JudikaturBVwG

W170 2299432-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
11. August 2025

Spruch

W170 2299432-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von mj. XXXX , geb. XXXX , syrischer StA., vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen, diese vertreten durch Bezirkshauptmannschaft Baden, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 09.08.2024, Zl. 1368458801/231794140, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I wird. gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) ist ein minderjähriger, am XXXX geborener, syrischer Staatsangehöriger, dessen Identität feststeht und der in Österreich unbescholten ist.

1.2. Der Beschwerdeführer hat am 09.09.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Behörde) vom 09.08.2024, Zl. 1368458801/231794140, abgewiesen wurde, dem jedoch mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, dieser Spruchpunkt ist in Rechtskraft erwachsen.

Der Bescheid wurde am 16.08.2024 zugestellt, die ausschließlich gegen Spruchpunkt I. gerichtete Beschwerde wurde am 06.09.2024 zur Post gegeben.

1.3. Der Beschwerdeführer ist im Dorf XXXX , Gouvernement Aleppo, geboren und hat sich dort bis zu seinem 6. oder 7. Lebensjahr aufgehalten, er ist in weiterer Folge wegen des Kriegsgeschehens mit seiner Familie innerhalb Syriens geflüchtet, wo er sich an einigen verschiedenen Dörfern, die heute nicht mehr feststellbar sind, aufgehalten hat. Zuletzt hat er sich in Syrien im Dorf XXXX aufgehalten. Seine Eltern und seine in Syrien verbliebenen Geschwister leben inzwischen wieder im Dorf XXXX , das der Beschwerdeführer, wäre es nicht zum Bürgerkrieg in Syrien gekommen, nie verlassen hätte.

Das Dorf XXXX ist in der Hand der Übergangsregierung, ebenso wie das Dorf XXXX .

Der Beschwerdeführer kann das Dorf XXXX als auch das Dorf XXXX erreichen, ohne durch Gebiete reisen zu müssen, die in der Hand anderer Machthaber als der Übergangsregierung sind.

1.4. Im Verfahren vor dem Bundesamt hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass er Angst vor dem Krieg habe. Auch fürchte er, nach Erreichen des 18. Lebensjahres vom Militär im Regime des Assad zwangsrekrutiert zu werden. Das Regime des Assad ist nicht mehr existent und ist dieses nicht in der Lage, Personen für die syrische Armee zwangsweise zu rekrutieren oder anderweitig zu verfolgen.

Nunmehr brachte der Beschwerdeführer vor, im Falle der Rückkehr nach Syrien Angst haben zu müssen, weil mittlerweile das ganze Volk bewaffnet sei, sodass er bei einem Missverständnis oder bei einer Diskussion, in die er wahrscheinlich involviert werde, erschossen werde. Auch fürchte er sich, weil Geheimzellen des ehemaligen Regimes nach wie vor Attentate ausüben würden. Auch sei die Lage in Syrien derzeit sehr gefährlich.

Eine darüber hinausgehende spezifische, den Beschwerdeführer betreffende Verfolgung(sgefahr) hat der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht einmal mehr behauptet.

Selbst wenn der Beschwerdeführer mit der Übergangsregierung in Kontakt kommen sollte, droht ihm seitens dieser keine Verfolgung, insbesondere droht ihm kein Wehrdienst in der (neuen) syrischen Armee oder Repressalien, weil dieser Syrien illegal verlassen und in Österreich einen Asylantrag gestellt hat.

1.5. Zur allgemeinen Lage in Syrien wird festgestellt:

Am 08.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte Aleppo, Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen. Bashar al-Assad hatte friedliche Proteste gegen sein Regime im Jahr 2011 gewaltsam unterdrückt, was zu einem Bürgerkrieg führte. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet, sechs Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen. Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt.

Die HTS wurde ursprünglich 2012 unter dem Namen Jabhat an-Nusra (an-Nusra Front) gegründet, änderte ihren Namen aber 2016 nach dem Abbruch der Verbindungen zur al-Qaida in Hay’at Tahrir ash-Sham. Sie festigte ihre Macht in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo sie ihre Rivalen, darunter Zellen von al-Qaida und des Islamischen Staates (IS), zerschlug. Sie setzte die sogenannte Syrische Heilsregierung (Syrian Salvation Government – SSG) ein, um das Gebiet nach islamischem Recht zu verwalten. Die HTS wurde durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), lokale Kämpfer im Süden und andere Gruppierungen unterstützt. Auch andere Rebellengruppierungen erhoben sich, etwa solche im Norden, Kurdenmilizen im Nordosten, sowie Zellen der Terrormiliz IS. Im Süden trugen verschiedene bewaffnete Gruppierungen dazu bei, die Regierungstruppen aus dem Gebiet zu vertreiben. Lokale Milizen nahmen den größten Teil der Provinz Dara’a sowie die überwiegend drusische Provinz Suweida ein. Die Abteilung für Militärische Operationen (Department for Military Operations – DMO) dem auch die HTS angehört, kontrollierte mit Stand 11.12.2024 70 % des syrischen Territoriums.

