JudikaturJustiz11Os59/14g

11Os59/14g – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. August 2014 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, Mag. Michel, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Anscheringer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Sandra B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Jänner 2014, GZ 162 Hv 94/13a 113, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes sowie die Berufung der Sandra B***** und deren Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 4 und Abs 6 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, der Verurteilten Sandra B*****, ihres Verteidigers Dr. Kollmann, der Verteidigerin der Verurteilten Tamara V*****, Mag. Wenczel und des Vertreters der Privatbeteiligten T ***** GmbH, Matthias Janisch, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Jänner 2014, GZ 162 Hv 94/13a 113, verletzt

1. im Unterlassen einer rechtlichen Beurteilung der vom Referat der entscheidenden Tatsachen zu AA1b2 erfassten Taten des Benjamin H***** den der Strafprozessordnung inhärenten Grundsatz, dass jedes strafgerichtliche (End-)Urteil die gesamte Anklage entweder durch Schuldspruch oder durch Freispruch erledigen muss;

2. in der rechtlichen Unterstellung der vom Benjamin H***** betreffenden Schuldspruch „AA./AA1./AA1a./D./CC./AA1b./AA1b1./AA1b3./“ (AA1a/D, AA1b/1 und 3, CC) erfassten Taten auch unter § 147 Abs 3 StGB das Gesetz in dieser Bestimmung;

3. in der rechtlichen Unterstellung der vom Stanko P***** betreffenden Schuldspruch „AA./AA1./AA1a./E./BB./B./“ (AA1a, BB/B) erfassten Taten auch unter § 148 zweiter Fall StGB das Gesetz in dieser Bestimmung;

4. in den Sandra B***** und Tamara V***** betreffenden Schuldsprüchen EE und FF das Gesetz in §§ 223 Abs 2, 224 StGB.

II. Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird

in der rechtlichen Unterstellung der vom Benjamin H***** betreffenden Schuldspruch „AA./AA1./AA1a./D./CC./AA1b./AA1b1./AA1b3./“ (AA1a/D, AA1b/1 und 3, CC) erfassten Taten auch unter § 147 Abs 3 StGB,

in der rechtlichen Unterstellung der vom Stanko P***** betreffenden Schuldspruch „AA./AA1./AA1a./E./BB./B./“ (AA1a, BB/B) erfassten Taten auch unter § 148 zweiter Fall StGB sowie

in den Schuldsprüchen EE betreffend Sandra B***** und FF betreffend Tamara V***** und demzufolge

in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen einschließlich der Anrechnung der Vorhaft der Angeklagten Sandra B***** und Benjamin H***** sowie

im zugleich gefassten, Sandra B***** betreffenden Ausspruch auf Verlängerung der Probezeit der bedingten Strafnachsicht im Verfahren AZ 165 Hv 1/11v des Landesgerichts für Strafsachen Wien (ersatzlos) bei gleichzeitigem Absehen vom Widerruf und

in den zugleich gefassten Beschlüssen auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeit der bedingten Strafnachsichten betreffend Stanko P***** im Verfahren AZ 63 Hv 35/12w und betreffend Benjamin H***** im Verfahren AZ 62 Hv 45/12h jeweils des Landesgerichts für Strafsachen Wien

aufgehoben, und

im Umfang der Aufhebung

II.1. die Sache mit Ausnahme der Sandra B***** und Tamara V***** betreffenden Schuldsprüche EE und FF, der diese beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüche und des Sandra B***** betreffenden Ausspruchs auf Verlängerung der Probezeit der bedingten Strafnachsicht im Verfahren AZ 165 Hv 1/11v des Landesgerichts für Strafsachen Wien bei gleichzeitigem Absehen vom Widerruf

zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen, sowie

II.2. in der Sache selbst erkannt:

Sandra B***** wird vom Vorwurf, sie habe (EE) „am 9. Oktober 2012 eine durch Anfertigung einer Farbkopie des echten Reisepasses der Tamara V***** mit der Nr ***** samt Einfügen ihres eigenen Lichtbildes und Eintragung des Namens Luisa T***** hergestellte falsche Kopie eines serbischen Reisepasses, mithin eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht, indem sie diese einem Paketzusteller zum Nachweis ihrer angeblichen Identität vorlegte“, und

Tamara V***** wird vom Vorwurf, sie habe (FF) „zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 9. Oktober 2012 zur Ausführung der unter Pkt. EE./ beschriebenen strafbaren Handlung der Sandra B***** beigetragen, indem sie ihren echten Reisepass für die Herstellung einer Fälschung zur Verfügung stellte“,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

III. Mit ihrer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und ihrer Beschwerde wird Sandra B***** auf diese Entscheidung verwiesen.

