BundesrechtInternationale VerträgeHandelsübereinkommen

Handelsübereinkommen

In Kraft seit 15. Januar 1923
Up-to-date

Art. 1

15.01.1923

Artikel 1.

Die Angehörigen jedes der beiden vertragschließenden Teile werden in bezug auf den Antritt und den Betrieb von Handel und Gewerbe in dem Gebiete des andern alle Privilegien, Freiheiten und Vorteile genießen, die der meistbegünstigten Nation gewährt werden.

Durch die vorstehende Bestimmung soll den besonderen Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften, die in den Gebieten der vertragschließenden Teile in bezug auf Handel, Gewerbe, Polizei, allgemeine Sicherheit und die Ausübung gewisser Handwerke und Berufe bestehen oder in Hinkunft erlassen werden und die auf alle Fremden allgemeine Anwendung finden, kein Eintrag geschehen.

Art. 2

15.01.1923

Artikel 2.

Die Angehörigen eines der vertragschließenden Teile, die sich zu Messen und Märkten auf das Gebiet des andern Teiles zu dem Zwecke begeben, um daselbst ihren Handel auszuüben, werden gegenseitig wie die eigenen Angehörigen behandelt, sofern sie sich durch eine von den Behörden des Staates, dem sie angehören, ausgestellte Legitimation nach dem beiliegenden Muster (Beilage A) (Anm.: Beilage A nicht darstellbar) ausweisen können.

Art. 3

15.01.1923

Artikel 3.

Die Angehörigen eines der vertragschließenden Teile haben auf dem Gebiete des andern Teiles das Recht, sich niederzulassen, bewegliches oder unbewegliches Eigentum jeder Art zu erwerben und zu besitzen, das nach den Landesgesetzen den Angehörigen irgendeines anderen Staates zu erwerben und zu besitzen erlaubt ist oder für die Folge erlaubt werden wird. Sie können darüber durch Verkauf, Tausch, Schenkung, Heirat, Testament und auf irgendeine andere Weise verfügen oder dasselbe durch Erbschaft erwerben, und zwar unter den gleichen Bedingungen, wie solche hinsichtlich der Angehörigen irgendeines anderen Staates festgesetzt wurden oder für die Folge festgesetzt werden, ohne in einem der vorerwähnten Fälle anderen oder erhöhten Steuern, Auflagen oder Lasten, welcher Benennung immer, unterworfen zu werden als jenen, die für die eigenen Angehörigen festgesetzt wurden oder werden.

Sie werden unter Beobachtung der Landesgesetze das Recht haben, vor Gericht als Kläger oder Beklagter Prozesse zu führen, sie werden in dieser Hinsicht alle Rechte und alle Freiheiten wie die eigenen Angehörigen genießen und können sich wie diese in jedem Rechtsfalle der Anwälte und Beauftragten bedienen.

Art. 4

15.01.1923

Artikel 4.

Die Angehörigen jedes der beiden vertragschließenden Teile sowie die Handels- und Industriegesellschaften werden für die Ausübung von Handel und Gewerbe im Gebiete des anderen Teiles keine andern oder höheren Abgaben, Steuern oder Gebühren als jene zu entrichten haben, die von den eigenen Angehörigen eingehoben werden.

Art. 5

15.01.1923

Artikel 5.

Die Angehörigen eines jeden der vertragschließenden Teile werden auf dem Gebiete des andern von jeder militärischen Dienstleistung im Landheere, in der Marine, bei den nationalen Schutztruppen und Milizen befreit sein.

Sie werden in Friedens- und Kriegszeiten nur zu jenen militärischen

Leistungen und Requisitionen herangezogen werden, die den eigenen Angehörigen auferlegt werden, und zwar nur in demselben Ausmaß und nach denselben Grundsätzen wie diese.

Weiters werden sie von jeder Verpflichtung zur Übernahme öffentlich-rechtlicher Funktionen bei Gerichten, staatlichen Verwaltungsbehörden oder Selbstverwaltungskörpern, mit Ausnahme der Übernahme der Vormundschaft oder der Kuratel über Angehörige des eigenen Staates, befreit sein.

Art. 6

15.01.1923

Artikel 6.

Die Aktiengesellschaften und die andern Handels- und Industriegesellschaften (mit Ausnahme der Finanz- und der Versicherungsgesellschaften), die auf Grund der bezüglichen Gesetze auf dem Gebiete des einen der vertragschließenden Teile bestehen und dortselbst ihren Sitz haben, können, wenn sie sich den Gesetzen des andern Landes unterwerfen, auf dem Gebiete dieses letzteren sich niederlassen und daselbst ihren Handel oder ihr Gewerbe ausüben, mit Ausnahme jedoch jener Handels- und Gewerbezweige, die auf Grund ihres gemeinnützigen Charakters besonderen Beschränkungen unterworfen werden.

Die oben erwähnten Gesellschaften können unter Beobachtung der Landesgesetze alle ihre Rechte ausüben und im besonderen die Gerichte der beiden Länder in Anspruch nehmen.

Die Zulassung der genannten Gesellschaften zur Ausübung ihres Handels und ihres Gewerbes auf dem Gebiete des andern vertragschließenden Teiles soll nach den Gesetzen und Vorschriften erfolgen, die auf diesem Gebiet in Geltung stehen oder in Hinkunft stehen werden.

Art. 7

15.01.1923

Artikel 7.

Innere Abgaben, die auf dem Gebiete des einen der vertragschließenden Teile für Rechnung des Staates, der Gemeinden oder Körperschaften eingehoben werden und die die Herstellung, die Zubereitung oder den Verbrauch einer Ware belasten, sollen die Erzeugnisse des andern Teiles unter keinem Vorwand in stärkerem Maße oder lästigerer Weise treffen als die einheimischen Erzeugnisse der gleichen Art oder jene der meistbegünstigten Nation.

Art. 8

15.01.1923

Artikel 8.

Alle Boden- und Industrieprodukte des einen der vertragschließenden Teile, die in das Gebiet des andern eingeführt werden und zum Verbrauch, zur Einlagerung, zur Wiederausfuhr oder zur Durchfuhr bestimmt sind, werden die der meistbegünstigten Nation zugebilligte Behandlung genießen und insbesondere keinen höheren oder andern Abgaben und Eingangszöllen unterworfen werden als denjenigen, die die Erzeugnisse oder Waren der meistbegünstigten Nation belasten.

Bei der Ausfuhr nach dem Gebiete des andern vertragschließenden Teiles werden keine andern oder höheren Ausfuhrzölle oder sonstigen Abgaben eingehoben, als bei der Ausfuhr der gleichen Erzeugnisse und Waren in die in dieser Hinsicht meistbegünstigten Länder.