Die Macht des Assad-Regimes wurde auf ein Übergangsgremium übertragen, das vom Premierminister der SSG, Mohammed al-Bashir, geleitet wurde. Al-Bashir kündigte am ersten Tag seiner Ernennung an, dass die Prioritäten seiner Regierung folgende seien: Gewährleistung von Sicherheit, Bereitstellung von Dienstleistungen und Aufrechterhaltung der staatlichen Institutionen. Am 29.1.2025 wurde de-facto-Herrscher Ahmed ash-Shara’ zum Übergangspräsidenten ernannt.

Die Übergangsregierung ließ laut Medienberichten die Verwaltungsbeamten auf ihren Posten. Eine diplomatische Quelle eines europäischen Staates wiederum berichtet von einer Beurlaubung aller Staatsbeamten: Durch die Beurlaubung aller Staatsbeamter gibt es in Syrien zwar nun (interimistische) Minister, aber kaum Beamte, soll heißen, keine funktionierende Verwaltung. Mit ganz wenigen Ausnahmen stehen die Ministerien leer. Die einzigen Ordnungskräfte sind diejenigen Gruppen, die aus Idlib mitgekommen sind und die sich – personell überlastet – um ein Minimum an Ordnung in den Städten bemühen. Die kommunale Versorgung ist nicht vorhanden bzw. derzeit auf Privatinitiativen reduziert. In Damaskus und anderen Orten kam es häufig zu Gewaltausbrüchen, weil Polizei und Armee nicht über genügend Personal verfügen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Straßen sind oft mit Müll übersät, und anstelle der Polizei leiten Teenager den Verkehr.

Alle Minister der Übergangsregierung waren aus dem 7. Kabinett der SSG, das im Februar 2024 ernannt worden war. Ash-Shara’ und der Interims-Premierminister haben Loyalisten zu Gouverneuren in mehreren Provinzen und zu Ministern in der Übergangsregierung ernannt (ISW 19.12.2024).

Die Regierung hat keinen Zeitplan für die Durchführung von Wahlen festgelegt. Ash-Shara’ stellte am 16.12.2024 fest, dass Syrien nicht bereit für Wahlen sei.

Die Amtszeit der Übergangsregierung wurde bis März 2025 festgesetzt. Am 29.03.2025 ernannte der Präsident die neue syrische Regierung. Diese besteht aus Technokraten, ethnischen Minderheiten und mehreren engen Vertrauten ash-Shara’s. Fast die Hälfte der Ernannten steht in keiner Verbindung zur HTS. Unter den Ernannten ist eine Frau, ein Angehöriger der drusischen Minderheit, ein Kurde und ein Alawit. Keiner davon erhielt ein wichtiges Ressort. Syrien-Experte Fabrice Balanche erklärte, dass wichtige Ressorts an „ehemalige Mitstreiter vergeben wurden, die bereits Teil der Syrischen Heilsregierung in der Provinz Idlib“ im Nordwesten Syriens waren.

Die Kurden im Nordosten Syriens stellen sich gegen die neu vorgestellte syrische Regierung. Das Kabinett spiegele nicht die Vielfalt des Landes wider, teilte die Demokratische Autonome Verwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) mit. Man sehe sich daher nicht an die Entscheidungen der neuen Regierung gebunden. Obwohl der neuen Regierung mit Bildungsminister Mohammad Turko ein Kurde angehört, sind keine Vertreter der DAANES ins neue Kabinett berufen worden. Einige Kritiker weisen auf die Diskrepanz zwischen ash-Shara’s Rhetorik bei Treffen mit internationalen Vertretern und dem vermeintlichen Fehlen eines integrativen Diskurses mit einheimischen Akteuren hin.

Syrien steht auf der US-amerikanischen Liste der Länder, die den Terrorismus unterstützen und HTS wird von der Europäischen Union, der Türkei und den USA als ausländische terroristische Organisation eingestuft (AJ 15.12.2024a). HTS wurde im Mai 2014 auf die Terrorliste der UN gesetzt, als der Sicherheitsausschuss zu dem Schluss kam, dass es sich um eine terroristische Organisation mit Verbindungen zur al-Qaida handelt. Sie unterliegen drei Sanktionsmaßnahmen: Einfrieren von Vermögenswerten, Reiseverbot und Waffenembargo. Das bedeutet, dass international von allen Mitgliedstaaten erwartet wird, dass sie diese Maßnahmen einhalten. Um HTS nicht mehr als Terrororganisation zu listen, müsste ein Mitgliedstaat die Streichung von der Liste vorschlagen, und dieser Vorschlag würde dann an den zuständigen Ausschuss des Sicherheitsrats weitergeleitet. Der Ausschuss, der sich aus Vertretern aller 15 Länder zusammensetzt, die den Sicherheitsrat bilden, müsste dann einstimmig beschließen, den Vorschlag zu genehmigen. Die internationale Gemeinschaft akzeptierte in bilateralen und multilateralen Formaten, dass HTS, trotz ihrer Einstufung als terroristische Vereinigung, einen Platz am Verhandlungstisch benötigt.

