JudikaturBVwG

W602 2305581-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
22. September 2025

Spruch

W602 2305581-1/5E

W602 2305581-2/2E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Brigitte GSTREIN

I) über den Antrag von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Somalia, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Klammer, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist vom 03.03.2025, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.11.2024, Zahl XXXX und

II) über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Somalia, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Klammer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zahl XXXX

den Beschluss:

A)

I.Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 03.03.2025 wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

II.Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 iVm § 28 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 10.03.2023 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) mit Bescheid vom 25.11.2024 als unbegründet abgewiesen wurde. Dieser Bescheid wurde am 29.11.2024 durch Hinterlegung zugestellt. Am 29.12.2024 brachte der bevollmächtigte Rechtsvertreter des Beschwerdeführers Beschwerde gegen diesen Bescheid ein.

Die Beschwerde langte mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt am 10.01.2025 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dieses informierte den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Verspätungsvorhalt vom 17.02.2025, dass sich die eingebrachte Beschwerde nach Maßgabe der im Akt einliegenden Hinterlegungsanzeige als verspätet erweise. Der Rechtsvertreter übermittelte daraufhin zum Beweis der Einhaltung der Frist die Kopie eines RSa-Kuverts, auf dem der Beginn einer Abholfrist mit 30.11.2024 vermerkt ist. Für den Fall einer vom Bundesverwaltungsgericht festzustellenden Fristversäumnis stellte er den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wiederholte die bereits erhobene Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist somalischer Staatsangehöriger und stellte in Österreich am 10.03.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 25.11.2024 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Somalia fest (Spruchpunkte IV. und V.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Dieser Bescheid wurde am 29.11.2024 durch Hinterlegung zugestellt. Die Verständigung über die Hinterlegung des behördlichen Dokuments wurde am 28.11.2024 in die Abgabeeinrichtung des Beschwerdeführers eingelegt und darin als Beginn der Abholfrist der 29.11.2024, ein Freitag, vermerkt. Das Ende der Abholfrist war mit 16.12.2024 vermerkt. Abholort war die XXXX . Die Öffnungszeiten dieser Post Geschäftsstelle sind Montag bis Freitag von 08:00 – 12:00 Uhr und 14:00 – 17:00 Uhr. Am Samstag ist geschlossen. Auf der Verständigung der Hinterlegung befinden sich beim Vermerk „Abholbereit ab“ mehrere Leerfelder, in denen wahlweise „heute ab 16:30 Uhr“ oder in grau hinterlegt Montag bis Freitag „ab 9:00 Uhr“ vom Zustellorgan ausgefüllt werden kann. Es gibt kein Feld für die Abholung an einem Samstag.

Der Beschwerdeführer übernahm den Bescheid am 02.12.2024. Auf dem Kuvert, in dem sich der Bescheid befand, sind der Beginn der Abholfrist mit 30.11.2024 und die Postleitzahl XXXX vermerkt. Der Rechtsvertreter hatte Kenntnis von diesem Kuvert und dem darauf bezeichneten Beginn der Abholfrist.

Am 03.12.2024 ersuchte die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen das Bundesamt um Übermittlung des Bescheides und Zustellnachweises und kam das Bundesamt diesem Ersuchen nach.

Die Beschwerdefrist gegen den Bescheid des Bundesamtes beträgt vier Wochen. Am 29.12.2024, einem Sonntag, langte mit Email an das Postfach der Einlaufstelle des Bundesamtes, Regionaldirektion Oberösterreich eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ein. Der Beschwerdeführer erhob die Beschwerde durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter, Rechtsanwalt Dr. Klammer.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zum Asylverfahren in Österreich ergeben sich aus dem Verwaltungsakt zum Asylverfahren. Die Feststellungen zum Wiederaufnahmeverfahren aus dem Gerichtsakt zu W602 2305581-2.

