JudikaturJustiz10ObS146/07d

10ObS146/07d – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Georg Eberl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerhard K*****, vertreten durch Gruber Partner Rechtsanwalts KEG in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. August 2007, GZ 7 Rs 31/07s-49, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 13. Dezember 2006, GZ 35 Cgs 79/04w-44, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das im Umfang der Abweisung des Leistungsbegehrens als unangefochten unberührt bleibt, wird im Übrigen, also hinsichtlich der Entscheidung über das Eventualbegehren auf Feststellung, aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger befand sich am 20. 10. 1998 in einem aufrechten Dienstverhältnis als Schweißer. Er war an diesem Tag in der Früh auf einer Baustelle seines Dienstgebers in St. Pölten damit beschäftigt, die für die Schweißgeräte benötigten, ungefähr 90 kg schweren Gasflaschen auf ein Fahrzeug aufzuladen. Dabei fiel eine Gasflasche, die sich bereits auf der Ladefläche des Fahrzeugs befand, auf den Rücken des Klägers. Der Kläger wurde durch das Gewicht der Gasflasche zu Boden gedrückt und fiel auf die rechte Schulterseite. Er fuhr in der Folge auftragsgemäß noch zu einer anderen Baustelle und verrichtete dort trotz starker Schmerzen seine Arbeit in einem allerdings eingeschränkten Umfang. Am Nachmittag des Unfalltags suchte er einen in der Nähe dieser Baustelle befindlichen praktischen Arzt auf, der ihm Tabletten verschrieb und ihm an diesem Tag sowie an den beiden darauf folgenden Tagen jeweils zwei Spritzen verabreichte. Da der Kläger weiterhin starke Schmerzen verspürte, begab er sich in der Folge in spitalsärztliche Behandlung. Bei der Erstuntersuchung im Unfallkrankenhaus Meidling am 9. 11. 1998 wurden weder äußerliche Verletzungszeichen noch Hinweise auf eine Verrenkung oder Teilverrenkung des Schulter- oder Schultereckgelenks festgestellt. Eine Röntgenuntersuchung wurde allerdings nicht durchgeführt. Auf Grund der vom Kläger geschilderten Beschwerden wurde die Durchführung einer physikalischen Behandlung verordnet. Am 25. 9. 2002 wurde im Orthopädischen Spital Speising eine Schulterluxation rechts sowie ein Bruch des körpernahen Oberarmendes festgestellt.

