10R34/25f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Atria als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Oberbauer und Mag. Dr. Vogler in der Rechtssache der Klägerin A* , geboren am **, **, vertreten durch Dr. Hubert Köllensperger, Mag. Wolfgang Stockinger, Rechtsanwälte in Wels, wider die Beklagte B* C* , geboren am **, **, vertreten durch Dr. Max Pichler, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 32.711,52 sA, über die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichts für ZRS Wien vom 17.4.2025, GZ ** 20, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 3.400,32 (darin EUR 566,72 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin und die Beklagte sind Töchter von DI D* C*, der am 24.4.2024 verstarb. Der Verstorbene hatte den Streitteilen und der weiteren Tochter, E* C*, bereits zu Lebzeiten (Ende 2017/Anfang 2018) Wertgegenstände übertragen. Die Klägerin hatte einen Geldbetrag von EUR 51.840, die Beklagte eine Eigentumswohnung in ** und E* C* Wertpapiere erhalten. Nach der Schenkung dieser Wertgegenstände äußerte der Vater der Streitteile im Frühjahr 2021 anlässlich eines Treffens er wisse, dass es sich dabei um eine ungerechte Verteilung handle und dass sich die Schwestern im Falle seines Todes einen Wertausgleich leisten sollten. Dabei sollte auf den Wert im Zeitpunkt des Ablebens des Vaters abgestellt werden. Dies sollte auch verschriftlicht werden, wobei es bereits damals einen Entwurf gegeben hatte. Die Sache verzögerte sich jedoch. Schließlich war für den 12.2.2022 ein Treffen zwischen den Eltern und den drei Schwestern geplant. Die Klägerin verfasste im Vorfeld auf Aufforderung des Vaters nach seinen Wünschen handschriftlich einen Text, der das zusammenfassen sollte, was im Jahr 2021 besprochen worden war und den alle unterschreiben sollten. Dieses Schriftstück (Beilage ./1) lautete wie folgt:
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Die Klägerin begehrt zuletzt EUR 32.711,52 sA und bringt zum Grund des Anspruchs vor, schon im Frühjahr 2021 habe DI C* in einem Gespräch mit seinen Töchtern und seiner Frau darauf hingewiesen, dass er alle drei Töchter gleich behandeln wolle und zwischen den Töchtern ein Wertausgleich geschaffen werden sollte. Die drei Schwestern, so auch die Streitteile, und der Vater hätten diesbezüglich die Einigung erzielt, die schriftlich aufgesetzt und als (oben wiedergegebene) Vereinbarung von allen unterschrieben worden sei. Angesichts der Wertverhältnisse errechne sich ein Ausgleichsanspruch in Höhe des Klagebegehrens. Es habe nie eine Vereinbarung zwischen dem Vater und den Töchtern gegeben, dass Schenkungen des Vaters als Pflichtteile anzurechnen seien.
Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und bringt vor, die (oben wiedergegebene) als „Vereinbarung“ titulierte Erklärung sei von der Beklagten und ihrer Schwester E* zur Beruhigung ihres Vaters mitunterfertigt worden. Als echte Vereinbarung im Rechtssinne sei die Erklärung unwirksam, da sie diesfalls auf eine Änderung der erfolgten Schenkungen abzielen würde, wofür die Einhaltung der Notariatsaktsform erforderlich gewesen wäre. In Wahrheit sei das Schriftstück nicht mehr als eine Absichtserklärung der unterfertigenden Personen, der darin geäußerten Anordnung des Vaters künftig nachzukommen, falls sie dann noch aktuell wäre. Der Vater habe die Beklagte in weiterer Folge zur Alleinerbin eingesetzt und die Erklärung vom 12.2.2022 widerrufen. Auch in seinem Testament vom 27.9.2022 sei nochmals festgehalten worden, dass diese nicht mehr aufrecht sei. Die sogenannte Vereinbarung sei als Wunsch des Vaters für seinen Ablebensfall formuliert gewesen, eine Abänderung sei im Rahmen der Testierfreiheit möglich gewesen. Das Schriftstück sei seiner klaren Textierung nach eine letztwillige Anordnung. Der Sinn habe darin bestanden, zur Vermeidung von künftigen Streitigkeiten festzuhalten, welche Vorempfänge nach seinem Ableben auf die Erb- oder Pflichtteilsansprüche der Töchter anzurechnen sein würden. Als letztwillige Verfügung habe der Vater diese Anordnung jederzeit widerrufen können, was er in der Folge auch getan habe. Dementsprechend sei der Pflichtteil der Klägerin im Pflichtteilsübereinkommen ohne Berücksichtigung der Vorempfänge ermittelt und so festgelegt worden, wie es dem Widerruf des Vaters entsprochen habe. Hätte man stattdessen im Sinne der „Vereinbarung“ die Vorempfänge angerechnet, hätte die Klägerin überhaupt keinen Pflichtteil erhalten, selbst wenn man von ihren (bestrittenen) Wertangaben in der Klage ausgehen würde.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.
