JudikaturVwGH

Ra 2017/21/0138 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
15. März 2018

Gemäß der seit dem 1. November 2017 geltenden Fassung des § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig (dies folgt schon aus dem eindeutigen Wortlaut) festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FrPolG 2005 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des "Drittstaates", in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Diese Norm ist - wie bisher (vgl. VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0234) - sowohl vom BFA im behördlichen Verfahren als auch vom VwG im Beschwerdeverfahren anzuwenden (vgl. VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0157, 0158; ErläutRV 1523 BlgNR 25. GP 30, betreffend FrÄG 2017, sowie den diesbezüglichen Abänderungsantrag AA-213, 25. GP 63, wonach die vorgeschlagene "behördenneutrale Formulierung" im § 52 Abs. 9 legcit lediglich der Klarstellung dient). Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ohne eine Feststellung nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 kommt - außer im Fall, dass die Feststellung aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich ist - auf Grund des vom Gesetzgeber seit 1. Jänner 2014 geschaffenen Systems nicht in Betracht (vgl. VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0157, 0158; VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0162; VwGH 24.5.2016, Ra 2016/21/0101; ErläutRV zum FrÄG 2017, 1523 BlgNR 25. GP 30). Vor diesem - insoweit grundsätzlich weiterhin gültigen - rechtlichen Hintergrund ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (allenfalls auch samt darauf aufbauendem Einreiseverbot) nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde (vgl. VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0162). Auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, darf die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist die Feststellung nach § 52 Abs. 9 legcit zu treffen, dass (nunmehr: ob) die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, in unzulässiger Weise vorwegzunehmen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist daher grundsätzlich nicht zulässig. Die im Erkenntnis Ra 2016/21/0162 angestellten Erwägungen gelten aber auch für ein anhängiges Verfahren über einen Asylfolgeantrag (vgl. VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0078).

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