich solcherart einer meritorischen Erledigung (RIS-Justiz RS0115823).

Entsprechendes gilt für die unter Bezugnahme auf Art 6 MRK vorgetragene Behauptung von „Verfahrensfehlern“ durch „nicht durchgeführte, aber entscheidungsrelevante Aktenbeschaffungen, Verlesungen und Zeugenvernehmungen“.

Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden von der Beschwerde nicht angesprochen) – über schuld- oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS-Justiz RS0106268).

Hievon ausgehend nennt das Gesetz fünf Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen:

Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn – nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, somit aus objektiver Sicht – nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS-Justiz RS0117995 [insbesonders T3 und T4]).

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS Justiz RS0118316).

Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen nicht nebeneinander bestehen können ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/43; RIS-Justiz RS0119089).

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/39; RIS-Justiz RS0116732 und RS0118317).

Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RIS-Justiz RS0099431).

In Bezug auf alle fünf Fehlerkategorien ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (11 Os 53/07i, SSt 2007/68; RIS-Justiz RS0119370).

Wo das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall), ist überdies der entsprechende Aktenbezug herzustellen (vgl RIS-Justiz RS0124172).

Den dargelegten Kriterien wird die – teils undifferenziert aus „Z 5 und Z 5a“ argumentierende – Rüge nicht im Ansatz gerecht.

Wiederholt werden „Urteilspassagen“ kritisiert, die sich in der angefochtenen Entscheidung gar nicht finden. Mit Einwänden des Inhalts, es seien aus den Aussagen der Zeugen Gr*****, A***** und Ing. Ha***** (vgl insofern US 14 ff, 25 f und 31 f), aus notariell beglaubigten Erklärungen der Ambrosia G***** (vgl US 26 f) sowie aus der Einlassung des Angeklagten (vgl US 17 ff) nicht die aus Beschwerdesicht gewünschten Schlüsse gezogen worden, zeigt die Rüge kein Begründungsdefizit im Sinn der dargestellten Anfechtungskategorien des § 281 Abs 1 Z 5 StPO auf (siehe insbesonders RIS-Justiz RS0114524).

Mit der Bezugnahme auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, mit welchem für das Verfahren relevante Bescheide aufgehoben und Aufwendungen anerkannt worden seien, spricht die Mängelrüge keinen für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidenden Aspekt an.

Formulierungen in der Beweiswürdigung, wonach dem Schöffensenat die Verantwortung des Angeklagten als „wechselnd“ und darunter eine „Variante“ als „nicht überzeugend“ erschien und verschiedene Aspekte als „auffällig“, „weder wirtschaftlich noch logisch nachvollziehbar“ oder „unlogisch“ eingestuft wurden (US 19 f, 29, 30, 31), scheiden als Anfechtungsgegenstand der Z 5 (vgl erneut RIS Justiz RS0114524) ebenfalls aus.

Ein Begründungsmangel hinsichtlich des Verkürzungsbetrags (§ 33 Abs 5 FinStrG) ist unter dem Aspekt der Z 5 nur dann beachtlich, wenn sich bei Wegfall der mit dem behaupteten Mangel behafteten Feststellung der strafbestimmende Wertbetrag bei einer der (selbständigen) Taten auf Null reduziert hätte oder die gerichtliche Zuständigkeit (§ 53 FinStrG) nicht erreicht worden wäre (RIS Justiz RS0124509). Soweit die Beschwerde Begründungsdefizite in dieser Bedeutung nicht behauptet, entzieht sie sich somit aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO einer inhaltlichen Erwiderung.

Aus dem Blickwinkel der Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall iVm Z 5) sei hinzugefügt, dass die undifferenziert vorgetragene Kritik „unrichtiger Berechnung der Investitionsrücklage, da die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist“, nicht erkennen lässt, welcher Urteilsfeststellung welches Begründungsdefizit anhaften soll.

Auch die Ausführungen zur Kapitalertragsteuer sind insoweit nicht zielführend, weil ein Schuldspruch wegen Verkürzung dieser Abgabe gar nicht erfolgt ist (US 1 f).