Die vertragschließenden Teile sichern sich hinsichtlich der Handhabung der Zollvorschriften, der Zollbehandlung, der Überprüfung und Untersuchung der eingeführten Waren, sowie hinsichtlich der Bezahlung der Zölle und Gebühren, der Klassifikation und Auslegung der Zolltarife und hinsichtlich der Handhabung der Monopole die Behandlung der meistbegünstigten Nation zu.

Die aus einem dritten Lande stammenden Produkte, die auf dem Gebiete des einen der beiden vertragschließenden Teile einer gewerblichen Bearbeitung unterzogen worden sind, werden bei ihrer Einfuhr in das Gebiet des andern als Produkte jenes Landes behandelt, wo die Bearbeitung stattgefunden hat.

Die Bestimmungen dieses Artikels finden keine Anwendung:

1. Auf Begünstigungen, die den angrenzenden Staaten und den Bewohnern gewisser Grenzbezirke zur Erleichterung des Grenzverkehrs gewährt wurden oder gewährt werden;

2. auf die aus einer Zollunion erfließenden Begünstigungen;

3. auf das vorläufige Zollregime zwischen den polnischen und den deutschen Gebietsteilen Oberschlesiens.

Waren irgendwelcher Herkunft, die durch das Gebiet eines der vertragschließenden Teile durchgeführt oder in Freihäfen oder Freigebiete verbracht wurden, sollen bei ihrem Eingang in das Gebiet des andern Teiles keinen höheren oder andern Zöllen oder Abgaben unterworfen werden, als wenn sie unmittelbar aus dem Ursprungslande eingeführt worden wären. Diese Bestimmung findet Anwendung sowohl auf Waren, die umgeladen, umgepackt oder in Zollager eingelagert werden, als auch auf jene, die unmittelbar durchgeführt werden.

Art. 9

15.01.1923

Artikel 9.

Die beiden vertragschließenden Teile kommen überein, daß eine Beschränkung des gegenseitigen Handels zwischen den Gebieten der beiden Teile durch Ein- und Ausfuhrverbote nur in den nachstehenden Fällen stattfinden darf:

a) in jenen Fällen, in denen nach Artikel 10 dieses Vertrages das Verbot der Durchfuhr zulässig ist;

b) für Waren, die den Gegenstand eines Staatsmonopoles bilden;

c) um hinsichtlich fremder Waren Verbote oder Beschränkungen durchzuführen, die durch die innere Gesetzgebung für die Erzeugung, den Verkauf, die Beförderung oder den Verbrauch gleichartiger einheimischer Waren im Inlande festgesetzt wurden oder festgesetzt werden;

d) in allen anderen Fällen, wenn einer der vertragschließenden Teile mit Rücksicht auf die noch herrschenden außerordentlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten es für notwendig erachten würde, Beschränkungen oder Verbote aufrecht zu erhalten oder zu erlassen.

Die beiden vertragschließenden Teile werden bei der gegenseitigen Ein- oder Ausfuhr keinerlei Verbote oder Beschränkungen erlassen oder beibehalten, die nicht in der gleichen Weise bei der Ein- oder Ausfuhr derselben Waren im Verkehre mit einem anderen Lande zur Anwendung kommen.

Art. 10

15.01.1923

Artikel 10.

Die beiden vertragschließenden Teile gewähren sich gegenseitig die freie Durchfuhr von Personen, Gepäck, Waren, Schiffen, Booten, Wagen und Eisenbahnwaggons und von andern Beförderungsmitteln, die aus ihren Ländern stammen oder für sie bestimmt sind, und zwar auf Eisenbahnen und Wasserwegen und auf allen für die internationale Durchfuhr eingerichteten Beförderungswegen, ohne hiebei einen Unterschied zu machen, sei es hinsichtlich der Nationalität der Personen, der Flagge der Schiffe und Boote, der Ursprungs-, Herkunfts-, Eintritts-, Austritts- oder Bestimmungsorte, sei es aus irgendwelchen Erwägungen über das Eigentum der Waren, der Schiffe, der Boote, der Wagen und Eisenbahnwaggons oder anderer Beförderungsmittel.

Die Durchfuhrsendungen werden insbesondere auch bei ihrem Eintritt und Austritt keinen besonderen Zöllen, Gebühren oder Taxen für die Durchfuhr unterworfen.

Von diesen Durchfuhrsendungen können jedoch Gebühren und Taxen eingehoben werden, falls dieselben ausschließlich dazu dienen, die mit dieser Durchfuhr verbundenen Überwachungs- und Verwaltungsausgaben zu decken.

Die Sätze aller Gebühren und Taxen dieser Art sollen soweit als möglich nach der Höhe der zu bedeckenden Auslagen festgesetzt werden;

sie werden nach den Grundsätzen, die in dem ersten Absatz dieses Artikels festgesetzt sind, in gleichmäßiger Art angewendet mit dem Vorbehalte jedoch, daß sie auf gewissen Strecken wegen der Verschiedenheit der Überwachungskosten ermäßigt oder sogar aufgehoben

werden können.

Ausnahmsweise und für eine möglichst beschränkte Frist kann jedoch jeder der vertragschließenden Teile genötigt sein, durch besondere oder allgemeine Maßnahmen von den Bestimmungen dieses Artikels abzugehen, und zwar in den folgenden Fällen:

a) aus Gründen der staatlichen Sicherheit;

b) aus Gründen der Gesundheits- und Veterinärpolizei, insbesondere um die Verbreitung von Tierseuchen sowie die Zerstörung von Pflanzen durch schädliche Insekten oder Parasiten zu verhindern.

In dieser Hinsicht sollen die allgemein anerkannten internationalen Grundsätze sowie die zwischen den beiden vertragschließenden Teilen in Kraft stehenden Vereinbarungen zur Anwendung gelangen.

Die beiden vertragschließenden Teile haben das Recht, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sich davon zu überzeugen, daß die Personen, das Gepäck, die Waren und insbesondere jene Waren, die einem Monopol unterliegen, die Schiffe, Boote, Wagen und Eisenbahnwaggons sowie die andern Beförderungsmittel sich tatsächlich im Zustande der Durchfuhr befinden, weiters um sich dessen zu versichern, daß die durchziehenden Reisenden in der Lage sind, ihre Reise zu beenden, und schließlich um zu vermeiden, daß die Sicherheit der Wege und Beförderungsmittel eine Einbuße erleiden.

Die Verbote oder Beschränkungen hinsichtlich der Durchfuhr dürfen den Verkehr nicht in einem weitergehenden Umfange behindern, als dies zur Erlangung des durch das Verbot oder die Beschränkung zu erreichenden Zweckes unbedingt erforderlich ist.

In Fällen, in denen auf Schiffahrtswegen, die der Durchfuhr dienen, monopolisierte Fahrbetriebe eingerichtet werden, ist die Einrichtung dieser Betriebe so zu treffen, daß hiedurch die Durchfuhr der Schiffe und Boote nicht behindert werde.

Die vorstehenden Bestimmungen finden auch auf die Durchfuhr mit Umladung Anwendung.

