JudikaturVwGH

Ra 2024/02/0224 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. April 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des K in Y, vertreten durch den gerichtlich bestellten Erwachsenenvertreter Dr. Wolfgang Schimek, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Graben 42, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 4. September 2024, LVwG S 995/001 2024, betreffend Übertretung des Tierschutzgesetzes (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Amstetten, mitbeteiligte Partei: Tierschutzombudsperson des Landes Niederösterreich Dr. Lucia Giefing in 3109 St. Pölten, Rennbahnstraße 29),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen den mit „zumindest von 20. bis 22. September 2023“ präzisierten Schuldspruch wendet, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 28. März 2024 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe zumindest vom 12. September 2023 bis 23. September 2023 als Tierhalter an einem nach der Adresse bestimmten Standort ein mit der Ohrmarkennummer identifiziertes Kalb gehalten und er habe es zumindest bis 22. September 2023 unterlassen einen Tierarzt „hinzuzufügen“, obwohl das Kalb in ausgeprägtem Ausmaß mit Maden befallen gewesen sei. Gemäß § 20 Abs. 1 und Abs. 2 Tierschutzgesetz (TSchG) seien Tiere entweder täglich oder in solchen Abständen zu kontrollieren, dass Schmerzen, Leiden oder Schäden vermieden werden. Auf Grund des ausgeprägten Madenbefalles des Kalbes seien diesem dadurch Schmerzen, Schäden und Leiden entstanden und durch die mangelnde Betreuung habe der Revisionswerber gegen § 5 Abs. 2 Z 13 TSchG verstoßen, weil die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines gehaltenen Tieres in einer Weise gestaltet werden müsse, dass für das Tier keine Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden seien oder es in schwere Angst versetzt werde. Er habe dadurch § 38 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z 13 iVm § 20 Abs. 1 und Abs. 2 TSchG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 38 Abs. 1 Schlusssatz TSchG eine Geldstrafe von € 1.250,(Ersatzfreiheitsstrafe 56 Stunden) verhängt wurde und ihm ein Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2 VStG in ziffernmäßig genannter Höhe zur Zahlung vorgeschrieben wurde.

2 Der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge. Es bestätigte das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass die Tatzeit wie folgt „präzisiert“ werde: „zumindest vom 20. bis 22. September 2023 sowie am 28. und 29. September 2023“. Dem Revisionswerber wurde gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG die Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in näher genannter Höhe vorgeschrieben. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

3 Nach Darstellung des Verfahrensganges stellte das Verwaltungsgericht fest, das am 12. September 2023 geborene Kalb habe einen massiven, näher beschriebenen Madenbefall aufgewiesen, welcher zumindest seit 17. September 2023 bestanden habe, weshalb die Haut großflächig verändert gewesen sei und das Tier bereits einen starken Verwesungsgeruch aufgewiesen habe. Spätestens am 20. September 2023 hätte der Revisionswerber den Madenbefall bemerken und einen Tierarzt beiziehen müssen. Der Revisionswerber habe das Kalb vom 23. September 2023 bis einschließlich 27. September 2023 tierärztlich behandeln lassen und danach keinen Tierarzt mehr beigezogen. Weiters legte das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde, der Revisionswerber habe dem Tier ab dem 28. September 2023 ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt, indem eine weiterhin eingetretene Bronchopneumonie unbehandelt geblieben sei, bis das Kalb in der Nacht vom 29. auf den 30. September 2023 verendet sei.

