Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Sonntag als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Mag. Ingemarsson und Mag. Janschitz in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , geboren am **, **, vertreten durch Lederer Hoff Apfelbacher Rechtsanwälte GmbH in Wien gegen die beklagten Parteien 1. Dr. C* , Fachärztin für Neurologie, **, vertreten durch Hock Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, sowie 2. D* OG, 3. Dr. E*, praktische Ärztin, 4. Dr. F*, praktischer Arzt, jeweils ** und 5. G* AG, **, alle vertreten durch Kuhn Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 253.126,05 s.A. und Feststellung (Streitwert: EUR 10.000; Gesamtstreitwert EUR 263.126,05), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19.12.2024, **48, gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
I. Die Parteibezeichnung der zweitbeklagten Partei wird berichtigt auf „D*“.
II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei deren mit EUR 4.475,52 (darin enthalten EUR 745,92 USt) und den zweit- bis Fünftbeklagten deren mit EUR 5.370 (darin enthalten EUR 895 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Zu I.: Die Firma der Beklagten lautet vollständig „D* OG“, weshalb nach § 235 Abs 5 ZPO die Parteienbezeichnung der Zweitbeklagten entsprechend zu berichtigen war.
Zu II. :
Die Klägerin leidet an Parkinson und war Patientin bei der erstbeklagten Neurologin. Daneben war die Klägerin in der Praxis für Allgemeinmedizin der Zweitbeklagten Patientin, wo sie und ihr Ehemann vorwiegend von der Drittbeklagten und deren Vertretung, dem Viertbeklagten behandelt wurden. Die Ärztepartnerschaft ist bei der Fünftbeklagten haftpflichtversichert. Seit Dezember 2019 wurde die Klägerin mit dem Medikament Sifrol behandelt, welches von der Erstbeklagten am 16.12.2019 erstmals verordnet wurde.
Die Klägerin begehrte zuletzt (ON 45.5, S 17) die Zahlung von EUR 253.126,05 samt 4 % Zinsen aus EUR 86.840,40 seit Klagszustellung bis 15.9.2023, 4 % Zinsen aus EUR 228.735,21 vom 16.9.2023 bis 3.7.2024, 4 % Zinsen aus EUR 221.351,05 vom 4.7.2024 bis 22.8.2024 sowie 4 % Zinsen aus EUR 217.126,05 seit 23.8.2024 und 4 % Zinsen aus EUR 253.126,05 seit 3.10.2024. Weiters möge festgestellt werden, dass die beklagten Parteien der Klägerin für sämtliche zukünftige noch nicht bekannte Schäden aus der Behandlung mit Sifrol in der Zeit vom 8.1.2021 bis 23.10.2022 zur ungeteilten Hand haften.
Sie brachte zusammengefasst vor, sie sei aufgrund der Nebenwirkung aus der Einnahme des Medikaments Sifrol seit Sommer 2021 kauf-, spiel- und sexsüchtig geworden, woraus ihr Schäden aus Vermögensverlusten aus Online-Glücksspielen, welche aus der vom Medikament Sifrol verursachten Sucht resultiert hätten, sowie aus ihr erwachsenen Kreditkosten entstanden seien. Die Impulskontrollstörung habe zu einer teils andauernden Zerrüttung des Familienlebens der Klägerin geführt, wofür Schmerzengeld von EUR 10.000 geltend gemacht werde.
Die Klägerin sei von der Erstbeklagten über die Nebenwirkungen des Medikaments nicht ausreichend aufgeklärt worden. Die Erstbeklagte habe die Klägerin darüber hinaus nicht auf die Behandlungsalternative mit dem Medikament Madopar, welches weniger Nebenwirkungen habe, hingewiesen. Im Zuge der im Jahr 2021 angeordneten Erhöhung der Dosis durch die Neurologin habe abermals keine Aufklärung über die Nebenwirkungen des Medikaments Sifrol stattgefunden und sei mit der Klägerin kein Kontrolltermin mehr vereinbart worden. Die Erstbeklagte habe erst im November 2022 in die Situation eingegriffen und die Klägerin über das Vorliegen einer Impulskontrollstörung informiert.
Von den Zweit- bis Viertbeklagten seien der Klägerin laufend Rezepte für das Medikament Sifrol ausgestellt worden. Auch hierbei sei die Klägerin über die Nebenwirkungen des Medikaments nicht aufgeklärt worden. Als die Klägerin selbständig begonnen habe, die Dosis zu erhöhen und die Intervalle der Anfragen nach einem Rezept bei der Zweit- bis Viertbeklagten immer kürzer geworden seien, habe keiner der Genannten Nachforschungen betrieben. Der Klägerin seien seit Juli 2022 sogar Rezepte für eine höhere als die ursprünglich verordnete Dosis ausgestellt worden, ohne dass von den Zweit- bis Viertbeklagten einen Patientenbrief der Neurologin verlangt worden sei.
Die Beklagten bestritten und brachten zusammengefasst vor, die Klägerin sei im Beisein ihres Ehegatten von der Erstbeklagten ausreichend aufgeklärt worden. Die Zweit- bis Viertbeklagten habe keine weitere Aufklärungspflicht getroffen. Die Behandlung sei jeweils lege artis erfolgt, alle Behandlungsschritte inklusive der Kontrollen, der Sicherungsaufklärung und der Weiterverweisung an eine spezialisierte Ambulanz für Suchtkrankheiten und Fachärzte seien ordnungsgemäß erfolgt.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht sowohl das Zahlungs-, als auch das Feststellungsbegehren ab und verpflichtete die Klägerin zum Kostenersatz.
Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte das Erstgericht noch den auf den Seiten 4 bis 13 der Urteilsausfertigungen ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den verwiesen wird und aus dem zusammengefasst die nachstehenden Festellungen hervorgehoben werden (die bekämpften Feststellungen werden durch Fettdruck markiert und nummeriert):
Die Klägerin erhielt im Oktober 2019 im Zuge einer Untersuchung bei ihrem ersten Termin bei der Erstbeklagten (Fachärztin für Neurologie) die klinische Diagnose Parkinson. Die Krankheit Parkinson ist nach derzeitigem Wissenstand unheilbar, jedoch sind die Symptome mit Medikamenten gut behandelbar. Dafür stehen einerseits die medikamentöse Behandlung mit dem körpereigenen Stoff L-Dopa zur Verfügung und andererseits sogenannte Agonisten, worunter die Medikamente Sifrol und Madopar fallen.
Zum Medikament Sifrol:
Der Wirkstoff des Medikaments Sifrol ist Pramipexol. Das Medikament ist rezeptpflichtig und kann bei 1 von 100 Patienten (laut Beipackzettel „gelegentlich") zu Veränderungen im Verhalten führen, wobei es insbesondere zu einer Impulskontrollstörung kommen kann. Diese äußert sich dadurch, dass Patienten unkontrolliertes Essverhalten, unkontrolliertes Einkaufsverhalten, Sexsucht und Spielsucht entwickeln, auch andere exzessive Verhaltensmuster sind denkbar. Die Diagnose oder Feststellung dieser Nebenwirkungen erfolgt durch Anamnese und Verhaltensbeobachtung, weswegen in die Aufklärung über dieses Medikament und in die Behandlung auch Angehörige miteinbezogen werden.