Es legte seiner Entscheidung neben dem eingangs dargestellten Sachverhalt im Wesentlichen nachstehende Feststellungen zugrunde, wobei die von der Klägerin mittels Beweisrüge bekämpften durch Fettdruck hervorgehoben sind:
Der Vater und die drei Schwestern unterschrieben diesen Text, keine der Schwestern widersprach. Es handelte sich nicht um einen Notariatsakt. Es wurde nicht darüber gesprochen, was passieren sollte, wenn DI D* C* bezüglich des Wertausgleichs später seine Meinung ändern würde. Über künftige Erbquoten oder wie die Erbfolge nach dem Vater der Streitteile überhaupt gestaltet sein werde, wurde nicht gesprochen. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Vater und die drei Schwestern dies damals als Vereinbarung zwischen ihnen (allenfalls nur zwischen den Schwestern) oder als Wunsch des Vaters, der von den Töchtern mit ihrer Unterschrift zur Kenntnis genommen wurde, auffassten. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Schwestern bei Leistung ihrer Unterschrift einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen hatten. Am 30.5.2022 schrieb der Vater der Streitteile eigenhändig: „Ich widerrufe die Vereinbarung vom 12.2.2022“. In seinem Testament vom 27.9.2022 setzte er die Beklagte als Alleinerbin ein. Für den Fall, dass sie das testamentarische Erbe nicht antreten würde, erließ er die Anrechnung der Schenkung der Wohnung in ** auf ihre gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsansprüche. Seine Töchter und seine Ehefrau setzte er „unter Anrechnung von bereits Erhaltenem“ auf den gesetzlichen Pflichtteil. Insbesondere seien diverse Schenkungen anzurechnen. In dieser Aufzählung finden sich auch bei E* C* die in Beil./1 angeführten Wertpapiere und bei der Klägerin das in Beil./1 angeführte Bargeld von EUR 51.840. Weiters findet sich der Satz „Klarstellend möchte ich festhalten, dass ich die Schenkungsvereinbarung vom 12.2.2022 nach reiflicher Überlegung am 30.5.2022 widerrufen habe [...]“. Das Testament wurde dem Verlassenschaftsverfahren zugrunde gelegt und dessen Gültigkeit im Verlassenschaftsverfahren nicht bestritten, insbesondere nicht von der Klägerin. Die Streitteile trafen folgendes Pflichtteilsübereinkommen:
„[...]