4 Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht vor allem auf die glaubhaften und detailgetreuen Angaben der beigezogenen Tierärztin, die von ihr angefertigten Lichtbilder sowie das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des beigezogenen veterinärmedizinischen Amtssachverständigen. Der eine frühere Erkennbarkeit des Madenbefalls leugnenden Verantwortung des Revisionswerbers mit dem Hinweis, er habe die dunklen Flecken am Rücken des Tieres für Kot gehalten, hielt das Verwaltungsgericht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens entgegen, dass der Revisionswerber bei sorgfältiger Kontrolle des Kalbes, was eine entsprechende Annäherung an das Tier voraussetze, hätte bemerken müssen, dass sich ab der Erstinfektion eine Ausbreitungstendenz von einer kleinen auf eine immer größere Fläche gezeigt und sich ein starker Verwesungsgeruch ausgebreitet habe. Ebenso schloss das Verwaltungsgericht aus dem Sachverständigengutachten, dass die verspätete veterinärmedizinische Behandlung dem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt habe. Dem sei der Revisionswerber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

5Das Verwaltungsgericht ging rechtlich davon aus, dass der Revisionswerber den Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt habe. In der Strafzumessung berücksichtigte das Verwaltungsgericht keine Milderungsgründe und es sah als straferschwerend einschlägige, zum Tatzeitpunkt rechtskräftige und zum Entscheidungszeitpunkt nicht getilgte Verwaltungsvormerkungen an. Es erachtete die Präzisierung des Spruches des Straferkenntnis als zulässig, weil sie innerhalb der Frist des § 31 VStG vorgenommen worden sei.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

7 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die Tierschutzombudsperson eine Revisionsbeantwortung mit den Anträgen erstattet, die Revision als unzulässig zurückzuweisen oder sie als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8Nach § 5 Abs. 1 TSchG ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. Dagegen verstößt insbesondere, wer die Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt oder gestaltet, dass für das Tier die beschriebenen Zustände eintreten (§ 5 Abs. 2 Z 13 TSchG). Gemäß § 20 Abs. 1 TSchG müssen alle Tiere in Haltungssystemen, bei denen das Wohlbefinden der Tiere von regelmäßiger Versorgung durch Menschen abhängig ist, regelmäßig, im Falle von landwirtschaftlichen Tierhaltungen mindestens einmal am Tag kontrolliert werden. Weist ein Tier Anzeichen einer Krankheit oder Verletzung auf, so muss es unverzüglich ordnungsgemäß versorgt werden, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes (§ 15 Satz 1 TSchG). Wer einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt, begeht gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 TSchG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu € 7.500, , im Wiederholungsfall bis zu € 15.000, zu bestrafen.

Zur Zurückweisung der Revision (Spruchpunkt I.):

9Soweit trennbare Absprüche vorliegen, ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen. Weist eine angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes mehrere trennbare Spruchpunkte auf, so kommt auch eine teilweise Zurückweisung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof in Betracht (vgl. VwGH 9.6.2022, Ro 2021/05/0014, mwN).

10Eine Trennbarkeit von Absprüchen ist dann gegeben, wenn jeder Teil für sich allein ohne einen inneren Zusammenhang mit anderen Teilen einem gesonderten Abspruch zugänglich ist (vgl. VwGH 25.1.2024, Ro 2023/09/0009, mwN). In Fällen jedoch, in denen ein Abspruch notwendige Grundlage („Vorstufe“) für die weiteren in der Entscheidung enthaltenen Aussprüche darstellt, liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Trennbarkeit der Spruchpunkte nicht vor (vgl. VwGH 27.8.2020, Ra 2020/15/0035, mwN).

11 Mit dem angefochtenen Erkenntnis entschied das Verwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis, mit dem dem Revisionswerber die „zumindest bis 22.9.2023“ verabsäumte Beiziehung eines Tierarztes für ein von Maden befallenes Kalb zur Last gelegt wurde. Soweit das Verwaltungsgericht die Tatzeit auf „zumindest von 20. bis 22. September 2023“ präzisierte, stellt dies eine Einschränkung gegenüber dem ursprünglich offen gebliebenen Beginn des Zeitraums dar.