Die Erstbeklagte war betreffend dieser konkreten, medizinisch-technisch (etwa durch Blutabnahme od ähnliches) nicht messbaren Nebenwirkung auf die eigenverantwortliche Mitwirkung der Klägerin und deren Ehemann angewiesen [ergänzende Feststellung im Rahmen der rechtlichen Beurteilung] .
Das Medikament wird nicht auf der Suchtmittelverordnung geführt.
Das alternative Medikament Madopar hat zwar weniger potentielle Nebenwirkungen als Sifrol, es muss jedoch 3 bis 4 Mal täglich mit Mahlzeiten eingenommen werden und eignet sich daher vor allem für im Berufsleben stehende Menschen weniger als Sifrol, das nur 1x täglich eingenommen werden muss. Im Zeitpunkt der erstmaligen Verschreibung von Sifrol an die berufstätige Klägerin war es Stand der Wissenschaft, Sifrol bei jüngeren Patienten zu bevorzugen und eine Behandlung mit L-Dopa für das spätere Alter vorzubehalten.
Aufklärung und Verordnung:
Die Klägerin nahm am 16.12.2019 – wie vereinbart gemeinsam mit ihrem Ehemann – ihren zweiten Termin bei der Neurologin wahr. Sie wurde vorerst ohne Beisein ihres
Ehemannes über die gängigen Medikamente, wie insbesondere Sifrol und Madopar aufgeklärt. [Tatsachenrüge 1] Die Erstbeklagte prüfte über Nachfrage, ob bei der Klägerin prädisponierende Faktoren, wie eine bekannte Kauf- oder Spielsucht, häufig wechselnde Geschlechtspartner oder unkontrolliertes Essverhalten vorlagen. Die Klägerin gab dabei lediglich an, gerne zu naschen. Darüber hinaus lagen bei der Klägerin keine Gründe vor, welche gegen die Verwendung von Sifrol sprachen. Die Erstbeklagte entschied sich daher aufgrund des noch berufsreifen Alters und der Lebensführung der Klägerin für eine Behandlung mit dem Medikament Sifrol. Sie traf diese Auswahl alleine, hätte sie die Klägerin in ihre Überlegungen miteinbezogen, hätte sich diese aber auch für dieses Medikament entschieden. Die Klägerin wurde im Zuge des Gesprächs über das Medikament Sifrol über das mögliche Risiko einer Verhaltensänderung (Impulskontrollstörung) aufgeklärt, wobei die Neurologin zur besseren Verständlichkeit das Wort „Verhaltenssucht“ verwendete. Die Aufklärung umfasste die vier häufigsten Gruppen an Verhaltensänderungen, nämlich das unkontrollierte Essverhalten, das unkontrollierte Einkaufsverhalten, Sexsucht und Spielsucht. Die Klägerin wurde angewiesen, achtsam zu sein und sowohl Verschlechterungen der Parkinson Symptome, als auch bemerkte Nebenwirkungen zu melden und bei Verschlechterung des Zustandes wiederzukommen. Der Klägerin wurde ausdrücklich erklärt, dass Angehörige bei der Behandlung mit Sifrol als Kontrollinstanz für den Patienten eingesetzt werden, weil Patienten beim Auftreten dieser Verhaltensänderung möglicherweise selbst nicht mehr reagieren könnten. Daraufhin zog die Erstbeklagte auch den im Wartezimmer sitzenden Ehemann der Klägerin zum Aufklärungsgespräch hinzu, welchen sie sodann ebenfalls über das Risiko einer Verhaltenssucht in Kenntnis setzte und auch ihn anwies, auffällige Verhaltensänderungen der Klägerin zu melden, sodass gegebenenfalls eine Änderung der Behandlung oder ein Eingriff vorgenommen werden könne. [Tatsachenrüge 1] Zwischen der Erstbeklagten, der Klägerin und dem Ehemann der Klägerin wurde sodann vereinbart, dass die ärztliche Schweigepflicht in diesem persönlichen Dreiecksgefüge nicht zu gelten habe und sich der Ehemann jederzeit bei Auffälligkeiten melden könne und solle. Die Klägerin und ihr Ehemann verstanden diese Aufklärung und vermittelten auch der Ärztin diesen Eindruck. Diese Aufklärung samt Empfehlung an die Klägerin, auf eine Zunahme des Naschens oder des Einkaufens zu achten und den Ehegatten miteinzubeziehen, erfolgte lege artis. [Tatsachenrüge 2] Es wurde ein Kontrolltermin binnen drei Monaten vereinbart. Die Erstbeklagte stellte der Klägerin eine Arztbrief aus, in welchem die verordnete Dosis und die Dauermedikation vermerkt waren.
Medikamentöse Behandlung:
Die Neurologin gab der Klägerin am selben Tag (16.12.2019) eine Starterpackung Sifrol (10 Stk), stellte ihr ein Rezept für eine Monatspackung Sifrol in der Dosis 0,52 mg aus und verordnete ein Einnahmeintervall von einmal täglich. Die Klägerin nahm daraufhin 10 Tage lang einmal täglich Sifrol 0,26 mg und steigerte sich danach für 30 Tage auf einmal täglich Sifrol 0,52 mg. Im Zeitpunkt als die Klägerin zum ersten Mal mit Sifrol behandelt wurde, war die Behandlung mit Sifrol lege artis.
Für ihre weitere Behandlung mit Sifrol 0,52 mg legte die Klägerin ihrer praktischen Ärztin, der Drittbeklagten, am 3.2.2020 den Arztbrief der Neurologin vor und bekam fortan die Rezepte für das Medikament Sifrol 0,52 mg in der Ordination der Ärztepartnerschaft ausgestellt. Im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie wurden Verschreibungen auch auf elektronischem Wege vorgenommen, sodass die Klägerin die Ordination nicht immer aufsuchen musste. Die Drittbeklagte führte keine medizinischen Kontrollen bei der Klägerin zur Verträglichkeit des Medikaments durch. Mit dem Viertbeklagten sprach die Klägerin über das Medikament nicht.
Am 10.2.2020 fand der dritte Termin der Klägerin bei der Erstbeklagten statt, wo nach der beinahe dreimonatigen Behandlung mit Sifrol in einer Dosis von 0,52 mg eine Kontrolle der Verträglichkeit durchgeführt wurde und die Erstbeklagte auch nach Verhaltensänderungen fragte. Die Klägerin berichtete, sie habe in letzter Zeit etwas vermehrt eingekauft, gemeinsam mit ihrem Mann habe sie dies jetzt aber im Griff. Der Ehemann der Klägerin nahm an diesem Termin nicht mehr teil. Die Klägerin wurde von der Neurologin angewiesen, sich bei Verschlechterung der Symptome zu melden, sodass gegebenenfalls eine Anpassung der Dosis vorgenommen werden könne.
