JudikaturBVwG

W269 2301380-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
24. April 2025

Spruch

W269 2301380-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth MAYER-VIDOVIC als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSER und Peter STATTMANN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse vom 13.06.2023 betreffend den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe ab 23.05.2023 beschlossen:

A) Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse (im Folgenden: AMS) vom 13.06.2023 wurde ausgesprochen, dass der Bezug der Notstandshilfe gemäß § 24 Abs. 1 iVm §§ 38 und 49 AlVG wegen der Unterlassung einer Kontrollmeldung ab 23.05.2023 eingestellt werde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den vorgeschriebenen Kontrolltermin am 23.05.2023 nicht eingehalten habe und bisher keine persönliche Wiedermeldung beim AMS erfolgt sei.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte die Bewilligung einer Verfahrenshilfe.

3. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.07.2023, W263 2274899-1/3E, wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 24.08.2023 wies die belangte Behörde die Beschwerde mit näherer Begründung ab. Diese Beschwerdevorentscheidung wurde an eine andere als die im Verfahren vom Beschwerdeführer angegebene Adresse zugesandt.

5. Mit einem weiteren Bescheid des AMS vom 30.08.2023 wurde unter Spruchpunkt A ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 49 AlVG für den Zeitraum vom 23.05.2023 bis 03.07.2023 keine Notstandshilfe erhalte. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 23.05.2023 nicht eingehalten und sich erst wieder am 04.07.2023 bei seiner zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet.

6. Gegen den Bescheid vom 30.08.2023 erhob der Beschwerdeführer ebenfalls fristgerecht Beschwerde. Dieses Beschwerdeverfahren wird beim Bundesverwaltungsgericht zur Zl. W269 2307680-1 sowie Zl. W269 2310008-1 geführt.

7. Die gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 13.06.2023 und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 24.10.2024 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Am 28.06.2022 erklärte der Beschwerdeführer gegenüber dem AMS niederschriftlich, dass sich seine Post- und Aufenthaltsadresse nunmehr an der XXXX 1160 Wien, befinde und er sich aufgrund eines Scheidungsverfahrens bzw. einer behördlichen Wegweisung nicht in der XXXX 1220 Wien, aufhalten dürfe. An zumindest fünf Eingaben an das AMS im Jahr 2023 führte der Beschwerdeführer die XXXX 1160 Wien, als seine Adresse an.

1.2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des AMS vom 13.06.2023 wurde der Bezug der Notstandshilfe ab 23.05.2023 eingestellt. Begründet wurde dies damit, dass der Beschwerdeführer den vorgeschriebenen Kontrolltermin am 23.05.2023 nicht eingehalten habe und nach dem Versäumnis des Meldetermins bislang keine persönliche Wiedermeldung beim AMS erfolgt sei. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer an die Adresse XXXX , 1160 Wien, zugestellt. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.3. Das AMS beabsichtige in weiterer Folge, diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung abzuweisen und konzipierte eine dahingehende, mit 24.08.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX . Die mit 24.08.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX wurde an den Beschwerdeführer per Adresse XXXX , 1220 Wien, übermittelt. Die Beschwerdevorentscheidung kam dem Beschwerdeführer nicht zu.

1.4. Mit einem weiteren Bescheid des AMS vom 30.08.2023 wurde unter Spruchpunkt A ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 49 AlVG für den Zeitraum vom 23.05.2023 bis 03.07.2023 keine Notstandshilfe erhalte. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 23.05.2023 nicht eingehalten und sich erst wieder am 04.07.2023 bei seiner zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet. Dieser Bescheid vom 30.08.2023 wurde dem Beschwerdeführer über sein eAMS-Konto zugestellt und vom Beschwerdeführer am 31.08.2023 gelesen. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.5. Auch hinsichtlich des Bescheides vom 30.08.2023 beabsichtigte das AMS eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen und konzipierte eine dahingehende, mit 30.11.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX . Die mit 30.11.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX wurde an den Beschwerdeführer per Adresse XXXX 1220 Wien, übermittelt. Die Beschwerdevorentscheidung kam dem Beschwerdeführer nicht zu.

1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2025, W269 2310008-1, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 30.08.2023 abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 18.04.2025 an die Adresse XXXX 1160 Wien, zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und den nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakt.

2.1. Die Feststellung dazu, dass der Beschwerdeführer das AMS erstmals am 28.06.2022 darüber in Kenntnis setzte, dass sich seine Post- und Aufenthaltsadresse nunmehr an der XXXX , 1160 Wien, befinde und er sich aufgrund eines Scheidungsverfahrens bzw. einer behördlichen Wegweisung nicht in der XXXX , 1220 Wien, aufhalten dürfe, gründet auf dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellungen zum Inhalt des Bescheides vom 13.06.2023 sind eben diesem zu entnehmen. Dass dieser Bescheid dem Beschwerdeführer an die Adresse XXXX , 1160 Wien, zugestellt wurde, ergibt sich aus der Zustellverfügung. Dass der Beschwerdeführer gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid des AMS vom 13.06.2023 fristgerecht Beschwerde erhoben hat, ist unstrittig und ergibt sich aus der im Akt einliegenden Beschwerde.

