JudikaturBVwG

W296 2317816-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
21. August 2025

Spruch

W296 2317816-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea FORJAN über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Katharina LANGER, gegen den Bescheid der Österreichischen Ärztekammer vom XXXX , Zl XXXX , zu Recht:

A)

Der Bescheid der Österreichischen Ärztekammer vom XXXX wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit undatiertem, in Folge am XXXX verbessertem und am XXXX eingelangtem Schreiben an die Österreichische Ärztekammer (fortan: belangte Behörde) stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Anrechnung von absolvierten Ausbildungszeiten auf ihre Fachärztinnenausbildung im Ausmaß von 18 Monaten.

2. Mit Verbesserungsauftrag vom XXXX ersuchte die belangte Behörde um Vorlage des Rasterzeugnisses der betreffenden Ausbildungszeiten, da dieses dem Antrag der Beschwerdeführerin nicht angeschlossen war.

3. Am XXXX legte die Beschwerdeführerin das nämliche Rasterzeugnis vom XXXX vor.

4. Mit Parteiengehör vom XXXX ließ die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zusammengefasst wissen, es würden 12 Monate angerechnet werden, da für den restlichen Zeitraum keine Eintragung in die Ärzt:innenliste vorgelegen sei, die Eintragung jedoch Voraussetzung für die Anrechnung sei.

5. Auf das ihr gewährte Parteiengehör replizierte die Beschwerdeführerin am XXXX eingegangen bei der belangten Behörde am XXXX , dahingehend, sie wäre in dem (für die Streitfrage wesentlichen) Zeitraum von sechs Monaten als Ärztin in Vollzeit tätig gewesen, sie sei jedoch nicht dahingehend informiert worden, dass ihr Status (gemeint: ihre Eintragung in die Ärzt:innenliste) nicht vorgelegen sei und würde dieser Formalfehler nicht in ihrem „Bereich“ liegen.

6. Mit Bescheid vom XXXX , zugestellt am XXXX , gab die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Anrechnung von absolvierten Ausbildungszeiten gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 1998/169 idF BGBl I 2024/21 iVm Anlage 37 ÄAO 2006, BGBl II 2006/286 idF BGBl II 2011/259 iVm § 39 Abs. 2 ÄAO 2015, BGBl II 2015/147 idF BGBl II 2023/381 teilweise statt und es wurden ihr 12 Monate angerechnet; die Anrechnung weiterer sechs Monate wurde jedoch versagt.

Dieser Bescheid führt im Kopf die Österreichische Ärztekammer an. In der Rechtsmittelbelehrung wird auf die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hingewiesen, die bei der Österreichischen Ärztekammer einzubringen sei. Der Bescheid ist vom Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer gefertigt und daneben findet sich die Stampiglie der Österreichischen Ärztekammer.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die nunmehr rechtlich vertretene Beschwerdeführerin am XXXX eingegangen bei der belangten Behörde am XXXX , Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und argumentierte dahingehend zusammengefasst, die formale Richtigkeit ihrer Meldung in der Ärzt:innenliste wäre Sache der belangten Behörde oder der Landesärztekammer gewesen und könne ihr diese Säumnis nicht zum Nachteil gereichen.

8. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom XXXX , eingelangt am XXXX , dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von den obigen Ausführungen unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt, insbesondere auch vom Inhalt und äußeren Erscheinungsbild des angefochtenen Bescheides ausgegangen.

Damit steht insbesondere fest, dass der angefochtene Bescheid von der Österreichischen Ärztekammer stammt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid bzw. der Beschwerde, und sind unstrittig.

Die Feststellung, dass der angefochtene Bescheid von der Österreichischen Ärztekammer stammt, ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Ob eine Erledigung einer bestimmten Behörde bzw. welcher Behörde sie zuzurechnen ist, ist anhand des äußeren Erscheinungsbildes, also insbesondere anhand des Kopfes, des Spruches, der Begründung, der Fertigungsklausel und der Rechtsmittelbelehrung, also nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Die Behörde, der die Erledigung zuzurechnen ist, muss aus der Erledigung selbst hervorgehen (VwGH 08.06.2020, Ra 2020/01/0127).

Das Bundesverwaltungsgericht hegt anhand des äußeren Erscheinungsbildes des angefochtenen Bescheides keinen Zweifel daran, dass der Rechtsakt, der die „Österreichische Ärztekammer“ in seinem Kopf nennt und vom Präsidenten gefertigt wurde, wobei neben der Fertigung im Bescheid auch die Stampiglie der „Österreichischen Ärztekammer“ angebracht wurde, und welcher in der Rechtsmittelbelehrung auf die Einbringung der Beschwerde bei der Österreichischen Ärztekammer hinweist, für die Österreichische Ärztekammer gefertigt wurde und diesem Rechtsträger selbst und nicht dem Präsidenten als Behörde zuzurechnen ist.

Dieses Ergebnis findet Bestätigung in der Beschwerde vom XXXX , in welcher die Beschwerdeführerin die Österreichische Ärztekammer als belangte Behörde tituliert.

Kann den Rechtsakten wie im vorliegenden Fall ohne Zweifel entnommen werden, dass sie von der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde erlassen wurden, hätte selbst ein allfälliges Versehen bei der Fertigungsklausel nicht die Unwirksamkeit des Bescheides zur Folge (VwGH 19.05.2020, Ra 2019/14/0317; vgl. auch VwGH 22.02.2012, 2011/06/0187, mwN).