Mit Bescheid vom 20. 4. 2004 hat die beklagte Partei den Unfall des Klägers vom 20. 10. 1998 nicht als Arbeitsunfall gemäß § 175f ASVG anerkannt und die Gewährung von Leistungen nach § 173 ASVG abgelehnt. Das Erstgericht wies ein - amtswegig umformuliertes - Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger auf Grund des Arbeitsunfalls vom 20. 10. 1998 eine Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, sowie ein Eventualbegehren auf Feststellung, dass die vom Kläger am 20. 10. 1998 erlittenen Gesundheitsstörungen, nämlich „eine Prellung der Wirbelsäule, des rechten Sprunggelenkes, eine Zerrung der linken Schulter, blande Narben im Bereich der Schulter, eine Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, deutliche Muskelverschmächtigungen am rechten Arm gegenüber links, eine mäßige Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule bei altersentsprechenden Aufbrauchserscheinungen sowie darüber hinausgehende Verletzungen im Bereich des Hinterkopfes, des Nackens, der Schulter und des Rückens sowie Depressionen" Folge eines Arbeitsunfalls seien, ab. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Kläger bei dem Unfall am 20. 10. 1998 eine Zerrung der linken Schulter, eine Prellung der Wirbelsäule und eine Prellung des rechten Schultergelenks erlitten hat. Im Zeitpunkt der Untersuchung durch den unfallchirurgischen Sachverständigen (18. 1. 2005) bestanden beim Kläger eine stabile blande Narbe im Bereich der rechten Schulter; eine Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, wobei der Arm jeweils bis zur bzw knapp über die Horizontale aktiv gehoben werden konnte; eine deutliche Muskelverschmächtigung am rechten Arm gegenüber links sowie eine mäßige Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule bei altersentsprechenden Aufbrauchserscheinungen ohne posttraumatisches Substrat. Die Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter ist nicht neurologisch bedingt. Die festgestellten Funktionseinbußen des Klägers resultieren nicht aus dem Arbeitsunfall im Herbst 1998. Wäre der Arbeitsunfall für die Funktionseinbußen kausal, würden diese eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH begründen. In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass der Kläger bei dem Arbeitsunfall am 20. 10. 1998 zwar eine Zerrung erlitten habe, seine übrigen Beschwerden jedoch nicht unfallkausal seien. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 20 vH für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten nach dem Eintritt des Versicherungsfalls liege nicht vor, weshalb das auf Gewährung einer Versehrtenrente gerichtete Leistungsbegehren nicht berechtigt sei. Auch das Eventualbegehren auf Feststellung, dass die geltend gemachte Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalles sei (§ 82 Abs 5 ASGG), sei nicht berechtigt, weil bei Schluss der Verhandlung erster Instanz beim Kläger keine unfallkausale Gesundheitsstörung mehr vorgelegen sei.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger dagegen erhobenen Berufung in Ansehung des auf Gewährung einer Versehrtenrente gerichteten Hauptbegehrens keine Folge, änderte aber das Ersturteil in Ansehung des Eventualbegehrens dahin ab, dass es feststellte, dass der eingestauchte Oberarmbruch rechts eine Folge des Arbeitsunfalls vom 20. 10. 1998 sei. Es stellte nach „Beweisergänzung" durch Einvernahme des Klägers und Erörterung des Gutachtens des unfallchirurgischen Sachverständigen abweichend vom Erstgericht im Wesentlichen fest, dass sich der Kläger beim Arbeitsunfall (herabgestürzte, auf den Kläger gefallene 90 kg schwere Gasflasche) am 20. 10. 1998 einen eingestauchten Oberarmbruch rechts zugezogen hat, welcher komplikationslos verheilt ist. Davon ausgehend hat die Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgehend vom Zeitpunkt ab Beginn des dritten Monats nach dem Arbeitsunfall 20 vH für sechs Monate betragen. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus, es sei auf Grund des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass der Kläger bei dem Arbeitsunfall am 20. 10. 1998 einen eingestauchten Oberarmbruch erlitten habe, der komplikationslos verheilt sei. So sei es auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Schilderung des Unfallhergangs durch den Kläger durchaus realistisch, dass er sich bei diesem Unfall den eingestauchten Oberarmbruch zugezogen habe. Auch wenn der unfallchirurgische Sachverständige im Zuge der Gutachtenserörterung in der mündlichen Berufungsverhandlung die Ansicht vertreten habe, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit zu 99,98 % nicht auf den Unfall vom 20. 10. 