Ein Jahr darauf verschlechterten sich die Parkinson Symptome der Klägerin, daher suchte sie am 10.2.2021 zum vierten Mal die Erstbeklagte auf. Die Erstbeklagte erhöhte die Dosis des Medikaments von 0,52 mg auf 1,05 mg und stellte ihr dazu ein Rezept aus. Die Klägerin wurde von der Erstbeklagten über bisher wahrgenommene Verhaltensänderungen befragt. Besprochen wurde der Verdacht eines verstärkten Einkaufsverhaltens, das die Klägerin beim letzten Termin ein Jahr zuvor im Februar 2020 berichtet hatte. Die Klägerin gab an, dieses vermehrte Einkaufen völlig abgestellt zu haben und führte das Verhalten vor einem Jahr auf den Schlussverkauf zurück. Die Klägerin wurde von der Erstbeklagten auch bei diesem Termin angewiesen, weiterhin auf ihr Verhalten (insbesondere auf eine Zunahme des Naschens oder Einkaufens) zu achten, sich bei einer Verschlechterung zu melden. Die Erstbeklagte wies [die Klägerin] auch an, den Ehemann weiterhin miteinzubeziehen und ihn von dem Termin und der vorgenommenen Erhöhung der Dosis zu informieren. Ein Kontrolltermin wurde nicht angeordnet, die Erstbeklagte ging davon aus, dass sich die Klägerin wie besprochen bei Problemen selbständig melden werde. Die Erhöhung der Dosis bei Verschlechterung der Parkinson Symptome war lege artis .
Die Klägerin gab in der Ordination der Zweit- bis Viertbeklagen die Erhöhung der Dosis bekannt und holte fortan die Rezepte für das Medikament weiterhin jeden Monat in der Ordination der Ärztepartnerschaft ab. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin den Arztbrief der Neurologin vom 10.2.2021 über die Erhöhung der Dosis in der Ordination der Ärztepartnerschaft vorlegte. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin von Februar bis November 2021 Sifrol 1,05 mg mehr als einmal täglich eingenommen hat.
Auftreten der Impulskontrollstörung:
Im Februar 2021 änderte sich das Verhalten der Klägerin. Seit 24.2.2021 (also 14 Tage nach der verordneten Erhöhung der Dosis von 0,52 mg auf 1,05 mg) begann die Klägerin auf der Plattform H* exzessiv Glücksspiel zu betreiben, es folgten Glücksspiele auf weiteren Plattformen. Zur Finanzierung des Glücksspiels bat die Klägerin ihre Kinder laufend um Geld und nahm Konsumkredite bei I*, J* und der K* auf, woraus der Klägerin ein erheblicher Vermögensschaden entstand. Ihrem Ehemann gegenüber versuchte die Klägerin zunächst, die Spielsucht und die finanziellen Probleme zu verbergen.
Die Klägerin hatte seit der ersten Jahreshälfte 2021 sexuelle Kontakte mit anderen Männern.
Die Spielsucht und das triebhafte Verlangen nach außerehelichem Geschlechtsverkehr wurden durch die Erhöhung der Dosis von Sifrol von 0,52 mg auf 1,05 mg ausgelöst. Die einzelnen Symptome sind allesamt als Impulskontrollstörung einzuordnen.
Der erlittene Vermögensverlust aus Glücksspiel und die Schulden aus den aufgenommenen Konsumkrediten wurden durch die Spielsucht und das dafür notwendige Geld verursacht. [von der Erstbeklagten bekämpfte Feststellung]
Die Klägerin wurde nicht bei der Erstbeklagten vorstellig. Selbst wenn es einen vereinbarten Kontrolltermin bei der Erstbeklagten gegeben hätte, hätte dieser an der Situation nichts geändert.
Im Patientenblatt des Ehemannes, welches von den Zweit- bis Viertbeklagten geführt wird, sind seit 7.1.2021 Depressionen vermerkt.
Der Ehemann der Klägerin konsultierte am 19.8.2021 den Viertbeklagten, welcher als Vertretung der Drittbeklagten tätig wurde. Der Ehemann informierte den Viertbeklagten über die Vorkommnisse in der Familie und erwähnte insbesondere, dass die Klägerin Glücksspiel betreibe. Der Viertbeklagte riet dem Ehemann daraufhin, mit seiner Frau, der Klägerin, eine Suchtambulanz aufzusuchen, wobei er ihm das L* oder Dr. M* empfahl. Diese Empfehlung und Überweisung an eine spezialisierte Suchteinrichtung entsprach dem Standard der allgemeinmedizinischen Behandlung und war lege artis. Die Klägerin weigerte sich, mit ihrem Ehemann eine Suchtambulanz aufzusuchen. Der Viertbeklagte, konnte keinen Zusammenhang zwischen den psychischen Problemen des Ehemannes und der Parkinsonbehandlung der Klägerin herstellen, dazu hätte er in die Patientenakte der Klägerin Einsicht nehmen müssen.
Den Ehemann belastete die Situation, insbesondere die gestandene Affäre der Klägerin, sehr. Bei einem Termin am 1.10.2021 wurden in der Ordination der Zweit- bis Viertbeklagten ein weiteres Mal die psychischen Probleme des Ehemannes vermerkt („Depression, Eheprobleme, Frau hat Spielsucht, und wahrsch geht sie fremd, sie will aber nicht darüber reden und auch keine Paartherapie machen, frau hat Parkison [...] kann nicht mehr schlafen, hat viele Sorgen- wegen Ehe, wegen Geld...“). Am 18.10.2021 und 21.12.2021 beklagte sich der Ehemann in der Ordination der Zweit- bis Viertbeklagten abermals über familiäre und psychische Probleme.
Erhöhung der Dosis durch die Klägerin:
Im Dezember 2021 verschlechterten sich die Parkinson Symptome der Klägerin. Sie entschloss sich daher, die eingenommene Dosis von Sifrol 1,05 mg selbständig auf 2,1 mg zu verdoppeln. Sie suchte dazu jedoch nicht die Ordination der Erstbeklagten auf, sondern nahm fallweise 2 Tabletten pro Tag ein. Dadurch verkürzten sich die Intervalle der Abholung von Rezepten in der Ordination der Zweit- bis Viertbeklagten. Den Zweit- bis Viertbeklagten fiel nicht auf, dass sich die Intervalle verkürzten. Es war insbesondere während und nach der COVID 19 Pandemie nicht ungewöhnlich, dass sich Patienten einen Vorrat an Medikamenten anlegten.
Am 17.5.2022 verlangte die Klägerin in der Ordination der Zweit- bis Viertbeklagten das erste Mal ein Rezept für Sifrol in der Dosis von 2,1mg. Es konnte nicht festgestellt werden, ob das Rezept persönlich oder elektronisch ausgestellt wurde. Zu jener Zeit (Dezember 2021, während der COVID-19 Pandemie) war es möglich, Rezepte über den Fernmeldeweg und die direkte Kommunikation zwischen Ärzten und Apotheken zu bekommen. Das angeforderte Rezept wurde der Klägerin von der Ordinationsgehilfin zur Verfügung gestellt, ohne dass sie aufgefordert wurde, einen Arztbrief ihrer Neurologin vorzulegen. Genau einen Monat später, am 17.6.2022 wurde ihr wieder ein Rezept für Sifrol in einer Dosis von 1,05 mg ausgestellt.