12 Insofern das Verwaltungsgericht darüber hinaus dem Revisionswerber als Tatzeit auch den „28. und 29. September 2023“ vorwirft und die an diesen Tagen unterbliebene Beiziehung eines Tierarztes zur Behandlung der hinzugetretenen Bronchopneumonie des Tieres stützt, handelt es sich um eine zusätzliche (im Straferkenntnis nicht enthaltene) Verwaltungsübertretung, die von dem zuvor unbehandelten Madenbefall nicht direkt abhängt und nicht an den ursprünglichen Tatzeitraum anschließt, diesen also nicht unmittelbar erweitert. Diese Modifikation der Tatzeit mit dem Vorwurf einer Unterlassung veterinärmedizinischer Behandlung wegen einer anderen Krankheit des Tieres ist einem gesonderten Abspruch zugänglich. Die beiden vom Verwaltungsgericht dem Revisionswerber angelasteten Tatzeiträume sind daher einer gesonderten Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zu unterziehen.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Der Revisionswerber erachtet seine Revision wegen der Ausdehnung des Tatzeitraumes als zulässig. Der erste vom Verwaltungsgericht beschriebene Zeitraum „zumindest von 20. bis 22. September 2023“ ist gegenüber dem in Straferkenntnis genannten „zumindest bis 22.9.2023“ kürzer, sodass dadurch die Sache des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht ausgedehnt wurde (vgl. dazu Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG³ (2023) § 50 VwGVG Rz 3, mwN aus der hg. Judikatur). Diesbezüglich wich das Verwaltungsgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

17 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit weiters geltend, der vom Verwaltungsgericht übernommene Spruch des Straferkenntnisses sei insofern nicht ausreichend konkretisiert, als lediglich die verba legalia der Gesetzesbestimmungen wiederholt würden.

18Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG sind im Spruch die wesentlichen Tathandlungen konkret auszuführen und nicht mit den Worten des Tatbestandes (vgl. etwa VwGH 16.2.2023, Ra 2021/02/0170, mwN).

19Die eine veterinärmedizinische Intervention erfordernde Erkrankung des Kalbes ist im Spruch genauer umschrieben und enthält nicht nur den Wortlaut des Tatbestandes. Die im § 5 Abs. 1 TSchG verwendeten Begriffe „Schmerzen, Leiden oder Schäden“ sind im Gesetz nicht legal definiert (zu deren Bedeutung vgl. etwa Herbrüggen/Wessely, Österreichisches Tierschutzrecht Band 1 3 , Seiten 101 ff). Angesichts dessen bedarf zwar der Begriff der Schmerzen keiner näheren Umschreibung, jedoch erfordern die davon abzugrenzenden Leiden oder Schäden eine nähere Konkretisierung oder Beschreibung. Allerdings gelingt es der Revision damit nicht, die Rechtmäßigkeit des Spruchs in diesem Umfang anzugreifen, weil sie weder eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Revisionswerbers noch die Gefahr von dessen Doppelbestrafung aufzeigt (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG³ (2023) § 44a VStG, Rz. 2, mwN aus der hg. Judikatur).

20 Soweit die Zulässigkeitsbegründung der Revision die Fotos dahingehend anzweifelt, dass nicht erkennbar sei, welches Tier mit welcher Erkrankung wann und wo aufgenommen worden sei, ist darauf zu verweisen, dass diese Lichtbilder in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht von einer Zeugin vorgelegt wurden und deren Aussage in der Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses mit näherer Begründung als glaubhaft erachtet wurde. Eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung zeigt der Revisionswerber nicht auf.

21 Entgegen den weiteren Revisionsausführungen zur Zulässigkeit setzte sich das Verwaltungsgericht ausreichend mit der subjektiven Tatseite des Revisionswerbers auseinander. Es ging ausführlich darauf ein, wann und wodurch der Revisionswerber den Madenbefall hätte bemerken müssen. Die dabei hervorgestrichene Ausbreitungstendenz der dunklen Flecken am Rücken des Tieres, was bei entsprechender Annäherung an das Tier erkennbar gewesen wäre, und der damit verbundene starke Verwesungsgeruch werden in der Revision für die Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit ignoriert. Die Feststellungen, Beweiswürdigung und rechtlichen Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichtes betreffend die Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestandes der angelasteten Übertretung betreffend den Madenbefall sind von daher nicht zu beanstanden.

22 Da dem Revisionswerber nicht der Tod des Kalbes zur Last gelegt wurde, kommt es auf die in der Revision enthaltene Bemängelung betreffend die Todesursache nicht an.