Drittens: Die Töchter des Verstorbenen, E* C* und A*, verzichten zur Berechnung ihrer Pflichtteilsansprüche auf eine Schätzung der Verlassenschaft und vereinbaren mit der Tochter des Verstorbenen, B* C*, unter Berücksichtigung der obigen Vermögenserklärung einen Pflichtteilsbetrag von je EUR 4.236,98.[...]“
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 10.10.2024 wurde der Beklagten aufgrund des Testaments vom 27.9.2022 ohne die Rechtswohltat des Inventars rechtskräftig eingeantwortet.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, der Klägerin sei der Nachweis einer Vereinbarung, insbesondere, dass die Streitteile von einer Vereinbarung ausgegangen seien und einen Bindungswillen gehabt hätten, nicht gelungen. Allerdings könne die Frage, ob es sich um einen bloßen Wunsch des Vaters der Streitteile oder um eine vertragliche Regelung zwischen den Streitteilen gehandelt habe, dahingestellt bleiben. Würde das Schriftstück nicht das Wort „Vereinbarung“ als Überschrift tragen, sei es dem Wortlaut nach eine reine Bekundung eines Wunsches des Vaters der Streitteile darüber, welche Modalitäten er sich diesbezüglich vorstelle. Den Unterschriften der drei Schwestern käme bloß deklarative Bedeutung im Sinne eines Zur Kenntnis-nehmens zu und die Verfügung bliebe jedenfalls frei widerruflich, was am 30.5.2022 geschehen sei. Soweit man angesichts der Überschrift von einer Vereinbarung zwischen den Töchtern ausginge, hätte sie für ihre Wirksamkeit der Notariatsaktspflicht bedurft, da sie inhaltlich auf die Verpflichtung einer künftigen unentgeltlichen Zuwendung hinauslaufe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin wegen „unrichtiger und mangelhafter Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung“ mit dem Antrag, das Ersturteil aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
1.Allgemein ist voranzustellen, dass die Berufung die Rechtsmittelgründe zwar formal getrennt darstellt, sie inhaltlich jedoch miteinander vermengt. Allfällige Unklarheiten gehen daher zu Lasten der Berufungswerberin (RS0041761). Mehrere Berufungsgründe sind grundsätzlich nicht gemeinsam auszuführen, insofern die Ausführungen aber mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, welcher Berufungsgrund dargestellt werden soll, darf die Berufung nicht gemäß § 474 Abs 2 ZPO verworfen werden. Derjenige Teil der Ausführungen, der nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, welcher Berufungsgrund ausgeführt werden soll, ist aber mangels gesetzmäßiger Ausführung des Rechtsmittels unbeachtet zu lassen (RS0041768; vgl auch Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 471 ZPO Rz 17).
1.1. In ihren Vorbemerkungen moniert die Klägerin die Ausführung des Erstgerichts, der Vater der Streitteile sei meinungsstark gewesen, weshalb niemand widersprochen habe, wenn er sich etwas, wie etwa die Unterschrift auf das gegenständliche Schriftstück, gewünscht habe, als aktenwidrig. Diese würden sich weder aus dem Vorbringen der Parteien noch aus dem Beweisverfahren ergeben.
Eine Aktenwidrigkeitist nur dann gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde. Erwägungen des Erstgerichts, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen oder bestimmte Feststellungen nicht getroffen worden können, fallen in das Gebiet der Beweiswürdigung (RS0043347; RS0043298; RS0043256 uvm; zuletzt etwa 8 ObA 4/25h).
Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil es sich bei den monierten Passagen um beweiswürdigende Ausführungen handelt, die das Erstgericht aus der Aussage der Vernommenen schloss, gab doch die Klägerin selbst an, ihr Vater sei sehr dominant gewesen, es sei sein Wunsch gewesen, seine Persönlichkeit (ON 17.2, 8).
1.2. Weiters führt die Klägerin in ihren Vorbemerkungen aus, die Begründung des Erstgerichts sei widersprüchlich . So führe das Erstgericht aus: „Wenn sie (und damit gemeint die Beklagte!) ausführte, dass zuvor nicht darüber gesprochen worden sei (bezüglich der Vorgeschichte im Jahr 2021) , dann konnte das Gericht angesichts der durchaus um Objektivität bemühten Aussage der Zeugen C* nicht folgen.“ Das Erstgericht gehe also von einer um Objektivität bemühten Aussage der Zeugin E* C* aus und habe vielleicht nur irrtümlich das Wort „nicht“ eingesetzt und womöglich gemeint, dass es bei seinen Feststellungen den Aussagen der Zeugen C* folge. Hier sei die Begründung des Erstgerichts widersprüchlich.
Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich klar, dass das Erstgericht in diesem Punkt (der Vorgeschichte) der Aussage der Zeugin E* C* folgte, ein Widerspruch ist nicht ersichtlich. Letztlich ist auch nicht erkennbar, welcher Berufungsgrund zur Ausführung gebracht werden sollte.