Seit Juli 2022 wurden der Klägerin in der Ordination der Ärztepartnerschaft, konkret am 6.7.2022, 12.8.2022, 2.9.2022 und 28.9.2022 Rezepte für Sifrol in der Dosis von 2,1 mg ausgestellt. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Klägerin auch die Dosis von 2,1 mg jemals zweimal täglich einnahm. Die weitere Erhöhung der Dosis über 1,05 mg hinaus (eigenmächtig durch die Klägerin oder verschrieben durch die allgemeinmedizinische Praxis) hatte auf die bereits vorhandene Impulskontrollstörung keinen weiteren Einfluss.
Es entspricht der Arbeit in der allgemeinmedizinischen Praxis, dass vorhandene Medikamente, die gut vertragen werden, auch ohne Rückfrage weiter verschrieben werden. Es entspricht dem Krankheitsbild der Parkinsonerkrankung, dass die Dosis im Verlaufe der Krankheit erhöht wird.
Insgesamt war die Behandlung durch die Zweit- bis Viertbeklagte lege artis, ein Behandlungsfehler ist nicht zu erkennen. Aus allgemeinmedizinischer Sicht musste der Konnex auf eine möglicherweise medikamentös indizierte Verhaltensstörung nicht gesehen werden. [Tatsachenrüge 3] Durch die verschriebene höhere Dosis entstand kein Schaden, der nicht auch mit der geringeren Dosis von 1,05 mg entstanden wäre.
Entdeckung der Impulskontrollstörung durch den Ehemann:
Im Zuge eines Gesprächs mit einer befreundeten Krankenschwester wurde der Ehemann auf die mögliche Nebenwirkung des Medikaments Sifrol aufmerksam gemacht, indem ihm gesagt wurde „Vielleicht ist das von diesen Tabletten“.
Da für den Ehemann der Klägerin die familiäre Situation jedoch weiter unlösbar schien, versuchte er sich am 8.4.2022 das Leben zu nehmen, wobei er den Suizidversuch überlebte. Danach wurde er 14 Tage stationär in der Psychiatrie und danach von der Drittbeklagten weiterbehandelt. Die Drittbeklagte riet dem Ehemann, eine weiterführende Therapie bzw eine Psychiater aufzusuchen. Der Ehemann suchte keinen Psychiater auf. Der Ehemann kontaktierte auch nicht die Erstbeklagte.
Auch diese Reaktion und Empfehlung der Drittbeklagten war lege artis. Der Konnex auf eine möglicherweise medikamentös indizierte Verhaltensstörung der Ehefrau musste von ihr nicht hergestellt werden. [Tatsachenrüge 4]
Erst im September 2022 suchte die Klägerin mit ihrem Ehemann eine Psychotherapeutin (Mag. N*) auf, welche sich im selben Gebäude wie die Ärztepartnerschaft der Zweit- bis Viertbeklagten befindet. Als der Ehemann die Therapeutin auf die Vermutung Medikamente und die Verhaltensänderungen seiner Ehefrau die letzten Monate hinwies, kontaktierte die Therapeutin die Drittbeklagte.
Am 6.10.2022 vermerkte die Drittbeklagte im Patientenblatt der Klägerin: „war bei Psychotherapeutin in unserer Praxis, hat mich darauf hingewiesen, dass anscheinend psychische Probleme bestehen, darauf Krankengeschichte eingesehen, seit Einnahme von Sifrol? Spielsucht besteht laut Gatten schon 2021,... steht auch im Beipacktext, daher dringend ad neuro für Umstellung!, telefonisch besprochen mit Frau B* und ihrem Gatten, D:V.a.Pramipexol Nebenwirkung“.
Die Drittbeklagte kontaktierte daraufhin den Ehemann der Klägerin und informierte ihn über den Verdacht einer Impulskontrollstörung. Der Ehemann nahm der Klägerin nach dem Erhalt dieser Information die Medikamente weg.
Die Klägerin versuchte ab jenem Zeitpunkt verzweifelt, Sifrol zu bekommen. Der Ehemann bemerkte einen Kontaktversuch seiner Ehefrau zur Erstbeklagten und nahm am 23.10.2022 ebenfalls Kontakt zur Erstbeklagten auf und schrieb ihr eine Nachricht, in welcher er darum bat, der Klägerin kein Rezept auszustellen. Er erklärte der Erstbeklagten zu jenem Zeitpunkt zum ersten Mal, dass die Klägerin unter Nebenwirkungen litt und es der Familie deswegen schlecht ging. Die Erstbeklagte erlangte zu jenem Zeitpunkt erstmals Kenntnis vom Auftreten der Nebenwirkungen bei der Klägerin und nahm telefonisch Kontakt zum Ehemann auf.
Am 24.10.2022 suchte die Klägerin ihre praktische Ärztin, die Drittbeklagte, auf, welche ihr ein Rezept für Sifrol, nunmehr wieder in der verordneten Dosis von 1,05 mg ausstellte und ihr dringend riet, das Medikament auszuschleichen und eine Neurologin aufzusuchen.
Ab jenem Zeitpunkt nahm die Klägerin wieder 2 mal täglich Sifrol 1,05 mg, sodass sie weiterhin auf einer Dosis von 2,1 mg war. Sie verminderte die Dosis entgegen der Empfehlung der Drittbeklagten nicht.
Am 27.10.2022 kontaktierte der Ehemann die Erstbeklagte über Whatsapp und fragte sie nach dem Namen eines Alternativmedikaments. Da die Erstbeklagte sich weiterhin auf Urlaub befand, bot sie an, dass die Drittbeklagte sie anrufen könne, woraufhin am 28.10.2022 zwischen den beiden Ärztinnen Kontakt hergestellt wurde. Es wurde vereinbart, dass das Medikament Sifrol langsam abgesetzt und stattdessen eine Behandlung mit Madopar begonnen werden soll. Ein abruptes Absetzen von Sifrol ist medizinisch nicht möglich, sondern es ist beim Wechsel der Medikamente schleichend vorzugehen.
Die Klägerin hatte weiterhin ein starkes Bedürfnis nach Sifrol und befand sich in einem psychotischen Zustand, sie hatte keine Krankheitseinsicht und weigerte sich, die Erstbeklagte aufzusuchen. Die Klägerin wollte stattdessen eine andere Neurologin finden. Sie war nicht mehr in der Lage, ihr Verhalten zu reflektieren [ergänzende Feststellung im Rahmen der Beweiswürdigung].
Es konnte nicht festgestellt werden, wann die Klägerin tatsächlich das letzte Mal Sifrol einnahm.
Am 23.11.2022 suchte die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann die Erstbeklagte auf, wo die Impulskontrollstörung besprochen und reflektiert wurde und die Behandlung angepasst wurde. Die Klägerin wird seither mit dem Medikament Madopar behandelt.