23 Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch im Umfang des vom Verwaltungsgericht einschränkten Tatzeitraums (zumindest vom 20. bis 22. September 2023) richtet, wirft sie keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Insoweit war daher die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Zur Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes (Spruchpunkt II.):

24 Die Revision erweist sich darüber hinaus als zulässig und begründet.

25 Der Revisionswerber erachtet seine Revision auch deshalb als zulässig, weil das Verwaltungsgericht unzulässiger Weise eine Ausdehnung des Tatzeitraums für den 28. und 29. September 2023 vorgenommen habe, obwohl im bekämpften Straferkenntnis lediglich der Zeitraum bis 23. September 2023 angeführt sei.

26Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Verwaltungsstrafsache im Umfang des vom bekämpften Straferkenntnis erfassten und erledigten Sachverhalts (vgl. VwGH 24.7.2019, Ra 2018/02/0163, mwN). Demnach darf die Sache des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht ausgewechselt, erweitert oder ausgedehnt werden, was eine Ausdehnung des Tatzeitraums unzulässig macht (vgl. FisteraaO § 50 VwGVG, Rz. 3, mwN aus der hg. Judikatur).

27 Das Verwaltungsgericht hat die ursprünglich im bekämpften Straferkenntnis zur Last gelegte Tatzeit von „zumindest bis 22.9.2023“ einerseits zwar eingeschränkt auf „zumindest vom 20. bis 22. September 2023“, darüber hinaus aber auch ausgedehnt auf den „28. und 29. September 2023“. Das zeitlich völlig unbestimmte Wort „zumindest“ darf nicht so verstanden werden, dass damit ein nach jeder Richtung offener Tatzeitraum Sache des Beschwerdeverfahrens war (vgl. VwGH 22.1.2002, 99/09/0050). Die im angefochtenen Erkenntnis vorgenommene Änderung stellt sich somit nicht als eine Präzisierung, sondern als Ausweitung der Tatzeit dar, zu der das Verwaltungsgericht nicht berechtigt war. Zusätzlich lastete das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber über den im Straferkenntnis vorgeworfenen Madenbefall des Kalbes hinaus auch noch eine unbehandelte Bronchopneumonie an, die die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens ebenso überschreitet. Insoweit belastete somit das Verwaltungsgericht den Schuldspruch seines Erkenntnisses mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

28 Weiters zeigt die Revision auch auf, dass in der Strafbemessung des angefochtenen Erkenntnisses einschlägige, zum Tatzeitpunkt rechtskräftige und zum Entscheidungszeitpunkt nicht getilgte Verwaltungsvormerkungen als straferschwerend angenommen wurden, diese jedoch wegen des Doppelverwertungsverbotes nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.

29 Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass konkrete Feststellungen, welche Verwaltungsvormerkungen des Revisionswerbers bestehen, welche Übertretungen diese betreffen, von wann sie stammen und ob sie rechtskräftig sind, dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen sind.

30Die dem angefochtenen Erkenntnis zugrundeliegende Strafsanktionsnorm des § 38 Abs. 1 Schlusssatz TSchG stellt auf den Wiederholungsfall ab. Demnach ist das Vorliegen eines Wiederholungsfalls Voraussetzung für die qualifizierte Strafdrohung (bis € 15.000, ), sodass dieser nicht zusätzlich als Erschwerungsgrund gewertet werden darf (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG 3(2023) § 19 VStG, Rz. 12, mwN aus der hg. Judikatur). Damit erweist sich der Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses als inhaltlich rechtswidrig.

31Aus den genannten Gründen war das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Schuldspruchs betreffend die am 28. und 29. September 2023 unterlassene Beiziehung eines Tierarztes zur Behandlung der Bronchopneumonie des Kalbes, des Strafausspruchs und der davon abhängigen Aussprüche über die Pflicht des Revisionswerbers zur Zahlung von Beiträgen zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen und des Beschwerdeverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

32 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.

33Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. April 2025