1998 (sondern auf Aufbrauchserscheinungen) zurückzuführen wäre, habe er doch nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen können, dass der eingestauchte Oberarmbruch rechts durch diesen Unfall des Klägers verursacht worden sei. Im Hinblick darauf, dass der Kläger vor dem Arbeitsunfall vom 20. 10. 1998 keinerlei gesundheitliche Einschränkungen gehabt habe, wohl aber nach dem Unfall und er sonst keinen weiteren Unfall gehabt habe, gehe das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der äußerst glaubwürdigen und schlüssigen Aussage des Klägers davon aus, dass die genannte Verletzung (Oberarmbruch rechts) und die (damit verbundene) Minderung der Erwerbsfähigkeit auf den Unfall vom 20. 10. 1998 zurückzuführen seien. Zur Frage der medizinischen Kausalität der weiteren festgestellten medizinischen Einschränkungen des Klägers sei nach den Ausführungen des unfallchirurgischen Sachverständigen in der Berufungsverhandlung von einer möglichen Vorschädigung des Klägers auszugehen, sodass nicht im erforderlichen Ausmaß der Beweis erbracht worden sei, dass die bei ihm derzeit noch bestehenden Beeinträchtigungen auf den gegenständlichen Arbeitsunfall zurückzuführen seien. Eine Gewährung der Versehrtenrente komme im Hinblick auf die Bestimmung des § 86 Abs 4 ASVG nicht in Betracht, weil unbestritten innerhalb von zwei Jahren nach dem Arbeitsunfall vom 20. 10. 1998 kein zur Anspruchsfeststellung führendes Verfahren eingeleitet und der Kläger innerhalb dieser Frist auch keinen Antrag gestellt habe. Es käme daher ein Anfall der Versehrtenrente frühestens mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Antragstellung im Oktober 2002 in Betracht. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß nicht mehr bestanden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen die (teilweise) Stattgebung des Eventualbegehrens durch das Berufungsgericht richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung der zur Gänze klagsabweisenden Entscheidung des Erstgerichts abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht teilweise von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist, und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Die Revisionswerberin wendet sich in ihren Ausführungen gegen die Anwendung des Anscheinsbeweises durch das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht habe sich auf den Anscheinsbeweis berufen und dazu die Feststellung getroffen, der Kläger habe sich beim Arbeitsunfall am 20. 10. 1998 einen eingestauchten Oberarmbruch rechts zugezogen, welcher komplikationslos verheilt sei. Diese Feststellung sei unrichtig, weil nach den Ausführungen des unfallchirurgischen Sachverständigen aktuell bestehende Unfallfolgen mit größter Wahrscheinlichkeit auszuschließen seien und sich daher die vom Kläger erlittene Verletzung gerade nicht als typische Folge des Arbeitsunfalls darstelle, sodass der Anscheinsbeweis unzulässig sei. Im Übrigen finde die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung keine Deckung im Beweisverfahren. Schließlich sei das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen, wonach auch die Fällung eines Feststellungsurteils nach den §§ 65 Abs 2, 82 Abs 5 ASGG voraussetze, dass als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit noch eine bestimmte Gesundheitsstörung zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz bestehe. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil der im Urteilsspruch festgestellte „eingestauchte Oberarmbruch rechts" komplikationslos verheilt und aus medizinischer Sicht aus dem Arbeitsunfall vom 20. 10. 1998 zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung keine unfallkausalen Folgen mehr ersichtlich seien und auch das Berufungsgericht dazu keine weiteren Feststellungen getroffen habe. Dazu ist zunächst auszuführen, dass im Revisionsverfahren allein noch die Frage strittig ist, ob beim Kläger als Folge seines Arbeitsunfalls vom 20. 10. 1998 eine bestimmte Gesundheitsstörung im Sinne der §§ 65 Abs 2, 82 Abs 5 ASGG besteht. Nach § 82 Abs 5 ASGG schließt ein auf einen Arbeits(Dienst)unfall oder eine Berufskrankheit gestütztes Leistungsbegehren das Eventualbegehren auf Feststellung ein, dass die geltend gemachte Gesundheitsstörung Folge eines Arbeits(Dienst)unfalls oder einer Berufskrankheit ist, sofern darüber nicht schon abgesprochen wurde. Damit soll aus Gründen der Prozessökonomie sichergestellt werden, dass der auf Grund eines Leistungsbegehrens vorgenommene Verfahrensaufwand zumindest in der bezeichneten Feststellung Niederschlag findet. Mit Rechtskraft der Feststellung ist der Kausalzusammenhang für ein späteres Verfahren (auf Zuerkennung von Leistungen aus der Unfallversicherung) bindend festgestellt. In dem Feststellungsurteil sind daher die unfall- bzw berufskrankheitsbedingten Gesundheitsstörungen zu nennen (Neumayr in Zell-Komm § 82 ASGG Rz 11 ff mwN).