Die Hinterlegungsanzeige für den Bescheid vom 25.11.2024 mit den darin enthaltenen Daten liegt im Verwaltungsakt ein (AS 341) und stellt der darin enthaltene Nachweis über die erfolgte Zustellung durch Hinterlegung eine öffentliche Urkunde dar (VwGH 21.02.2025, Ra 2024/10/0124), dem die Vermutung des vollen Beweises über die darin bezeichneten Tatsachen zukommt. Die in der Hinterlegungsanzeige enthaltenen Informationen wurden in der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt vom 02.03.2025, eingelangt am 03.03.2025, nicht in Frage gestellt. Die Informationen zur Abholung des Dokumentes, wie Hinterlegungsort und Öffnungszeiten sowie Fristbeginn und Fristende sind ebenfalls der Hinterlegungsanzeige zu entnehmen, ebenso das Datum der Übernahme des Bescheides durch den Beschwerdeführer am 02.12.2024.

Die Feststellung, dass die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH eine Anfrage an das Bundesamt zwecks Übermittlung des Zustellnachweises und des Bescheides stellte, ergibt sich aus dem aktenkundigen Schriftverkehr (AS 343-346).

Das Datum des Einlangens der Beschwerde ergibt sich aus dem „Gesendet:“ Datum der Mail vom rechtsfreundlichen Vertreter (AS 347). Unregelmäßigkeiten bei der Mailzustellung sind nicht bekannt geworden.

Das Datum, das den Beginn der Abholfrist auf dem Kuvert, in dem sich der Bescheid befand, bezeichnete, ergibt sich aus der übermittelten Kopie des Kuverts (Akt Asylverfahren OZ 4, Akt Wiederaufnahmeverfahren OZ 1). Zweifel, dass es sich um jenes Kuvert handelt, in dem der Bescheid des Beschwerdeführers zugestellt wurde, bestehen aufgrund der zeitlichen Nähe zur Zustellung und der, mit dem Zustellnachweis übereinstimmenden Postleitzahl der Geschäftsstelle der Post in XXXX nicht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I) Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

3.1.1. § 17 Abs. 1 Zustellgesetz sieht vor, dass Dokumente, die nicht an der Abgabestelle zugestellt werden können und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen sind.

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Eine rechtswirksame Zustellung durch Hinterlegung setzt voraus, dass die Postsendung auch tatsächlich beim Zustellpostamt zur Abholung bereitgehalten wurde (vgl. § 17 Abs. 3 1. Satz ZustG). Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist daher für den Beginn der Abholfrist und damit für den Tag der Zustellung der Tag entscheidend, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Nur dann kann der Empfänger der an ihn gerichteten Aufforderung, die für ihn bestimmte Postsendung beim Zustellpostamt abzuholen, entsprechen (VwGH 17.11.2022, Ra 2021/06/0162).

Am 28.11.2024 wurde die Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments in die Abgabeeinrichtung eingelegt und der Empfänger über den Beginn der Abholfrist mit 29.11.2024 informiert. Der 29.11.2024 fiel auf einen Freitag, an dem die angegebene Post Geschäftsstelle geöffnet hatte. Da gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG die Zustellung an dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde, bewirkt ist, fällt das Datum der Zustellung des Bescheides auf den 29.11.2024.

Soweit der Wiedereinsetzungswerber vermeint, es könnte auch das am Kuvert handschriftlich eingetragene Datum 30.11.2024 maßgeblich für den Beginn der Abholfrist sein (und damit keine Fristversäumnis vorliegen), ist das nicht zutreffend, da das entscheidende Datum für den Beginn der Abholfrist dem klaren Wortlaut des § 17 Abs. 3 leg. cit zufolge das Datum der Hinterlegung ist, welches vom Zusteller auf dem Zustellnachweis auf der Hinterlegungsanzeige dokumentiert wird. Der Beweis, wonach eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den, eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist (VwGH 21.02.2025, Ra 2024/10/0124). Auf der Hinterlegungsanzeige ist das Zustelldatum mit 29.11.2024 vermerkt, das vom Wiedereinsetzungswerber vorgelegte RSa-Kuvert mit einem abweichenden Datum hat nur informativen Charakter und ist nicht geeignet, die ordnungsgemäße Zustellung am 29.11.2024 zu widerlegen. Anhaltspunkte, dass das Zustelldatum vom Zustellorgan auf dem Zustellnachweis unrichtig dokumentiert worden sei, bestehen nicht, zumal es logisch nachvollziehbar ist, dass am Tag nach dem erfolglosen Zustellversuch das Dokument in der Post Geschäftsstelle hinterlegt wird.

