Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak sowie den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Dr. in Wiesinger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des A K B, vertreten durch die Dkfm. Franz Hafner Wirtschaftstreuhand KG in Klagenfurt, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 26. April 2022, Zl. RV/4100192/2018, betreffend Einkommensteuer 2014 bis 2016, zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Der Revisionswerber übte nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) in der Schweiz eine (nichtselbständige) Tätigkeit als Forstarbeiter aus. Aufgrund der Folgen eines im Jahr 2005 erlittenen Arbeitsunfalls wurde bei ihm ein Grad der Erwerbsunfähigkeit von 33 % nach den Schweizer Bestimmungen ermittelt. Im Streitzeitraum bezog der Revisionswerber u.a. eine Invalidenrente der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) in der Höhe von 12.523,99 € (2014), 14.194,36 € (2015) und 13.956,09 € (2016). Weiters erzielte er nicht streitgegenständliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Betrieb einer Trafik.
2Nach Durchführung einer Außenprüfung unterwarf das Finanzamt in den Einkommensteuerbescheiden vom 22. November 2017 die Bezüge aus der schweizerischen SUVA für die Jahre 2014 bis 2016 der Steuerpflicht. Es ging davon aus, dass diese Bezüge nicht mit jenen aus der inländischen gesetzlichen Unfallversicherung nach dem ASVG vergleichbar und demnach steuerpflichtig seien.
3In der dagegen erhobenen Beschwerde wies der Revisionswerber darauf hin, dass die Sozialversicherungssysteme Österreichs und der Schweiz in Bezug auf den Invaliditätsschutz gleichartig seien, wobei keine Identität der Rechtslage gefordert werde. Die dem Revisionswerber zufließende Invalidenrente aus der Schweiz sei daher gemäß § 3 Abs. 4 Z 1 lit. c EStG 1988 steuerfrei zu behandeln.
4 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin der Revisionswerber die Vorlage der Beschwerde an das BFG beantragte.
5Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte es nach Gegenüberstellung der einschlägigen österreichischen und schweizerischen Rechtsnormen und unter Berücksichtigung näher genannter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Wesentlichen zusammengefasst aus, es würden zwar unzweifelhaft Ähnlichkeiten, u.a. hinsichtlich des Vorliegens eines Arbeitsunfalles bzw. einer Erwerbsunfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung für die Invalidenrente sowie hinsichtlich der Bemessungsgrundlage bestehen. Dennoch lägen maßgebliche Unterschiede hinsichtlich der Ermittlung des Grades der Erwerbsunfähigkeit, der Höhe und Ermittlung der Renten, des Vorliegens einer Deckelung (nur) nach § 178 Abs. 2 ASVG und dem Anspruch auf eine Komplementärrente (Neuberechnung der schweizerischen Invalidenrente mit Anfallen der Altersrente) nach schweizerischem Recht vor. Aufgrund dieser Unterschiede seien die Beträge aus der schweizerischen Invalidenrente nicht mit der österreichischen Versehrtenrente vergleichbar und folglich nicht steuerfrei zu belassen. Die Revision ließ das BFG zu, weil sich der Verwaltungsgerichtshof mit der „Frage der Vergleichbarkeit der schweizerischen Invalidenrente mit der österreichischen Versehrtenrente“ noch nicht auseinandergesetzt habe.
6Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende ordentliche Revision, die sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit dem Ausspruch des Bundesfinanzgerichts nach § 25a VwGG anschließt und im Weiteren Merkmale der beiden Rentensysteme in Bezug auf die österreichische Versehrtenrente und die schweizerische Invalidenrente gegenüberstellt, aus denen der Revisionswerber eine Vergleichbarkeit der Systeme iSd § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 folgert.
7 Das Finanzamt erstattete eine Revisionsbeantwortung.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hatin einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
9 Die Revision ist zulässig; sie ist auch begründet.
10Der Verwaltungsgerichtshof ist mit dem Erkenntnis vom 19. Dezember 2024, Ro 2023/15/0003, zu einem vergleichbaren Revisionsfall zu dem Ergebnis gekommen, dass das schweizerische System der Invalidenrente aus der SUVA und das österreichische System der Versehrtenrente nach dem ASVG grundsätzlich vergleichbar sind, wobei keine völlige Identität der gesetzlichen Ausgestaltung erforderlich ist. Im Rahmen der Beurteilung der Gleichartigkeit der ausländischen Leistung iSd § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 ist die aus dem Ausland bezogene Geldleistung jener gegenüber zu stellen, die beim konkret gegebenen Sachverhalt aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung zu gewähren gewesen wäre. Demnach ist zu prüfen, ob und allenfalls in welcher Höhe der Versicherte aufgrund des gegebenen Sachverhaltes einen Anspruch auf Versehrtenrente nach § 203 ASVG hätte, wäre er im Inland versichert gewesen. Besteht ein solcher Anspruch, so wird die aufgrund desselben Anlassfalles gewährte ausländische Leistung bis zur Höhe der vergleichbaren inländischen Leistung steuerfrei zu belassen sein. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob was streitgegenständlich nicht der Fall sein wird nach österreichischem Recht eine Schwerversehrtenrente zustünde.
11Aus den in jenem Erkenntnis angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, erweist sich auch das hier angefochtene Erkenntnis als rechtswidrig, zumal das BFG in Verkennung der Rechtslage keine solche Gegenüberstellung der konkreten Ansprüche des Revisionswerbers vorgenommen hat.
12Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
13Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. November 2025
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