IV. Der Berufung der Sandra B***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird Folge gegeben und die T-***** GmbH mit dem den Schuldspruch AA1a/BI betreffenden, 3.436 Euro übersteigenden Begehren von 764 Euro gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird.

V. Nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB werden

V.1. Sandra B***** für das ihr weiterhin zur Last liegende Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. März 2014, GZ 153 Hv 110/13-20, sowie unter Anwendung des § 40 StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitstrafe von siebenundzwanzig Monaten verurteilt und

V.2. Tamara V***** für das ihr weiterhin zur Last liegende Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB unter Anwendung des § 36 StGB zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt, deren Vollzug bei dieser Angeklagten gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

VI. Über die Anrechnung der von Sandra B***** und Benjamin H***** in Vorhaft zugebrachten Zeiten hat das Erstgericht zu entscheiden.

Text

Gründe:

M it Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Jänner 2014, GZ 162 Hv 94/13a 113, wurden s oweit hier relevant

S andra B***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB (AA1a/A und B, AA1b/1; laut US 25: „AA./AA1./AA1a./A./B./AA1b./AA1b1./“) und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (EE),

Tamara V***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, „§ 12 dritte Alternative“ (richtig:) und 15 StGB (AA1a/A und C; laut US 25: „AA./AA1./AA1a./A./c./I./II./“) und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 223 Abs 2, 224 StGB (FF),

Stanko P***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs, teils als Beteiligter nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 12 dritter Fall, 15 StGB (AA1a/E, BB/B; laut US 25: „AA./AA1./AA1a./E./BB./B,/“) und

Benjamin H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (AA1a/D, AA1b/1 und 3, CC; laut US 25: „AA./AA1./AA1a./D./CC./AA1b./AA1b1./AA1b3./“)

rechtskräftig schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt, deren Vollzug teilweise bedingt nachgesehen wurde.

Zugleich wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO vom Widerruf bedingter Strafnachsichten „betreffend Sandra B***** zu hg 165 Hv 1/11v; betreffend Stanko P***** zu hg 63 Hv 35/12w; betreffend Benjamin H***** zu hg 62 Hv 45/12h“ (US 27) abgesehen und die Probezeit jeweils auf fünf Jahre verlängert.

Das Urteil enthält zudem Privatbeteiligtenzusprüche, wobei Sandra B***** den Schuldspruch AA1a/BI betreffend gemäß § 369 StPO zur Zahlung von 4.200 Euro an die T ***** GmbH verpflichtet wurde.

Soweit hier wesentlich, haben nach dem Ersturteil zu den dort angeführten Zeiten in W***** und an anderen Orten (zusammengefasst und wegen der Notwendigkeit des Zitierens unter Beibehaltung der [auf die Anklageschriften vom 17. Juni 2013 und vom 29. November 2013 zurückgehenden] völlig unübersichtlichen Gliederung des Ersturteils)

(AA) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung „von zum Teil schweren Betrügereien“ (US 35 und 40) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

AA1) im Urteil bezeichnete Verfügungsberechtigte durch Täuschung über Tatsachen zu nachstehenden Handlungen verleitet oder zu verleiten versucht, welche diese Personen oder Unternehmen in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten oder schädigen sollten, und zwar

AA1a) durch Täuschung über ihre Zahlungsfähigkeit und willigkeit sowie zum Teil auch über ihre Identität, teils unter Benutzung falscher Daten, nämlich durch Angabe fremder Namen oder falscher Wohnsitze und Geburtsdaten in Bestellportalen im Internet, zum Abschluss von Mobilfunkverträgen, Freischaltung von Mobiltelefonanschlüssen und Ausfolgung preisgestützter Mobiltelefone, und zwar:

A) Sandra B***** und Tamara V***** gemeinsam

I) im Gesamtbetrag von zumindest 6.600 Euro verleitet, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 11 beschriebenen Fällen (US 4 und 5) den zu 1 bis 10 genannten Telefonbetreiber jeweils unter Verwendung falscher Namen zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen, wodurch zu 1 bis 10 jeweils ein Schaden von 600 Euro entstand;

II) zu verleiten versucht, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 11 beschriebenen Fällen (US 6 und 7) den dort genannten Telefonbetreiber jeweils unter Verwendung falscher Namen zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen, was vom betroffenen Betreiber jedoch abgelehnt wurde;