In keinem Falle wird jedoch die Durchfuhr verboten oder Beschränkungen unterworfen werden, die nicht gleichzeitig und in gleicher Weise auch auf die Durchfuhr aller anderen Länder, bei denen die gleichen Voraussetzungen zutreffen, Anwendung finden.

Österreich nimmt den § 4 des Artikels XXII des Vertrages von Riga zur Kenntnis und verpflichtet sich, ihn einzuhalten.

Art. 11

15.01.1923

Artikel 11.

Kaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende des einen der beiden Länder, die durch die Vorlage einer von den zuständigen Behörden ihres Heimatlandes ausgestellten Gewerbelegitimationskarte nachweisen, daß sie daselbst berechtigt sind, ihren Handel und ihr Gewerbe auszuüben und daselbst die gesetzlichen Steuern und Abgaben entrichten, haben das Recht, sowohl persönlich als durch in ihren Diensten stehende Handlungsreisende auf dem Gebiete des andern vertragschließenden Teiles bei Kaufleuten oder Erzeugern oder in öffentlichen Verkaufsstellen Wareneinkäufe vorzunehmen. Sie können auch Bestellungen, und zwar auch nach Mustern, bei Kaufleuten und anderen Personen aufnehmen, in deren Handel oder Gewerbe die diesen Mustern entsprechenden Waren Verwendung finden. In keinem der beiden Länder können sie aus diesem Grunde verhalten werden, eine besondere Steuer zu entrichten.

Die Handlungsreisenden der beiden vertragschließenden Teile, die mit einer von den Behörden ihrer betreffenden Länder ausgestellten Legitimationskarte versehen sind, haben wechselseitig das Recht, Warenproben und Muster mit sich zu führen, jedoch keine Waren. Diese Legitimationskarte ist nach dem Muster der Beilage B (Anm.: Beilage B nicht darstellbar) auszustellen.

Die beiden vertragschließenden Teile werden sich gegenseitig die mit der Ausstellung dieser Legitimationskarten betrauten Behörden sowie die Bestimmungen bekanntgeben, zu deren Einhaltung die Reisenden bei der Ausübung ihres Handels verpflichtet sind.

Die obenerwähnten Handlungsreisenden haben jedoch nicht das Recht, für andere als die in ihren Legitimationskarten genannten Händler oder Gewerbetreibende Geschäfte abzuschließen.

Die einer Zollpflicht oder irgendeiner andern ähnlichen Abgabe unterliegenden Waren mit Ausnahme der Waren, deren Einfuhr verboten ist, die von den Handlungsreisenden als Warenproben oder Muster eingeführt werden, sind beiderseits von der Entrichtung des Ein- und des Ausfuhrzolles befreit unter der Bedingung jedoch, daß diese Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist wieder ausgeführt werden und daß die Nämlichkeit der ein- und wieder ausgeführten Gegenstände keinem Zweifel unterliegt, wobei übrigens das Zollamt, über welches sie ausgehen, gleichgültig ist.

Die Wiederausfuhr der Warenproben oder Muster muß beim Eintrittszollamte durch die Hinterlegung eines Barbetrages oder durch eine gültige Kaution sichergestellt werden.

Hinsichtlich der Formalitäten aller Art, denen die Kaufleute und die Gewerbetreibenden (Handlungsreisenden) auf dem Gebiete der vertragschließenden Teile unterworfen sind, sichern sich beide Teile gegenseitig die Behandlung der meistbegünstigten Nation zu.

Art. 12

15.01.1923

Artikel 12.

Die beiden vertragschließenden Teile sichern sich gegenseitig die zeitweilige Befreiung von der Entrichtung von Ein- und Ausfuhrzöllen zu, und zwar für Waren (mit Ausnahme der verzehrungssteuerpflichtigen oder der einem Monopol unterliegenden Artikel), die zu Proben, Versuchen, Ausstellungen, oder Wettbewerben bestimmt sind oder in das Gebiet des andern vertragschließenden Teiles auf Märkte, Messen oder zum ungewissen Verkaufe geschickt werden, unter der Bedingung jedoch, daß sie innerhalb einer im voraus bestimmten Frist wieder ausgeführt werden, und daß die Wiederausfuhr durch den Erlag des Zollbetrages oder einer gültigen Kaution beim Zollamte sichergestellt erscheint.

Die beiden vertragschließenden Teile sichern sich in dieser Beziehung gegenseitig die Behandlung der meistbegünstigten Nation zu.

Art. 13

15.01.1923

Artikel 13.

Die beiden vertragschließenden Teile sichern sich in ihren gegenseitigen Beziehungen hinsichtlich der Eisenbahntarife die Behandlung der meistbegünstigten Nation zu.

Art. 14

15.01.1923

Artikel 14.

Die beiden vertragschließenden Teile kommen überein, daß hinsichtlich der Abfertigung, der Beförderungstarife und der die Beförderung auf Eisenbahnen betreffenden öffentlichen Abgaben im Verkehre der Reisenden und ihres Gepäcks, soweit derselbe unter den gleichen Bedingungen vor sich geht, kein Unterschied eintreten soll.

Art. 15

15.01.1923

Artikel 15.

Die auf dem Gebiete des einen der beiden vertragschließenden Teile zur Beförderung übergebenen Waren, die in das Gebiet des andern Teiles oder durch dieses Gebiet versendet werden sollen, werden hinsichtlich der Abfertigung der Beförderungstarife und der öffentlichen Abgaben, die diese Sendungen belasten, nicht ungünstiger

behandelt werden, als ähnliche Waren, die auf dem Gebiete des andern vertragschließenden Teiles oder in einem dritten Staate unter den gleichen Bedingungen für dieselbe Richtung und dieselbe Fahrstrecke zur Beförderung übergeben werden.

In der gleichen Art werden auch die in einem dritten Staate zur Beförderung übergebenen Waren behandelt, die durch das Gebiet des einen der vertragschließenden Teile versendet werden und für das Gebiet des anderen Teiles bestimmt sind.

Art. 16

15.01.1923

Artikel 16.

Die Bestimmungen der Artikel 14 und 15 finden jedoch keine Anwendung auf Tarifermäßigungen, die für wohltätige Zwecke oder zugunsten des öffentlichen Unterrichtswesens gewährt werden, noch auf Ermäßigungen, die in Fällen eines öffentlichen Notstandes für die Beförderung von Reisenden und Waren zugestanden werden, noch auf militärische Transporte der Armee oder auf Personen, die in öffentlichen Diensten, im Eisenbahndienst und ähnlichen Diensten tätig sind, sowie deren Familienangehörigen, noch auch auf Dienstgüter der heimischen Verkehrsunternehmungen.

