Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede, Hofrätin Dr. Holzinger, Hofrätin Mag. Dr. Pieler und Hofrätin Mag. Dr. Kusznier als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der Mag. a G B in L, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. September 2023, W122 2250937 1/44E, betreffend Verwendungszulage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Die Revisionswerberin war mit Wirkung ab 1. Juli 2003 Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich.
2 Mit Bescheid vom 4. Juli 2003 wurde ihr gemäß § 30a Abs. 2, 4 und 5 Oö. Landesgehaltsgesetz (Oö. LGG), LGBl. Nr. 8/1956 in der damals geltenden Fassung, eine Verwendungszulage im Ausmaß von 32 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V aufgrund und für die Dauer der erhöhten dienstlichen Anforderungen in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich zuerkannt.
3 Mit Wirkung ab 1. Jänner 2014 wurde die Revisionswerberin zur Richterin des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ernannt.
4 Mit vom Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich erlassenem Spruchpunkt I. des Bescheides vom 16. Juni 2014 wurde die Revisionswerberin mit Wirkung ab 1. Juli 2014 auf einen Dienstposten der Dienstklasse VIII in der Verwendungsgruppe A, Höherer rechtskundiger Dienst (A/a 1), ernannt. Mit den von der Oberösterreichischen Landesregierung erlassenen weiteren Spruchpunkten des genannten Bescheides wurde ausgesprochen, es gebühre ihr ab diesem Zeitpunkt das Gehalt der Gehaltsstufe 3 der Dienstklasse VIII. Die nächste Vorrückung werde am 1. Juli 2016 anfallen (Spruchpunkt II.). Schließlich wurde die der Revisionswerberin zuerkannte Verwendungszulage mit Wirkung ab 1. Juli 2014 mit 26 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V neu festgesetzt, das seien derzeit € 620,40 monatlich brutto. Der Mehrleistungsanteil betrage 60 % der Zulage. Damit seien alle Mehrleistungen in zeitlicher Hinsicht abgegolten (Spruchpunkt III.).
5Gegen die Spruchpunkte II. und III. dieses Bescheides erhob die Revisionswerberin eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welches mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 den angefochtenen Bescheid zur Gänze gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behob und „die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz“ zurückverwies.
6Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2018, Ra 2015/12/0008, wurde dieser Beschluss über Revision der Revisionswerberin insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, als damit der vom Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich erlassene Spruchpunkt I. des Bescheides vom 16. Juni 2014, der von der Revisionswerberin nicht bekämpft worden war, aufgehoben und die Angelegenheit diesbezüglich zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen wurde. Im Übrigen wurde die Revision (betreffend die Aufhebung und Zurückverweisung in Ansehung der Spruchpunkte II. und III. des Bescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Juni 2014) zurückgewiesen.
7 Mit Schriftsatz vom 1. November 2021 erhob die Revisionswerberin betreffend die Festsetzung der Verwendungszulage eine Säumnisbeschwerde.
8 Mit Bescheid vom 10. November 2021 sprach die Oberösterreichische Landesregierung (belangte Behörde) Folgendes aus:
„1. Ihre Verwendungszulage wird mit Wirksamkeit ab 01.01.2014 bis zum Ablauf des 31.12.2017 mit 26 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V festgesetzt, wobei damit sämtliche qualitativen und quantitativen Mehrleistungen abgegolten sind.
2. Die darüberhinausgehenden Anträge auf Zuerkennung einer Verwendungszulage im Ausmaß von 32 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V sowie jener auf Nachzahlung aushaftender Beträge samt Verzugszinsen werden abgewiesen.
3. Der Antrag gemäß Punkt 2. Ihrer Stellungnahme vom 04.08.2021 wird wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.
4. Das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird eingestellt.“
9 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ernennung der Revisionswerberin zur Richterin sei Grundlage für die Neubemessung der Verwendungszulage gewesen. Der Gesetzgeber habe mit § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö. LGG, LGBl. Nr. 8/1956 idF LGBl. Nr. 94/2017, eine für Richterinnen und Richter einheitliche Verwendungszulage normiert, wobei die gesetzliche Bestimmung ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Ernennung Bezug nehme. Die Bestimmung sei allgemein formuliert, sie gelte gleichermaßen für anhängige Verfahren und für alle zukünftigen Ernennungen. Die gesetzliche Verankerung der Höhe der Verwendungszulage führe zu keiner Schlechterstellung, „weil die 26 % auch schon davor vollzogen“ worden seien. Im vorliegenden Fall sei im Zeitraum von 1. Jänner bis 30. Juni 2014 ein Übergenuss entstanden. Insoweit sei aber völlig unstrittig ein gutgläubiger Verbrauch angenommen worden, eine Rückforderung unterbleibe. Der Zeitraum der Bemessung der Verwendungszulage sei mit 31. Dezember 2017 zu begrenzen gewesen, weil die Verwendungszulage nach dem Wortlaut des § 30a Abs. 2 Oö LGG seit 1. Jänner 2018 sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unmittelbar kraft Gesetzes gebühre, sodass es keines weiteren Bemessungsaktes bedürfe.