B) Sandra B*****

I) im Gesamtbetrag von zumindest 3.436 Euro verleitet, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 7 beschriebenen Fällen (US 7 und 8) die dort genannten Telefonbetreiber anlässlich der zu 1 bis 4 beschriebenen Taten unter Verwendung falscher Namen zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen, wodurch die zu 2 bis 7 im Urteil angeführten, jeweils zwischen 399 Euro und 660 Euro gelegenen Schäden entstanden;

II) zu verleiten versucht, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 5 beschriebenen Fällen (US 8 und 9) den dort genannten Telefonbetreiber jeweils unter Verwendung falscher Namen zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen, was vom betroffenen Betreiber jedoch abgelehnt wurde;

C) Tamara V*****

I) im Gesamtbetrag von zumindest 1.698 Euro verleitet, und zwar in zwei Fällen den dort genannten Telefonbetreiber zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen;

II) zu verleiten versucht, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 3 beschriebenen Fällen (US 9 und 10) den dort genannten Telefonbetreiber teils unter Verwendung falscher Namen zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen, was vom betroffenen Betreiber jedoch abgelehnt wurde;

D) Benjamin H*****

I) im Gesamtbetrag von zumindest 10.773,60 Euro verleitet, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 23 beschriebenen Fällen (US 10 bis 13) die dort genannten Telefonbetreiber teils unter Verwendung falscher Namen und unter Angabe falscher Wohnadressen zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen, wodurch die im Urteil angeführten, jeweils zwischen 485 Euro und 1.498 Euro gelegenen Schäden entstanden;

II) zu verleiten versucht, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 35 beschriebenen Fällen (US 13 bis 18) die dort genannten Telefonbetreiber teils unter Verwendung falscher Namen und unter Angabe falscher Wohnadressen und unter Angabe eines falschen Geburtsdatums zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen, was von den betroffenen Betreibern jedoch abgelehnt wurde;

E) Stanko P***** im Gesamtbetrag von zumindest 1.954 Euro verleitet, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 6 beschriebenen Fällen (US 18 bis 19) die dort genannten Telefonbetreiber zum Abschluss von Telefonverträgen und zur Ausfolgung von Mobilfunktelefonen, wodurch die im Urteil angeführten, jeweils zwischen 169 Euro und 499 Euro gelegenen Schäden entstanden;

(BB) zu nachstehenden Zeitpunkten „in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“, wiederholt zur Ausführung strafbarer Handlungen beigetragen, und zwar

A) „von Sandra B***** Tamara V***** zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt vor dem 27. August 2012, indem sie zusagte, die bestellte Ware an ihrer Wohnadresse entgegenzunehmen, nämlich zu der unter Pkt. AA1./B./II./2. beschriebenen strafbaren Handlung“;

B) Stanko P***** im Herbst 2012, „indem er zusagte, die bestellten Mobiltelefone an seiner Wohnadresse entgegen zu nehmen und diese zum Teil dann auch tatsächlich entgegennahm, zur Ausführung der strafbaren Handlungen von unbekannter Tätern,“ die zu den im Urteil angeführten Zeitpunkten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, in wiederholten Angriffen gewerbsmäßig (§ 70 StGB) Mitarbeiter der im Ersturteil genannten Unternehmen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über die Zahlungswilligkeit und -fähigkeit des Bestellers sowie über dessen Identität, wobei sie auf Bestellportalen im Internet fremde Namen oder falsche Geburtsdaten angaben, mithin durch Benützung falscher Daten, zu Handlungen, nämlich jeweils zum Abschluss eines Mobilfunkvertrags samt Einrichtung eines Mobiltelefonanschlusses und dessen Freischaltung sowie zur Übersendung eines preisgestützten Mobiltelefons, welche die im Urteil genannten Unternehmen in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten oder am Vermögen schädigen sollten,

I) im Gesamtbetrag von 2.640 Euro verleiteten, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 4 beschriebenen Fällen (US 20 und 21) den dort genannten Telefonbetreiber jeweils unter Verwendung falscher Namen, wodurch jeweils ein Schaden von 660 Euro entstand;

II) zu verleiten versuchten, und zwar in den in den Unterpunkten 1 bis 7 (US 21 und 22) beschriebenen Fällen den dort genannten Telefonbetreiber jeweils unter Verwendung falscher Namen, was der Betreiber jedoch ablehnte;

(AA1b) Verfügungsberechtigte nachstehender Unternehmen durch Täuschung über die Rückzahlungsfähigkeit und willigkeit der Darlehensnehmerin oder des Darlehensnehmers zur Gewährung von Darlehen und Übergabe von Geldbeträgen verleitet, und zwar