Der hier entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. Das Rechtsmittel richtet sich jedoch gegen einen Rechtsakt, der von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde:

3.3.1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 ÄrzteG 1998 hat die Österreichische Ärztekammer, sofern § 5a nicht zur Anwendung kommt, auf Antrag unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit im Ausland gemäß den entsprechenden ausländischen Aus- oder Weiterbildungsvorschriften absolvierte ärztliche Aus- oder Weiterbildungszeiten auf die jeweils für die Ausbildung zur Ärztin/zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zur Fachärztin/zum Facharzt oder für die Ausbildung in einem Additivfach gemäß der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006 (ÄAO 2006), BGBl. II Nr. 286/2006, oder der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015), BGBl. II Nr. 147/2015, oder für die Spezialisierung gemäß der Verordnung gemäß § 11a Abs. 3 [ÄrzteG 1998] vorgesehene Dauer anzurechnen.

Gemäß § 14 Abs. 3 ÄrzteG 1998 hat die Österreichische Ärztekammer mit Bescheid innerhalb einer Frist von vier Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller den Antrag einschließlich der vollständigen Unterlagen einreicht, zu entscheiden.

Gemäß § 125 Abs. 4 (Anmerkung 1) ÄrzteG 1998 leitet die Präsidentin/der Präsident die Geschäfte der Österreichischen Ärztekammer und fertigt die Geschäftsstücke. Sie/Er entscheidet mit Bescheid in den Verfahren gemäß § 117c Abs. 1 Z 6 [ÄrzteG 1998] sowie gemäß § 4 Abs. 3 Z 3 ÄsthOpG. Die Vertretung der Österreichischen Ärztekammer in Gesellschaften und sonstigen Einrichtungen, an denen diese beteiligt ist, erfolgt durch die Präsidentin/den Präsidenten auf Grundlage der Beschlüsse der zuständigen Organe, wobei die Finanzreferentin/der Finanzreferent beratend beizuziehen ist. Sofern die Präsidentin/der Präsident und die Finanzreferentin/der Finanzreferent derselben Kurie angehören, muss zusätzlich zu diesen ein Mitglied der anderen Kurie beratend beigezogen werden.

Gemäß § 117c Abs. 1 Z 6 ÄrzteG 1998 hat die Österreichische Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich folgende Aufgaben wahrzunehmen: Führung der Ärzt:innenliste sowie Durchführung sämtlicher mit der Ärzt:innenliste und der Berufsberechtigung im Zusammenhang stehender Verfahren einschließlich Besorgung diesbezüglicher Verwaltungsangelegenheiten gemäß den §§ 4 bis 5a, 14, 15, 27 bis 30, 34 bis 37, 39 Abs. 2, 47, 52c, 59, 62 und 63 ÄrzteG 1998.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2024, Ra 2023/11/0065, ausgeführt, dass der Erwähnung der Verfahren nach § 14 ÄrzteG 1998 in der Aufzählung der Zuständigkeiten der Ausbildungskommission in § 128a Abs. 5 Z 1 ÄrzteG 1998 bereits durch die Novelle BGBl. I Nr. 56/2015 zugunsten einer Behördenzuständigkeit des Rechtsträgers Österreichische Ärztekammer materiell derogiert wurde und, dass seit der Ärztegesetz-Novelle 2020, BGBl. I Nr. 86, die Behördenzuständigkeit in diesen Verfahren, bei deren Präsidenten liegt, sodass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer damit zur zuständigen Behörde auch für die Anrechnung von Zeiten ärztlicher Aus- oder Weiterbildung gemäß § 14 ÄrzteG 1998 wurde.

3.3.2. Das bedeutet für die vorliegende Rechtssache Folgendes:

Es steht fest, dass der angefochtene Bescheid vom XXXX , von der Österreichischen Ärztekammer stammt.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war [jedoch] der Präsident der Österreichischen Ärztekammer zur Erlassung dieses Rechtsaktes für die Anrechnung von absolvierten Ausbildungszeiten gemäß § 14 ÄrzteG 1998 zuständig.

Die belangte Behörde, die Österreichische Ärztekammer, hat folglich mit der Erlassung dieses Rechtsaktes eine Zuständigkeit für sich in Anspruch genommen, welche ihr nach dem Gesetz nicht zukam (vgl. VwGH 13.06.2024, Ra 2023/11/0065).

Eine Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Verwaltungsbehörde hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren aufzugreifen und den bekämpften Rechtsakt zu beheben (vgl. VwGH 13.06.2024, Ra 2023/11/0065 unter Hinweis auf VwGH 21.10.2020, Ra 2018/11/0205, mwN; 20.12.2023, Ko 2023/03/0002).

3.3.3. Ergebnis:

Das Bundesverwaltungsgericht hatte folglich den Bescheid der Österreichischen Ärztekammer vom XXXX , ersatzlos zu beheben, um auf diese Weise den Weg für eine Entscheidung durch die zuständige Behörde freizumachen (vgl. neuerlich VwGH 13.06.2024, Ra 2023/11/0065 unter Hinweis auf VwGH 25.6.2019, Ro 2018/10/0028, Rn. 39, unter Hinweis auf VwGH 25.3.2015, Ro 2015/12/0003).

3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, zumal aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.