Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in den Rechtssachen der Revisionen 1. des J C, 2. des J L und 3. des Y P, alle vertreten durch Dr. in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Opernring 7/18, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes je vom 25. November 2024, 1. G301 2296038 1/10E, 2. G301 2296040 1/10E und 3. G301 22960391/10E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
1 Der Erstrevisionswerber und der Zweitrevisionswerber leben in einer festen (nicht amtlich eingetragenen) Partnerschaft. Der Zweitrevisionswerber ist der leibliche Vater des minderjährigen Drittrevisionswerbers. Alle Revisionswerber sind venezolanische Staatsangehörige und reisten am 23. Oktober 2023 von Caracas kommend über Istanbul unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein.
2Die Revisionswerber stellten am 3. November 2023 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den sie im Wesentlichen damit begründeten, dass sie einerseits politisch verfolgt worden seien. Der Erstrevisionswerber habe aufgrund seiner Verweigerung, sich an Korruption zu beteiligen, Drohanrufe erhalten. Auch sei auf den Erst- und den Zweitrevisionswerber aus einem Auto geschossen worden. Die Polizei sei trotz Anzeige untätig geblieben. Die Kultur in Venezuela sei andererseits noch nicht so weit, dass ihre Familie (homosexuelles Paar mit Kind) vollständig akzeptiert werde. Sie hätten ihre Beziehung geheim halten müssen, denn es gebe Diskriminierung und Homophobie.
3Mit Bescheiden jeweils vom 11. Juni 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Revisionswerber sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I und II), erteilte ihnen jeweils keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III), erließ gegen sie jeweils eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI), stellte fest, dass die Abschiebung nach Venezuela jeweils zulässig sei (Spruchpunkt V), und legte jeweils eine vierzehntätige Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt VI).
4 Mit den Erkenntnissen je vom 25. November 2024 wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobenen Beschwerden der Revisionswerber als unbegründet ab. Weiters erklärte das Verwaltungsgericht die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG jeweils für nicht zulässig.
5 In seiner Begründung ging das Bundesverwaltungsgericht soweit hier für das Revisionsverfahren von Bedeutung davon aus, die Revisionswerber hätten nicht glaubhaft machen können, dass ihnen in Venezuela einerseits aufgrund ihrer Homosexualität und ihrer Lebensführung als sogenannte „Regenbogenfamilie“ oder andererseits wegen der früheren politischen Aktivitäten des Erstrevisionswerbers mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer aktuellen und konkret gegen ihre Person gerichteten Verfolgung aus einem „GFK Grund“ drohe, die von Einrichtungen des Herkunftsstaates ausgehe oder diesem mangels Schutzwilligkeit oder Schutzfähigkeit zuzurechnen wäre. Die Revisionswerber hätten aufgrund von eingehenden Recherchen bewusst Österreich als Zielland für ihre Asylantragstellung ausgewählt, weil Österreich ein stabiles Land mit Potenzial, Chancen für Entwicklung und Sicherheit sei, vor allem für eine „Regenbogen Familie“ wie sie es seien. Der Entschluss, nach Österreich zu reisen und dort einen Asylantrag zu stellen, sei etwa im Mai 2023 in Chile gefallen, wo sich die Revisionswerber zu diesem Zeitpunkt aufhielten als eine „Welle der Fremdenfeindlichkeit“ gegenüber Venezolanern geherrscht habe und auch begonnen worden sei, Venezolaner aus Chile abzuschieben. Die Revisionswerber hätten sich illegal in Chile aufgehalten. Sie hätten zuletzt bei der Polizei einen Antrag auf Legalisierung des Aufenthalts gestellt, auf den sie jedoch keine Antwort erhalten hätten.
6 Die Erst- und Zweitrevisionswerber seien jung, gesund und arbeitsfähig. Der Drittrevisionswerber sei ebenso gesund und werde im kommenden Jahr volljährig. Die Revisionswerber hätten bis auf das nicht näher begründete und ohne die individuelle Betroffenheit aufzeigende Vorbringen, wonach die instabile politische Situation, die permanent hohe Kriminalität, die gesellschaftlichen Diskriminierungen und Schikanen gegenüber Homosexuellen und die meist prekäre Versorgungslage ein Hindernis für die Rückkehr nach Venezuela darstellen würdenkeine gewichtigen Gründe dargelegt, wonach ihnen aufgrund von besonderen in ihrer persönlichen Situation begründeten Umständen ein im Vergleich zur Bevölkerung Venezuelas im Allgemeinen höheres Risiko treffe, einer den Art. 2 und 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein, oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.
7 Nach einer Gesamtabwägung so das Verwaltungsgericht weiter habe sich nicht ergeben, dass das private Interesse der Revisionswerber am Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes in Österreich zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwiege, insbesondere vor dem Hintergrund der sehr kurzen bisherigen Aufenthaltsdauer seit etwas über einem Jahr sowie des Fehlens einer umfassenden und nachhaltigen Integration vor allem in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht.