Gleicherweise besteht Einverständnis darüber, daß auf Bahnen niederer Ordnung (Kleinbahnen, Lokalbahnen, Straßenbahnen), die vorwiegend dem Fremdenverkehr dienen, Fahrpreisermäßigungen den ortsansässigen Bewohnern der angrenzenden Gemeinden vorbehalten werden können.

Art. 17

15.01.1923

Artikel 17.

Die beiden vertragschließenden Teile kommen überein, daß für den Personen- und Güterverkehr zwischen den Gebieten der vertragschließenden Teile sowie für den Verkehr zwischen dem Gebiete des einen Teiles und jenem eines dritten Staates über das Gebiet des andern Teiles durchgehende Tarife eingerichtet werden sollen, und zwar nach Maßgabe des tatsächlich vorhandenen Bedürfnisses und sobald dies die Umstände gestatten.

Bis zur Einführung dieser durchgehenden Tarife soll die Errechnung der Beförderungspreise durch für diesen Zweck ausgearbeitete Tabellen erleichtert werden.

Art. 18

15.01.1923

Artikel 18.

Die beiden vertragschließenden Teile verpflichten sich, die notwendig erscheinenden Maßnahmen zu ergreifen, um alle Behinderungen zu beseitigen, die sich in gewissen Fällen hinsichtlich des Personen- und Güterverkehrs zwischen dem Gebiete des einen der vertragschließenden Teile und jenem eines dritten Staates durch das Gebiet des andern Teiles ergeben könnten.

Grundsätzlich werden die einheimischen Waren hinsichtlich ihrer Abfertigung nicht günstiger behandelt werden als die Waren des anderen Vertragsteiles.

Die beiden vertragschließenden Teile werden dahin wirken, daß den Bedürfnissen des durchgehenden Verkehrs zwischen ihren Gebieten sowie zwischen dem Gebiete des einen Teiles und dem Gebiete eines dritten Staates über das Gebiet des andern Teiles durch Herstellung direkter Zugsverbindungen für den Personen- und Güterverkehr sowie durch tunlichstes gegenseitiges Entgegenkommen in verkehrs- und transportdienstlicher Beziehung Rechnung getragen werde.

Bei der Wagengestellung wird den Bedürfnissen für den Binnenverkehr und für die Ausfuhr nach dem Gebiete des andern vertragschließenden Teiles grundsätzlich gleichmäßig Rechnung getragen werden.

Im besonderen wird hinsichtlich der Wagengestellung für den Ausfuhrverkehr nach dem Gebiete des andern vertragschließenden Teiles nicht in einer ungünstigeren Weise vorgegangen werden als bei der Wagengestellung für den Ausfuhrverkehr nach dritten Staaten.

Art. 19

15.01.1923

Artikel 19.

Die beiden vertragschließenden Teile werden dafür Vorsorge treffen, daß für den wechselseitigen Güterverkehr mit der Eisenbahn die Bestimmungen des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 mit den Abänderungen und Ergänzungen in der Zusatzvereinbarung vom 16. Juli 1895 und in den Zusatzübereinkommen vom 16. Juni 1898 und vom 19. September 1906, ferner die einheitlichen Zusatzbestimmungen und die Bestimmungen der vom internationalen Transportkomitee ausgearbeiteten Übereinkommen zur Anwendung gelangen.

Die Eisenbahnverwaltungen können für die Dauer der derzeit herrschenden Verkehrsschwierigkeiten gewisse Abweichungen von den Bestimmungen dieses internationalen Übereinkommens zulassen.

Die Vereinbarungen, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörden unterliegen, dürfen sich jedoch hinsichtlich ihres Wirkungsbereiches und ihres Umfanges nur in den unbedingt notwendigen Grenzen halten und sollen keinesfalls auf das Ausmaß der Haftung der Eisenbahn für Verluste (Minderung) oder Beschädigung der Ware noch auch für die Nichteinhaltung der Lieferfristen Anwendung finden.

Die beiden vertragschließenden Teile werden darüber wachen, daß die Bestimmungen des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr möglichst unverändert auch für den Verkehr mit dritten Staaten, an welchem einer der vertragschließenden Teile teilnimmt, zur Anwendung gelangen.

Art. 20

15.01.1923

Artikel 20.

Die vertragschließenden Teile verpflichten sich, in freundschaftlichem Einvernehmen die Behandlung der Arbeiter und Angestellten des einen Teiles in dem Gebiete des andern hinsichtlich des Schutzes der Arbeiter und Angestellten und der sozialen Versicherung zu dem Zwecke zu prüfen, um durch geeignete Vereinbarungen diesen Arbeitern und Angestellten wechselseitig eine Behandlung zu sichern, die ihnen möglichst gleichwertige Vorteile bietet. Diese Vereinbarungen werden durch ein besonderes Abkommen festgesetzt werden.

Für den Verkehr von landwirtschaftlichen Wanderarbeitern wird beiderseits das größte Entgegenkommen zugesichert, und zwar wird die Ermöglichung der Deckung des gegenseitigen Bedarfes an diesen Arbeitern besondere Berücksichtigung finden. Bei Abwicklung dieses Verkehrs haben sich die Republik Polen und die Republik Österreich der hiezu berufenen staatlichen, beziehungsweise bundesstaatlichen Stellen zu bedienen.

Beiderseits werden entsprechende behördliche Anordnungen, welche die Grenzüberschreitung solcher Arbeiter sowohl bei der Einreise wie auch bei der Rückkehr in möglichst weitgehender Weise, zumindest in dem bisher üblichen Ausmaß erleichtern, gegenseitig gewährleistet. In Ansehung der Arbeitsbedingungen, insbesondere in allen sozialpolitischen Belangen, werden diese Wanderarbeiter eine gleiche Behandlung zu erfahren haben wie die inländischen landwirtschaftlichen Arbeiter der gleichen Kategorie.

Die näheren Bestimmungen, unter denen die Anwerbung und Beistellung der landwirtschaftlichen Arbeiter zu erfolgen hat, wie auch die tarifvertragliche Erstellung der Arbeitsbedingungen bilden Gegenstand von Übereinkommen, die von den hiezu berufenen österreichischen Bundesbehörden mit den kompetenten polnischen Behörden zu treffen sind.

Die vertragschließenden Teile verpflichten sich, bezüglich der Durchreise und der Grenzüberschreitung von Wanderarbeitern, die bei der Reise aus dem Gebiete eines der beiden vertragschließenden Staaten in das Gebiet des andern ein drittes Land passieren müssen, gemeinschaftlich möglichst weitgehende Erleichterungen bei der Regierung des dritten Landes zu erwirken.

Art. 21

15.01.1923

Artikel 21.

Die beiden vertragschließenden Teile verpflichten sich, ein Übereinkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten staatlichen Abgaben und hinsichtlich der gegenseitigen Rechtshilfe in Steuerangelegenheiten abzuschließen.

Art. 22

15.01.1923

Artikel 22.