Ash-Shara’s Regierung kontrolliert begrenzte Teile Syriens, darunter die meisten westlichen Städte und Teile des ländlichen Raums.

Nordostsyrien wird von einer Kombination aus den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (Syrian Democratic Focres - SDF) und arabischen Stammeskräften regiert. Die SDF führen Gespräche mit ash-Shara’, bleiben aber vorsichtig, was seine Absichten angeht. Nord-Aleppo wird von der von der Türkei unterstützten Syrischen Übergangsregierung kontrolliert. Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen innerhalb der SNA kontrollieren Teile Nordsyriens nahe der türkischen Grenze, darunter ’Afrin, Suluk und Ra’s al-’Ain. Diese Gebiete hat die SNA 2018 und 2019 von den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (Syrian Democratic Forces - SDF) erobert. Am 29.01.2025 zwang die Türkei den Anführer dieser Gruppe, Sayf Abu Bakr, nach Damaskus zu reisen und dem neuen Präsidenten persönlich zu gratulieren, aber dies ist das einzige Zugeständnis, das er ash-Shara’ bisher gemacht hat. Die beiden Anführer haben eine lange Geschichte gegenseitiger Feindseligkeit, insbesondere da viele Kämpfer der Syrischen Nationalarmee Veteranen des blutigen Krieges sind, den HTS 2017 bis 2020 um die Kontrolle über die Provinz Idlib führte. Südsyrien wird von einer halbunabhängigen Struktur in Suweida zusammen mit ehemaligen Oppositionsgruppen in Dara’a kontrolliert. Im Euphrat-Tal ist die Loyalität der sunnitischen Stämme gegenüber HTS weniger sicher, während in Dara’a die vom ehemaligen Rebellen Ahmad al-’Awda und anderen südlichen Fraktionen kontrollierten Truppen sich der Integration in die neue syrische Armee widersetzen. Anfang Jänner 2025 hinderten lokale Gruppierungen, die in der Provinz Suweida operieren, einen Militärkonvoi der DMO an der Einfahrt in die südsyrische Provinz. Quellen erklärten gegenüber Al Jazeera, dass die Entscheidung auf Anweisung des geistlichen Oberhaupts der monotheistischen Gemeinschaft der Drusen, Hikmat al-Hijri, getroffen wurde, der betonte, dass keine militärische Präsenz von außerhalb der Provinz erlaubt sei. Die Quellen erklärten, dass der Militärkonvoi in die mehrheitlich drusische Provinz Suweida kam, ohne sich vorher mit den lokalen Gruppierungen in der Provinz abzustimmen. Etana zufolge soll die HTS zunehmend versucht haben, ihre Macht und militärische Reichweite in der gesamten Provinz Dara’a und im weiteren Süden Syriens auszunutzen, was zu Spannungen mit Ahmad al-’Awda führte. In intensiven Verhandlungen im Gebäude des Gouvernements Dara’a wurde die Auflösung sowohl des 5. Korps als auch der Gruppen von Ahmad al-’Awda (die einst die 8. Brigade des 5. Korps bildeten) sowie anderer ehemaliger Oppositionsgruppen aus der Stadt Dara’a und at-Tafas angestrebt. Während HTS die Integration aller ehemaligen Oppositionsgruppen unter einem neuen Verteidigungsministerium nach al-Assad anstrebt, wuchs der Druck auf al-’Awda, der sich unter den bisherigen Bedingungen gegen die Auflösung gewehrt hatte. Am 13.04.2025 gab die Gruppierung dem politischen und militärischen Druck schließlich nach und ihre Auflösung bekannt. Die Waffen werden an die Regierung übergeben, schwere Waffen wurden von den Sicherheitskräften der Regierung beschlagnahmt.

Ash-Shara’s politisches Projekt eines zentralisierten Syriens steht im Widerspruch zur aktuellen Realität vor Ort. Er glaubt, dass der Föderalismus die „Nation“ spalten könnte – eine Auffassung, die zum Teil auf der antiisraelischen Stimmung in der syrischen Bevölkerung beruht.

Als Teil des Übergangs von der Revolution zum Staatsaufbau arbeitet die neue syrische Regierung daran, diesen Aufbau zu stärken und zu konsolidieren, indem sie eine nationale Armee aufbaut, die alle militärischen Formationen und Gruppierungen umfasst, die sich aufgrund bestimmter Umstände und Fakten während der syrischen Revolution gebildet haben.