1.3. Das Erstgericht habe in seiner Beweiswürdigung angeführt, dass es der Zeugin auch darin folge, dass es tatsächlich um einen Wertausgleich gehen habe sollen. Es erhebe sich die Frage, wieso dieser Umstand vom Erstgericht nicht in seinen Feststellungen getroffen worden sei.
Sofern die Klägerin mit diesen Ausführungen einen sekundären Feststellungsmangel (als Ausfluss der unrichtigen rechtlichen Beurteilung [vgl KodekaaO § 471 ZPO Rz 13]) ins Treffen führt, liegt dieser nicht vor, spricht doch das Erstgericht in seinen Feststellungen mehrmals von „Wertausgleich“ (vgl Seite 2 und 3 der Urteilsausfertigung).
1.4. Letztlich macht die Klägerin im Rahmen ihrer Vorbemerkungen einen Verfahrensmangel geltend. So habe das Erstgericht ein Schreiben der Zeugin E* C* verwertet, ohne dies zu verlesen. Das Erstgericht hätte anführen müssen, weshalb es wisse, dass die genannte Zeugin gesundheitlich angeschlagen sei. Möglicherweise habe die Zeugin in ihrer Mitteilung an das Erstgericht außer ihrem Gesundheitszustand weiteres mitgeteilt, was jedoch nicht bekannt sei und nicht verwertet werden dürfe. Dies stelle einen Verfahrensmangel dar, zumal ja nicht überprüft werden könne, welche weiteren Informationen die Zeugin mitgeteilt habe und ob diese vollständig oder nur teilweise vom Erstgericht berücksichtigt worden seien oder ob eben nur der Gesundheitszustand vom Gericht für die Urteilsbegründung wesentlich gewesen sei und warum allfällige andere Informationen in dieser Mitteilung nicht.
Das von der Klägerin ins Treffen geführte Schreiben der Zeugin E* C* ist Teil des elektronischen Aktes (ON 14). In diesem entschuldigt sich die Zeugin aufgrund gesundheitlicher Beschwerden zunächst für die Verhandlung und übermittelt handschriftlich eine Stellungnahme zum „Zustandekommen der Vereinbarung vom 12.2.2022“.
Das Erstgericht verwertete diese Stellungnahme nicht, vielmehr teilte es der Zeugin mit, dass schriftliche Zeugenaussagen in der Prozessordnung nicht vorgesehen seien und ihre Angaben nur dann Eingang ins Verfahren finden könnten, wenn die Zeugin in der Verhandlung einvernommen werde (ON 15), was am 28.2.2025 auch tatsächlich geschah.
Die Verfahrensrüge, deren Wesentlichkeit überdies nicht ausgeführt wurde, ist daher nicht berechtigt.
2. In ihrer Beweisrüge wendet sich die Klägerin gegen die bei auszugsweiser Wiedergabe des Sachverhalts durch Fettdruck hervorgehobenen Feststellungen und begehrt die Ersatzfeststellung, dass am 12.2.2022 der Vater mit seinen drei Töchtern seinem Wunsch entsprechend eine für alle vier Beteiligten bindende Vereinbarung (Beil./1) getroffen habe, wonach nach seinem Tod von den Schwestern untereinander ein Wertausgleich hinsichtlich der von ihm erhaltenen Vermögensübertragung erfolgen solle und die drei Schwestern durch Unterfertigung dieser Vereinbarung ausdrücklich mit dieser Regelung einverstanden gewesen seien. Zwischen den Schwestern sei mit ihrer Unterschrift auf Beil./1 nicht nur ein Wunsch des Vaters dokumentiert worden, sondern auch eine Vereinbarung mit rechtsgeschäftlicher Bindungswirkung abgeschlossen worden, ansonsten die Unterschriften der Schwestern nicht notwendig gewesen wären. Auch wenn nicht jeder Schwester sofort ein Exemplar der Beil./1 ausgehändigt worden sei, sei es vor Unterfertigung von jeder der drei Schwestern durchgelesen worden und habe auch jede von ihnen im Nachhinein ein Exemplar erhalten und sei von keiner der drei Schwestern ein Widerruf dieser Vereinbarung erfolgt.
