JudikaturJustiz10Ob2035/96d

10Ob2035/96d – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. März 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann P*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Michael Wonisch und Dr.Hansjörg Reiner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei B***** AG, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Berger und Dr.Josef J.Aichlreiter, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 400.000 s. A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8. November 1995, GZ 1 R 207/95-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 6.Juni 1995, GZ 13 Cg 22/94d-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie lauten:

Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen vierzehn Tagen S 400.000 samt 6,25 % Zinsen seit 3.5.1991 zu bezahlen, sowie die Prozeßkosten zu ersetzen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen vierzehn Tagen die mit S 95.465,90 (hierin enthalten S 2.600 Barauslagen und S 15.477,65 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 14.621,40 (hierin enthalten S 2.436,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 30.800 (hierin enthalten S 13.250 Barauslagen und S 2.925 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, ein pensionierter Polizeibeamter, hatte am 26.4.1989 in der Filiale der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank in der G***** in S***** ein auf "Überbringer" lautendes und damit anonymes Gewinnsparbuch über S 400.000 unter der Nummer 843-725-726/00 angelegt. Am 3.5.1991 begab er sich in diese Zweigstelle, um die Zinsen des Sparbuches zu beheben. Auf Grund einer Empfehlung des Leiters der Schalterabteilung erklärte sich der Kläger damit einverstanden, die Spareinlage von S 400.000 auf ein neues Gewinnsparbuch mit (höherer) Zinsengarantie zu übertragen. Zur banktechnischen Durchführung dieser Vereinbarung war es erforderlich, daß im EDV-Terminal beim alten Gewinnsparbuch ein Ausgang von S 400.000 eingegeben wurde. Die zur Behebung gewünschten Zinsen wurden abzüglich der Kapitalertragssteuer mit netto S 35.028 errechnet. Nach Eröffnung des neuen EDV-Kontoausdruckes des neuen Gewinnsparbuches wurden dem Kläger beide Sparbücher (das alte wie das neue) samt ua einem manuell über S 400.000 ausgestellten Auszahlungsbeleg übergeben und er zur ca vier Meter entfernten Kasse geschickt. Weil an diesem Tag eine starke Kundenfrequenz herrschte, konnte der Schalterbedienstete den Kläger nicht dorthin begleiten, er sah ihm jedoch nach, um sich zu vergewissern, daß er zur richtigen Kasse ging. Eine Dienstanweisung, daß ein Schalterbeamter den Kunden bis zum Kassier zu begleiten hatte bzw sämtliche Belege im Schalterbereich ausgewechselt werden, bestand damals noch nicht.

Der Kläger legte nun an der Kassa nur das alte Sparbuch und die Belege über die Auszahlung von S 400.000 sowie S 35.028 (Zinsen) vor, während er das neue Gewinnsparbuch mit dem Einzahlungsbeleg (über S 400.000) in seine Mantelasche gesteckt hatte und in der Meinung, daß die Bank ohnehin alles veranlassen werde, nicht vorwies. Der Kassier, dem der Kläger unbekannt war, erkannte auf Grund der Eintragung im alten Sparbuch, daß es sich um eine Saldierung handelte und fragte den Kläger, wie er das Geld haben wolle. Nach dessen Antwort "in groß" besorgte der Kassier 87 Fünftausendschillingscheine im Tresor und zählte diese nach Zustimmung des Klägers an der Zählmaschine ab. Nachdem der Kläger erklärt hatte, er brauche das alte Sparbuch nicht mehr, zerriß es der Kassier und warf es in den Papierkorb. Die Banknoten versah er mit einer Banderole und legte sie vor den Kläger hin. Er empfahl ihm auch, die Summe zu prüfen; weiters kümmerte sich der Kassier allerdings nicht mehr um diesen Vorgang, weil er sich mit anderen Arbeiten beschäftigte. Tatsächlich nahm der Kläger lediglich einen Betrag von S 35.028 an sich und brachte auch diesen Betrag nach Hause. Verläßliche Feststellungen darüber, wo der (restliche) Betrag von S 400.000 verblieben ist, sind nicht möglich.

