JudikaturVwGH

Ra 2023/12/0028 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. September 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der Mag. a G B, in L, vertreten durch Dr. Ingo Riß, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 14 Top 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Jänner 2023, W122 2250937 1/24E, betreffend Verwendungszulage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung),

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit damit die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen Spruchpunkt 1., 2. und 3. des Bescheides vom 10. November 2021 betreffend den Zeitraum von 1. Jänner 2014 bis 31. Dezember 2017 abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag auf Kostenersatz wird abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

1 Die Revisionswerberin wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 2014 zur Richterin des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ernannt.

2 Mit Bescheid vom 12. Juni 2014 wurde sie mit Wirkung vom 1. Juli 2014 auf einen Dienstposten der Dienstklasse VIII in der Verwendungsgruppe A, Höherer rechtskundiger Dienst (A/a 1), ernannt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgesprochen, es gebühre ihr ab diesem Zeitpunkt der Gehalt der Gehaltsstufe 3 der Dienstklasse VIII. Die nächste Vorrückung werde am 1. Juli 2016 anfallen (Spruchpunkt II.). Schließlich wurde die der Revisionswerberin zuerkannte Verwendungszulage mit Wirkung vom 1. Juli 2014 mit 26 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V neu festgesetzt, das seien derzeit € 620,40 monatlich brutto. Der Mehrleistungsanteil betrage 60 % der Zulage. Damit seien alle Mehrleistungen in zeitlicher Hinsicht abgegolten (Spruchpunkt III.). Spruchpunkt I. wurde vom Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts, die Spruchpunkte II. und III. hingegen von der Oberösterreichischen Landesregierung erlassen. Als Rechtsgrundlage wurde für Spruchpunkt I. § 11 Oö Landesbeamtengesetz 1993 (Oö LBG), für Spruchpunkt II. § 33 Oö Landes Gehaltsgesetz (Oö LGG) sowie § 28 Abs. 3 und 4 Oö LGG und für Spruchpunkt III. § 30a Abs. 4 Oö LGG genannt.

3 In der dagegen erhobenen Beschwerde focht die Revisionswerberin ausdrücklich nur die Spruchpunkte II. und III. an. Begründend führte sie unter anderem aus, ihre Verwendungszulage hätte nicht verschlechtert werden dürfen.

4 Mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 hob das Bundesverwaltungsgericht diesen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Gänze auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an „die Behörde“ erster Instanz zurück.

5 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2018, Ra 2015/12/0008, wurde dieser Beschluss über Revision der Revisionswerberin insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, als damit der vom Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich erlassene Spruchpunkt I. des Bescheides vom 12. Juni 2014, aufgehoben und die Angelegenheit diesbezüglich zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen wurde. Im Übrigen wurde die Revision (betreffend die Aufhebung und Zurückverweisung in Ansehung der Spruchpunkte II. und III. des Bescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juni 2014) zurückgewiesen.

6 Der Verwaltungsgerichtshof vertrat hierbei mit näherer Begründung die Rechtsansicht, Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides sei von den weiteren Spruchpunkten II. und III. abtrennbar, sodass die Revisionswerberin in ihrer Beschwerde die Entscheidungskompetenz des Bundesverwaltungsgerichtes auf die Spruchpunkte II. und III. habe beschränken dürfen. Die mit Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides durch Ernennung erfolgte Beförderung der Revisionswerberin könne ohne weiteres selbständig ohne die weiteren Spruchpunkte II. betreffend die besoldungsrechtliche Stellung und III. betreffend die Verwendungszulage bestehen. Dies indiziere auch der Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 2 Oö LVwGG Spruchpunkt I. vom Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts, die Spruchpunkte II. und III. hingegen von der Landesregierung erlassen worden seien. Der angefochtene Beschluss sei daher insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, als damit Spruchpunkt I. des Bescheides aufgehoben und die Angelegenheit insoweit an die Behörde zurückverwiesen worden sei. Zu den Spruchpunkten II. und III. gelangte der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung zum Ergebnis, dass die belangte Behörde im Revisionsfall zu diesen Spruchpunkten keinerlei Ermittlungen durchgeführt und in der Folge auch keinerlei Feststellungen getroffen habe, sodass eine Aufhebung und Zurückverweisung jedenfalls nicht in unvertretbarer Weise erfolgt sei. Es sei der Revision in diesem Zusammenhang nicht gelungen, deren Zulässigkeit darzulegen.