10 Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. Dezember 2021 wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 10. November 2021 abgewiesen.
11 Die Beschwerden der Revisionswerberin gegen die Bescheide der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. November 2021 und 29. Dezember 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht mit „Teilerkenntnis“ vom 18. Jänner 2023 ab.
12Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 2024, Ra 2023/12/0028, wurde dieses „Teilerkenntnis“ über Revision der Revisionswerberin insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als damit die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen Spruchpunkt 1., 2. und 3. des Bescheides vom 10. November 2021 betreffend den Zeitraum von 1. Jänner 2014 bis 31. Dezember 2017 abgewiesen wurde (Spruchpunkt 1.). Soweit sich die Revision gegen die Abweisung der Beschwerden der Revisionswerberin gegen Spruchpunkt 4. des Bescheides vom 10. November 2021 sowie gegen den Bescheid vom 29. Dezember 2021 richtete, wurde diese zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.).
13 Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof zu Spruchpunkt 1. seines Erkenntnisses vom 4. September 2024 aus, dass die gesetzlichen Bestimmungen keine Anhaltspunkte bieten, dass eine rückwirkende Inkraftsetzung des § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö. LGG beabsichtigt war. Ebenso wenig ist den Gesetzesmaterialien eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Inkraftsetzung des § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö. LGG beabsichtigt hätte. Die Verwendungszulage wäre daher für den Zeitraum von 1. Juli 2014 bis 31. Dezember 2017 nach der in diesem Zeitraum geltenden Rechtslage (§ 30a Oö. LGG idF LGBl. Nr. 100/2011) auf Grundlage entsprechender Feststellungen zu bemessen gewesen. Zu Spruchpunkt 2. seines Erkenntnisses führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass sich die Revisionspunkte nur auf die Verwendungszulage bezogen haben. Ein tauglicher Revisionspunkt in Bezug auf die Einstellung des Verfahrens wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Spruchpunkt 4. des Bescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. November 2021) wurde nicht aufgezeigt, weshalb die Revision in diesem Umfang zurückzuweisen war.
14 Mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2022 erhob die Revisionswerberin eine Säumnisbeschwerde und brachte begründend vor, die belangte Behörde habe in Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 10. November 2021 den Zeitraum mit 31. Dezember 2017 begrenzt, obwohl sich ihr Antrag auch auf den darüberhinausgehenden Zeitraum gerichtet habe. Es werde daher beantragt, die Verwendungszulage auch ab dem 1. Jänner 2018 weiterhin mit 32 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V festzusetzen, wobei der Mehrleistungsanteil 60 % der Zulage betrage. Die Nachzahlung der aushaftenden Beträge samt Verzugszinsen sei zuzuerkennen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt.
15 In einer mit 24. April 2023 datierten ergänzenden Stellungnahme führte die Revisionswerberin zusammengefasst aus, dass die Verwendungszulage zu Unrecht von 32 % auf 26 % herabgesetzt worden sei und der am 1. Jänner 2018 in Kraft getretene § 30a Abs. 2 zweiter Satz Oö. LGG auf ihren Fall nicht anwendbar sei, weil ihre Ernennung zur Richterin bereits mit 1. Jänner 2014 erfolgt sei. Die Verminderung der Bezüge würde zudem näher bezeichneter Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) widersprechen.
16 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass „der Beschwerdeführerin als sonstiges Mitglied des Landesverwaltungsgerichts (§ 1 Abs. 2 Z 3 Oö. LVwGG) für das Land Oberösterreich ab dem 01.01.2018 gemäß § 30a Abs. 2 Oö. Landes Gehaltsgesetz eine Verwendungszulage in Höhe von 26 von Hundert des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V zusteht.“ Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
17 Zur Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Verwendungszulage in Höhe von 32 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Revisionswerberin als Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats gebührt habe. Nun sei sie aber Richterin des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, weshalb ihr eine fixe Verwendungszulage nach § 30a Abs. 2 Oö. LGG idF LGBl. Nr. 94/2017 gebühre. Der Anspruch auf Verwendungszulage sei als besoldungsrechtlicher Anspruch zeitraumbezogen zu betrachten, weshalb die Rechtslage im Zeitraum, der anspruchsbegründenden Verwendung maßgebend sei. Zur Begründung der Unzulässigkeit der Revision führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Sach- und Rechtslage sei als geklärt zu betrachten.