Noch am selben Tag wurde der Fehlbetrag von S 400.000 im Zusammenhang mit der Sparbuch-Neueröffnung in der Filiale anläßlich einer Geldbestandsaufnahme entdeckt und, nachdem sich der Kläger trotz Zuwartens nicht mehr gemeldet hatte, zu Lasten des Kontos betreffend das neue Gewinnsparbuch abgebucht und dieses Konto aufgelöst. Zufolge der Anonymität des Klägers konnte die beklagte Partei mit diesem in der Folge auch keinen Kontakt herstellen. Am 29.5.1991 wurde beim Landesgericht Salzburg die Kraftloserklärung des neuen Sparbuches veranlaßt, welche am 8.1.1992 rechtswirksam wurde.

Am 3.5.1993 begab sich der Kläger wiederum in die genannte Zweigstelle, um abermals die inzwischen aufgelaufenen Zinsen zu beheben, zu welchem Zwecke er das neue Sparbuch mit dem seinerzeitigen Einzahlungsbeleg vorwies. Nach Mitteilung seitens der Mitarbeiter der Bank über den vorgeschilderten Sachverhalt erklärte der Kläger, den Kapitalbetrag von S 400.000 nie bekommen zu haben. In einem seitens der Staatsanwaltschaft Salzburg hierauf gegen den Kläger wegen des Verdachtes des Vergehens des schweren Betruges eingeleiteten Strafverfahren wurde er mit Urteil vom 22.11.1993 rechtskräftig freigesprochen.

Auf Grund dieses - zusammengefaßt wiedergegebenen und so von den Vorinstanzen festgestellten - Sachverhaltes begehrt der Kläger mit der am 25.1.1994 eingebrachten Klage insgesondere aus dem Titel des Schadenersatzes die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung des Betrages von S 400.000 samt 6,25 % Zinsen seit 3.5.1991, da ihm die seinerzeit geleistete Geldeinlage zustehe und rechtswidrig vorenthalten werde; ein allfälliger Buchungsirrtum der Bank könne nicht zu seinen Lasten gehen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens als unbegründet, da dem Kläger das gesamte Guthaben von S 435.028 in 87 Stück Fünftausendschillingnoten ausbezahlt worden sei.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahingehend, daß die Beweislast für die Behauptung, dem Kläger sei auch das Kapital in Höhe von S 400.000 ausbezahlt worden, die Beklagte treffe. Auf Grund der hiezu getroffenenen Negativfeststellung sei ihr jedoch ein "stringenter Beweis" dafür, daß nicht bloß die Zinsen, sondern auch dieser Kapitalbetrag "in die Gewahrsame des Klägers" gelangt sei, nicht gelungen. Die Beklagte müsse sich auch das Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter hinsichtlich des von ihnen gewählten Transportes der Sparbücher und Belege zur Kassa als Verschulden anrechnen lassen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge und bestätigte das Ersturteil. Trotz Kraftloserklärung des Sparbuches stehe dem Kläger auf Grund des abgeschlossenen Bankspareinlagenvertrages ein Forderungsrecht zu, da er seine materielle Berechtigung, über das Guthaben zu verfügen, habe nachweisen können. Zufolge der auch vom Berufungsgericht als unbedenklich übernommenen Negativfeststellung über den Verbleib der S 400.000 trage das Verlustrisiko die Bank als Schuldnerin dieser Forderung. Deshalb könne auch nicht von einer unzulässigen Bereicherung des Klägers ausgegangen werden. Da das Schwergewicht des Berufungsverfahrens im Tatsachenbereich gelegen und keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen sei, wurde die ordentliche Revision nach dieser Gesetzesstelle nicht zugelassen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Nach Auffassung der Revisionswerberin könne der entscheidungswesentliche Sachverhalt nur so interpretiert werden, daß dem Kläger als Gläubiger durch das vorgezählte, vorgelegte und mittels Banderole zusammengehaltene Geld das Risiko eines allfälligen Verlustes des solcherart ausbezahlten Betrages zuzuordnen sei. Ausgehend von einer Geldschuld in Form einer Holschuld hätte es hiefür genügt, daß die beklagte Partei durch ihren Kassier dem Kläger die unmittelbare Verfügungsmacht über den geschuldeten Betrag eingeräumt habe, sodaß insoweit von einer abgeschlossenen Auszahlung desselben und damit von einer abgeschlossenen Erfüllungshandlung durch die beklagte Partei auszugehen sei.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof folgendes erwogen:

1.) Aus dem Charakter des Spareinlagevertrages (mit oder ohne

Losungswort: siehe etwa SZ 50/127 = EvBl 1978/120 und 6 Ob 570/91; zur Rechtsnatur von auf Überbringer lautenden und mit Losungswort verknüpften Sparbüchern siehe auch 1 Ob 622-624/94) ergibt sich, daß der Kläger als Einleger des am 26.4.1989 eröffneten und am 3.5.1991 umgeschriebenen Gewinnsparbuches gegen das beklagte Bankinstitut einen obligatorischen Rückforderungsanspruch hatte (EvBl 1993/4), wobei auch durch die nachträgliche - ohne seine Mitwirkung erfolgte - Kraftloserklärung desselben keine Veränderung oder Aufhebung des durch das kraftlos erklärte Sparbuch verkörperten Rechtes bewirkt wurde (JBl 1970, 476).

2.) Nach den das Ergebnis eines Aktes der Beweiswürdigung bildenden und damit für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen beider Vorinstanzen ist dem Kläger bei seinem Behebungsversuch am 3.5.1993 ein strafrechtlich relevantes (diesbezüglich erfolgte ja ein rechtskräftiger Freispruch) Verhalten nicht anzulasten. Der gegenständliche Rechtsstreit ist insoweit daher grundsätzlich nach den allgemeinen Beweislastregeln zu entscheiden, wonach die Beklagte die rechtsvernichtende Tatsache der von ihr behaupteten Auszahlung der gesamten Spareinlage an den Kläger zu beweisen hat (SZ 63/57), welcher Beweis ihr jedoch nach den ebenfalls maßgeblichen Urteilsfeststellungen - trotz der Negativfeststellung der Vorinstanzen über den Verbleib des Kapitalbetrages von S 400.000 - gelungen ist.

3.) Nach dem zum Zeitpunkt der Behebung vom 3.5.1991 noch in Geltung stehenden § 18 Abs 1 KWG BGBl 1979/63 (wortgleich nunmehr § 31 Abs 1 BWG BGBl 1993/532) sind Spareinlagen "Geldeinlagen bei Kreditunternehmungen, die nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen und als solche nur gegen die Ausfolgung von besonderen Urkunden (Sparurkunden) entgegengenommen werden dürfen". Nach § 18 Abs 3 KWG (§ 32 Abs 1 BWG) ist "jede aus einer Spareinlage geleistete Auszahlung auf der Sparurkunde zu vermerken"; nach § 18 Abs 7 KWG (§ 32 Abs 2 BWG) dürfen "Auszahlungen aus Spareinlagen nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden" (siehe hiezu auch ausführlich Avancini, Das Sparbuch im österreichischen Recht, 114 ff). Darüber hinaus gibt es keine gesetzlichen Anordnungen im Zusammenhang mit der Auszahlung derartiger Gelder, sodaß auf die allgemeinen Bestimmungen des ABGB zurückzugreifen ist. Demgemäß handelt es sich - was auch in der Revisionsbeantwortung nicht grundsätzlich in Abrede gestellt wird - beim Abhebungsvorgang eines Geldbetrages auf Grund eines zur Vorweisung überreichten Sparbuches in den Räumlichkeiten eines Bankinstitutes tatsächlich um eine Holschuld, bei welcher Bereithaltung zur Abholung genügen muß (Avancini/Iro/Koziol, Österr.Bankvertragsrecht I, Rz 1/148 und 6/8).

4.) Bei Holschulden geht die Gefahr (des zufälligen Unterganges oder Verlustes) mit Übergabe oder Gläubigerverzug über (Reischauer in Rummel, ABGB II2, Rz 16 zu § 1419). Gläubigerverzug liegt vor, wenn der Gläubiger die vom Schuldner zur rechten Zeit (hier: anläßlich der Vorsprache am 3.5.1991), am gehörigen Ort (hier: im Schalterraum der Filiale der beklagten Partei in S*****) und auf die bedungene Weise (hier: nach Übergabe des saldierten alten Sparbuches samt Auszahlungsbeleg auch der S 400.000 sowie im Sinne des Wunsches des Klägers "in groß") angebotene Leistung (vgl § 918 Abs 1 ABGB) nicht annimmt. Gläubigerverzug setzt neben Fälligkeit der Schuld das Angebot der Leistung durch den Schuldner voraus. Der Schuldner muß hiebei alles vorkehren, was man von ihm zufolge des Schuldverhältnisses verlangen kann, um Erfüllung zu bewirken (Gschnitzer in Klang VI2 389); er hat dem Gläubiger die Sache in einer solchen Weise nahezubringen, daß dieser "nichts weiter zu tun hat als zuzugreifen" (EvBl 1957/235; RGZ 109, 324 [328]; Honsell in Schwimann, ABGB Bd 5, Rz 3 zu § 1419).