7 In der Folge sprach die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 25. September 2018 aus, die Revisionswerberin bleibe mit Wirkung vom 1. Jänner 2014 in der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse VIII mit nächster Vorrückung am 1. Juli 2015. Als Rechtsgrundlagen hiefür wurden die §§ 20 und 22 Oö LVwGG, § 33 iVm § 28 Oö LGG, § 1 Abs. 1 DVG sowie §§ 56 ff AVG genannt.

8 Mit Erkenntnis vom 20. November 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ab und bestätigte den Spruch des angefochtenen Bescheides mit der mit der Maßgabe, dass die besoldungsrechtliche Stellung der Revisionswerberin mit Wirkung vom 1. Jänner 2014 Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse VIII mit nächster Vorrückung 1. Juli 2015 laute. Es erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für zulässig.

9 Die dagegen erhobene Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 13. April 2021, Ro 2020/12/0001, zurück. Er führte auszugsweise Folgendes aus (Rn. 41f):

„Dass die Verwendungszulage bei Ermittlung der besoldungsrechtlichen Stellung nicht zu berücksichtigen ist, ergibt sich schon aus dem hg. Vorerkenntnis vom 19. Februar 2018, Ra 2015/12/0008, im Zusammenhalt mit § 3 Abs. 2 Oö LGG. § 33 Abs. 7 Oö LGG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 94/2017 regelt lediglich die Beförderung der Richterinnen und Richter des Oö Landesverwaltungsgerichts mit Wirksamkeit ihrer Ernennung und ist daher nur für die besoldungsrechtliche Stellung - nicht aber für die Verwendungszulage - der Revisionswerberin maßgeblich.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Verwendungszulage als besoldungsrechtlicher Anspruch zeitraumbezogen zu betrachten ist, weshalb die Rechtslage im Zeitraum der anspruchsbegründenden Verwendung maßgebend ist (vgl. z.B. VwGH 2.7.1997, 95/12/0076; 2.7.2007, 2006/12/0061 zu § 30a GehG). Die Bestimmung des § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö LGG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 94/2017, in der die Verwendungszulage der Richterinnen und Richter des Oö Landesverwaltungsgerichts normiert ist, ist gemäß Art. XXI. Abs. 1 dieser Novelle mit 1. Jänner 2018 in Kraft getreten. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde wie bereits ausgeführt allerdings ausschließlich über die besoldungsrechtliche Stellung (und damit nicht über die Verwendungszulage) der Revisionswerberin spruchmäßig und damit ihr gegenüber bindend abgesprochen. Ihre Beschwerde gegen Punkt III. des Bescheides vom 12. Juni 2014 ist daher noch unerledigt. Da die Angelegenheit diesbezüglich aufgehoben und an die Dienstbehörde zurückverwiesen wurde, wird diese darüber im weiteren Verfahren zu entscheiden haben.“

10 Die Revisionswerberin stellte im fortgesetzten Verfahren mit Schriftsatz vom 4. August 2021 in Punkt 2. den Antrag, zusätzlich als Ausgleich der Herabsetzung der Einstufung des Gehalts und zur finanziellen Umsetzung der rechtskräftigen Beförderung in die Dienstklasse VIII, ab 1. Juli 2014 eine zusätzliche Verwendungszulage mit jenem Betrag zuzuerkennen, der der Einstufung unter Zugrundelegung der Beförderung in die Dienstklasse VIII entspricht, sowie auf Nachzahlung der rückwirkend einbehaltenen und der aushaftenden Beträge samt Verzugszinsen.

11 Mit Schriftsatz vom 1. November 2021 erhob die Revisionswerberin mit Verweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. April 2021, Ro 2020/12/0001, betreffend das Verfahren zur Festsetzung der Verwendungszulage eine Säumnisbeschwerde.

12 Mit Bescheid vom 10. November 2021 sprach die Oberösterreichische Landesregierung (belangte Behörde) Folgendes aus:

„1. Ihre Verwendungszulage wird mit Wirksamkeit ab 01.01.2014 bis zum Ablauf des 31.12.2017 mit 26 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V festgesetzt, wobei damit sämtliche qualitativen und quantitativen Mehrleistungen abgegolten sind.

2. Die darüberhinausgehenden Anträge auf Zuerkennung einer Verwendungszulage im Ausmaß von 32 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V sowie jener auf Nachzahlung aushaftender Beträge samt Verzugszinsen werden abgewiesen.

3. Der Antrag gemäß Punkt 2. Ihrer Stellungnahme vom 04.08.2021 wird wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.