8 Gegen diese Erkenntnisse erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit den Beschlüssen je vom 25. Februar 2025, E 4793 bis 4795/2024 7, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurden die gegenständlichen Revisionen eingebracht.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisionnach § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
12 Im Mittelpunkt der Begründung der Zulässigkeit der Revisionen wenden sich die Revisionswerber unter mehreren Aspekten gegen die Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes, die Revisionswerber hätten keine asylrechtlich relevante Verfolgung im Herkunftsstaat wegen der Homosexualität des Erst- und des Zweitrevisionswerbers glaubhaft machen können. Auch wenn Fälle gesellschaftlicher und beruflicher Diskriminierung von Homosexuellen nicht ausgeschlossen werden könnten, erreichten solche Fälle der Diskriminierung nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes nicht die für eine Asylrelevanz im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) erforderliche Eingriffsintensität.
13Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 12.10.2023, Ra 2023/14/0097, mwN).
14Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. erneut VwGH 12.10.2023, Ra 2023/14/0097, mwN).
15 Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bezugnahme auf Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Unionbereits wiederholt ausgesprochen, dass eine Verfolgung von Homosexuellen Asyl rechtfertigen kann und dass von einem Asylwerber nicht erwartet werden kann, seine Homosexualität im Herkunftsstaat geheim zu halten, um eine Verfolgung zu vermeiden (vgl. VwGH 25.3.2024, Ra 2024/20/0090, mwN).
16 Soweit die Revisionswerber zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revisionen vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe keine ausreichenden und vollständigen Länderfeststellungen getroffen, seine eigenen Länderfeststellungen im Zusammenhang mit der Situation homosexueller Menschen in Venezuela unzureichend berücksichtigt sowie entsprechende Länderberichte des EUAA und Richtlinien des UNHCR unberücksichtigt gelassen, machen sie Verfahrensmängel geltend.
17 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs- und Feststellungsmängelals Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 5.3.2025, Ra 2025/20/0009, mwN).
18 Das Bundesverwaltungsgericht verschaffte sich im Rahmen einer Verhandlung einen persönlichen Eindruck von den Revisionswerbern und befasste sich jeweils mit der individuellen Situation des Erst- und des Zweitrevisionswerbers hinsichtlich ihrer sexuellen Orientierung in ihrem Herkunftsstaat. Anhand der dazu getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der sowohl von der Behörde zugrunde gelegten Länderberichte als auch der in der Verhandlung beigebrachten Berichte hat es das Vorliegen einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Verfolgung des Erst- und des Zweitrevisionswerbers in Venezuela aufgrund ihres partnerschaftlichen Familienlebens unter Einbeziehung des minderjährigen Drittrevisionswerbers in einer den konkreten Einzelfall betreffenden Beurteilung in vertretbarer Weise verneint. Das Bundesverwaltungsgericht führte unter anderem aus, dass die Diskriminierung von Homosexuellen und Angehörigen der LGBTIQ Gemeinschaft zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, solche Fälle der Diskriminierung würden allerdings nicht die für eine Asylrelevanz im Sinn der GFK erforderlichen Eingriffsintensität erreichen. Die konkrete Gefahr einer Verfolgung der Revisionswerber aufgrund ihrer Homosexualität verneinte das Gericht unter mehreren Gesichtspunkten. Insbesondere ging das Verwaltungsgericht nicht davon aus, dass der Erst- und der Zweitrevisionswerber ihre sexuelle Orientierung hätten verstecken müssen, wie sich beispielsweise aufgrund des mehrfachen (unproblematischen) Aufsuchens von Behörden und das Verlassen der Wohnung stets zu dritt ergäbe.
19Die vorliegenden Revisionen halten diesen Erwägungen nichts Stichhaltiges entgegen. Inwieweit die diesbezügliche Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes unvertretbar wäre, zeigen die Revisionswerber in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf (zum im Revisionsverfahren anzulegenden Maßstab bei der Überprüfung der Beweiswürdigung vgl. etwa VwGH 17.12.2024, Ra 2024/20/0759, mwN).
20Weiters muss das Vorbringen des Asylwerbers, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314, mwN).
21 Die Revisionswerber begegnen den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes mit einzelnen aus den Länderberichten herausgegriffenen Passagen und verweisen dabei vor dem Hintergrund der von den Erst- und Zweitrevisionswerbern geäußerten Befürchtungen, in Venezuela ihre Homosexualität und ihre „Regenbogenfamilie“ nicht offen leben zu können, man reagiere auf das offene Ausleben der sexuellen Orientierung in abwertender und ablehnender Weise und sie hätten Angst, dass ihnen etwas passieren könnte, auf sich aus den Länderberichten in Einzelfällen ergebende Konsequenzen. Die Revisionswerber beziehen sich nur auf allgemeine Ausführungen zu einem grundsätzlichen Risiko, schildern aber keine konkrete und fallbezogene Verfolgungsgefahr aufgrund des offenen Auslebens ihrer sexuellen Orientierung und ihres Auftretens als „Regenbogenfamilie“. Letztlich stellen die Revisionen unter Bezugnahme auf einzelne Ausführungen in den Länderberichten eine bloß theoretisch denkbare Möglichkeit eines Verfolgungsszenarios für den Erst- und den Zweitrevisionswerber in den Raum und keine für sie konkret vorliegende Gefahrenlage, weshalb auch den in diesem Zusammenhang vermissten Feststellungen die erforderliche Relevanz fehlt. Die Revisionswerber legen aber auch abgesehen davon, dass das Bundesverwaltungsgericht schon nicht davon ausging, die Revisionswerber hätten ihre „Regenbogenfamilie“ geheim gehalten nicht konkret dar, inwieweit das Bundesverwaltungsgericht bei Berücksichtigung des Rechts der Revisionswerber, offen als „Regenbogenfamilie“ zu leben, zu der Feststellung gelangt wäre, dass ein offenes Ausleben der homosexuellen Orientierung in Venezuela konkret für die Revisionswerber zu asylrechtlich relevanten Reaktionen führen werde.