Ausgehend von der Zustellung des Bescheides am 29.11.2024 endete die vierwöchige Beschwerdefrist am Freitag, 27.11.2024. Da die Beschwerde erst am 29.11.2024 bei der Behörde eingelangt ist, erweist sie sich als verspätet.

3.1.2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig, aber im Ergebnis nicht begründet.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Unter einem minderen Grad des Versehens ist nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen, die dann vorliegt, wenn dem Wiedereinsetzungswerber ein Fehler unterlaufen ist, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (Hengstschläger/Leeb, AVG §72 [Stand 1.1.2000, rdb.at], Rz 40). Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (VwGH 30.04.2019, Ra 2019/15/0042).

Die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers stecken den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist (VwGH 27.04.2016, Ra 2016/05/0015).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Es ist auch ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der rechtskundige Vertreter einer Partei die ihm von einem Klienten mitgeteilten Umstände über den für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebenden Zustelltag nicht ungeprüft seiner Fristvormerkung zugrunde legen darf, sondern sich über den angenommenen Zeitpunkt der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung zu vergewissern hat. Generell unterliegt das Zustelldatum einer besonderen Prüfpflicht, weil es für das Ende von Fristen in Bezug auf die Erhebung von Rechtsmitteln von ausschlaggebender Bedeutung ist (VwGH 20.05.2025/Ra 2025/08/0049).

Der Wiedereinsetzungswerber sah in der Angabe eines unrichtigen ersten Abholtages auf dem RSa-Kuvert ein unvorhergesehenes bzw unabwendbares Ereignis, das zur Nichteinhaltung der Frist geführt hat. Damit unterlag er einem Tatsachenirrtum, der in der Sphäre des Zustellorgans veranlasst wurde. Die falsche Bezeichnung des Beginns der Abholfrist auf dem Kuvert ist ein durchaus ungewöhnliches und auch unabwendbares Ereignis, auf das der Wiedereinsetzungswerber keinen Einfluss hatte und auch aus Sicht der erkennenden Richterin ein unvorhergesehenes bzw unabwendbares Ereignis darstellt. Selbst im Lichte der erhöhten Sorgfaltspflicht für rechtskundige Parteienvertreter bei der Prüfung von Zustelldaten kann es noch als relativ unbedenklich angesehen werden, wenn der Rechtsvertreter auf die Angaben auf dem Kuvert vertraut, da die Angaben entweder vom Zustellorgan selbst, das auch den Zustellvorgang durchgeführt und dieses Datum bereits in der Verständigung der Hinterlegung festgelegt hat, oder von dessen Umfeld, auf dem Kuvert eingetragen wurden.

Im konkreten Fall stellt sich die Sachlage allerdings anders dar, da dem Rechtsvertreter das falsche Datum hätte auffallen müssen. Die Post Geschäftsstelle hatte an dem bezeichneten Datum, dem 30.11.2024, nämlich geschlossen, weil es ein Samstag war. An diesem Tag konnte daher mangels Abholbarkeit des Dokuments die Abholfrist gar nicht zu laufen beginnen. Der Rechtsvertreter hätte daher weitere Erhebungen durchführen müssen.

In der Praxis haben in Österreich zahlreiche Postämter am Samstag geschlossen (vgl. dazu bereits Stumvoll in Fasching/Konecny3, II/2 § 17 ZustG [Stand 1.7.2016, rdb.at], Rz 14) und nimmt auch das Formular 1 zu § 17 Abs. 2 ZustG bei der Abholmöglichkeit des hinterlegten Schriftstückes auf die Sonderstellung des Samstags Bezug. Die Varianten des Beginns der Abholfrist auf dem Formular lauten: „heute ab … Uhr“; „ab dem nächsten Werktag“; „ab dem nächsten Werktag außer Samstag“; „ab …“. (Formular 1 zu § 17 Abs. 2 des Zustellgesetzes, BGBl. II Nr. 399/2013). Auf dem aktuell zumeist in Verwendung stehenden standardisierten Formular für die Verständigung von der Hinterlegung, das auch für die Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer verwendet wurde, stehen überhaupt nur mehr Felder für den Beginn der Abholfrist von Montag bis Freitag zur Verfügung, für Samstag ist kein Feld zum Ankreuzen mehr vorgesehen. Das aktuell in Verwendung stehende Formular belegt deutlich die Praxis, dass an Samstagen grundsätzlich keine Hinterlegungs- und Abholfrist mehr zu laufen beginnt. Auch rechtlich gibt es für die Post keine Verpflichtung, behördliche Schriftstücke an Samstagen zuzustellen. Die Post, die behördliche Schriftstücke im Rahmen des Universaldienstes zustellt, ist verpflichtet, Zustellungen an fünf Werktagen pro Woche, ausgenommen Samstag, vorzunehmen. Auch als Öffnungszeiten von Post Geschäftsstellen im Rahmen des Universaldienstes sind gesetzlich (nur) mindestens fünf Werktage vorgesehen (§§ 6ff, 17 Postmarktgesetz).