Rechtlich folgerte das Erstgericht zusammengefasst, dass die erlittenen Vermögensschäden aus der Spielsucht und die Sexsucht der Klägerin auf das Auftreten der durch die Erhöhung der Dosis des Medikaments Sifrol von 0,52 mg auf 1,05 mg im Februar 2021 ausgelösten Impulskontrollstörung kausal zurückzuführen seien. Der Klägerin seien dadurch ohne Zweifel psychische Belastungen widerfahren.
Nach den getroffenen Feststellungen habe die Erstbeklagte die Klägerin sogar im Beisein ihres Ehemannes über die häufigen Nebenwirkungen des Medikaments, und hier insbesondere über das Risiko einer Impulskontrollstörung hinreichend aufgeklärt, sodass die Einwilligung der Klägerin in die Behandlung mit dem Medikament Sifrol wirksam gewesen und der Erstbeklagten auf Ebene der Aufklärung kein Verschulden anzulasten sei.
Die Erstbeklagte habe vor der ersten Abgabe des Medikaments auch eine ausreichende Sicherungsaufklärung vorgenommen. Die Erstbeklagte sei auch im Zuge der Behandlung der Klägerin in ausreichendem Maß jener Sorgfalt nachgekommen, die von ihr zu erwarten gewesen sei und ihr sei kein Sorgfaltsverstoß anzulasten.
Ein Sorgfaltsverstoß hinsichtlich einer unterlassenen Aufklärung sei auch den Zweit- bis Viertbeklagten nicht anzulasten. Es sei von einer ordnungsgemäß erfolgten Aufklärung durch die Erstbeklagte auszugehen, eine (neuerliche) Aufklärung wäre auch deshalb entbehrlich gewesen. Da die Impulskontrollstörung der Klägerin bereits bei einer Dosis von 1,05 mg entstanden sei, sei ein Kausalzusammenhang zwischen den erlittenen Schäden und der unkontrollierten und unbemerkt gebliebenen eigenmächtigen Dosiserhöhung durch die Klägerin nicht zu erblicken. Auch ein Sorgfaltsverstoß im Zusammenhang mit Behandlungsmaßnahmen sei den Dritt- und Viertbeklagten nicht anzulasten. Mangels Haftung der Dritt- und Viertbeklagten sei auch eine Haftung der Zweit- und Fünftbeklagten ausgeschlossen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragten jeweils der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1.1.Um eine Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, ist es erforderlich, anzugeben, a) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, b) aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung diese getroffen wurde, c) welche (ersatzweise) Feststellung begehrt wird und d) aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese zu treffen gewesen wäre (RS0041835 [T5]; 10 ObS 129/02x; 10 ObS 15/12x; 1 Ob 202/13g; 3 Ob 118/18a; Pimmer in Fasching/Konecny³ § 467 ZPO Rz 40; A. Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 Rz 15 mwN).
Für eine wirksame Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts und der von diesem getroffenen Tatsachenfeststellungen genügt es nicht, bloß auf einzelne für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers günstige Beweismittel zu verweisen und darzulegen, dass auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse auch andere Rückschlüsse als jene, die das Erstgericht gezogen hat, möglich gewesen wären. Vielmehr muss aufgezeigt werden, dass die getroffenen Feststellungen unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen und das Erstgericht diesen und nicht anderen Beweismitteln Glauben hätte schenken müssen. Erforderlich ist dabei eine kritische Auseinandersetzung mit der gesamten Beweislage.
Das Regelbeweismaß der ZPO ist die hohe Wahrscheinlichkeit (RS0110701), wobei es aber letztlich immer auf die subjektiven Komponenten der richterlichen Überzeugung ankommt. Hohe Wahrscheinlichkeit stellt keine objektive Größe dar. Jedem Beweismaß wohnt eine gewisse Bandbreite inne, sodass es sowohl von den objektiven Umständen des Anlassfalls, aber auch von der subjektiven Einschätzung des Entscheidungsorgans abhängt, wann dieses die erforderliche Wahrscheinlichkeit als gegeben ansieht.
Im Rahmen einer Beweisrüge hat der Rechtsmittelwerber insbesondere aufzuzeigen, durch welche Überschreitung des dem Gericht gemäß § 272 Abs 1 ZPO eingeräumten Beurteilungs und Ermessensspielraums die genannte Verfahrensbestimmung verletzt worden sein soll. Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht gezogenen Schlussfolgerungen ermöglicht hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen führen.
1.2. Zu den Tatsachenrügen der Klägerin:
1.2.1. Zur Tatsachenrüge 1 begehrt die Klägerin folgende Ersatzfeststellungen:
„Sie [Die Klägerin] wurde bei dem Gespräch darüber informiert, dass es zur Behandlung ihrer Erkrankung des Medikament Sifrol gäbe. Eine Information über die später eingetretenen gravierenden Nebenwirkungen gab es nicht, ebenso wenig wurden die möglichen Nebenwirkungen mit jenen anderer Medikamente verglichen und abgewogen. Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge O* B*, wurde nach den Erörterungen mit der Klägerin auch hereingebeten und erfuhr nun auch er von ihrer Parkinson-Erkrankung. Eine Besprechung der Medikation erfolgte nicht. Hätte die Klägerin von der Gefährlichkeit des Medikaments und davon erfahren, dass es auch eine Medikation ohne Nebenwirkungen gibt, hätte sie die Behandlung mit Sifrol abgelehnt und sich für eine Alternativmedikation entschieden.“
Mit dieser Beweisrüge legt die Klägerin nicht dar, welche Beweisergebnisse gegen welche vom Erstgericht getroffenen Feststellungen sprechen und welche begehrten Feststellungen welche der getroffenen Feststellungen ersetzen sollen. Es ist nicht Aufgabe des Berufungsgerichtes, aus Teilen der Berufung Paare von Feststellungen und Ersatzfeststellungen zu bilden, und dann aus allfälligen Argumenten gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes passende herauszusuchen, die dieses Feststellungspaar betreffen könnten. Die Beweisrüge ist damit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Soweit der geltend gemachte Rechtsmittelgrund erkennbar bleibt, ist auf die Argumente der Klägerin trotzdem einzugehen. Verbleibende Unklarheiten gehen dabei zu ihren Lasten (RS0041768, RS0041761).
Die Klägerin meint, dass die Beweiswürdigung des Erstgerichts in diesem Punkt nicht nachvollziehbar sei. Es habe sich dabei auf Formalitäten wie den Vermerk der Impulskontrollstörung im Patientenbrief sowie die Erläuterung der üblichen Strukturierung eines Aufklärungsgesprächs durch die Erstbeklagte gestützt, dabei aber Folgerungen, die der allgemeinen Lebenserfahrung entsprächen, komplett außer Acht gelassen und seien die Feststellungen des Erstgerichts in sich auch widersprüchlich.