Hinsichtlich der nachstehend aufgezählten Gegenstände werden innerhalb der kürzesten Frist Sonderübereinkommen abgeschlossen werden:

a) ein Übereinkommen betreffend die gegenseitige Anerkennung der Prüfungszeichen für Handfeuerwaffen,

b) ein Übereinkommen betreffend die gegenseitige Anerkennung von Warenprüfungszeugnissen,

c) ein Übereinkommen betreffend die veterinärpolizeiliche Regelung des Verkehrs mit Tieren und tierischen Rohstoffen.

Art. 23

15.01.1923

Artikel 23.

Es besteht Einverständnis darüber, daß das Übereinkommen betreffend die Produktions- und Transportunternehmungen (Beilage C) einen integrierenden Bestandteil des vorliegenden Übereinkommens bildet.

Art. 24

15.01.1923

Artikel 24.

Das gegenwärtige Übereinkommen wird ratifiziert und die Ratifikationsurkunden werden sobald als möglich in Warschau ausgetauscht werden.

Es tritt am zehnten Tage nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Das vorliegende Übereinkommen bleibt während der Dauer eines Jahres vom Tage seines Inkrafttretens an in Wirksamkeit.

Nach Ablauf dieser Frist wird es stillschweigend verlängert und bleibt vom Tage seiner Aufkündigung durch einen der beiden Vertragsteile noch weitere drei Monate in Wirksamkeit.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten das vorliegende Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen in doppelter Ausfertigung zu Warschau, am fünfundzwanzigsten September eintausendneunhundertzweiundzwanzig.

Anl. 1

15.01.1923

(Anm.: Beilage A nicht darstellbar!)

Anl. 2

15.01.1923

(Anm.: Beilage B nicht darstellbar!)

Anl. 3

Beilage C.

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Mit Rücksicht darauf, daß das Nostrifikationsübereinkommen von den beiden Finanzministerien in deutscher Sprache verfaßt worden ist und von ihnen durchgeführt werden wird, vereinbaren die beiden vertragschließenden Teile, daß der hier beigeschlossene deutsche und polnische Text ebenso bindend sein werden wie der in den Handelsübereinkommen enthaltene französische Text.

Warschau, am 25. September 1922.

Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und Polen, betreffend Produktions- und Transportunternehmungen.

Artikel 1.

Anl. 3

1. Die österreichische Bundesregierung räumt jenen Gesellschaften, welche eine Produktions- oder Transporttätigkeit im ehemals österreichischen jetzt zur Republik Polen gehörigen Gebiete betreiben, jedoch ihren Sitz im Gebiete der Republik Österreich haben, das Recht zur Verlegung ihres Sitzes in das Gebiet der Republik Polen ein.

2. Dieses Recht steht den obenbezeichneten Gesellschaften nur dann zu, wenn sich die Produktions- oder Transporttätigkeit der betreffenden Gesellschaften ausschließlich auf polnischem Gebiet abspielen, ohne daß eine derartige Tätigkeit im Gebiete der Republik Österreich abgewickelt wird; doch hindert der Bestand von in Österreich gelegenen Handelsbetriebsstätten und dergleichen Nebenbetrieben der dem Hauptbetriebe nach im Gebiete der Republik Polen befindlichen Produktionsunternehmungen oder Transportunternehmungen die Verlegung des Sitzes nach dem Gebiete der Republik Polen nicht.

3. Das Recht zur Sitzverlegung steht nur solchen Gesellschaften zu, deren Produktions- oder Transportunternehmungen vor dem 1. November 1918 im Gebiete der Republik Polen bestanden haben und die im Gebiete der Republik Österreich ihren Sitz haben. Der Sitzverlegungsbeschluß muß längstens bis 31. März 1924 gefaßt werden.

Artikel 2.

Der Sitzverlegung wird gleichgehalten, wenn eine Gesellschaft der im Artikel 1 bezeichneten Art ihr ganzes Vermögen an eine bereits bestehende oder neu errichtete polnische Gesellschaft überträgt.

Artikel 3.

1. Produktionsgesellschaften, die ihrem Sitze nach zur Republik Österreich gehören und einen Teil der Produktionsbetriebe im Gebiete der Republik Polen haben, können die Teilung der Gesellschaft durchführen. Der Bestand von im Gebiete der Republik Polen gelegenen Handelsbetriebsstätten und dergleichen Nebenbetrieben eines dem Hauptbetriebe nach in Österreich befindlichen Produktionsunternehmens

oder Transportunternehmens rechtfertigt eine solche Teilung nicht.

Artikel 1, Absatz 3, findet sinngemäß Anwendung.

2. Bei der Teilung von Gesellschaften wird die Aufteilung der gesellschaftlichen Vermögenschaften und Rücklagen (Reserven) vorgenommen werden. Für die Aufteilung gilt als Regel:

a) Unbewegliches Vermögen einschließlich des dem betreffenden Betriebe gewidmeten beweglichen Vermögens wird nach dem Territorialprinzip aufgeteilt;

b) sonstiges bewegliches Vermögen, unbeschadet des Punktes c), nach dem sich aus Punkt a) ergebenden Verhältnisse;

c) für die Aufteilung, beziehungsweise Zuweisung von Spezialreserven soll im allgemeinen die wirtschaftliche Widmung maßgebend sein;

d) wenn die Teilung ohne Bewertung nicht durchführbar ist, so ist für Teilungszwecke der nach gleichen Grundsätzen in beiden Staatsgebieten zu ermittelnde innere Wert maßgebend;

e) Pensionsfonds werden im Verhältnisse der Gehälter und Löhne, die in den drei der Teilung vorangegangenen Jahren in den beiden Staaten auszuzahlen waren, geteilt;

f) sollte in einem Spezialfalle eine Abweichung von obigen Grundsätzen (a bis e) geboten erscheinen und hiebei eine Einigung nicht erzielt werden können, so werden sich die beiden Regierungen zur Austragung ins Einvernehmen setzen.

3. Die Teilung kann durch Errichtung selbständiger polnischer

Gesellschaften oder durch Übertragung des abgetrennten Vermögensteiles an eine schon bestehende polnische Gesellschaft erfolgen.

Artikel 4.

1. Anläßlich der Sitzverlegung oder Teilung findet eine Liquidation nicht statt.

2. Ebenso wird bei diesem Anlaß eine Änderung in den Eigentumsverhältnissen der Anteil nicht verlangt werden.

3. In allen, in den Artikeln 1 bis 3 vorgesehenen Fällen hat die Gesellschaft den Anspruch, daß über ihr Ansuchen ihre Statuten in dem Staate, in dem sich der neue Sitz befindet, genehmigt und die Eintragung im Handelsregister des nach dem neuen Sitze zuständigen Gerichtes bewilligt werden; die Gesellschaft kann ihre Tätigkeit an dem neuen Sitze in demselben Umfange, wie früher, fortsetzen, ohne daß ihr aus diesem Anlasse die Erfüllung anderer Bedingungen, als der in diesem Übereinkommen vorgesehenen, auferlegt werden darf.