Voraussetzung für eine Feststellung im Sinne der §§ 65 Abs 2, 82 Abs 5 ASGG ist allerdings, dass beim Versicherten - zumindest bei Schluss der Verhandlung erster Instanz - eine bestimmte Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit besteht (10 ObS 156/02t; 10 ObS 221/01z; SSV-NF 11/155; 8/14 ua). Fehlt es daher zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz überhaupt an einer auf einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zurückgehenden Gesundheitsstörung, kann eine Feststellung im Sinn des § 82 Abs 5 ASGG nicht getroffen werden. Ein bloß aktuelles Fehlen von Beschwerden beseitigt den Anspruch auf die Feststellung aber nicht (Neumayr aaO § 82 ASGG Rz 12 mwN).

Zutreffend verweist daher die Revisionswerberin darauf, dass der im Urteilsspruch festgestellte „eingestauchte Oberarmbruch rechts" nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts komplikationslos verheilt ist, weshalb nicht ersichtlich ist, inwieweit auf Grund dieser vom Berufungsgericht festgestellten Verletzung beim Kläger zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz noch eine bestimmte Gesundheitsstörung vorliegen soll. Diese Frage wurde vom Berufungsgericht in seiner Entscheidung inhaltlich auch gar nicht behandelt. Nach den vorliegenden Feststellungen könnte es sich allenfalls bei der beim Kläger im Zeitpunkt der Untersuchung durch den unfallchirurgischen Sachverständigen am 18. 1. 2005 vorgelegenen und vom Erstgericht festgestellten Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, wobei der Arm jeweils bis zur bzw knapp über die Horizontale aktiv gehoben werden konnte, und der damit offenbar im Zusammenhang stehenden deutlichen Muskelverschmächtigung am rechten Arm, um eine solche beim Kläger zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch vorliegende, unfallkausale Gesundheitsstörung handeln. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang jedoch ausgeführt, dass für die Frage der medizinischen Kausalität der „weiteren" festgestellten medizinischen Einschränkungen des Klägers nach den ergänzenden Ausführungen des unfallchirurgischen Sachverständigen in der Berufungsverhandlung von einer möglichen Vorschädigung des Klägers auszugehen sei, weshalb nicht im erforderlichen Ausmaß der Beweis dafür erbracht worden sei, dass die beim Kläger derzeit immer noch bestehenden Beeinträchtigungen unfallkausal seien.

Das Berufungsgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren klare und eindeutige Feststellungen darüber zu treffen haben, ob und gegebenenfalls welche konkreten unfallkausalen Gesundheitsstörungen beim Kläger - zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz - (noch) bestanden haben. Solche unfallsbedingten Gesundheitsstörungen sind dann im Feststellungsurteil auch ausdrücklich anzuführen. Ganz allgemein ist im Hinblick auf die vom Berufungsgericht erwähnte mögliche Vorschädigung des Klägers darauf hinzuweisen, dass auch im Verfahren vor dem Sozialgericht die Regeln der objektiven Beweislast gelten. Ein Anspruch kann nur bejaht werden, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen erwiesen sind. Um Härten eines unzumutbaren Beweisnotstands für den Versicherten zu vermeiden, sind nach ständiger Rechtsprechung besonders in Verfahren über einen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch aus Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Regeln des sogenannten Anscheinsbeweises modifiziert anzuwenden (SSV-NF 11/41 ua; RIS-Jusitz RS0110571). Die Zulässigkeit des Anscheinsbeweises beruht darauf, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, dass auch im konkreten Fall ein derartiger gewöhnlicher Ablauf und nicht ein atypischer gegeben ist (RIS-Justiz RS0040266 uva). Die Entkräftung des Anscheinsbeweises geschieht durch den Beweis, dass der typisch formelhafte Geschehensablauf im konkreten Fall nicht zwingend ist, sondern, dass die ernste Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs besteht. In Sozialrechtssachen ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats der Anscheinsbeweis nur dann entkräftet, wenn dem atypischen Geschehensablauf zumindest die gleiche Wahrscheinlichkeit zukommt (SSV-NF 5/140 ua).

Wenn daher in dem hier zu beurteilenden Fall der Kläger nach Auffassung des Berufungsgerichts den Anschein für sich hat, dass die geltend gemachte Körperschädigung durch einen Arbeitsunfall wesentlich verursacht wurde, weil sie auf ein als Unfall zu wertendes Ereignis zurückgeht, das sich während der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignete, so reichen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht aus, um beurteilen zu können, ob es zumindest gleich wahrscheinlich ist, dass eine mögliche Vorschädigung des Klägers die wesentliche Ursache für die Körperschädigung war.

Infolge der aufgezeigten Feststellungsmängel war das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und an dieses zurückzuverweisen, weil selbst eine allenfalls erforderliche Ergänzung gemäß § 496 Abs 3 ZPO vom Berufungsgericht vorzunehmen ist, da ein größerer Verfahrensaufwand nicht zu erwarten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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