JudikaturVwGH

Ra 2025/20/0296 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision der J T, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Juni 2025, I403 23108311/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige aus Namibia, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 29. Juli 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 11. März 2025 ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte der Revisionswerberin keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Namibia zulässig sei (Spruchpunkt V.), erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.) und räumte der Revisionswerberin keine Frist für die freiwillige Ausreise ein (Spruchpunkt VII.).

3 Mit (Teil-)Erkenntnis vom 15. April 2025 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des bekämpften Bescheides statt, erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu und erklärte die Erhebung einer Revision gemäß § 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

4Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 5. Juni 2025 wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. des bekämpften Bescheides als unbegründet ab und änderte dessen Spruchpunkt VII. dahin ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt wurde. Die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte es für nicht zulässig.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert - vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

8 Die Revisionswerberin wendet sich in der Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach ihren Angaben über einen behaupteten Missbrauch durch ihren Onkel und dessen Freund, die Entziehung ihrer Kinder sowie ihre eingeschränkte Bewegungsfreiheit und soziale Isolation kein Glauben geschenkt worden sei.

9Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 26.5.2025, Ra 2025/20/0193, mwN).

10 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Rahmen der von ihm durchgeführten Verhandlung einen unmittelbaren Eindruck von der Revisionswerberin verschafft und sich mit den aufgenommenen Beweisen ausführlich und in schlüssiger Weise auseinandergesetzt. Es gelingt der Revisionswerberin nicht darzutun, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären. Die in der Revision aufgestellten Behauptungen, das Bundesverwaltungsgericht habe sich einer „Pauschalbegründung“ bedient und die beweiswürdigenden Ausführungen seien gänzlich unrichtig, sind vor dem Hintergrund der auf das Vorbringen der Revisionswerberin und ihrer Aussagen in der Verhandlung eingehenden Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes als gänzlich unzutreffend einzustufen. Diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichtes wird in der Revision nichts entgegengesetzt.

11Soweit sich die Revisionswerberin gegen die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes wendet, es lägen auch die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz nicht vor, sind aus dem bloß pauschal gehaltenen Revisionsvorbringen keine Gründe zu entnehmen, die geeignet wären, die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes, eine Rückführung der Revisionswerberin in ihr Herkunftsland werde zu keiner Verletzung ihrer nach Art. 2 und Art. 3 EMRK geschützten Rechte führen, in Frage zu stellen (vgl. dazu ausführlich VwGH 12.5.2025, Ra 2025/20/0152 bis 0154, mwN).

12 Überdies wendet sich die Revisionswerberin zur Begründung der Zulässigkeit der von ihr erhobenen Revision gegen die im Rahmen der Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfolgte Interessenabwägung nach § 9 BFA Verfahrensgesetz (BFA VG).

13Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurdenicht revisibel (vgl. VwGH 24.2.2025, Ra 2025/20/0036, mwN).

14Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFAVG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. erneut VwGH 24.2.2025, Ra 2025/20/0036, mwN).

15 Eine solche Abwägung unter Einbeziehung der fallbezogen maßgeblichen Aspekte hat das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen. Dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler behaftet wäre, wird in der Revision mit ihren Ausführungen zu den Integrationsbemühungen der Revisionswerberin, die das Verwaltungsgericht ohnehin gewürdigt hat, nicht aufgezeigt.

16In der Revision, in der zudem auch keine Revisionspunkte bezeichnet wurden (siehe § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 16. Juli 2025