Artikel 5.

1. Von dem Beschlusse auf Sitzverlegung oder Teilung im Sinne der Artikel 1 bis 3 hat die Gesellschaft das nach ihrem bisherigen Sitze zur Führung des Handelsregisters berufene österreichische Gericht und die zuständige österreichische Steuerbehörde unverzüglich zu verständigen. Die beabsichtigte Sitzverlegung ist im Handelsregister anzumerken. Hierüber ist der Partei eine amtliche Bescheinigung auszufolgen, auf Grund deren sie das Verfahren vor den nach dem neuen Sitze zuständigen Behörden einzuleiten hat. Vor der Löschung im österreichischen Handelsregister ist ein Gläubigeraufgebotsverfahren durchzuführen. Dieses erfolgt durch Verlautbarung der bevorstehenden Sitzverlegung in den für die Bekanntmachungen der Gesellschaft bestimmten öffentlichen Blättern. Hiebei ist bekanntzugeben, daß die Gesellschaft allen Gläubigern, deren Forderungen am Tage der Verlautbarung bestehen, auf Verlangen Befriedigung oder Sicherstellung zu leisten bereit sei, und daß den Gläubigern zur Anmeldung eine Frist von einem Monat eingeräumt wird, ferner daß Gläubiger, die sich nicht binnen Monatsfrist bei der Gesellschaft melden, als der beabsichtigten Sitzverlegung zustimmend angesehen werden.

Der Gesellschaft obliegt es, dem Registergerichte nachzuweisen, daß die vorgeschriebene Veröffentlichung erfolgt ist und daß die Gläubiger, die sich gemeldet haben, befriedigt oder sichergestellt sind; sie hat ferner die Erklärung abzugeben, daß außer den befriedigten oder sichergestellten Gläubigern sich keine andern innerhalb der Frist gemeldet haben. Unrichtige Angaben machen die zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Personen den betroffenen Gläubigern gegenüber für den dadurch verursachten Schaden persönlich haftbar.

2. Das Aufgebotsverfahren kann entfallen, wenn entweder das Bundesministerium für Inneres und Unterricht die Löschung ohne solches Verfahren für zulässig erklärt oder wenn die Gesellschaft an Stelle der bisherigen österreichischen Hauptniederlassung eine Zweigniederlassung errichtet, für diese, soweit es erforderlich ist, die Zusicherung der Zulassung zum Geschäftsbetriebe erwirkt und erklärt, das bisher in der österreichischen Unternehmung angelegte Vermögen dem Betriebe der Zweigniederlassung zu widmen; in diesem Falle hat die Gesellschaft einen Anspruch auf Zulassung zum Geschäftsbetriebe, falls eine solche Zulassung nach den allgemeinen Vorschriften erforderlich ist.

3. Unter diesen Voraussetzungen ist über Antrag der Partei auf

Grund des Nachweises des restlichen Bestandes der Gesellschaft im Auslande die Löschung im österreichischen Handelsregister durchzuführen. Wird die Eintragung der Löschung nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Fassung des Beschlusses auf Sitzverlegung begehrt, so verlieren dieser Beschluß und die Anmerkung der Sitzverlegung im Handelsregister ihre Wirksamkeit. Diese Frist kann in berücksichtigungswürdigen Fällen vom Bundesministerium für Inneres und Unterricht erstreckt werden, in Einzelfällen werden sich die beiderseitigen Regierungen über Einschreiten der polnischen Regierung über die erteilende Fristerstreckung einigen.

Artikel 6.

Wenn Gesellschaften außer der Produktions- oder Transporttätigkeit noch andere in unmittelbarem Zusammenhange mit diesen Tätigkeiten gehende Geschäfte betreiben, wird dadurch die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen nicht gehindert. Auf Unternehmungen der Produktions- und Transportgesellschaften, die ohne der Produktion oder dem Transport zu dienen, mit diesen Geschäftszweigen nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen, sind die Bestimmungen der vorangehenden Artikel nicht anwendbar.

Artikel 7.

Während des Laufes des Verfahrens im Sinne der Artikel 1 bis 5 bleibt der Geschäftsbetrieb der Gesellschaften unberührt.

Artikel 8.

1. Die Regierung der Republik Polen nimmt zur Kenntnis, daß die

österreichische Regierung die Kriegsanleihen, welche die im Sinne dieses Übereinkommens ihren Sitz nach der Republik Polen verlegenden Gesellschaften bei der Vermögenskontrolle in der Republik Österreich angemeldet haben, als Besitz von Angehörigen der Republik Polen kennzeichnen wird. Sofern ein Teil dieses Kriegsanleihebesitzes in der Republik Österreich kontrollbezeichnet worden sein sollte, wird die in diesem Übereinkommen vorgesehene Behandlung der Unternehmungen nur dann stattfinden, wenn diese den bereits kontrollbezeichneten Anleihen nach Art und Nennbetrag gleichwertige Abschnitte der österreichischen Staatsschuldverwaltung zur Einziehung der Kontrollbezeichnung und Kennzeichnung als Besitz von Angehörigen der Republik Polen einreicht.

2. Bei den nach Artikel 3 sich teilenden Gesellschaften findet

eine Aufteilung des Kriegsanleihebesitzes in dem Verhältnisse statt, in dem gemäß Artikel 3 die gesellschaftlichen Vermögenschaften und Rücklagen (Reserven) aufgeteilt wurden.

Artikel 9.

1. Die Unternehmungen, welche im Sinne dieses Übereinkommens ihren

Sitz verlegen, werden aus diesem Anlasse wie immer gearteten Steuern, Gebühren und Abgaben namentlich auch der Nachtragssteuer im Sinne des § 96 des österreichischen Personalsteuergesetzes nicht unterworfen werden. Diese Befreiung bezieht sich insbesondere auch auf Gebühren von Verträgen, Aktienemissionen und bücherlichen Eintragungen, welche zur Durchführung der Sitzverlegung notwendig sind.

2. Die Bestimmungen des Absatzes 1 sind auch im Falle der Teilung

von Gesellschaften sinngemäß anzuwenden.

3. Hiedurch wird einer den geltenden Vorschriften entsprechenden

steuerrechtlichen Behandlung der Reservegebarung für die Zukunft sowohl im Staate, in welchem sich die Hauptanstalt, als auch in dem Staate, in welchem sich die Zweigniederlassung einer Unternehmung befindet, nicht vorgegriffen.

4. Gewinne, welche sich aus den mit der Sitzverlegung oder Teilung

verbundenen Transaktionen ergeben, werden der Besteuerung insofern nicht unterzogen, als sie in eine außerordentliche in der Bilanz als eine besondere Passivpost auszuweisende Reserve hinterlegt werden und die Gesellschaft auf die Verjährung des Nachversteuerungsrechtes im Falle einer steuerpflichtigen Verwendung dieser Reserven verzichtet.