18 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren eingeleitet hat. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragte.
19 Die Behandlung der von der Revisionswerberin parallel eingebrachten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof lehnte dieser mit Beschluss vom 1. Dezember 2023, E 3258/2023 6, ab. Begründend führte er aus, „spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob die Feststellung, dass der Beschwerdeführerin als sonstiges Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ab dem 1. Jänner 2018 eine Verwendungszulage iHv. 26 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V zusteht, in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht“, nicht anzustellen.
20 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
21 Die Revisionswerberin rügt im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens die Unterlassung der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Feststellung der Höhe der Verwendungszulage im Zeitraum ab 1. Jänner 2018. Die Erörterung der von ihr vertretenen Rechtsansicht sei somit nicht möglich gewesen. Die Zulässigkeitsbegründung stützt die Revisionswerberin sowohl auf sich aus dem nationalen wie auch aus dem Unionsrecht ergebende Argumente.
22 So sei ihr Gehalt am 1. Juli 2014 nicht in jenem Ausmaß verbessert worden, welches gewährleistet hätte, dass sie durch die Herabsetzung der Verwendungszulage keine Nachteile gehabt hätte. Im zweiten Rechtsgang habe der Verwaltungsgerichtshof auf den Vergleich des Gehalts eines Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenats am 31. Dezember 2013 zum Gehalt einer Richterin des Landesverwaltungsgerichts am 1. Jänner 2014 abgestellt. Zu diesen Zeitpunkten sei das Gehalt aber ohnehin unverändert fortgezahlt worden. Die Wirkung der Ernennung (Beförderung) auf Grund des damals bekämpften Spruchpunkts II. des Bescheids vom 16. Juni 2014 sei erst am 1. Juli 2014 eingetreten. Die Wirkung der Beförderung sei zunächst nur soweit umgesetzt worden, dass es „unter Berücksichtigung der Herabsetzung der Verwendungszulage in jedem zweiten Jahr zu einem Negativbetrag gekommen“ sei. Danach sei es „gestützt auf das Erkenntnis des VwGH vom 19.02.2018, Ra 2015/12/00812, zusätzlich zu einer Einbehaltung eines Teils des Gehalts und rückwirkenden Herabsetzung meiner Gehaltsstufe gekommen, obwohl nur die bereits ab 01.07.2014 herabgesetzte Verwendungszulage weiter gezahlt wurde. Die rechtskräftige Wirkung der Beförderung (siehe VwGH vom 19.02.2018, Ra 2015/12/0008 12) ab 01.07.2014 wurde und wird von der Behörde nach Beendigung des zweiten Instanzenzuges ignoriert.“
23 Betreffend die Nichtberücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben führt die Revisionswerberin das Urteil des EuGH in der Rechtssache C 64/16 an, aus dem sich ergebe, dass die richterliche Besoldung nur aus Staatsinteressen herabgesetzt werden dürfe. Auf „EU-Ebene“ werde auf die Besoldung insgesamt abgestellt und nicht hinsichtlich Verwendungszulage und Gehalt unterschieden. Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH sei „einem richterlichen Gehalt gegenüber jenem eines Beamten der öffentlichen Verwaltung höhere Bestandskraft zuzumessen, sodass dem Dienstgeber bei richterlichen Gehältern nicht dieselbe Gestaltungsfreiheit zukommen kann wie bei jenen von Beamten“. Die Revisionswerberin habe einen Ausgleich zur Herabsetzung des Gehalts durch entsprechende Erhöhung der Verwendungszulage beantragt, weshalb die Zulässigkeit der Revision auch aus diesem Grund zu bejahen sei.
24 Die Revision ist zulässig. Sie ist auch berechtigt.
25 Die Revisionswerberin hat ausdrücklich eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beantragt.
26Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um „civil rights“ oder „strafrechtliche Anklagen“ im Sinn des Art. 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird.
27Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl etwa VwGH 17.9.2024, Ra 2022/12/0148, mwN).
28 Im Kopf der angefochtenen Entscheidung wird zwar die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeführt, eine solche fand jedoch wie sich aus den vorgelegten Akten ergibt in der der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden Beschwerdesache (Verwendungszulage im Zeitraum ab 1. Jänner 2018) nicht statt. Lediglich im Beschwerdeverfahren über den Bescheid vom 10. November 2021 betreffend die Verwendungszulage im Zeitraum vom 1. Juli 2014 bis 31. Dezember 2017 führte das Bundesverwaltungsgericht am 19. Dezember 2022 eine Verhandlung durch (vgl die Niederschrift der mündlichen Verhandlung, Seite 3).