AA1b1) Benjamin H***** gemeinsam mit Sandra B***** im Zusammenhang mit der Belehnung eines im Urteil bezeichneten Fahrzeugs

A) verleitet, und zwar:

1) am 23. April 2013 Mitarbeiter der Pfandleihanstalt E***** GmbH zur Übergabe von 4.320 Euro;

2) am 8. Mai 2013 Mitarbeiter der Ea***** GmbH zur Übergabe von 2.000 Euro;

3) am 29. April 2013 Mitarbeiter der A***** GmbH zur Übergabe von 3.100 Euro;

AA1b2) Benjamin H*****

1) am 21. März 2013 gemeinsam mit der abgesondert verfolgten Radmilla H***** im Zusammenhang mit der Belehnung eines im Urteil bezeichneten Fahrzeugs Mitarbeiter der Mo***** zur Übergabe von 4.500 Euro;

2) am 31. Mai 2013 im Zusammenhang mit der Belehnung eines im Urteil bezeichneten Fahrzeugs Mitarbeiter der Mo***** zur Übergabe von 6.000 Euro;

AA1b3) am 10. Mai 2013 Ivan Ba***** durch Täuschung über den Kilometerstand eines zu verkaufenden Fahrzeugs und dessen angebliche Freiheit von schweren Mängeln unter Vorlage eines gefälschten Gutachtens gemäß § 57a Abs 4 KFG, in dem der „zurückgedrehte“ Kilometerstand angegeben war, mithin unter Benützung einer verfälschten Urkunde, zum Kauf des Fahrzeugs zu einem überhöhten Preis, wodurch der Genannte um 2.000 Euro geschädigt wurde;

B) zu verleiten versucht, und zwar

I) Verfügungsberechtigte der G*****-Aktiengesellschaft jeweils durch Erstattung einer unrichtigen Schadensmeldung über einen tatsächlich nicht stattgefundenen Verkehrsunfall verbunden mit der Behauptung, der Verkehrsunfall habe sich tatsächlich wie geschildert zugetragen, zur Begleichung des vermeintlich entstandenen Schadens in nachstehender Höhe, nämlich

1) samt Übermittlung eines unrichtigen Unfallberichts, der auf den Namen Sandra B***** als eine der Unfallbeteiligten ausgestellt und vermeintlich auch von ihr unterschrieben wurde,

a) unter Beteiligung der abgesondert verfolgten Radenka und Daniel (vgl US 38, gemeint:) M***** durch Veranlassung der Erstattung der Schadensmeldung vom 23. Mai 2013 über einen Verkehrsunfall am 1. Mai 2013 zwischen einem von Radenka M***** gehaltenen und von Daniel M***** gelenkten Fahrzeug und einem von Sandra B***** gehaltenen und angeblich auch von ihr gelenkten Fahrzeug, „wodurch ein durch die Versicherung zu ersetzender Schaden von 4.801,09 Euro entstanden sein soll“;

2) unter Beteiligung der abgesondert verfolgten Zivojin D***** und Zoran Di***** durch Veranlassung der Erstattung der Schadensmeldung vom 12. Juli 2013 über einen Verkehrsunfall am 30. Juni 2013 zwischen einem von Zivojin D***** gehaltenen Fahrzeug und einem vom Ö***** gehaltenen und von Benjamin H***** ausgeliehenen Fahrzeug, „wodurch ein durch die Versicherung zu ersetzender Schaden von 13.136,16 Euro entstanden sein soll“;

II) am 23. März 2013 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Radmila H***** als Mittäterin (§ 12 StGB) Mitarbeiter der Ea***** GmbH in Zusammenhang mit der Belehnung eines im Urteil bezeichneten Fahrzeugs durch Täuschung über die Rückzahlungswilligkeit und -fähigkeit der Darlehensnehmerin zur Gewährung eines Darlehens und damit verbunden zur Übergabe eines hohen Bargeldbetrags an die Darlehensnehmerin;

(CC) Benjamin H***** im März 2013 Tamara V***** durch die telefonische Aufforderung, unter ihrem Namen sein Fahrzeug in mehreren Pfandleihhäusern in Pfand zu geben, dazu zu bestimmen versucht, in wiederholten Angriffen in W***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Mitarbeiter „noch festzustellender Unternehmen“ durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ihrer Rückzahlungswilligkeit und Rückzahlungsfähigkeit, zu Handlungen, nämlich zur Gewährung von Darlehen und damit verbunden zur Übergabe von hohen Bargeldbeträgen an die Genannte, die die „genannten“ Unternehmen in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Betrag geschädigt hätten, zu verleiten;