5. Produktions- und Transportgesellschaften, die schon vor dem 1. November 1918 im Gebiete des einen vertragschließenden Teiles ihren Sitz, im Gebiete des andern eine Zweigniederlassung oder Betriebsstätte hatten, werden aus Anlaß des Fortbetriebes der erwähnten Niederlassungen von dem diesen Geschäftsbetrieben bereits vor dem 1. November 1918 gewidmeten Teile ihres Aktien- (Einlagen-) oder Obligationskapitals der Admissionsgebühr nicht unterworfen. Der obige Grundsatz findet sinngemäß Anwendung, wenn eine den Sitz verlegende Gesellschaft an Stelle ihrer bisherigen Hauptniederlassung eine Zweigniederlassung zurückläßt.

6. Für die den Sitz verlegenden oder sich teilenden Gesellschaften

gelten weiters die folgenden Bestimmungen:

a) bei der österreichischen Erwerbsbesteuerung für die Jahre 1919 und folgende bleiben die Erträgnisse der in der Republik Polen gelegenen Betriebsstätten außer Betracht;

b) bei der Vermögensabgabe in Österreich werden die in Polen gelegenen Grundstücke, Gebäude und Erwerbsbetriebe ausgeschieden; die etwa bereits eingehobene, auf diese Vermögenschaften entfallende Abgabe wird über Ansuchen der Partei rückerstattet;

c) das den Betriebsstätten in der Republik Polen zugehörige Vermögen wird in Österreich nicht als Grundlage für die Vorschreibung der Zwangsanleihe herangezogen werden. Bei der Beurteilung der Vermögenszugehörigkeit wird auch auf das mobile Vermögen entsprechende Rücksicht genommen werden. Diejenigen Gesellschaften, welche bis 1. Dezember 1922 der zuständigen österreichischen Steuerbehörde die bevorstehende Sitzverlegung nach Polen anzeigen, werden in Anbetracht der Zwangsanleihe, wie ausländische Gesellschaften behandelt, sofern der Beschluß auf Sitzverlegung bis 31. März 1923 nachgetragen wird.

Artikel 10.

Die vertragschließenden Regierungen verpflichten sich, die zur Vollziehung der Sitzverlegung oder Teilung erforderlichen oder für zweckmäßig erkannten Transaktionen, was immer für einer Art, in jeder Beziehung zu unterstützen und zu erleichtern und sie durch keinerlei Maßnahmen, insbesondere auf finanzrechtlichem Gebiete zu erschweren.

Artikel 11.

Etwaige Vorstellungen wegen eines nach Meinung einer der vertragschließenden Regierungen den Grundsätzen dieses Abkommens nicht entsprechenden Vorganges der anderen Regierung werden gegenseitig zwecks einvernehmlicher Austragung mit tunlichster Beschleunigung mitgeteilt werden. Der Vollzug der Sitzverlegung oder Teilung (Artikel 1 bis 3) wird durch derartige Vorschriften nicht gehemmt.

Artikel 12.

Die österreichische Bundesregierung ist damit einverstanden, daß sich die polnische Regierung vorbehält, Gesellschaften der in Artikel 1 bezeichneten Art zur Sitzverlegung oder Teilung aufzufordern. Wenn eine Gesellschaft dieser Aufforderung nicht zeitgerecht nachkommt, kann die polnische Regierung die Tätigkeit der Gesellschaft auf polnischem Gebiet einstellen.

Artikel 13.

Die Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten umgekehrt für Gesellschaften, die in der Republik Österreich eine Produktions- oder Transporttätigkeit betreiben und ihren Sitz in der Republik Polen haben.

Artikel 14.

In allen Fällen, in denen eine Einigung über die Anwendung der vorliegenden Vorschriften nicht zustande kommt, werden die Streitigkeiten vor einem Schiedsgericht geordnet werden.

Das Schiedsgericht besteht aus je einem Delegierten jedes der vertragschließenden Teile und einem einverständlich oder, falls eine Einigung nicht zustande kommen sollte, vom Präsidenten der Schweizer Eidgenossenschaft ernannten Vorsitzenden.

Anl. 4

15.01.1923

Schlußprotokoll zu Beilage C.

1. Die vertragschließenden Regierungen sind darüber einig, daß Erdöl-Magazinierungsanstalten, Pipe-Lines und andere derartige Anstalten den Produktions- und Transportunternehmungen gleichgehalten werden.

2. Die Regierungen der vertragschließenden Staaten sichern sich gegenseitig zu, die etwa zur Durchführung dieses Übereinkommens erforderlichen Anweisungen an die in Betracht kommenden Behörden und Ämter mit tunlichster Beschleunigung zu erlassen.

3. Die Regierungen der vertragschließenden Staaten nehmen in Aussicht, etwa auftauchende Meinungsverschiedenheiten durch beiderseitige Delegierte im Wege mündlicher Verhandlungen auszutragen, insbesondere in jenen Fällen, in denen die Kosten von den beteiligten Gesellschaften getragen werden.

Anl. 5

15.01.1923

(Übersetzung.)

Schlußprotokoll.

Bei der Unterzeichnung des vorliegenden

Übereinkommens haben die beiderseitigen

Vertreter die nachstehenden Erklärungen abgegeben:

Zu Artikel 1.

Zur Erleichterung der Durchführung der Bestimmungen des Artikels 1 stellen die beiden vertragschließenden Teile fest, daß die polnischen Staatsangehörigen in Österreich und die österreichischen Staatsangehörigen in Polen zum Antritt und zur Ausübung eines Handels oder eines Gewerbes unter denselben Bedingungen wie die eigenen Angehörigen zugelassen werden.

Bei Anwendung der im Artikel 1 vorgesehenen Rechte soll kein Unterschied zwischen den Angehörigen der beiden Vertragsländer, die sich auf dem Gebiete des anderen Vertragslandes vor, während oder nach dem Kriege niedergelassen haben, gemacht werden.

Zu Artikel 2.

Die beiden vertragschließenden Teile werden sich gegenseitig die im Artikel 2 vorgesehenen, mit der Ausstellung der Legitimationskarten betrauten Behörden bekanntgeben.

Zu Artikel 3.

Die Bedingungen des Erwerbes und des Besitzes von unbeweglichen Vermögenschaften werden im Sinne der auf dem Gebiete jedes der beiden vertragschließenden Teile in Kraft stehenden Gesetzgebung bestimmt.

Zu Artikel 8.

Die beiden vertragschließenden Teile werden sich gegenseitig die Abkommen mitteilen, auf Grund deren sie den Bewohnern der Grenzbezirke Begünstigungen zubilligen.