29 Im vorliegenden Verfahren waren Sachverhaltsannahmen betreffend die Höhe der der Revisionswerberin zustehenden Verwendungszulage und damit zusammenhängend ua die Frage, inwiefern die Anwendung des § 30a Oö. LGG idF LGBl. Nr. 94/2017 zu einer Bezugskürzung im Sinne der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten unionsrechtlichen Rechtsprechung im Vergleich zu vor dem 1. Jänner 2018 liegenden Zeiträumen führt, strittig. Bereits in der Beschwerde gegen den Bescheid vom 10. November 2021 und auch in der im Säumnisbeschwerdeverfahren erstatteten Stellungnahme vom 24. April 2023 bezog sich die Revisionswerberin auf Rechtsprechung des EuGH und die darin zum Ausdruck gebrachten Vorgaben für die Besoldung von Richtern. Konkret führte sie das Urteil des EuGH vom 27. Februar 2018 in der Rechtssache C 64/16, Associação Sindical dos Juízes Portugueses , an.
30Das Bundesverwaltungsgericht hat es unterlassen, sich mit dem betreffenden Vorbringen am Maßstab der für die Prüfung des Vorliegens und der allfälligen Rechtfertigung einer Kürzung der Bezüge erforderlichen Kriterien vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 Vertrag über die Europäische Union (EUV) auseinanderzusetzen.
31 Aus der diesbezüglich relevanten Rechtsprechung des EuGH folgt unter anderem, dass eine der Bedeutung der ausgeübten Funktionen entsprechende Vergütung eine wesentliche Garantie für die richterliche Unabhängigkeit darstellt. Die Bezüge von Richtern müssen unter Berücksichtigung des sozioökonomischen Kontexts des betreffenden Mitgliedstaats hoch genug sein, um ihnen eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit zu verschaffen und sie vor der Gefahr von Korruption zu schützen. Bei der Angemessenheit der Bezüge sind neben dem Grundgehalt auch Zulagen und Ausgleichszahlungen zu berücksichtigen. Auch die wirtschaftliche, soziale und finanzielle Situation im betreffenden Mitgliedstaat ist bei der Beurteilung der Angemessenheit der richterlichen Bezüge zu berücksichtigen. Des Weiteren ergeben sich nähere Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Kürzung bisheriger Bezüge von Richtern (vgl zu diesen Kriterien EuGH 27.2.2018, C 64/16, Rn. 45; 7.2.2019, C 49/18, Escribano Vindel , Rn. 66 ff; 25.2.2025, C 146/23 und C 374/23, Sąd Rejonowy w Białymstoku ua , Rn. 57 ff).
32Im Zusammenhang mit der Begründungspflicht der Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass soweit die rechtliche Grundlage einer verwaltungsgerichtlichen oder einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung nicht nur österreichisches Recht, sondern auch (etwa im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung) Unionsrecht sein kann, die nach dem jeweils anzuwendenden Verfahrensrecht bestehende Begründungspflicht gegebenenfalls auch eine Begründung dafür erfordert, weshalb die Anwendung der nationalen Regelung entgegen dem (nicht erkennbar völlig grundlosen) am Unionsrecht orientierten Parteienvorbringen erfolgte. Dies schließt auch die Verpflichtung ein, sich mit den von einer Partei vorgetragenen Bedenken, sofern diese plausibel sind, auseinanderzusetzen. Verlangt die Begründung, weshalb die innerstaatliche Vorschrift entgegen solchen aus dem Blickwinkel des Unionsrechts bestehenden Bedenken angewendet wird, Sachverhaltsfeststellungen, sind diese in diesen Entscheidungen zu treffen (vgl VwGH 7.4.2025, Ra 2023/12/0129, mwN).
33 Da im vorliegenden Fall ausgehend von der wiedergegebenen Rechtsprechung des EuGH sohin der Sachverhalt strittig ist und Tatsachenfeststellungen zu den aufgezeigten Umständen fehlen, welche vor dem Hintergrund des auf Unionsrecht gestützten Vorbringens der Revisionswerberin aber entscheidungserheblich wären, hätte das Bundesverwaltungsgericht nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen.
34Das Verwaltungsgericht hat somit das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war. Bei diesem Ergebnis war auf das weitere Revisionsvorbringen nicht mehr einzugehen.
35Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
36Von der in der Revision beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte vorliegend gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 14. Mai 2025