Zur Situation von Minderjährigen wird festgestellt:

UNICEF zufolge benötigen 7,5 Millionen Kinder humanitäre Hilfe, 6,4 Millionen benötigen dringend Schutz, weil Unsicherheit und wirtschaftliche Not die Verletzung von Kinderrechten, Angst und Not vertiefen. 3,7 Millionen Kinder benötigen Ernährungshilfe. Mehr als 2,4 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule und eine Million weitere Kinder laufen Gefahr, die Schule abzubrechen. Dadurch sind sie einem höheren Risiko von Kinderarbeit, Kinderheirat, Menschenhandel sowie Rekrutierung und Einsatz durch Konfliktparteien ausgesetzt. Mehr als 650.000 Kinder zeigen Anzeichen von Wachstumsstörungen aufgrund schwerer Unterernährung.

Nach dem Sturz des Assad-Regimes ist das Schicksal von Hunderten von Kindern, die nach der Verhaftung ihrer Eltern verhaftet oder in Waisenhäuser gebracht wurden, weiterhin unklar. Das Medienbüro des syrischen Ministeriums für Soziales und Arbeit teilte mit, dass es mehrere geheime Bücher gefunden habe, die von den Sicherheitsbehörden während der Herrschaft al-Assads verschickt wurden und die die Überführung einer Reihe von Kindern in Waisenhäuser betreffen. Einige Mitarbeiter von Waisenhäusern haben zugegeben, dass eine Reihe von Kindern zu ihnen gebracht wurde und dass die Kinder manchmal aufgefordert wurden, die Namen ihrer Eltern zu ändern oder sie als verstorben zu registrieren.

Kinder sind der Gefahr von Landminen und Blindgängern in besonderem Maße ausgesetzt. Oft werden Blindgänger mit Spielzeug verwechselt oder stellen Gegenstände dar, die Kinder neugierig machen. Seit 2020 sind mehr als 1.260 Kinder durch Kampfmittelreste getötet worden. In den letzten neun Jahren passierten 422.000 Zwischenfälle mit Blindgängern, bei der Hälfte davon waren Kinder involviert. 2024 wurden 116 Kinder durch nicht explodierte Munition oder Minen getötet oder verletzt. Blindgänger sind die Hauptursache für Opfer unter Kindern. Schätzungen zufolge sind fünf Millionen Kinder im ganzen Land gefährdet.

Über zwei Millionen Kinder gehen nicht zur Schule, und viele Schulen wurden zerstört oder beschädigt. Der Bildungssektor steht aufgrund der Zerstörung der Infrastruktur und des wirtschaftlichen Drucks vor erheblichen Hindernissen, was zu hohen Abbrecherquoten führt, insbesondere bei Mädchen. Viele Familien ziehen es vor, anstatt ihre Kinder zur Schule zu schicken, sie arbeiten zu lassen, um mit der wirtschaftlichen Not fertig zu werden. 35 % der Kinder im schulpflichtigen Alter besuchen keine Schule, was durch die Zerstörung der Infrastruktur und den wirtschaftlichen Druck noch verschärft wird. Das bedeutet, dass mehr als 2,4 Millionen Kinder keine Bildungschancen haben, während mehr als eine Million Kinder einem ähnlichen Risiko ausgesetzt sind.

Flüchtlingskinder sehen sich großen Hindernissen für den Schulbesuch gegenüber, darunter überfüllte Lager, unzureichende Ressourcen und begrenzter Zugang zu Schulmöglichkeiten. Die Mehrheit der Lager in Nordwestsyrien, in den Gouvernements Aleppo und Idlib haben keine Schule. Meistens aufgrund einer niederen Anzahl an Lagerbewohnern in einigen Lagern gibt es möglicherweise alternative Bildungsprogramme oder die Kinder pendeln zur Schule in nahe gelegene Städte. Nur 40 % der Schulen verfügen über ausreichend Trinkwasser. Andererseits verfügen nur 35 % über ausreichend Toilettenwasser. Die Studie ergab eine vielfältige Bildungslandschaft in Lagerschulen, wobei die meisten den ersten und zweiten Zyklus der Grundbildung anbieten und nur sehr wenige bis zur Sekundarstufe reichen, was dazu führt, dass viele Schüler im Sekundarschulalter Schulen außerhalb der Lager besuchen.