4. Das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird eingestellt.“

13 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ernennung der Revisionswerberin zur Richterin sei Grundlage für die Neubemessung der Verwendungszulage gewesen. Der Gesetzgeber habe mit § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö. LGG eine für Richterinnen und Richter einheitliche Verwendungszulage normiert, wobei die gesetzliche Bestimmung ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Ernennung Bezug nehme. Die Bestimmung sei allgemein formuliert, sie gelte gleichermaßen für anhängige Verfahren und für alle zukünftigen Ernennungen. Die gesetzliche Verankerung der Höhe der Verwendungszulage führe zu keiner Schlechterstellung, „weil die 26 % auch schon davor vollzogen“ worden seien. Im vorliegenden Fall sei im Zeitraum von 1. Jänner bis 30. Juni 2014 ein Übergenuss entstanden. Insoweit sei aber völlig unstrittig ein gutgläubiger Verbrauch angenommen worden, eine Rückforderung unterbleibe. Der Zeitraum der Bemessung der Verwendungszulage sei mit 31. Dezember 2017 zu begrenzen gewesen, weil die Verwendungszulage nach dem Wortlaut des § 30a Abs. 2 Oö LGG seit 1. Jänner 2018 sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unmittelbar kraft Gesetzes gebühre, sodass es keines weiteren Bemessungsaktes bedürfe.

14 In der dagegen erhobenen Beschwerde führte die Revisionswerberin unter anderem aus, sie fechte den Bescheid in allen vier Spruchpunkten an und stelle einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Aus dem angefochtenen Bescheid ergebe sich eine eklatante Verschlechterung der besoldungsrechtlichen Stellung. Der Dienstgeber wende die am 1. Jänner 2018 in Kraft getretene Bestimmung des § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö. LGG auf die Revisionswerberin an, obgleich ihre Ernennung bereits mit 1. Jänner 2014 erfolgt sei.

15 Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. Dezember 2021 wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 10. November 2021 abgewiesen.

16 Mit dem angefochtenen Teilerkenntnis vom 18. Jänner 2023 wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerden gegen die Bescheide der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. November 2021 und 29. Dezember 2021 ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

17 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht zu Spruchpunkt 1. und 2. des Bescheides vom 10. November 2021 aus, die Einstellung der „32 % Zulage“ sei aufgrund der Bestellung zur Richterin des Landesverwaltungsgerichts aufgrund des Endens der Funktion als Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats entsprechend dem Bescheid, mit dem die Zulage befristet für diese Funktion gewährt und festgesetzt worden sei, erforderlich gewesen. Hinsichtlich der weiterhin zu gewährenden Verwendungszulage gebe das spätere Gesetz (§ 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö. LGG) eine nähere Determination der im ersten Satz schon zuvor allgemein normierten Voraussetzungen. Eine Einzelprüfung anhand dieser genannten Voraussetzungen erübrige sich aufgrund der gesetzlichen Festlegungen, die von der belangten Behörde nachvollziehbar dargelegt worden seien. Auch eine Individualgesetzgebung sei hier nicht erkennbar, weshalb ein Antrag auf Gesetzesprüfung unterbleiben könne.

18 Zur Begründung der Unzulässigkeit der Revision führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Sach und Rechtslage sei eindeutig „und zu einem Gutteil vom Verwaltungsgerichtshof geklärt (Mehrleistungsanteil, Säumnis, Feststellungsinteresse, verfassungsrechtlicher Gestaltungsspielraum des Dienstgebers)“.

19 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Weiters möge der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden und der Revision Folge geben, dies durch Festsetzung der Verwendungszulage ab 1. Juli 2014 in einer Höhe von 32 % der „DKl V/2“, wovon der Mehrleistungsanteil 60 % betrage. Er möge weiters aussprechen, dass die erfolgte Gehaltsreduktion durch zusätzliche entsprechende Erhöhung der Verwendungszulage auszugleichen sowie die offenen Beträge aus diesem Anlass samt Verzugszinsen nachzuzahlen seien. In eventu möge er das angefochtene Erkenntnis wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben sowie der Revisionswerberin die Verfahrenskosten zusprechen. Allenfalls werde angeregt, ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zur Frage einzuleiten, ob der am Bundesverwaltungsgericht eingerichtete Richtersenat einem Gericht entspreche, das einen wirksamen Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV und das Recht auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht gemäß Art. 47 GRC gewährleisten könne.

20 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, die Revision als unzulässig zurück , in eventu als unbegründet abzuweisen. Die Revisionswerberin brachte eine Stellungnahme zur Revisionsbeantwortung ein.