Die Klägerin argumentiert, die Zeugin E* C*, der das Erstgericht Objektivität zugestehe, habe ausgesagt, dass klar gewesen sei, dass die Schenkungen an die drei Töchter nicht gleichmäßig aufgeteilt worden seien und immer die Rede gewesen sei, die Schenkungen zum Zeitpunkt des Todes des Vaters aufzuaddieren und zu dritteln. Dies habe mit der Beil./1 verschriftlicht werden sollen, alle seien einverstanden gewesen. Sie habe die Beil./1 nicht nur als Anweisung des Vaters, sondern schon als Vereinbarung zwischen „uns Dreien bzw uns Vieren“ gesehen. Dies stehe im Einklang mit der Aussage der Klägerin. Wenn es eine einseitige Erklärung des Vaters gewesen wäre und sein Wunsch, so erhebe sich die Frage, wieso dann die anderen drei Personen ebenfalls unterschrieben haben. Außerdem habe die Beklagte ausdrücklich ausgesagt, dass sie sich die Beil./1 „schon durchgelesen habe, ich habe das hingenommen und unterschrieben. Ich habe auch nicht gesagt, dass ich nicht einverstanden wäre“. Wenn das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung zur Beil./14 vermeine, dass bestätigende Unterschriften der Töchter in der Familie der Streitteile nicht ungewöhnlich gewesen seien, hätte das Erstgericht aber auch zu dem Schluss kommen müssen, dass die Unterschriften der Töchter auf der Beil./1 nur dahingehend verstanden werden könnten, dass sie untereinander mit dem Vater die Regelung getroffen hätten, dass nach seinem Tod ein entsprechender Wertausgleich zwischen den drei Töchtern hinsichtlich der von ihm erhaltenen Vermögenswerte geschaffen werden sollte und dies selbstverständlich auch für die Schwestern bindend sein sollte, was durch deren Unterschriften bestätigt habe werden sollen. Letztlich habe es sich bei der Verfasserin der Beil./1 sowie den übrigen nicht um juristisch ausgebildete Personen gehandelt. Daher sei bei Auslegung des Schriftstückes, das die Überschrift „Vereinbarung“ enthalte, nur darauf abzustellen, wie eine normal gebildete Person dieses Schriftstück verstehen könne.
2.1.Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich das Gericht für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen auf Grund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (RS0043175). Der Richter hat nach eigener freier Überzeugung die aufgenommenen Beweise zu würdigen und nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu prüfen, ob jener Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht ist, der es rechtfertigt, die fragliche Tatsache für wahr zu halten ( Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 272 Rz 1; Spitzer in Kodek/Oberhammer,ZPO-ON § 272 ZPO Rz 2).
Eine Negativfeststellung ist zu treffen, wenn die Beweisergebnisse nach der Überzeugung des Gerichtes nicht ausreichen, um einen entscheidungswesentlichen Tatumstand als erwiesen oder als nicht erwiesen anzunehmen, also das Beweisverfahren ohne subsumtionsfähiges Sachverhaltsergebnis geblieben ist, und die freie Beweiswürdigung zu keinem Ergebnis führt (RS0039903, RS0039872; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO 5Vor § 266 ZPO Rz 8).
2.2. Für die Version der Klägerin (das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen dem Vater und den drei Töchtern) spricht die Überschrift „Vereinbarung“ auf der Beil./1 sowie die Aussage der Zeugin E* C*, die die Beil./1 „schon als Vereinbarung zwischen uns Dreien bzw uns Vieren“ verstand. Zu Recht hat das Erstgericht dieser Aussage mehr Objektivität zugestanden als jener der Klägerin, zumal E* C* keine Ansprüche aus dem Schriftstück Beil./1 (bis dato) geltend machte.