(EE) „Sandra B***** am 9. Oktober 2012 eine durch Anfertigung einer Farbkopie des echten Reisepasses der Tamara V***** mit der Nr ***** samt Einfügen ihres eigenen Lichtbildes und Eintragung des Namens Luisa T***** hergestellte falsche Kopie eines serbischen Reisepasses, mithin eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht, indem sie diese einem Paketzusteller zum Nachweis ihrer angeblichen Identität vorlegte“;

(FF) „Tamara V***** zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 9. Oktober 2012 zur Ausführung der unter Pkt. EE./ beschriebenen strafbaren Handlung der Sandra B***** beigetragen, indem sie ihren echten Reisepass für die Herstellung einer Fälschung zur Verfügung stellte“.

Nur Sandra B***** bekämpft den sie betreffenden Strafausspruch mit Berufung (ON 145), womit sie auch Beschwerde (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) gegen den zugleich mit dem Urteil ergangenen, das Verfahren AZ 165 Hv 1/11v des Landesgerichts für Strafsachen Wien betreffenden Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO erhebt.

Zudem wendet sie sich mit Berufung gegen den Privatbeteiligtenzuspruch insoweit, als sie den Schuldspruch AA1a/BI betreffend zur Zahlung eines 3.436 Euro übersteigenden Betrags von 4.200 Euro an die T ***** GmbH verpflichtet wurde.

Über diese Rechtsmittel hat das Oberlandesgericht noch nicht entschieden.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Jänner 2014, GZ 162 Hv 94/13a 113, in mehrfacher Hinsicht mit dem Gesetz nicht in Einklang:

1. Im Benjamin H***** betreffenden Ausspruch gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO wird unter „AA1b2./“ zwar (anklagekonform ON 19 in ON 106) referiert, dass er Mitarbeiter der Mo***** am 21. März 2013 zur Übergabe von 4.500 Euro und am 31. Mai 2013 zur Übergabe von 6.000 Euro veranlasst habe (US 22; nur zum ersten Angriff Feststellungen US 36), wohingegen diese Taten von der Staatsanwaltschaft unbeanstandet im Ausspruch gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO keiner rechtlichen Beurteilung unterzogen wurden (US 25 und 42).

Solcherart sind diese Taten nicht Gegenstand des schuldig sprechenden Erkenntnisses ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 266 f, 274, 503; Lendl , WK StPO § 260 Rz 27; RIS-Justiz RS0116266), was dem der Strafprozessordnung inhärenten Grundsatz, dass jedes strafgerichtliche (End )Urteil die gesamte Anklage entweder durch Schuldspruch oder durch Freispruch erledigen muss, widerspricht (RIS Justiz RS0120128; Ratz , WK StPO § 281 Rz 523). Das Vorgehen kommt seiner Wirkung nach als Nichterledigung der Anklage (§ 281 Abs 1 Z 7 StPO) einem insofern ergangenen Freispruch gleich (RIS-Justiz RS0099646; Ratz , WK StPO § 281 Rz 526).

Dies betrifft auch Tamara V*****:

Im Ausspruch gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO wird unter „BB./A./“ referiert, dass sie zu einer der urteilsgegenständlichen Taten der Sandra B***** beigetragen habe (US 19), wohingegen diese Tat von der Staatsanwaltschaft erneut unbeanstandet im Ausspruch gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO keiner rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (US 25 und 42), was wiederum einem Freispruch gleich kommt. Demnach ist bei ihr auch nicht von teilweisem Tatbeitrag nach § 12 dritter Fall StGB (vgl US 25) auszugehen.

2. Die rechtliche Unterstellung der Taten des Benjamin H***** laut Schuldspruch AA1a/D, AA1b/1 und 3, CC (US 25: „AA./AA1./AA1a./D./CC./AA1b./AA1b1./ AA1b3./“) auch unter § 147 Abs 3 StGB verletzt das Gesetz in dieser Bestimmung, weil die diesbezüglichen Feststellungen einerseits (rein rechnerisch) die Annahme eines (objektiv) 50.000 Euro übersteigenden Schadens nicht tragen und andererseits auch die korrespondierenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite, wonach der Genannte bei seinen Opfern einen Irrtum über Tatsachen hervorrufen, diese zu selbstschädigenden Vermögensdispositionen verleiten und sich dadurch in einem Ausmaß von „jedenfalls mehr als 3.000 Euro unrechtmäßig bereichern wollte“ (US 34 f und 40), die Subsumtion unter § 147 Abs 3 StGB nicht zulassen. Dies gereicht dem Angeklagten zum Nachteil, weil vorliegend ein „weit über der Qualifikationsgrenze liegender Schaden“ als erschwerend gewichtet wurde (US 43). Die demzufolge erforderliche Aufhebung der Unterstellung der Taten unter § 147 Abs 3 StGB zog auch die Aufhebung des Strafausspruchs dieses Angeklagten sowie des diesen Angeklagten betreffenden Beschlusses auf Absehen der Probezeit „zu hg 62 Hv 45/12h“ (vgl US 27) und Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre nach sich (vgl Ratz , WK-StPO § 289 Rz 7; Jerabek , WK-StPO § 498 Rz 8).