21 Die Behandlung der zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 1 B VG wegen Verletzung in mehreren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen (betreffend die Bestellung der Laienrichter) erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 1. Dezember 2023, E 430/2023 5, abgelehnt.

22 Zu Spruchpunkt 1. des vorliegenden Erkenntnisses:

23 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

24 Zur Zulässigkeit der Revision wird ausgeführt, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts widerspreche den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem im vorliegenden Verfahren ergangenen Beschluss vom 13. April 2021, Ro 2020/12/0001, betreffend die Anwendbarkeit des § 30a Oö LGG in der Fassung LGBl. Nr. 94/2017. Diese Frage sei in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht abschließend geklärt. Im angefochtenen Erkenntnis sei zu Unrecht eine Rückwirkung der genannten Bestimmung angenommen und nicht auf den verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt, den 1. Juli 2014, abgestellt worden.

25 Damit wird die Zulässigkeit der Revision betreffend die Abweisung der Beschwerde der Revisionswerberin gegen Spruchpunkt 1. bis 3. des Bescheides vom 10. November 2012 aufgezeigt. Sie ist insofern auch berechtigt.

26 Zunächst ist festzuhalten, dass zunächst mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 2014 in Spruchpunkt III. die Verwendungszulage ab 1. Juli 2014 neu bemessen wurde. Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin ist die Verwendungszulage ab diesem Zeitpunkt Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Soweit die belangte Behörde über die Verwendungszulage betreffend den Zeitraum vom 1. Jänner bis 31. Mai 2014 entschied, handelt es sich um eine amtswegige Bemessung.

27 § 30a Oberösterreichischen Landes-Gehaltsgesetz (Oö. LGG), LGBl. Nr. 8/1956, in der Fassung LGBl. Nr. 94/2017 lautet auszugsweise wie folgt:

„Verwendungszulage, Verwendungsabgeltung

§ 30a. ...

...

(2) Eine ruhegenußfähige Verwendungszulage kann auch gewährt werden, wenn der Beamte dauernd einer besonderen Belastung durch Art, Schwierigkeitsgrad und Umfang der ihm anvertrauten Verwaltungsgeschäfte ausgesetzt ist, zu deren Erfüllung ein hohes Maß an Können, besondere Selbständigkeit sowie das regelmäßige Erbringen von Mehrleistungen erforderlich sind. Sonstige Mitglieder des Oö. Landesverwaltungsgerichts (§ 1 Abs. 2 Z 3 Oö. LVwGG), die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, erhalten ab ihrer Ernennung eine Verwendungszulage in Höhe von 26 von Hundert des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V.

...“

28 Im Beschluss vom 13. April 2021, Ro 2020/12/0001, Rn. 42, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem obiter dictum wie folgt ausgeführt:

„Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Verwendungszulage als besoldungsrechtlicher Anspruch zeitraumbezogen zu betrachten ist, weshalb die Rechtslage im Zeitraum der anspruchsbegründenden Verwendung maßgebend ist (vgl. z.B. VwGH 2.7.1997, 95/12/0076; 2.7.2007, 2006/12/0061 zu § 30a GehG). Die Bestimmung des § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö LGG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 94/2017, in der die Verwendungszulage der Richterinnen und Richter des Oö Landesverwaltungsgerichts normiert ist, ist gemäß Art. XXI. Abs. 1 dieser Novelle mit 1. Jänner 2018 in Kraft getreten.“

29 Die Beurteilung des Anspruchs auf die in Rede stehende Verwendungszulage hat daher für den Zeitraum von 1. Jänner 2014 bis 31. Dezember 2017 nicht auf Grundlage der durch LGBl. Nr. 94/2017 bestimmten, mit 1. Jänner 2018 geänderten Rechtslage zu erfolgen. Heranzuziehen wäre die im Beurteilungszeitraum von 1. Jänner 2014 bis 31. Dezember 2017 geltende Rechtslage gewesen. Daran ändert auch nichts, dass die genannte Norm auf bereits im Dienststand befindliche Bedienstete anwendbar ist und die Verwendungszulage „ab deren Ernennung“ zu sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichts regelt, da eine rückwirkende Inkraftsetzung durch den Landesgesetzgeber schon mangels entsprechender Übergangsbestimmungen nicht vorgesehen wurde (vgl. etwa VwGH 15.11.2007, 2004/12/0164, zum Grundsatz, dass nur die nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes verwirklichten Sachverhalte nach dem neuen Gesetz zu beurteilen sind).