2.3. Die Feststellungen zur mit 24.08.2023 datierten Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX beruhen auf dem vorliegenden Akteninhalt. Demnach wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 24.08.2023 an die Anschrift XXXX , 1220 Wien, adressiert. Die belangte Behörde weist in ihrer Äußerung vom 06.12.2024 selbst darauf hin, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 24.08.2023 irrtümlich an die Adresse XXXX , 1220 Wien, gesendet worden sei und nach Ansicht des AMS sohin eine Zustellung nicht erwirkt worden sei. Anhaltspunkte dahingehend, dass dem Beschwerdeführer die mit 24.08.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung tatsächlich zugekommen ist, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Vielmehr führt auch das AMS in seiner Äußerung vom 06.12.2024 aus, dass die Beschwerdevorentscheidung dem Beschwerdeführer nicht nachweislich zugegangen sei, weshalb das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei.

2.4. Die Feststellungen zum Bescheid vom 30.08.2023, mit welchem über jenes Kontrollmeldeversäumnis vom 23.05.2023 abgesprochen wurde, das bereits Gegenstand des Bescheides vom 13.06.2023 war, ergeben sich dem Akteninhalt. Dass der Bescheid vom 30.08.2023 dem Beschwerdeführer über sein eAMS-Konto zugestellt und von diesem am 31.08.2023 gelesen wurde, ergibt sich aus der Beschwerdeschrift des Beschwerdeführers. Dass der Beschwerdeführer auch gegen diesen Bescheid Beschwerde erhobt, gründet ebenfalls auf dem Akteninhalt (zum Bescheid vom 30.08.2023 werden beim Bundesverwaltungsgericht Verfahren zur Zl. W269 2307680-1 sowie Zl. W269 2310008-1 geführt).

2.5. Die Feststellungen zur mit 30.11.2023 datierten Beschwerdevorentscheidung zur Zl. XXXX basieren auf dem Akteninhalt. Dass auch diese Beschwerdevorentscheidung an die Anschrift XXXX , 1220 Wien, und nicht an die vom Beschwerdeführer bekanntgegebene Anschrift adressiert wurde, ergibt sich wiederum aus dem Akt. Anhaltspunkte dahingehend, dass dem Beschwerdeführer die mit 30.11.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung tatsächlich zugekommen ist, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

2.6. Dass das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2025, W269 2310008-1, mit welchem die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 30.08.2023 abgewiesen wurde, dem Beschwerdeführer am 18.04.2025 an die Adresse XXXX , 1160 Wien, zugestellt wurde, ist dem im Akt einliegenden Zustellnachweis zu entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.2. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

3.3. Es wurden vom AMS zwei Bescheide erlassen, die jeweils die Versäumung des Kontrollmeldetermins am 23.05.2024 zum Gegenstand haben, nämlich der Bescheid vom 13.06.2023 und jener vom 30.08.2023. Es liegt sohin Identität der Sache vor.

Gegen beide Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und blieben diese Beschwerden bislang unerledigt, zumal die vom AMS beabsichtigten Beschwerdevorentscheidungen vom 24.08.2023 (hinsichtlich des Bescheides vom 13.06.2023) und vom 30.11.2023 (hinsichtlich des Bescheides vom 30.08.2023) nicht rechtswirksam zugestellt wurden: Die Übermittlung erfolgte in beiden Fällen an eine andere als vom Beschwerdeführer gemäß § 2 Z 4 Zustellgesetz genannte Abgabestelle und ist eine Heilung dieses Zustellmangels iSd § 7 Zustellgesetz mangels tatsächlichen Zukommens der Dokumente nicht eingetreten.

3.4. Der hier gegenständliche Bescheid vom 13.06.2023 ist gegenüber dem Bescheid vom 30.08.2023 der zeitlich frühere Bescheid, welcher vom Beschwerdeführer auch in Beschwerde gezogen und in der Folge dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes derogiert dann, wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen. Identität der Sache vorausgesetzt, tritt der spätere Bescheid zur Gänze an die Stelle des früheren (VwGH 22.05.2014, Ro 2014/15/0008). Wurde einem früheren Bescheid durch einen späteren derogiert, so entfalte er – ohne dass es dazu seiner förmlichen Aufhebung bedurfte – keine Rechtswirkungen mehr (VwGH 21.12.2011, 2011/12/0089). Hinsichtlich der Bekämpfung des früheren Bescheides ist damit das Rechtsschutzinteresse weggefallen (vgl. VwGH 29.05.2001, 98/03/0007; 01.06.2023, Ra 2022/10/0207).

3.5. Die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.08.2023 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2025, W269 2310008-1, abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 18.04.2025 an die Adresse XXXX , 1160 Wien, zugestellt und ist sohin mit seiner Erlassung in Rechtskraft erwachsen.

Da sohin unter Zugrundelegung der zitierten Judikatur der Bescheid vom 30.08.2023 dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 13.06.2023 derogiert hat, kann dieser keine Rechtswirkungen mehr entfalten und der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr in seinen Rechten verletzt sein. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen war.

3.6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. Z 1 VwGVG ohne mündliche Verhandlung gefällt werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zu einer ähnlich gelagerten Konstellation VwGH 30.01.2025, Ra 2024/08/0005). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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