3. Im Falle von Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB; vgl Schuldspruch BB/B) kommt eine gewerbsmäßige Begehung nur in Betracht, wenn der Beitragstäter in der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) handelt, sich selbst (unmittelbar oder mittelbar) durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Bloßes Wissen um das gewerbsmäßige Handeln des unmittelbaren Täters oder ein Anstreben von dessen Bereicherung, genügt hingegen nicht ( Jerabek in WK 2 § 70 Rz 14 und 19; RIS Justiz RS0089670, RS0086962, RS0089772).

Nach den Konstatierungen zur subjektiven Tatseite hat Stanko P***** nachdem er zunächst zwischen April 2007 und April 2009 selbst sechs Mobilfunkverträge (AA/E/1 bis 6) abgeschlossen hatte (vgl US 33 f) unbekannte Täter bei Bestellbetrügereien dadurch unterstützen wollen, dass er im Internet betrügerisch bestellte Mobiltelefone an seiner Adresse in Empfang nahm, wobei ihm bewusst war, dass die Bestellungen unter Benützung falscher Daten erfolgt waren (US 34). Neben einem auf Schädigung der Mobilfunkbetreiber und unrechtmäßige Bereicherung „seiner selbst oder dritter Personen“ im Ausmaß von zumindest über 3.000 Euro gerichteten Vorsatz handelte Stanko P***** in der Absicht, „sich oder Dritte durch die wiederkehrende Begehung von zum Teil schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“ (US 35).

Dies reicht für die rechtliche Beurteilung, der Genannte habe gewerbsmäßig im Sinn des § 148 zweiter Fall StGB gehandelt, hier nicht aus, weil das Erstgericht solcherart auch zum Schuldspruch AA1a/E 1 bis 6 (dem zwar Taten des Genannten als unmittelbarer Täter zugrunde liegen, die aber jeweils einen Schaden von bloß 500 Euro nach sich gezogen haben und ohne Benützung falscher oder verfälschter Daten [§ 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB] begangen wurden) keinen im Sinn der Rechtsprechung (RIS Justiz RS0107402, RS0092527; Jerabek in WK 2 StGB § 70 Rz 7) ausreichenden Sachverhaltsbezug hergestellt hat (was im Übrigen auch hinsichtlich der Länge des Zeitraums, für den dieser Angeklagte beabsichtigte, sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien zu verschaffen [RIS Justiz RS0119090] gilt).

Die demzufolge erforderliche Aufhebung der Unterstellung der vom Stanko P***** betreffenden Schuldspruch „AA./AA1./AA1a./E./BB./B./“ (AA1a, BB/B) umfassten Taten auch unter § 148 zweiter Satz StGB zog die Aufhebung des Strafausspruchs dieses Angeklagten sowie des diesen Angeklagten betreffenden Beschlusses auf Absehen der Probezeit „zu hg 63 Hv 35/12w“ (vgl US 27) und Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre nach sich.

4. Die Schuldsprüche der Angeklagten Sandra B***** und Tamara V***** jeweils wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (EE), Tamara V***** als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB (FF), stehen mit §§ 223 Abs 2, 224 StGB nicht im Einklang:

Den Urteilsfeststellungen (US 31 f) zufolge borgte sich Sandra B***** zur Umsetzung ihrer Idee, eine falsche Kopie eines serbischen Reisepasses herzustellen, um diese bei Ausweiskontrollen verwenden zu können, bei Tamara V***** einen serbischen Reisepass aus, den sie wie auch ihren eigenen einscannte. Danach bearbeitete sie die eingescannten Dokumente mit einem digitalen Zeichenprogramm in der Weise, dass sie ihr eigenes Lichtbild anstelle jenes der Tamara V***** einfügte, den Namen auf „Luisa T*****“ ausbesserte und solcherart ein Dokument herstellte, das wie die Kopie eines serbischen Reisepasses einer „Luisa T*****“ aussah und mit dem sich Sandra B***** gegenüber einem Paketzusteller auswies.