30 Dagegen sprechen auch nicht die Gesetzesmaterialien (vgl. Ausschussbericht Oö Landtag, Beilage 590/2017, XXVIII. GP) folgenden Inhalts:

„Für die bereits vollzogenen bescheidmäßigen Zuerkennungen der Einstufung in die VIII Dienstklasse sowie festgesetzten Verwendungszulagen tritt zwar durch die legistische Umsetzung keine Änderung mehr ein, jedoch wird die Vollzugspraxis klargestellt und abgesichert. Für alle künftigen bescheidmäßigen Festsetzungen sonstiger Mitglieder des Oö. Landesverwaltungsgerichts gibt das Gesetz die fixe Einstufung in die VIII Dienstklasse (Gehaltsstufe 1, wenn nicht § 33 Abs. 3 oder § 22 Abs. 2 Oö. LVwGG zur Anwendung kommt) vor und eine fixe Verwendungszulage von 26 %.“

31 Bei der Auslegung von Gesetzen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich in erster Linie vom Gesetzeswortlaut auszugehen. Ein im Rahmen der Interpretation nach dem (vermuteten) Willen des Gesetzgebers gewonnenes Auslegungsergebnis hat hinter die aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut gewonnene Lösung zurückzutreten (vgl. etwa VwGH 4.10.2018, Ra 2017/22/0056, mwN). Die gesetzlichen Bestimmungen bieten keine Anhaltspunkte, dass eine rückwirkende Inkraftsetzung des § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö LGG beabsichtigt war. Ebenso wenig ist den Gesetzesmaterialien eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Inkraftsetzung des § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö LGG beabsichtigt hätte.

32 Die Verwendungszulage wäre daher für den Zeitraum von 1. Juli 2014 bis 31. Dezember 2017 nach der in diesem Zeitraum geltenden Rechtslage (§ 30a Oö LGG in der Fassung LGBl. Nr. 100/2011) auf Grundlage entsprechender Feststellungen zu bemessen gewesen (vgl. zur Gebührlichkeit etwa VwGH 24.6.2005, 2004/12/0061, mwN).

33 Da das angefochtene Erkenntnis in Ansehung der Spruchpunkte 1. und 2. des Bescheides vom 10. November 2021 aufzuheben ist, liegt betreffend Spruchpunkt 3. betreffend eine weitere Verwendungszulage keine entschiedene Sache mehr vor.

34 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang der Spruchpunkte 1. bis 3. gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

35 Soweit sich das Revisionsvorbringen auf die anlässlich ihrer Ernennung zur Richterin erfolgte Beförderung der Revisionswerberin oder auf die dadurch erlangte besoldungsrechtliche Stellung bezieht, sind diese nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

36 Ein ausreichend konkretes Vorbringen zur Befangenheit oder Unparteilichkeit der Laienrichter, die im Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden haben, das vom Verfassungsgerichtshof oder im vorliegenden Verfahren nicht bereits rechtskräftig erledigt, nicht verspätet erstattet wurde oder nicht gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot verstößt, wurde in der Revision nicht erstattet.

37 Das Dienstrecht der Richter eines Landesverwaltungsgerichts ist in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache (Art. 21 Abs. 1 B VG), sodass das Land Oberösterreich der Rechtsträger ist, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat.

Der ausdrücklich gegen den „Bund als Rechtsträger des Bundesverwaltungsgerichts bzw. der belangten Behörde“ gerichtete (und sohin keiner Umdeutung zugängliche) Antrag auf Aufwandersatz war daher abzuweisen (vgl. z.B. VwGH 30.10.2023, Ra 2023/09/0084; 13.4.2023, Ra 2022/05/0193).

38 Zu Spruchpunkt 2. des vorliegenden Erkenntnisses:

39 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat eine Revision die Bezeichnung der Rechte zu enthalten, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte). Durch die von der revisionswerbenden Partei vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob durch die angefochtene Entscheidung irgendein subjektives Recht der revisionswerbenden Partei verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 25.4.2024, Ra 2022/12/0016, mwN).

40 Vorliegendenfalls hat sich die Revisionswerberin in ihrer Revision unter der Überschrift „Revisionspunkte“ nur auf Rechte bezogen, die die Verwendungszulage betreffen. Da ein tauglicher Revisionspunkt somit nicht aufgezeigt wurde, war die Revision, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Abweisung der Beschwerde der Revisionswerberin gegen Spruchpunkt 4. (Einstellung des Verfahrens wegen Verletzung der Entscheidungspflicht) des Bescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. November 2021 und ihrer Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. Dezember 2021 (betreffend Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid der Behörde vom 10. November 2021) gemäß § 34 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

41 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 4. September 2024

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