Österreich verpflichtet sich, keinen Anspruch auf jene Zollermäßigungen zu erheben, die Polen in dem Handelsübereinkommen zwischen Polen und Frankreich vom 6. Februar 1922 an Frankreich für die folgenden Artikel gewährt hat:

Nummer

des Warenbezeichnung

polnischen

Tarifs

13 Pasteten und Würzen aller Art

ex 14 Trüffeln

es 15 Gewürze:

1. Vanille,

3. Pfeffer

ex 21 Tabak in Blättern und in Bündeln

ex 27 Arrak, Rum, Kognak, Branntwein, Liköre

ex 35 Käse:

1. feine,

2. andere als im Absatz 1

ex 37 Fische, mariniert in Öl

ex 38 Langusten und Krebse, Hummern in Dosen

ex 43 Leim und Gelatine

ex 46 Bürstenbinderwaren

ex 58 Kork:

4 b) zerkleinert und pulverisiert

ex 60 Erzeugnisse aus Kork:

1. Platten und Würfel,

2. Stöpsel,

3. Erzeugnisse aus Korkabfällen

ex 62 Schnittblumen

ex 95 Weinstein (Weinsteinrahm), weinsteinsaurer Kalk,

zitronensaurer Kalk: halbraffiniert (nicht in

Pulverform), naturfarben

ex 117 Olivenöl

162 Typographie- und Druckereimaterial

ex 169 Kinematographenfilm, unbelichtet

185 Seidengespinste:

1. gezwirnte,

2. Gespinste aus Seidenabfällen.

Zu Artikel 9.

Von dem gleichmäßigen Wunsche geleitet, sobald als möglich die volle Freiheit des gegenseitigen Handelsverkehrs wieder herbeizuführen und zu diesem Zwecke die Beschränkungen, die einstweilen mit Rücksicht auf die herrschenden außerordentlichen Verhältnisse aufrechterhalten werden müssen, nach Möglichkeit zu mildern und allmählich zu beseitigen, kommen die beiden vertragschließenden Teile im allgemeinen überein, bei der Handhabung der in Kraft stehenden Ein- und Ausfuhrverbote sowie bei der Erteilung von Bewilligungen für die Ein- und Ausfuhr von Gütern, die einem Verbote unterliegen, den Bedürfnissen des Verkehrs nach Möglichkeit Rechnung zu tragen und durch eine liberale Praxis die Wiederaufnahme normaler Handelsbeziehungen und eines lebhaften Warenaustausches zwischen den beiden Ländern so weit als möglich zu fördern und zu erleichtern.

Neue Ein- und Ausfuhrverbote finden keine Anwendung auf Waren, die am Tage der Bekanntmachung bereits zur Beförderung aufgegeben waren.

Eine bereits erteilte Ein- oder Ausfuhrbewilligung kann jedoch widerrufen werden, wenn es sich um die Gefährdung lebenswichtiger Interessen des Landes handelt.

Zu Artikel 10.

Es besteht Einverständnis darüber, daß die Bestimmungen des vorliegenden Übereinkommens betreffend die Durchfuhrfreiheit, kein Hindernis dafür bilden, daß die Transporte, die ein lebenswichtiges Interesse des Landes berühren, die Inlandstransporte und die der Ein- und Ausfuhr dienenden Transporte zeitlich vor jenen Durchfuhrsendungen, die von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung sind, das Vorrecht haben.

Die Bestimmungen des vorliegenden Übereinkommens sollen die von den beiden vertragschließenden Teilen im eigenen Wirkungskreis erlassenen Anordnungen und Bestimmungen hinsichtlich der Durchfuhr von dem Verderben ausgesetzten Waren in keiner Weise berühren.

Durchfuhrsendungen, die im Zeitpunkte des Inkrafttretens eines nach Artikel 10 des vorliegenden Übereinkommens erlassenen Verbotes schon das Gebiet jenes Staates, der das Verbot erlassen hat, betreten haben, sollen hievon nicht betroffen, sondern bis zu ihrem Bestimmungsorte weiterbefördert werden. Falls das vorliegende Übereinkommen erlischt, müssen die vor diesem Zeitpunkte zur Beförderung übergebenen Waren an ihren Bestimmungsort selbst dann gebracht werden, wenn die tatsächliche Durchfuhr erst nach Erlöschen der Wirksamkeit des Übereinkommens bewerkstelligt werden kann.

Zu Artikel 11.

Die Bestimmungen des Artikels 11 finden auf umherziehende Gewerbetreibende sowie auf den Hausierhandel und das Aufsuchen von Bestellungen bei Personen, die weder ein Gewerbe noch einen Handel ausüben, keine Anwendung; in dieser Beziehung behalten sich die beiden Vertragsteile die vollkommene Freiheit ihrer Gesetzgebung vor.

Zu Artikel 15.

Die beiden vertragschließenden Teile kommen überein, daß vorläufig die Bestimmungen über die gleichmäßige Behandlung mit dem einheimischen Transporte hinsichtlich der Warentarife nur auf die Tarifsätze für jene Sendungen zur Anwendung kommt, die direkt von der Eintrittsgrenzstation bis zur Bestimmungsstation oder bis zur Austrittsgrenzstation aufgegeben wurden.

Zu Artikel 17.

Bis zum Abschluß anderer Abkommen zwischen den Eisenbahnverwaltungen soll die Frage, ob für die Erstellung direkter Tarife im Zusammenhange mit den in Kraft stehenden Tarifen für den Reisenden- und Güterverkehr tatsächlich ein Bedürfnis vorhanden ist, grundsätzlich über Antrag jener Eisenbahnverwaltung entschieden werden, die einen derartigen Antrag stellt, wobei vorbehalten bleibt, daß dieser Antrag hinreichend motiviert erscheint.

Die beiden Regierungen werden dahin wirken, daß zur Erleichterung und Regelung des internationalen Verkehrs in einer einzigen Geldwährung oder in zwei Währungen und der gegenseitigen Abrechnung der aus diesem Verkehr sich ergebenden Schulden und Forderungen Abkommen geschlossen werden.

Gleicherweise wird die Schaffung einer einheitlichen Tarifgrundlage und die Annahme einer einzigen Währung für die internationalen Tarife in die Wege geleitet werden.

Zu den Artikeln 15 bis 19.

Es besteht Einverständnis darüber, daß alle in den Artikeln 15 bis 19 vorgesehenen Bestimmungen auf den Verkehr mit einem dritten Staate in jenem Falle keine Anwendung finden, in dem mit diesem Staate ein Übereinkommen betreffend die Wiederaufnahme der direkten Eisenbahnverbindungen abgeschlossen werden wird.

Gleicherweise besteht Einverständnis darüber, daß während der Dauer der im Artikel 15 festgesetzten Einschränkung Polen hinsichtlich der Tarife nicht die Anwendung jener Behandlung beanspruchen kann, die Österreich einem angrenzenden Staate mit Rücksicht auf das Bestehen des Vertrages von Saint-Germain gewährt hat oder gewähren wird.