Dem strafrechtlichen Urkundenbegriff (§ 74 Abs 1 Z 7 StGB) unterfallen Schriftstücke, die errichtet worden sind, um ein Recht oder Rechtsverhältnis zu begründen, abzuändern oder aufzuheben oder eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Unbeglaubigte Abschriften und Kopien enthalten selbst keine solche Erklärung, sondern sind vielmehr bloße Reproduktionen derselben ( Kienapfel/Schroll in WK² StGB § 223 Rz 21 und 220; Jerabek in WK 2 StGB § 74 Rz 51).

Wer allerdings eine (Orginal-)Urkunde verfälscht und nach deren Verfälschung Fotokopien derselben anfertigt und im Rechtsverkehr gebraucht, ist nach § 223 StGB zu ahnden, zumal es sich dann um eine Sonderform der Benützung der (abgelichteten) verfälschten Urkunde selbst handelt ( Kienapfel/Schroll in WK² StGB § 223 Rz 219 f).

Die hier aktuelle (Beteiligung an einer) Verfälschung der (mittels Einscannen der Urkunde angefertigten) Kopie eines Reisepasses durch den Einsatz eines digitalen Zeichenprogrammes ist aber wie der darauffolgende Gebrauch der verfälschten Kopie - keine Urkundenfälschung nach § 223 StGB (wiewohl das Ergebnis ident ist mit dem des Kopierens eines verfälschten Originals, was an eine Strafbarkeitslücke denken lässt; vgl Kienapfel/Schroll in WK 2 StGB § 223 Rz 23 mwN) und erfüllt dementsprechend - auch wenn es sich um eine Kopie einer ausländischen öffentlichen Urkunde handelt, die durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist - auch nicht die Voraussetzungen der Qualifikation des § 224 StGB (RIS-Justiz RS0093198; Leukauf/Steininger Komm³ § 223 RN 19, Kienapfel/Schroll in WK² § 223 Rz 220).

Dies führte zur Aufhebung der Schuldsprüche EE und FF, was auch die Aufhebung der Sandra B***** und Tamara V***** betreffenden Strafaussprüche sowie des Sandra B***** betreffenden Ausspruchs auf Verlängerung der Probezeit der bedingten Strafnachsicht im Verfahren AZ 165 Hv 1/11v des Landesgerichts für Strafsachen Wien (nicht jedoch des Ausspruchs zum diesbezüglichen Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht) nach sich zog.

5. Mit ihrer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe war Sandra B***** auf die Aufhebung des sie betreffenden Strafausspruchs zu verweisen.

6. Die gegen das Urteil erhobene Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ist gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO auch als Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit im Verfahren AZ 165 Hv 1/11v des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu betrachten. Da diese Probezeit jedoch mittlerweilen im Verfahren AZ 153 Hv 110/13p des Landesgerichts für Strafsachen Wien ohnedies rechtskräftig verlängert wurde, war der diesbezügliche Ausspruch ersatzlos zu beheben und Sandra B***** mit ihrer Beschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen.

7. Zur Strafneubemessung:

Das Erstgericht verhängte über Sandra B***** eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren,

Über Tamara V***** verhängte es eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten, deren Vollzug es unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachsah.

Die Strafneubemessung hatte bei beiden Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB (ein Jahr bis zehn Jahre Freiheitsstrafe) zu erfolgen, wobei bei Sandra B***** (wie deren Berufung zutreffend anspricht) auf die rechtskräftige Verurteilung im Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 19. März 2014, AZ 153 Hv 110/13p, in welchem über sie eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verhängt wurde, deren Vollzug unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, Bedacht zu nehmen (§ 31 Abs 1 StGB) und bei der am 21. Mai 1992 geborenen Tamara V***** § 36 (vorletzter Fall) StGB anzuwenden war.

7.1. Erschwerend waren bei Sandra B***** die Vielzahl der Angriffe, der lange Tatzeitraum (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) und die mehrfache Qualifikation sowie der Umstand zu werten, dass sie schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB), mildernd war ihr reumütiges Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) und dass die Taten vielfach beim Versuch geblieben sind (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB).