Indem die Rüge die gerichtliche Zuständigkeit bestreitet und einwendet, nicht näher bezeichnete „Feststellungen der Betriebsprüfung“ seien nicht berücksichtigt worden (vgl aber US 32), unterlässt sie die gebotene Bezeichnung der hiefür maßgeblichen argumentativen Basis im Akt.

Soweit die Beschwerde über das bisher behandelte Vorbringen hinaus überhaupt einen Konnex zu schuld- oder subsumtionsrelevanten Umständen erkennen lässt, wendet sie sich mit eigenen Beweiswerterwägungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen

(§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) verweist auf die Argumente der Mängelrüge und verkennt damit, dass die Nichtigkeitsgründe wesensmäßig verschieden sind und daher getrennt ausgeführt werden müssen (RIS-Justiz RS0115902).

Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 8 StPO wird nur nominell herangezogen.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810).

Indem die insoweit zwischen Mängeln im Tatsächlichen und rechtlichen Fehlern nicht differenzierende Rüge die Festellungen zur subjektiven Tatseite bestreitet (vgl aber US 7 ff, 33), einwendet, der Angeklagte sei nicht steuerrechtlicher Vertreter der Dr. K***** GmbH gewesen (vgl aber US 3 f, 7 f) oder behauptet, es seien weder Feststellungen „bezüglich der Verletzung einer Offenlegungs und Wahrheitspflicht“ (vgl aber US 7 f, 33 f) noch zur Umsatzsteuer getroffen worden (vgl aber US 4 f, 7, 12 ff), entzieht sie sich demnach einer meritorischen Erwiderung.

Die vermissten Feststellungen zur Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde finden sich auf US 3 ff und 40 (vgl dazu auch 13 Os 86/15v, SSt 2015/47; RIS-Justiz RS0130300; Lässig in WK 2 FinStrG § 53 Rz 8 mwN).

Mit dem Einwand der Verjährung (Z 9 lit b, nominell verfehlt auch Z 5) argumentiert die Rüge einmal mehr nicht auf der Basis der tatrichterlichen Feststellungen (US 4 ff).

Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580). Dem wird die Rechtsrüge nicht gerecht, indem sie Feststellungen zur Verjährung (bloß) vermisst.

Weshalb absolute Verjährung der Strafbarkeit im Sinn des § 31 Abs 5 FinStrG idF BGBl 1985/571 hätte eintreten können, obgleich die genannte Bestimmung bereits mit Inkrafttreten des AbgÄG 1998 BGBl I 1999/28 am 13. Jänner 1999, also fallbezogen vor Ablauf der in der genannten Bestimmung normiert gewesenen 15-jährigen Frist, aus dem Rechtsbestand ausgeschieden war (Z 9 lit b, nominell verfehlt auch Z 5), entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS-Justiz RS0116565). Hinzugefügt sei, dass sich Verjährungsbestimmungen nur dann zugunsten des Täters auswirken, wenn das die Strafaufhebung aktualisierende Fristende auf einen Zeitpunkt fällt, zu dem die jeweilige Verjährungsnorm noch in Geltung ist (RIS Justiz RS0116876; Lässig in WK 2 FinStrG § 4 Rz 8).

Die Behauptung absolut untauglichen Versuchs (Z 9 lit a) legt nicht dar, weshalb die Einreichung einer Abgabenerklärung der Dr. K***** GmbH für das Jahr 1993 (US 5 f) die Verwirklichung einer (vollendeten) Abgabenhinterziehung – unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls – unter keinen wie immer gearteten Umständen erwarten lassen sollte (RIS Justiz RS0115363, RS0098852).

Das Vorbringen, §§ 58 bis 61 BAO seien falsch ausgelegt worden, lässt eine aus dem Urteilssachverhalt entwickelte Argumentation vermissen (RIS Justiz RS0099810).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) sagt nicht, welchem Strafgesetz die Taten aus ihrer Sicht bei richtiger Gesetzesauslegung zu unterstellen seien, und ist solcherart einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich (RIS Justiz RS0099862 und RS0117247 [T7]).