Das Bildungsministerium unter der Leitung des neu ernannten Ministers al-Qadri kündigte am 01.01.2025 umfassende Reformen des nationalen Lehrplans an, die eine breite Debatte ausgelöst haben. Die vorgeschlagenen Reformen, die alle Bildungsstufen betreffen, beinhalten erhebliche Überarbeitungen, wie die Streichung von Inhalten, die mit dem gestürzten Assad-Regime in Verbindung stehen, die Umformulierung von Passagen über Götter in Geschichte- und Philosophiebüchern, die Umschreibung oder Streichung des Fachs Englisch, das Ersetzen des Fachs „Nationale Bildung“ durch das Fach „Islamische oder Christliche Religionslehre“. Die abgeänderten Lehrpläne sollen bestehen bleiben, bis Fachausschüsse gebildet werden, um die Lehrpläne zu überarbeiten. Im Gouvernement Suweida wurde daraufhin zu Protesten aufgerufen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zu 1.1. ergibt sich vor allem auf Grund des vorliegenden Personalregisterauszugs (samt Foto) und der eingeholten Strafregisterauskunft, die Feststellung zu 1.2. aus der im Verfahren unwidersprochen vorgehaltenen Aktenlage.

2.2. Die Feststellungen zu 1.3. ergeben sich, hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer aus dem Dorf XXXX stammt, aus seinen gleichbleibenden, glaubhaften Behauptungen.

Auch ist glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer sich im Dorf XXXX bis zu seinem 6. oder 7. Lebensjahr aufgehalten hat.

Ebenso ist glaubwürdig und wird der Entscheidung als wahr unterstellt, dass der Beschwerdeführer das Dorf XXXX nur wegen der Kriegswirren verlassen hat und er in weiterer Folge wegen des Kriegsgeschehens mit seiner Familie innerhalb Syriens geflüchtet ist.

Auf Grund des Alters des Beschwerdeführers ist auch glaubhaft, dass dieser heute nicht mehr weiß, wo er sich während der internen Flucht in Syrien überall aufgehalten hat; gleichbleibend hat er geschildert, dass er sich zuletzt in Syrien im Dorf XXXX aufgehalten.

Dass seine Eltern und seine in Syrien verbliebenen Geschwister inzwischen wieder im Dorf XXXX leben, ist im Lichte der obigen Angaben und der Lageänderung in Syrien lebensnahe und kann daher der Entscheidung unterstellt werden, zumal der Beschwerdeführer angegeben hat, Kontakt mit seiner Familie zu haben.

Dass das Dorf XXXX ebenso wie das Dorf XXXX in der Hand der Übergangsregierung ist, ergibt sich aus einer am 26.06.2025 durchgeführten Nachschau auf https://syria.liveuamap.com/ und https://www.cartercenter.org; der Beschwerdeführer hat dies auch ausdrücklich bestätigt.

Dass der Beschwerdeführer das Dorf XXXX auch das Dorf XXXX erreichen kann, ohne durch Gebiete reisen zu müssen, die in der Hand anderer Machthaber als der Übergangsregierung sind, ergibt sich aus den Länderberichten; etwa aus dem UNHCR Regional Flash Update #28, Syria situation crisis, 22 May 2025. Dass das Dorf XXXX auch das Dorf XXXX nach einem entsprechenden Grenzübertritt oder einer Einreise am Flughafen von Damaskus dann erreichbar ist, ohne durch Gebiete reisen zu müssen, die in der Hand anderer Machthaber als der Übergangsregierung sind, ergibt sich – nach einer entsprechenden Verortung des Dorfes – aus dem Kartenmaterial in den in das Verfahren eingeführten Länderquellen (siehe etwa Länderinformation der Staatendokumentation, Syrien, Version 12 vom 08.05.2025, S. 13).

2.3. Die Feststellungen zu 1.4. ergeben sich hinsichtlich der Aussagen des Beschwerdeführers vor der Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht aus den Niederschriften der Erstbefragung, der behördlichen Einvernahme und der verwaltungsgerichtlichen Verhandlung sowie – ergänzend – aus der Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid.

Hinsichtlich der Feststellungen, dass das Regime des Assad in Syrien nicht mehr existiert, ist einerseits darauf zu verweisen, dass dies notorisch ist und andererseits auf die Beweiswürdigung unter 2.4. (bzw. zu 1.5.) zu verweisen.