Das Erstgericht hat sich in seiner Beweiswürdigung sehr eingehend mit den Beweisergebnissen auseinandergesetzt und seine Feststellungen nachvollziehbar und schlüssig begründet. Hervorzuheben ist, dass die Erstrichterin sich aus eigener Wahrnehmung ein genaues Bild von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit der von ihr vernommenen Personen machen und dies bei ihrer Beweiswürdigung angemessen berücksichtigen konnte. Das Erstgericht begründete plausibel, weshalb es den Angaben der Erstbeklagten zum Ablauf und zum Inhalt des Aufklärungsgespräches folgen konnte. Der Schluss, dass der Vermerk „Impulskontrollstörung“ im Patientenbrief die stattgefundene Aufklärung über dieses Thema indiziert, ist ebenso wenig zu beanstanden wie jener, dass die Erstbeklagte einen Angehörigen als Kontrollinstanz wegen des ihr bekannten Risikos einer Impulskontrollstörung hinzuzieht und es keinen ersichtlichen Grund gab, den im Nebenraum wartenden Ehemann der Klägerin beizuziehen, als dass mit ihm ebenfalls alle Risiken des Medikaments besprochen wurden.
Zudem hat das Erstgericht auch gewürdigt, dass nicht nachvollziehbar sei, dass die Erstbeklagte einen nahen Angehörigen zum Gespräch hinzuziehe, nur um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass die Klägerin womöglich mehr naschen könnte oder, dass nichts Relevantes besprochen worden sei. Das Erstgericht hat hier nachvollziehbar ausgeführt, warum es den Angaben des Zeugen B* nicht folgen konnte. Auch dass dieser vermeinte, nur 3 oder 4 Minuten im Zimmer gewesen zu sein, wurde vom Erstgericht gerade nicht als zutreffend angenommen.
Es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass Angehörige bei ärztlichen Besprechungen vor allem dann beigezogen werden, wenn ihre Unterstützung für den Patienten notwendig ist.
Davon, dass die Erstbeklagte als Medikament Sifrol auswählte und darüber eingehend aufklärte, geht das Erstgericht aus. Auch der Schluss, dass die Klägerin auch bei näherer Besprechung von Medikamentenalternativen der Einnahme von Sifrol zugestimmt und die Entscheidung der Erstbeklagten nicht hinterfragt hätte, wird vom Erstgericht plausibel begründet. Der Klägerin gelingt es auch hier nicht, fundierte Zweifel an der vorliegenden Beweiswürdigung zu wecken. Ein Zirkelschluss ist nicht ersichtlich. Dass eine Ärztin eine Patientin, bei der sie eine eingetretene Impulskontrollstörung vermutet, nochmals eindringlich darauf hinweist (und nicht nur auf eine vorangegangene Besprechung verweist) ist lebensnah.
1.2.2. Zur Tatsachenrüge 2 begehrt die Klägerin folgende Ersatzfeststellungen:
„Die Klägerin wurde angewiesen, Sport zu treiben und aufzupassen, dass sie nicht zunehme. Im Beisein ihres Mannes wurde zwar über die Erkrankung seiner Frau gesprochen, nicht aber über das verschriebene Medikament. Eine Aufklärung über Sifrol, welche sich nur mit der vermehrten Konsumtion von Süßigkeiten beschäftigt, ist nicht als lege artis anzusehen.“
Hier kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die bisherigen Ausführungen verwiesen werden.
Richtig ist zwar, dass das Erstgericht in der Beweiswürdigung davon ausgeht, dass das Bild, welches die Klägerin und ihr Ehemann dem Gericht boten, den Anschein erweckte, dass das Ehepaar im Zeitpunkt der Aufklärung über das Medikament Sifrol die besprochenen Nebenwirkungen des Medikaments nicht ernst nahm, oder die Tragweite nicht verstand, dies aber nicht rückmeldete. Das bedeutet aber nicht, dass sie den Inhalt des Gesprächs nicht verstanden hätten. Warum daraus ableitbar sein soll, dass „nicht über das verschriebene Medikament“ gesprochen worden bzw eine Aufklärung über Sifrol erfolgt wäre „welche sich nur mit der vermehrten Konsumation von Süßigkeiten beschäftigt“ ist nicht nachzuvollziehen.
1.2.3. Zur Tatsachenrüge 3 begehrt die Klägerin folgende Ersatzfeststellungen:
„Wenn von einem Patienten regelmäßig und über einen längeren Zeitraum eine erhöhte Dosis eines Medikaments verlangt wird, ist dies jedenfalls ein Grund, eine fachärztliche Vorstellung jedenfalls zu indizieren und vom Patienten zu verlangen. Bei bloßen Berichten von familiären Schwierigkeiten ist aus allgemeinmedizinischer Sicht kein Konnex zur Einnahme des Medikaments Sifrol zu ziehen.“
Der Sachverständige führte in seiner mündlichen Gutachtenserörterung (ON 45) unter anderem aus, dass bei der Klägerin schon bei der Dosis und Einnahme von 1,05 mg ein zeitlicher Zusammenhang mit den vermehrten digitalen Konsumausgaben vorgelegen sei. Auf die Frage, ob das Verhalten des Allgemeinarztes nach Information über Handgreiflichkeiten und Suchtverhalten in der Familie und Beziehung des Ehegatten der Klägerin und dieser und Empfehlung und Überweisung an eine spezialisierte Suchteinrichtung dem Standard der allgemeinmedizinischen Behandlung und Empfehlung aufgrund dieses Kenntnisstandes entspreche, führte er aus, dass diese Empfehlung lege artis sei. Er erkannte keinen augenscheinlichen Behandlungsfehler, der dokumentiert sei oder sich ableiten lasse, dies auch nicht über Nachfrage, ob die verschriebene erhöhte Dosis von 2,1 mg nicht ein Behandlungsfehler sei und man vorher nicht den Facharzt hätte konsultieren müssen. Es sei auch nicht unüblich, dass Patienten beim Hausarzt oder auch beim Facharzt eine höhere Menge für z.B. bevorstehenden Urlaub begehrten. Aus fachärztlicher Sicht seien Hinweise über eine möglicherweise medikamentös indizierte Verhaltensstörung zu sehen. Aus allgemeinmedizinischer Sicht könne dieser Konnex aber hier nicht gesehen werden.
Das ins Treffen geführte Beweisergebnis stützt die bekämpfte Feststellung daher. Darauf, ob wegen des Verlangens einer erhöhten Dosis eines Medikaments eine fachärztliche Vorstellung indiziert und vom Patienten zu verlangen wäre, kommt es vorliegend nicht an, weil die Erhöhung der Dosis unabhängig davon von der Klägerin bereits eigenmächtig vorgenommen wurde und (unbekämpft) fest steht, dass die weitere Erhöhung der Dosis über 1,05 mg hinaus (eigenmächtig durch die Klägerin oder verschrieben durch die allgemeinmedizinische Praxis) auf die bereits vorhandene Impulskontrollstörung keinen weiteren Einfluss hatte.