22 Auch hinsichtlich der gerügten Nichtbeachtung der EUAA Berichte und UNHCR SOGI Richtlinien zeigen die Revisionswerber zwar durchaus ausführlich auf, welche Feststellungen das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die allgemeine Situation von LGBTIQ-Personen bei Berücksichtigung der Dokumente hätte treffen müssen, sie legen aber gerade nicht dar, inwieweit diese fallbezogen auf die Revisionswerber zutreffen. Es ist den Revisionswerbern damit nicht gelungen, hinreichend konkret darzulegen, welche Feststellungen insbesondere bei der Heranziehung der EUAA Berichte und der UNHCR SOGI Richtlinien fallbezogen und auf die Revisionswerber abstellend zu treffen gewesen wären und inwiefern daraus ein für sie günstigeres Ergebnis zu erwarten gewesen wäre.
23Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen die Revisionswerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen kann (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/14/0316, mwN).
24 Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen ist auch dem weiteren Argument in den Revisionen der Boden entzogen, es läge ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung zur Eingriffsintensität vor. Bezüglich der von den Revisionswerbern weiters angesprochenen Gruppenverfolgung von LGBTIQPersonen in Venezuela ist festzuhalten, dass sich das dazu erstattete Vorbringen in den Revisionen von den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes entfernt, das das Fluchtvorbringen als unglaubwürdig beurteilt hat. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. etwa VwGH 2.9.2021, Ra 2021/20/0151, mwN). Schon deshalb wird mit diesem Vorbringen die Zulässigkeit der Revisionen nicht dargelegt.
25 Die Revisionswerber behaupten außerdem, hätte das Bundesverwaltungsgericht ihre spezifischen Vulnerabilitätsfaktoren (nämlich die sexuelle Orientierung des Erst- und des Zweitrevisionswerbers sowie die Minderjährigkeit des Drittrevisionswerbers) zusätzlich zur allgemeinen prekären Situation in Venezuela beachtet, so wäre den Revisionswerbern zumindest der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.
26Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist eine besondere Vulnerabilität bei der Beurteilung, ob den Revisionswerbern bei einer Rückkehr in die Heimat eine Verletzung ihrer durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte droht, im Speziellen zu berücksichtigen (vgl. VwGH 15.12.2022, Ra 2022/18/0059, mwN). Bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 10.2.2025, Ra 2025/20/0015 0021, mwN).
27Das Bundesverwaltungsgericht führte in seiner Einzelfallprüfung nach Art. 2 und 3 EMRK aus, der Erst- und der Zweitrevisionswerber hätten letztlich auch in der Verhandlung keine gewichtigen Gründe dargelegt, wonach sie aufgrund von besonderen in ihrer persönlichen Situation begründeten Umständen ein im Vergleich zur Bevölkerung Venezuelas im Allgemeinen höheres Risiko treffe, einer den Art. 2 und 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. Überdies hätten die Revisionswerber auch keine konkreten Umstände vorgebracht, aus denen sich gerade auch unter Zugrundelegung der vorliegenden Informationsquellen zur aktuellen Lage in Venezuela allenfalls die Zugehörigkeit zu einer besonders vulnerablen Gruppe ergeben hätte. Entgegen dem Vorbringen in den Revisionen ist auf Grundlage des Inhalts der angefochtenen Entscheidungen nicht zu sehen, dass das Bundesverwaltungsgericht von den Leitlinien der ständigen Rechtsprechung abgewichen wäre.
28Die Revisionswerber bemängeln zusätzlich, das Bundesverwaltungsgericht habe das Kindeswohl im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK nicht besonders beachtet.
29 Eine nachvollziehbare Begründung, warum die auf das Kindeswohl bezogenen Ausführungen und welche dies konkret wärenzur Unzulässigkeit der Erlassung der Rückkehrentscheidung gegen die Revisionswerber hätte führen müssen oder welche konkreten Feststellungen vermisst werden, ist den Zulässigkeitsbegründungen der Revisionen nicht zu entnehmen. Dass die im Rahmen der Interessenabwägung vom Bundesverwaltungsgericht angestellten Erwägungen letztlich zur Unvertretbarkeit der vom Gesetz geforderten Gesamtbetrachtung führten, wird von den Revisionen mithin nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 5.3.2025, Ra 2025/20/0051, mwN).
30 In den Revisionen wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. Mai 2025