Dass der Beschwerdeführer seitens der Übergangsregierung keine Verfolgung zu befürchten hat, insbesondere auch keine Zwangsrekrutierung oder weil dieser Syrien illegal verlassen und in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Wie sich aus der Anfragebeantwortung zu Syrien von ACCORD hinsichtlich der Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen vom 21.03.2025 (ab S. 2), ergibt, haben mehrere Quellen schon im Februar 2025 berichtet, dass der Präsident der syrischen Übergangsregierung, Ahmed Al-Scharaa, erklärt hat, dass er die Wehrdienstpflicht abgeschafft hat und stattdessen auf freiwillige Rekrutierung setzt. Es wurde weiters berichtet, dass sich tausende Freiwillige der neuen Armee anschließen würden, Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere würden mittels intensiver Programme rekrutiert, die von traditionellen akademischen Standards und Trainingsstandards abweichen würden. Dies habe den Zweck, die Ausbildung der Militär- und Sicherheitskräfte zu beschleunigen, um den Bedarf des neuen Staates zu decken (SCI, ohne Datum). Die Bedingungen für den Eintritt in die Reihen des Verteidigungsministeriums der Übergangsregierung sind wie folgt festgelegt worden: Interessierte können sich bis 15.02.2025 in der Rekrutierungsabteilung anmelden. Voraussetzung ist, dass Bewerber ledig, zwischen 18 und 22 Jahre alt sind, keine chronischen Erkrankungen haben und nicht verletzt sind. Für eine Anmeldung sind zwei Fotos, eine Kopie des Personalausweises sowie, sofern vorhanden, eine Kopie des Nachweises über einen akademischen Abschluss vorzulegen. Ähnliche Informationen finden sich in den zwei Facebook-Beiträgen der Facebook-Seite „Al Arabiya Syria“ und der Facebook-Seite „Nachrichten des freien Syrien“ („Achbar Suriya al-Hurra“). Hinsichtlich des Rekrutierungsprozesses für die neuen syrischen Militär- und Sicherheitsinstitutionen, wie die Polizei sowie Kriminal- und Geheimdienste, die sich von Gouvernement zu Gouvernement unterscheiden, wurde weiters berichtet, dass das Innenministerium der Übergangsregierung verkündet, dass Anmeldungen zum Eintritt in die Polizeiakademie begonnen haben. Die Kurse, die einen Eintritt in die Reihen der Polizei und Dienste der öffentlichen Sicherheit ermöglichen sollen, haben in fast allen Gouvernements begonnen. Bewerber haben zwischen 20 und 30 Jahre alt zu sein, einen Sekundarschulabschluss oder einen entsprechenden Abschluss vorzuweisen, die vorgeschriebenen Kurse zu absolviert, unbescholten sowie gesund und von guter Statur zu sein. Sie haben zudem körperlich fit zu sein und müssten mindestens 168 cm groß sein.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass in einem Artikel von Ende Februar 2025 Syria TV von Gerüchten berichtet hat, denen zufolge die Übergangsregierung in den Gouvernements Tartus und Latakia Männer zum Militärdienst rekrutiert und zwangsverpflichtet habe. Auf Facebook-Seiten, die der Quelle zufolge von Medienfachleuten betrieben würden, die der Assad-Regierung naheständen, sei berichtet worden, dass Sicherheitskräfte in den Städten Dschableh, Baniyas und Qardaha Checkpoints aufgestellt und Personen mit Statusregelungsausweisen („Bidaqat Taswiya“) festgenommen hätten. Allerdings haben offizielle Quellen des Gouvernements Tartus den Verantwortlichen der Rekrutierungsabteilung der Stadt Baniyas zitiert, der diese Gerüchte vehement abgestritten und darauf hingewiesen hat, dass der Militärdienst nunmehr auf Freiwilligkeit aufbaut.

Auch aus der Länderinformation der Staatendokumentation, Syrien, Version 12 vom 08.05.2025, ergibt sich, dass einerseits die von Islamisten angeführte Rebellenallianz eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen verkündet und diesen Sicherheit garantiert sowie jegliche Übergriffe auf sie untersagt hat und andererseits der HTS-Anführer ash-Shara’ in einem Facebook-Post angekündigt hat, dass die Wehrpflicht der Armee abgeschafft wird, außer für einige Spezialeinheiten und „ für kurze Zeiträume“ (S. 140).

Auch dem Bericht von EUAA Interim Country Guidance: Syria vom Juni 2025 (S. 29 f) ist zu entnehmen, dass Wehrdienstverweigerer aus der Assad-Ära im Allgemeinen keine begründete Furcht vor Verfolgung haben.

Daher ist in einer Gesamtbetrachtung davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer seitens der Übergangsregierung keine zwangsweise Rekrutierung zum neuen syrischen Militär (unabhängig von deren rechtlicher Einordnung) droht.

Auch finden sich keine Berichte, dass die Übergangsregierung die (damals) illegale Ausreise aus dem Syrien des Assad oder die Antragstellung in Europa pönalisiert, obwohl inzwischen tausende Personen, die in die Nachbarländer geflohen sind (siehe UNHCR: Regional Flash Update #28, Syria situation crisis, 22.05.2025 und UNHCR: Regional Flash Update #29, Syria situation crisis, 30.05.2025), nach Syrien zurückgekehrt sind; es ist im Übrigen nicht nachvollziehbar, wie die syrische Regierung von der Antragstellung in Österreich erfahren soll, zumal die österreichischen Behörden diese Information nicht an die syrischen Behörden weitergeben dürfen.

Auch ergibt sich aus den Berichten kein Hinweis, dass der der Mehrheitsbevölkerung angehörende Beschwerdeführer, der politisch vollkommen unauffällig ist, aus anderen Gründen eine Verfolgung durch die Übergangsregierung droht.