Da sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, die Behörden und Gerichte hätten das komplexe Verfahren nicht zügig betrieben oder längere Phasen der Inaktivität gezeigt ( Grabenwarter , EMRK 4 § 24 Rz 69), war der Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB nicht zu veranschlagen. Mit Blick auf § 9 Abs 2 StPO sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt, dass das Erstgericht nachdem die Angeklagte am 30. Oktober 2014 festgenommen worden war (ON 71 S 5) die Hauptverhandlung bereits am 4. November 2013 für den 12. Dezember 2013 anberaumt hat (ON 75), die allerdings wegen Erkrankung der Vorsitzenden abberaumt und auf den 13. Jänner 2014 verlegt werden musste (vgl ON 103). Dies und dass die Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung neun Wochen nach Verkündung des Urteils erfolgte, ist hier im Lichte von § 9 Abs 2 StPO schon deshalb unbeachtlich, weil die von Sandra B***** in der Zeit von 30. Oktober 2013 bis 19. März 2014 ohnedies im rechtskräftig beendeten Verfahren AZ 153 Hv 110/13p des Landesgerichts für Strafsachen Wien angerechnet wurde (vgl US 10).

Hievon ausgehend erweist sich unter Berücksichtigung der durch die beharrliche Delinquenz zum Ausdruck gekommenen gegenüber rechtlich geschützten Werten gleichgültigen Haltung der Angeklagten (§ 32 Abs 2 zweiter Satz StGB) und des Umstands, dass die Angeklagte ungeachtet ihrer Kenntnis vom Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden ihr betrügerisches Verhalten fortsetzte, eine Zusatzfreiheitsstrafe von siebenundzwanzig Monaten als gesetzeskonforme Reaktion, die angesichts dieser (hier auch bei der Prüfung präventiver Bedürfnisse heranzuziehenden; vgl Ebner in WK 2 StGB § 32 Rz 74) Umstände (vgl § 43 Abs 1 letzter Satz StGB) sowie zufolge stets steigender Internetkriminalität auch aus Gründen der Generalprävention nicht bedingt nachzusehen war.

7.2. Bei Tamara V***** waren die Vielzahl der Angriffe erschwerend (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), mildernd der bisher ordentliche Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), ihr reumütiges Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) und dass die Taten vielfach beim Versuch geblieben sind (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB).

Die Gewährung bedingter Strafnachsicht ist bei ihr schon im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius geboten.

8. Der Berufung der Sandra B***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche war Folge zu geben, weil diese zutreffend aufzeigt, dass das Urteilssubstrat zum Schuldspruch AA1a/BI einen 3.436 Euro (US 7 f) übersteigenden Zuspruch an die T-***** GmbH nicht trägt. Das genannte Unternehmen war demnach mit dem darüber hinausgehenden Begehren gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

9. Die Zuständigkeit des Erstgerichts zur Entscheidung über die Anrechnung der von Sandra B***** und Benjamin H***** in Vorhaft zugebrachten Zeiten gründet sich auf § 400 Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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  • RS0089670OGH Rechtssatz

    15. November 2023·3 Entscheidungen

    Gewerbsmäßig begeht eine strafbare Handlung derjenige, der sie in der Absicht vornimmt, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Fremdnützigkeit, also das Abzielen auf eine fortlaufende Einnahme eines anderen, sei es eines Beteiligten (§ 12 StGB), sei es eines strafrechtlich unbeteiligten Dritten, genügt daher nicht; noch viel weniger die bloße Kenntnis davon, dass ein Beteiligter gewerbsmäßig handelt. Die Gewerbsmäßigkeit belastet immer nur denjenigen, in dessen Person dieses Merkmal vorliegt. Für dieses Ergebnis ist es gleichgültig, ob man die Gewerbsmäßigkeit dem Unrechtstatbestand oder der Schuld zurechnet. Im ersten Fall fehlt es in Ansehung des nicht auf eigene Einnahmen abzielenden Täters an einem subjektiven (Unrechtstatbestandsmerkmal) Tatbestandsmerkmal, im anderen ist ihm die Gewerbsmäßigkeit mangels eines ihn insoweit treffenden Schuldvorwurfes zufolge § 13 StGB nicht zuzurechnen, weshalb dieser Meinungsstreit für die Frage der Gewerbsmäßigkeit bei Mehrbeteiligung ohne jede Bedeutung ist. Die nur auf Sonderdelikte zugeschnittene Zurechnungsregel des § 14 StGB kommt in diesem Zusammenhang nicht zur Geltung, weil gewerbsmäßiges Handeln weder eine persönliche Eigenschaft noch ein besonderes persönliches Verhältnis des Täters darstellt, worunter nämlich nur solche Eigenschaften und Verhältnisse zu verstehen sind, die in seiner Person unabhängig vom Tatgeschehen vorliegen. Deliktstypisch vorausgesetzte bestimmte Motive oder Gesinnungen des Täters bei der Tat fallen nicht darunter.