Der Einwand rechtsfehlerhafter „Abgrenzung von Vollendung zum Versuch“ (nominell verfehlt Z 2, der Sache nach Z 11 zweiter Fall; vgl RIS Justiz RS0122137; Lässig in WK 2 FinStrG §§ 13, 14 Rz 8), weil in Bezug auf die Gewerbesteuer kein Abgabenbescheid ergangen sei, orientiert sich nicht am Urteilssachverhalt (US 5 f). Im Übrigen spricht die Rüge insoweit keine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache an, weil das Erstgericht ohnedies den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 iVm § 23 Abs 2 FinStrG) als mildernd ansah. Das Vorbringen zur Kapitalertragsteuer entzieht sich – wie bereits ausgeführt – mangels eines diesbezüglichen Schuldspruchs einer inhaltlichen Erwiderung.

Weshalb bei der hier aktuellen Begehung mehrerer Finanzvergehen – entgegen § 21 Abs 1 FinStrG – getrennte Sanktionen auszusprechen gewesen wären (vgl hingegen Lässig in WK 2 FinStrG § 21 Rz 2; RIS Justiz RS0125615, RS0085952), lässt die Kritik, es werde aus der Strafbemessung nicht ersichtlich, welcher Teil der Strafe auf welches Geschäftsjahr entfalle, offen.

Das Zusammentreffen mehrerer Finanzvergehen wurde keineswegs „sowohl als mildernd, als auch als erschwerend gewertet“ (US 41).

Mit der Forderung nach einer stärkeren Gewichtung der „gerichtlichen und finanzbehördlichen Unbescholtenheit des Angeklagten“ (vgl dazu US 41) wird bloß ein Berufungsvorbringen erstattet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
14
  • RS0115712OGH Rechtssatz

    25. April 2023·3 Entscheidungen

    Die - außer dem Fall des § 252 Abs 1 StPO - in dessen Abhörung bestehende Beiziehung eines Sachverständigen zur Hauptverhandlung kann durch das Vorbringen erheblicher Einwendungen verhindert werden, auch wenn dieser bereits ein schriftliches Gutachten abgegeben hat (EvBl 1997/82). Nach § 248 Abs 1 erster Satz StPO hat das Gericht bei der Beurteilung solcher Einwendungen auf ihre rechtliche Erheblichkeit die für den Untersuchungsrichter in der Voruntersuchung erteilten Vorschriften zu beobachten, soweit sie nicht ihrer Natur nach als in der Hauptverhandlung unausführbar erscheinen. Auf den Anschein der Befangenheit gestützte Einwendungen sind dabei von solchen zu scheiden, die mit mangelnder Sachkenntnis der als Sachverständiger abzuhörenden Person begründet werden. Ob sich die als Sachverständiger beizuziehende Person schon vor der Hauptverhandlung eine Meinung über den Fall gebildet hat, ist für die Beurteilung des Anscheins der Befangenheit schon deshalb ohne Bedeutung, weil eine vorläufige Meinungsbildung spätestens mit Abgabe des schriftlichen Gutachtens füglich nicht mehr zu bestreiten ist und solcherart ansonsten kein mit der Abgabe eines schriftlichen Gutachtens beauftragter Gutachter in der Hauptverhandlung abgehört werden dürfte - ein Ergebnis das offen den Verfahrensgesetzen widerspricht und den Grundsatz indirekt als zutreffend erweist. Abhörung oder Verlesung des abgegebenen schriftlichen Gutachtens sind infolge Anscheins von Befangenheit vielmehr nur dann unzulässig, wenn zu erkennen ist, dass der Sachverständige sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen. Allein aus einer vom Gutachtensauftrag nicht erfassten und daher unangebrachten rechtlichen Beurteilung zur Stellungnahme übermittelter Texte kann eine solche Befürchtung jedoch nicht abgeleitet werden. Von vornherein unbedenklich sind Aussagen wissenschaftlicher Publikationen aus dem Sachbereich des Gutachtensauftrages. Sie indizieren Befähigung, nicht Befangenheit. Wurde das schriftliche Gutachten bereits abgegeben, bedarf es zur Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wegen fehlender Sachkenntnis des Beauftragten eines an den Kriterien der §§ 125 f StPO ausgerichteten Antragsvorbringens. Denn auch der Untersuchungsrichter hätte sich daran auszurichten (§ 248 Abs 1 erster Satz StPO).