Gegen die Version der Klägerin hat das Erstgericht jedoch ebenfalls zu Recht den Wortlaut des Schriftstücks Beil./1 „ich möchte“ ins Treffen geführt, was wiederum den Wunsch des (dominanten) Vater zum Ausdruck brachte, dass er einen Wertausgleich anstrebte/sich wünschte und diesen Wunsch durch die Unterschriften der Töchter dokumentiert haben wollte, wie seinerzeit die Mutter der Töchter bei Abrechnung der Beil./14, die unter dem Passus „Betrag erhalten“ ebenso die Unterschrift der Beteiligten trägt.
Auch die Klägerin spricht von dem Wunsch des Vaters, dem man entsprechen wollte (ON 17.2, 8). Nach Ansicht der Beklagten sei es „so was wie eine letztwillige Verfügung…“ gewesen (ON 17.2, 13), die DI C* später widerrief (UA Seite 4).
Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass Wünsche bzw einseitige Anordnungen keiner Unterschrift der Töchter bedurft hätten, angesichts der Dominanz des Vaters ist jedoch eine Unterschrift zu Dokumentationszwecken dieses Wunsches nicht abwegig. Wie bereits ausgeführt, bestätigen die Töchter auf Beil./14 auch bloß, die dort genannten Summen von ihrer Mutter bereits erhalten zu haben, was offensichtlich ebenso Dokumentationszwecken diente und – wie das Erstgericht nachvollziehbar ausführte – den Schluss zulässt, dass bestätigende Unterschriften der Töchter in der Familie nicht ungewöhnlich waren.
Zusammengefasst ist es nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht weder von der Version der Klägerin noch von jener der Beklagten so hinreichend überzeugt war, um entsprechende positive Feststellungen zum Bindungswillen treffen zu können.
Das Berufungsgericht übernimmt sohin die Feststellungen des Erstgerichts und legt sie seiner Entscheidung zugrunde (§ 498 ZPO).
3. In ihrer Rechtsrüge argumentiert die Klägerin, es sei unerheblich, ob der Vater und die drei Töchter dies damals als Vereinbarung zwischen ihnen oder als Wunsch des Vaters aufgefasst hätten, zumal die Vereinbarung nicht nur wortwörtlich angeführt, sondern auch von allen vier Personen unterschrieben worden sei, sodass es keine Zweifel daran geben könne, dass es sich dabei um eine Vereinbarung unter diesen vier Personen handle, auch wenn diese Vereinbarung über Wunsch des Vaters verfasst worden sei.
Der Klägerin ist zwar zuzustimmen, dass es unerheblich ist, über wessen Wunsch eine Vereinbarung zustande kommt. Wesentlich ist jedoch für das Vorliegen einer Vereinbarung/eines Vertrages, dass der rechtsgeschäftliche Wille, sich zu binden, vorhanden ist, was eine Tatsachenfrage darstellt (vgl RS0043610 [T2]).
Zwar gehört die rechtliche Würdigung von Willenserklärungen, Verträgen und Vergleichen zur rechtlichen Beurteilung, werden aber zur Auslegung der einer Urkunde zugrundeliegenden Absicht der Parteien andere Beweismittel herangezogen, so werden damit tatsächliche Feststellungen getroffen (RS0043369; RS0017911).
Ein für das Vorliegen eines Vertrages wesentlicher Bindungswille der Parteien/Schwestern, sich wechselseitig zu einem Wertausgleich zu verpflichten, konnte jedoch vom Erstgericht gerade nicht festgestellt werden. Nach diesen blieb offen, ob die Parteien mit ihrer Unterschrift lediglich den Wunsch des Vaters und seine Aufstellung zu dem bereits Empfangenen zur Kenntnis nahmen oder sich wechselseitig zu einer Ausgleichszahlung verpflichten wollten, was die Klägerin, die sich darauf berief, auch zu beweisen hat.
Da die Klägerin das Vorliegen einer Vereinbarung nicht nachweisen konnte, kann es dahingestellt bleiben, ob diese zu ihrer Wirksamkeit notariatsaktspflichtig gewesen wäre.
Der unberechtigten Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
4.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens fußt auf §§ 41, 50 ZPO.
5.Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Wie eine Erklärung im Einzelfall aufzufassen ist, insbesondere, ob in ihr ein Bindungswille zum Ausdruck kommt, ist jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar (vgl RS0042555).