1.2.4. Zur Tatsachenrüge 4 begehrt die Klägerin folgende Ersatzfeststellungen:
„Als der Zeuge B* nach seinem Selbstmordversuch die drittbeklagte Partei konsultierte, hatten sich die Intervalle der Anforderung von Sifrol durch die Klägerin bereits mehrmals verkürzt. Der Zeuge B* erwähnte die Anmerkungen der befreundeten Krankenschwester auch gegenüber der Drittbeklagten, allerdings kam es zunächst zu keinen Änderungen der Situation.“
Zwischen der bekämpften und der ersatzweise begehrten Feststellung muss zwingend ein inhaltlicher Gegensatz (Widerspruch) bestehen; die eine Konstatierung muss die andere ausschließen, was Voraussetzung für eine geltend gemachte Ersatzfeststellung wäre (OLG Wien 33 R 19/23s uva). Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen ist auch hier auf die vorliegenden Beweisergebnisse, insbesondere die bereits genannten Ausführungen des Sachverständigen zu verweisen.
1.3. Zur Tatsachenrüge der Erstbeklagten:
Die Erstbeklagte wendet sich in ihrer Berufungsbeantwortung gegen die Feststellung: „Der erlittene Vermögensverlust aus Glücksspiel und die Schulden aus den aufgenommenen Konsumkrediten wurden durch die Spielsucht und das dafür notwendige Geld verursacht.“
Eine Ersatzfeststellung wird nicht begehrt.
Der Kausalzusammenhang ist zu bejahen, wenn aus einer Tatsache (hier der Gesundheitszustand der Patientin und dessen Auswirkungen auf ihr Verhalten) die andere Tatsache (der eingetretene Schaden) zu erschließen ist (RS0022582).
Ein positives Verhalten ist für einen Erfolg ursächlich, wenn es ihn herbeigeführt, ihn bewirkt hat. Nach der Formel von der conditio sine qua non ist zu fragen, ob der Erfolg (Schaden) auch ohne das zu prüfende Verhalten (den zu prüfenden Umstand) eingetreten wäre. Ein Umstand ist ursächlich für einen Erfolg, wenn er nicht weggedacht werden kann, ohne dass dann der Erfolg entfiele (RS0128162).
Unbekämpft steht fest, dass die Klägerin sich in einem psychotischen Zustand befand und keine Krankheitseinsicht hatte. Sie war nicht mehr in der Lage ihr Verhalten zu reflektieren. Die letztlich rechtlichen Ausführungen der Erstbeklagten, dass „die Vertragsabschlüsse der Klägerin immer eigenverantwortlich und aus eigenem, als selbstständig zu qualifizierenden Willen der Parteien“ erfolgten, decken sich nicht mit diesen Feststellungen.
Eine Unterbrechung eines Kausalzusammenhanges oder fehlende Adäquanz wären hier nicht zu erblicken. Ob und in welchem Ausmaß allenfalls ein „Mitverschulden“ der Klägerin (also eine ihr zurechenbare Verletzung einer ihr in der konkreten Situation zumutbaren Obliegenheit, in eigenen Belangen sorgfältig zu sein und den Eintritt eines Schadens zu verhindern) treffen könnte, kann hier offen bleiben und müsste nicht zuletzt auch auf der Tatsachenebene noch näher geklärt werden, was aber mangels Entscheidungsrelevanz nicht erforderlich ist.
Warum der Klägerin kein (Vermögens)schaden entstanden sein, oder dieser „außerhalb jedes Rechtswidrigkeitszusammenhangs“ liegen soll, ist weder ersichtlich, noch sind die dazu erstatteten Ausführungen der Erstbeklagten tragfähig. Selbstverständlich würde ein Arzt, dessen Fehlbehandlung (oder Aufklärungspflichtverletzung) eine psychische Störung des Patienten schuldhaft verursacht hat, auch für dadurch eingetretene Vermögensnachteile des Patienten haften.
1.4.Das Berufungsgericht sieht damit keinen Grund, von den vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen abzugehen (§ 498 Abs 1 ZPO).
2. Zur Rechtsrüge der Klägerin :
2.1.Der Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wendet sich gegen die rechtliche Subsumtion des Erstgerichts. Der Rechtsmittelwerber muss dabei von den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ausgehen und darlegen, warum darauf aufbauend falsche rechtliche Schlüsse gezogen wurden. Die gesetzmäßige Ausführung dieses Rechtsmittelgrundes erfordert – wie für das Revisions- (§ 506 Abs 2 ZPO) und das Rekursverfahren (§ 520 Abs 2 ZPO) ausdrücklich angeordnet – die Darlegung, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint ( A. Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 471 ZPO Rz 16).
2.2.1.Grundsätzlich ist bei der ärztlichen Selbstbestimmungsaufklärung auch über konkret bestehende Behandlungsalternativen aufzuklären. Es sind dabei gegebenenfalls die Vor- und Nachteile, die verschieden gelagerten Risiken, die verschieden starken Intensitäten der Eingriffe, die differierenden Folgen, die unterschiedlichen Rückfallquoten, die jeweiligen Schmerzbelastungen und die verschiedenen Erfolgsaussichten gegeneinander abzuwägen (RS0026426 [T1, T12]; 7 Ob 51/20f ua).
Der Arzt muss zwar nicht stets von sich aus alle theoretisch in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten mit dem Patienten erörtern, er muss ihn aber, um ihm eine selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen, über mehrere zur Wahl – und auch tatsächlich bereits für den medizinischen Einsatz zur Verfügung – stehende diagnostisch oder therapeutisch adäquate Verfahren oder Methoden informieren und das Für und Wider mit ihm abwägen, wenn jeweils unterschiedliche Risiken entstehen können und der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat. Eine Aufklärung über Behandlungsalternativen ist erforderlich, wenn für den konkreten Behandlungsfall mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, die gleichwertig sind, aber unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben (RS0026426 [T11]; vgl auch 7 Ob 113/08f; 4 Ob 241/12p, 2 Ob 194/13p).
2.2.2.Die ärztliche Aufklärung über Alternativen zum geplanten medizinischen Vorgehen muss dem Patienten ein umfassendes Bild vermitteln, das ihn in die Lage versetzt, die Risiken der verschiedenen Möglichkeiten zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Diese Verpflichtung besteht insbesondere bei einem Unterschied im Risiko und in den Folgen, aber auch in der Erfolgssicherheit und der Schmerzbelastung. Das bloße Wissen, dass verschiedene Behandlungsalternativen bestehen, reicht nicht aus (9 Ob 32/12i; 9 Ob 52/12f). Besteht hingegen im fraglichen Zeitpunkt keine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten mehr, so entfällt eine weitere ärztliche Aufklärungspflicht über (dann ja nicht mehr in Betracht kommende) alternative Behandlungsmethoden (9 Ob 76/06a; 8 Ob 27/17d).
2.2.3. Aufklärungspflichten des Arztes bestehen auch bei medikamentöser Heilbehandlung. Bei der Verschreibung von Medikamenten muss der Patient zwar nicht auf jede im Beipackzettel des Medikaments aufgeführte Nebenwirkung ausdrücklich hingewiesen werden, der Arzt muss jedoch prüfen, welche Kontraindikationen oder Nebenwirkungen für den Patienten relevant werden könnten und somit erörtert werden müssen. Bei der medikamentösen Heilbehandlung ist dann von einer speziellen Aufklärungspflicht des Arztes auszugehen, wenn dadurch massiv in den Körper des Patienten eingegriffen wird. In diesem Fall ist über das mit der Verabreichung bzw Einnahme des Medikaments verbundene Eingriffsrisiko aufzuklären ( Nigl , Arzthaftung 5 Rz 347 mwN).