Bei dem Umstand, dass die Post Geschäftsstelle am Samstag geschlossen hat, handelt es sich daher um keine ungewöhnliche Ausnahme, mit der der Rechtsvertreter keinesfalls hätte rechnen müssen, sondern vielmehr um die Norm, da zahlreiche Postämter bzw. Post Geschäftsstellen in Österreich am Samstag nicht geöffnet haben und üblicher Weise keine Hinterlegung an Samstagen erfolgt.

Der Rechtsvertreter, der aufgrund seiner Tätigkeit als Anwalt täglich mit Fristen und Zustellungen zu tun hat und mit den jeweiligen Zustellnachweisen und Hinterlegungsanzeigen für behördliche Schriftstücke vertraut ist, hätte wissen müssen, dass er das vermerkte Datum für den Beginn der Abholfrist, das auf einen Samstag fiel, nicht ungeprüft seiner Vormerkung zugrunde legen darf, da es zumindest unüblich ist, dass Abholfristen an einem Samstag zu laufen beginnen und ihn daher eine Prüfpflicht für das Zustelldatum trifft. Bereits nach einer – zumutbaren - kurzen Recherche im Internet anhand der Postleitzahl hätte er feststellen können, dass die Post Geschäftsstelle am Samstag geschlossen hat und die Abholfrist daher nicht am Samstag beginnen konnte.

Der ungewöhnliche Abholtag hätte für ihn Anlass zu weiteren Nachforschungen sein müssen, wie dies im Übrigen auch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen getan hat, indem sie das Bundesamt um die Übermittlung des Zustellnachweises (und Bescheides) ersucht hat.

Beim Wiedereinsetzungswerber liegt ein auffallender Sorgfaltsverstoß vor, da er aufgrund der ungewöhnlichen Tatsache, dass ein Samstag als erster Tag der Abholfrist ausgewiesen wurde, diesen nicht einfach ungeprüft seiner Fristvormerkung hätte zugrunde legen dürfen, sondern sich hätte vergewissern müssen, ob der auf dem blauen Kuvert vermerkte Beginn der Abholfrist tatsächlich möglich wäre und wenn nicht, an welchem Tag die Zustellung tatsächlich erfolgt ist. Von einem minderen Grad des Versehens kann beim Wiedereinsetzungswerber, der berufsmäßiger Parteienvertreter ist und für den ein höherer Sorgfaltsmaßstab gilt, aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht ausgegangen werden. Der ungewöhnliche Beginn des Fristenlaufs hätte ihm aufgrund seiner Erfahrung und seiner Fachexpertise auffallen müssen und hat eine Prüfpflicht, die er nicht wahrgenommen und daher die Frist versäumt hat, ausgelöst.

Der Wiedereinsetzungsantrag war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II) Zurückweisung der Beschwerde als verspätet:

Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG iVm Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG beginnt die Beschwerdefrist, wenn der Bescheid dem Wiedereinsetzungswerber zugestellt (und nicht mündlich verkündet) wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 29.11.2024 durch Hinterlegung. Durch diese ordnungsgemäße Zustellung wurde die Rechtsmittelfrist ausgelöst. Die vierwöchige Frist zur Beschwerdeerhebung endete am 27.12.2024.

Da die Beschwerde nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist beim Bundesamt eingebracht wurde und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen war, war die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.