Dieser obligationenrechtliche Lösungsansatz entspricht damit auch den zum sachenrechtlichen Übertragungsakt der Übergabe körperlicher beweglicher Sachen nach § 426 ABGB von Judikatur und Lehre entwickelten Grundsätzen: Danach ist "Übergabe von Hand zu Hand" nicht wörtlich zu nehmen (Klang in Klang, II2 316). Zur körperlichen Übergabe (als dem grundsätzlichen Erfordernis des dem Sachenrecht immanenten Traditionsprinzips) einer Sache genügt es vielmehr, daß die Sache in eine Lage gebracht wird, in der sie sich tatsächlich oder doch nach der Verkehrsauffassung in der Macht des Übernehmers befindet, daß sie also aus der physischen Verfügungsmacht des Veräußerers (Übergebers) in jene des Erwerbers (Übernehmers) übergeht (MGA ABGB34 E 2 und 3 zu § 426; Spielbüchler in Rummel, ABGB II2, Rz 2 zu § 426 - jeweils mwN). Es kommt also auch hier nur auf die Herstellung eines Naheverhältnisses an, das nach der Verkehrsauffassung ausreicht, um die Gewahrsame des Erwerbers zu "signalisieren" (Koziol/Welser II10, 26). In Anwendung dieser Grundsätze kann kein Zweifel bestehen, daß der Kläger jedenfalls hinsichtlich des abgezählten und sodann vor ihm vom Kassier am Kassapult mittels Banderole gebündelt niedergelegten Papiergeldes (einschließlich des restlichen Kleingeldes von S 28,-- in Münzen) bereits durch diese so gesetzte Handlung - und nicht erst einen (weiteren, besonderen) Ergreifungsakt mit der Hand - den sachenrechtlichen Besitz und das Eigentum hieran erwarb. Damit ging auch die oben bereits umschriebene (obligationenrechtliche) Gefahrtragung im Sinne des § 1419 ABGB auf ihn über.

5.) im übrigen kann aber - berücksichtigt man die besondere Konstellation des vorliegenden Sachverhaltes - nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen im vorliegenden Fall sogar von einem tatsächlichen körperlichen Übergabeakt "von Hand zu Hand" ausgegangen werden. Danach hat nämlich der für die beklagte Partei als Erfüllungsgehilfe tätig gewordene Kassier E***** D***** - ausgehend von dem ihm vom Kläger allein vorgelegten alten Sparbuch mit dem Auszahlungsbeleg ohne gleichzeitige Vorlage auch des dem Kläger unmittelbar zuvor vom Schalterbediensteten M***** A***** zur Kassa mitgegebenen zweiten (neuen) Sparbuches samt Einzahlungsbeleg - dem Kläger nicht bloß ein Bündel Banknoten hingelegt, sondern war nach den Feststellungen der Vorinstanzen dieses Paket von insgesamt 87 Fünftausendschillingscheinen noch durch eine Banderole zusammengehalten. Der Kläger mußte, um an die - wie von ihm behauptet - jedenfalls S 35.000 zu gelangen, auf alle Fälle das Gesamtpaket zur Hand nehmen und sieben einzelne Fünftausendschillingnoten herausnehmen (allenfalls hiezu sogar die Banderole abstreifen), andernfalls er ja unmöglich an diesen von ihm sodann auch unstrittig nach Hause mitgenommenen Teilbetrag herankommen hätte können. Soweit also der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung einerseits unterstellt, es habe hinsichtlich der Banknoten als bewegliche Sachen am Modus der Übergabe gemangelt, da er als Bankkunde diese nicht ergriffen und an sich genommen habe, und er habe andererseits das Hinlegen der (achtzig restlichen) Fünftausendschillingnoten auf den Schaltertisch gar nicht bemerkt, entfernt er sich von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, von welchen der Oberste Gerichtshof jedoch als bloße Rechtsinstanz auszugehen hat. Danach mußte er jedoch nicht nur das Geldbündel wahrgenommen, sondern auch zur Hand genommen und geöffnet haben, andernfalls es denkunmöglich wäre, daß er vom Gesamtpaket der mittels Banderole zusammengehaltenen 87 Noten nur sieben überhaupt an sich hätte nehmen können. Hat aber der Kläger (als Gläubiger) allenfalls "gezögert, die Zahlung [der restlichen 80 Noten] anzunehmen" bzw aus welchen Gründen immer am Schaltertisch liegen gelassen (und sich ohne diese von dort entfernt), so "fallen die widrigen Folgen [gemäß § 1419 ABGB] auf ihn". Die über den Verbleib der S 400.000 getroffene Negativfeststellung schlägt daher - abweichend von den Annahmen der Vorinstanzen - insoweit zu Lasten und nicht zu Gunsten des Klägers aus, da ja betreffend die (zeitlich vorangegangene) Ergreifungshandlung des Geldes (einschließlich der nunmehr allein verfahrensgegenständlichen S 400.000) eine Positivfeststellung vorliegt, welche auch unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des Bankverkehrs im allgemeinen und des vorliegenden Einzelfalles im besonderen rechtlich nur als (zeitlich wie örtlich) abgeschlossene Erfüllungshandlung der schuldnerischen Bank qualifiziert werden kann. Die in der Revisionsbeantwortung als naheliegende Möglichkeit hingestellte Ansichnahme des Geldes durch einen unbekannten Dritten hätte daher als "widrige Folge" im Sinne des § 1419 ABGB der Kläger und nicht die Beklagte zu tragen.