Von der Selbstbestimmungsaufklärung zu unterscheiden ist eine Verletzung der therapeutischen Aufklärung bzw Sicherungsaufklärung. Diese dient nicht der Wahrung der Entscheidungsfreiheit und der Selbstbestimmung des Patienten, sondern der Sicherung des Behandlungserfolges durch ausreichende Information. Ziel der Sicherungsaufklärung ist die Ermöglichung und Optimierung der Mitwirkung des Patienten im Rahmen der Behandlung. Da sie im Rahmen und als Teil der Behandlung erfolgt, ist eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht als Behandlungsfehler zu werten und demgemäß zu beurteilen ( Nigl aaO Rz 348).
2.3.1. Es braucht hier nicht untersucht zu werden, ob die Selbstbestimmungsaufklärung der Klägerin durch die Erstbeklagte betreffend die Behandlungsalternativen ausreichend war oder nicht. Ein wesentlicher Grundsatz der Verschuldenshaftung ist nämlich, dass (nur) für durch rechtswidriges Verhalten schuldhaft zugefügte Schäden zu haften ist. Der Geschädigte soll so gestellt werden, wie er stünde, wenn das rechtswidrige Verhalten unterblieben wäre.
Dabei kann auch das rechtmäßige Alternativverhalten, also die Kausalität der Rechtswidrigkeit, von Bedeutung sein (vgl bspw 3 Ob 206/23z). Wäre der eingetretene Schaden auch bei gebotenem bzw rechtmäßigem Verhalten eingetreten, steht dem Schädiger in der Regel der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens zu. Bei der Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens geht es darum, ob ein rechtswidrig handelnder Täter selbst dann für den verursachten Schaden zu haften hat, wenn er denselben Nachteil sonst durch ein rechtmäßiges Verhalten herbeigeführt hätte (vgl RS0111706 [T6]; 3 Ob 206/23z).
2.3.2.Für den Fall der Verletzung der Aufklärungspflicht kann sich der Arzt von seiner Haftung daher nur dadurch befreien, indem er seinerseits behauptet und beweist, dass der Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur Behandlung erteilt hätte (RS0038485; RS0108185; RS0111528). In welchem Umfang im konkreten Fall der Arzt den Patienten aufklären muss, ist eine Rechtsfrage (RS0026763). Ob der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt hätte, ist hingegen eine Tatfrage (RS0038485 [T16]).
Dieser Nachweis ist der Erstbeklagten vorliegend gelungen. Die Klägerin wurde von der Erstbeklagten über die gängigen Medikamente, insbesondere Sifrol und Madopar aufgeklärt. Es steht weiters fest, dass die Klägerin, hätte die Erstbeklagte sie in ihre Überlegungen zur Auswahl des Medikaments einbezogen - also sie in die Lage versetzt, auf Basis eines ausreichenden Kenntnisstandes auch über die möglichen Behandlungsalternativen ihre Zustimmung zur Behandlung abzugeben und dabei die Tragweite ihrer Erklärung zu überblicken – sich für Sifrol entschieden hätte.
2.4. Nach den Feststellungen wurde die Klägerin von der Erstbeklagten im Zuge des Gesprächs über das Medikament Sifrol über das mögliche Risiko einer Verhaltensänderung (Impulskontrollstörung) aufgeklärt, wobei die Neurologin zur besseren Verständlichkeit das Wort „Verhaltenssucht“ verwendete. Die Aufklärung umfasste die vier häufigsten Gruppen an Verhaltensänderungen, nämlich das unkontrollierte Essverhalten, das unkontrollierte Einkaufsverhalten, Sexsucht und Spielsucht. Die Klägerin wurde angewiesen, achtsam zu sein und sowohl Verschlechterungen der Parkinson Symptome, als auch bemerkte Nebenwirkungen zu melden und bei Verschlechterung des Zustandes wiederzukommen. Der Klägerin wurde ausdrücklich erklärt, dass Angehörige bei der Behandlung mit Sifrol als Kontrollinstanz für den Patienten eingesetzt würden, weil Patienten beim Auftreten dieser Verhaltensänderung möglicherweise selbst nicht mehr reagieren könnten.
Dass „die medikamentösen Nebenwirkungen potenziell Konsequenzen mit sich bringen, welche der Klägerin und ihrer Familie erheblichen Schaden zufügen können“ ist in dieser Information ebenso impliziert, wie der Umstand, dass das Auftreten eines solchen Suchtverhaltens „ohne Rücksicht auf persönliche oder familiäre Konsequenzen“ erfolgt bzw zu „unkontrollierbarem zwanghaften Geldausgeben“ führen kann.
Eine unvollständige Aufklärung über die Nebenwirkungen von Sifrol lag damit nicht vor. Daran ändern auch allfällige Gerichtsverfahren bzw deren mediale Wahrnehmung oder Wahrnehmung in der medizinischen Fachwelt nichts. Die geltend gemachte sekundäre Mangelhaftigkeit in diesem Zusammenhang liegt nicht vor.
2.5. Im Zusammenhang mit der Rechtsrüge zur behaupteten mangelnden Sorgfalt der zweit- bis viertbeklagten Parteien übersieht die Berufung, dass feststeht, dass die Spielsucht und das triebhafte Verlangen nach außerehelichem Geschlechtsverkehr der Klägerin (bereits) durch die Erhöhung der Dosis von Sifrol von 0,52 mg auf 1,05 mg ausgelöst wurden. Die weitere Erhöhung der Dosis über 1,05 mg hinaus hatte auf die bereits vorhandene Impulskontrollstörung keinen weiteren Einfluss. Aus allgemeinmedizinischer Sicht musste der Konnex auf eine möglicherweise medikamentös indizierte Verhaltensstörung nicht gesehen werden. Durch die verschriebene höhere Dosis entstand kein Schaden, der nicht auch mit der geringeren Dosis von 1,05 mg entstanden wäre. Weiters steht fest, dass die Klägerin keine Krankheitseinsicht hatte und sich weigerte, die Erstbeklagte aufzusuchen und es ihrem Ehemann nicht gelang, sie in ein Krankenhaus oder zu einem Facharzt zu bringen. Damit ist schon die Kausalität einer allfälligen allgemeinmedizinischen Sorgfaltswidrigkeit zu verneinen. Auch hier liegen keine sekundären Feststellungsmängel vor.
2.6. Die Frage der Aufklärungspflicht des „weiterverschreibenden“ praktischen Arztes stellt sich hier nicht, weil die Klägerin bereits von der Erstbeklagten ordnungsgemäß über die Nebenwirkungen von Sifrol aufgeklärt wurde und im vorliegenden Fall aus dem Behandlungsvertrag nur die Weiterverschreibung geschuldet war.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41.
4. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung war nicht zu lösen.
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