2.4. Die Feststellungen zur allgemeinen Situation in Syrien nach dem Sturz des Regime des Assad (bzw. zu 1.5.) ergeben sich aus dem den Parteien in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen Länderberichte, insbesondere aus der Länderinformation der Staatendokumentation, Syrien, Version 12 vom 08.05.2025.

Ebenso stützen sich die Feststellungen zur Situation Minderjähriger auf die in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen Länderberichte, insbesondere aus der Länderinformation der Staatendokumentation, Syrien, Version 12 vom 08.05.2025, S. 216 ff.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 3 AsylG 2005 ist einem Asylwerber auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesem im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht, diesem keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder – im Falle der Staatenlosigkeit – der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall hinsichtlich des Beschwerdeführers zweifellos Syrien, da dieser die syrische Staatsangehörigkeit besitzt.

3.2. Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Absch. A Z 2 GFK droht (VwGH 11.01.2023, Ra 2020/19/0363). Bedingung für die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 1 Absch. A GFK ist damit das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen den in der Konvention genannten Gründen der Verfolgung und den Verfolgungshandlungen oder dem fehlenden Schutz vor solchen Handlungen (VwGH 14.09.2022, Ra 2022/20/0028, VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001 mwN).

Unter Verfolgung ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Status-RL zu verstehen. Um als Verfolgung im Sinne des Art. 1 Absch. A der GFK zu gelten, muss eine Handlung aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Art. 9 Abs. 1 lit. A Status-RL). Verfolgung liegt darüber hinaus vor, wenn sie in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Art. 9 Abs. 1 lit. A Status-RL beschriebenen Weise betroffen ist (Art. 9 Abs. 1 lit. B Status-RL).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Absch. A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (statt vieler nur VwGH 19.04.2023, Ra 2022/14/0056 mwN).

Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als „Verfolgung“ im Sinn des Art. 1 Absch. A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 Status-RL). Ob dies der Fall ist, hat die Behörde bzw. dieser nachfolgend das Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (VwGH 16.12.2021, Ra 2021/18/0387). Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Asylstatus zum einen nicht zwingend erforderlich, dass bereits in der Vergangenheit Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist eine solche „Vorverfolgung“ für sich genommen auch nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob die betroffene Person vor dem Hintergrund der zu treffenden aktuellen Länderfeststellungen im Zeitpunkt der Entscheidung bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (VwGH 14.09.2022, Ra 2022/20/0028 mwN).

Die Prüfung nach einem Antrag auf internationalen Schutz hat in zwei getrennten Prüfschritten zu vollziehen. Der erste Prüfschritt betrifft die Feststellung der tatsächlichen Umstände, die Beweise zur Stützung des Antrags darstellen können, während der zweite Abschnitt die rechtliche Würdigung dieser Umstände betrifft, die in der Entscheidung besteht, ob die in den Art. 9 und 10 oder 15 Status-RL vorgesehenen materiellen Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes in Anbetracht der Umstände, die einen konkreten Fall auszeichnen, erfüllt sind (soweit schon zur früheren Rechtslage EuGH 22.11.2012, C-277/11). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beurteilung des rechtlichen Begriffs der Glaubhaftmachung auf der Grundlage positiv getroffener Feststellungen von Seiten der erkennenden Behörde vorzunehmen, im Fall der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können derartige positive Feststellungen von der Behörde nicht getroffen werden (VwGH 13.01.2022, Ra 2021/14/0386 mwN). Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009). Den Richtlinien des UNHCR ist indes besondere Beachtung im Sinne einer Indizwirkung zu schenken. Die Verpflichtung zur Beachtung der von UNHCR und EUAA [vormals: EASO] herausgegebenen Richtlinien ergibt sich aus dem einschlägigen Unionsrecht, doch sind die Asylbehörden nicht an entsprechende Empfehlungen von UNHCR und EUAA gebunden (VwGH 03.07.2023, Ra 2023/14/0182 mwN).

3.3. Die Bestimmung der Heimatregion des Asylwerbers ist Grundlage für die Prüfung, ob ihm dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht und ob ihm – sollte dies der Fall sein – im Herkunftsstaat außerhalb der Heimatregion eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht (VwGH 25.08.2022, Ra 2021/19/0442 mwN), wobei hier die erfolgte rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz durch die Behörde wegen einer diesbezüglichen relevanten Änderung der Tatsachenlage einer Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht mehr entgegen steht (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/18/0054), insbesondere, da – so im Herkunftsgebiet oder am Weg dorthin dem Beschwerdeführer eine relevante Verfolgung droht – sich die Lage in Syrien im Dezember 2024 und somit seit Ablauf des 13.09.2024 (Rechtskraft des Spruchpunktes II. des Bescheides, mit dem dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist) entscheidend verändert hat. Für den Fall, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsgebiet oder am Weg dorthin eine relevante Verfolgung droht, wäre daher zu prüfen, ob ihm in einem (anderen) Teil seines Herkunftsstaates, etwa in einem nicht vom allfälligen Verfolger kontrollierten Gebiet, vom Staat oder – relevanter – sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, wobei Schutz gewährleistet ist, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

3.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits dargelegt, dass zur Bestimmung der Heimatregion der Frage maßgebliche Bedeutung zukommt, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat (VwGH 09.03.2023, Ra 2022/19/0317 unter Verweis auf VwGH 25.08.2022, Ra 2021/19/0442; VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0192).