6.) Da nach den weiters maßgeblichen Feststellungen jedenfalls zum Zeitpunkt des Vorganges am 3.5.1991 keine Dienstanweisung bestand, daß der Schalterbedienstete A***** den Kläger persönlich bis zur (ohnedies nur vier Meter, also wenige Gehschritte entfernten) Kassa begleiten und alle Belege dem Kassier D***** hätte persönlich überreichen müssen (und nicht über den Kläger als Kunden überbringen hätte dürfen S 5 des Ersturteils = AS 149), liegt auch kein aus dem Titel des Schadenersatzes oder der (sonstigen) Vertragsverletzung der beklagten Partei anzulastendes Verhalten vor, welches den erhobenen Anspruch des Klägers begründen und rechtfertigen könnte. Den Mitarbeitern der beklagten Partei ist nach den Feststellungen aber auch sonst kein Fehlverhalten anzulasten, zumal es ja zur Auszahlung durch den Kassier nur deshalb kam (bzw kommen konnte), weil der Kläger es unterlassen hatte, diesem das neue Sparbuch samt Einzahlungsbeleg, wie er es nur wenige Meter und Augenblicke zuvor von A***** ausgefolgt erhalten hatte, vorzulegen und der Kassier daher tatsächlich nicht wissen konnte, daß der Betrag von S 400.000 vom alten Sparbuch bloß umzubuchen und nicht auszubezahlen gewesen wäre. Insoweit vermag sich der Oberste Gerichtshof daher auch der vom Erstgericht in S 12 des Urteils (= AS 163) gemachten Ausführung, die Beklagte müsse sich "das Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter hinsichtlich des von ihnen gewählten Transportes der Sparbücher und Belege zur Kasse als Verschulden anrechnen lassen", nicht anzuschließen. Eine derartige Rechtsfolge ist - ausgehend von den Feststellungen - somit unzulässig. Auch das Abwenden des Kassiers vom Kläger anstatt das Ergreifen (und allenfalls Einstecken) des gesamten Geldbündels abzuwarten und zu beobachten, kann nicht als eine die Beklagte treffende Sorgfaltswidrigkeit qualifiziert werden, hatte doch der Kassier nach dem bereits weiter oben ausführlich Dargelegten mit dem Hinlegen des Geldes vor dem Kläger alles sachen- wie schuldrechtlich von ihm - und damit auch von der Beklagten - Gebotene ausreichend und abschließend getan.

7.) In Abänderung der Urteile der Vorinstanzen war das Klagebegehren daher zur Gänze abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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