Der Beschwerdeführer stammt wie festgestellt aus Dorf XXXX , Gouvernement Aleppo. Dieses ist sein Herkunftsgebiet, weil er dieses Dorf nur wegen der Kriegssituation in Syrien verlassen hat, und nicht zu erkennen ist, dass er sich woanders sozial entsprechend integriert hätte, insbesondere lebt nunmehr – nach Ende des Regime des Assad – auch die Familie des Beschwerdeführers wieder im Dorf XXXX .

3.5. Im Erkenntnis vom 04.07.2023, Ra 2023/18/0108, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass gemäß § 3 AsylG 2005 einem Fremden, der in Österreich einen (zulässigen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Die für die Asylgewährung erforderliche Verfolgungsgefahr ist daher in Bezug auf den Herkunftsstaat des Asylwerbers zu prüfen (unter Hinweis auf VwGH 02.02.2023, Ra 2022/18/0266), nicht bloß in Bezug auf den Herkunftsort. So habe sich die Entscheidung etwa damit auseinanderzusetzen, wie der Asylwerber seinen bzw. ihren Herkunftsort erreichen könne (siehe auch VwGH 26.09.2023, Ra 2023/18/0328). Allerdings kommt es aus asylrechtlicher Sicht nicht darauf an, ob die Einreise in einen verfolgungssicheren Landesteil aus der Sicht des potentiellen Verfolgers legal stattfindet, sondern nur, ob die den Grenzübergang beherrschenden Autoritäten eine Einreise in das sichere Gebiet zulassen (VwGH 10.06.2024, Ra 2024/01/0003).

3.6. Im Sinne des oben ausgeführten ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer eine nachvollziehbare Befürchtung einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr in Syrien zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt glaubhaft gemacht hat. Dazu ist zuerst die Situation im Herkunftsgebiet, also im Dorf XXXX – zu beleuchten und – droht dort keine asylrelevante Verfolgung – die Situation am (innersyrischen) Rückkehrweg zu untersuchen.

Das Dorf XXXX , also das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, ist, wie festgestellt, unter Kontrolle der Übergangsregierung. Auch ist es dem Beschwerdeführer möglich, von der Grenze aus dem Libanon oder vom Flughafen von Damaskus kommend, in sein Herkunftsgebiet zu reisen, ohne Gebiete passieren zu müssen, die nicht unter Kontrolle der Übergangsregierung sind. Es muss daher nur geprüft werden, ob der Beschwerdeführer von der Übergangsregierung verfolgt wird.

Eine Verfolgung durch diese wurde aber weder behauptet noch glaubhaft gemacht und ist auch sonst nicht zu erkennen, zumal der der Beschwerdeführer nunmehr im Falle der Rückkehr nach Syrien (lediglich) Angst habe, weil mittlerweile das ganze Volk bewaffnet sei, sodass er bei einem Missverständnis oder bei einer Diskussion, in die er wahrscheinlich involviert werde, erschossen werde. Auch fürchte er sich, weil Geheimzellen des ehemaligen Regimes nach wie vor Attentate ausüben würden. Auch sei die Lage in Syrien derzeit sehr gefährlich. Dies alles stellt aber mangels eines Bezugs zur Rasse (Ethnie), Religion, Nationalität, sozialen Gruppe des Beschwerdeführers oder zu dessen politischer Gesinnung keine asylrelevante Verfolgung dar; allfällige Bedrohungen seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK sind durch die Gewährung des subsidiären Schutzes abgedeckt.

Auch ist den Feststellungen zu 1.5. zu entnehmen, dass das Leben Minderjähriger in Syrien zwar schwierig ist und möglicherweise seine Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK verletzen würde, eine asylrelevante Verfolgung aus diesen aus den Folgen des Krieges sich ergebenden, jedermann treffenden Umstände, ist aber nicht zu erkennen.

Das Regime des ehemaligen Präsidenten Assad, das den Beschwerdeführer möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt zum Militärdienst eingezogen hätte, ist hiezu nicht mehr in der Lage; die Übergangsregierung hat den Militärdienst ausgesetzt.

Dem Beschwerdeführer ist es daher insgesamt nicht gelungen zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Daher ist die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Auf Grund der unter A) dargestellten Rechtsprechung und mangels der Glaubhaftmachung einer Verfolgung ist die Revision nicht zulässig.

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