7Bs137/25h – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Vorsitzende und die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall StGB über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Wels vom 5. Mai 2025, GZ Hv*-89a, nach der in Anwesenheit der Staatsanwältin Dr. Steinwender als Vertreterin des Leitenden Oberstaatsanwalts, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Lahner durchgeführten Berufungsverhandlung vom 25. September 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 (erster und zweiter Fall) StGB schuldig erkannt und dafür zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt.
Inhaltlich des Schuldspruchs hat er in der Nacht zum 15. August 2023 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zumindest zwei Mittätern gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen teils durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nämlich
Dagegen richten sich die Berufungen des Angeklagten, der sich – nach Zurückziehung weiterer zunächst angemeldeter Berufungspunkte – gegen die aus seiner Sicht zu hohe Freiheitsstrafe wendet und deren Reduktion sowie teilweise bedingte Nachsicht fordert (ON 90, ON 93), und der Staatsanwaltschaft, die mit ihrem zunächst nur angemeldeten (vgl ON 1.75), im Zuge der Berufungsverhandlung dann näher ausgeführten Rechtsmittel den Strafausspruch zum Nachteil des Angeklagten anficht.
Weder diese noch jene ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei zunächst festgehalten, dass sich die Sachverhaltsgrundlage für gewerbsmäßiges Handeln im Sinne von § 130 Abs 2 (in Verbindung mit § 70 Abs 1 Z 1) StGB für das Rechtsmittelgericht hinreichend deutlich ( Ratzin WK-StPO § 281 Rz 19) aus den erstgerichtlichen Feststellungen ergibt (vgl US 4: „...zwängten die … Eingangstür … mit einem ca. 6-7 mm breiten Flachwerkzeug auf...“ [RIS-Justiz RS0131062, RS0130766 {T1}; Jerabek in WK-StGB² § 70 Rz 13/2 f; Stricker in WK-StGB² § 130 Rz 45]; sowie US 5: „...die Absicht hatte, sich durch die wiederkehrende und professionelle Begehung dieser Taten …“ [ Stricker aaO § 130 Rz 62]).
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht das Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung als mildernd, als erschwerend dagegen den äußerst raschen Rückfall, die einschlägigen Vorstrafen, die Mehrfachqualifikation der Diebstahlshandlungen, das mehrfache Überschreiten der Wertgrenze des § 128 Abs 1 Z 5 StGB und den Umstand, dass der Angeklagte als Kriminaltourist agiert habe.
Dieser Katalog bedarf einer Präzisierung und Ergänzung.
Entgegen dem Berufungsvorbringen wurde die Bedeutung des reumütigen Geständnisses (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB) in Hinblick darauf zu Recht relativiert, dass die am Tatort sichergestellte DNA-Spur (ON 2.7, 10; ON 8.3) ein Leugnen wenig aussichtsreich erscheinen hätte lassen (RIS-Justiz RS0091512; OLG Wien 20 Bs 79/25a). Der (weitere und eigenständige [RIS-Justiz RS0091465]) Milderungsgrund des wesentlichen Beitrags zur Wahrheitsfindung (§ 34 Abs 1 Z 17 zweiter Fall StGB) kommt dem Angeklagten mit den insoweit zutreffenden Überlegungen des Erstgerichts (US 8) dagegen überhaupt nicht zugute (RIS-Justiz RS0091460 [T3, 4, 5 und 6]). Nur unter diesem Gesichtspunkt wäre aber die Preisgabe seiner Mittäter von Bedeutung gewesen.
Die (bis dahin bloß) objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung des Diebesgutes (vgl RIS-Justiz RS0091384, RS0091337) erhält durch die inzwischen (zur Beachtlichkeit von Neuerungen: RIS-Justiz RS0120232, RS0100300; Ratz in WK-StPO § 295 Rz 2) darüber hinaus geleistete persönliche Schadenersatzzahlung (vgl die Eingabe vom 22. September 2025) zusätzliches Gewicht.
Aufseiten der Erschwerungsgründe ist von zwei einschlägigen Vorstrafen auszugehen, liegen doch die Tatzeiten der Urteile des Kreisgerichts Krakau-Podgórze (Sąd Rejonowy dla Krakowa-Podgórza) vom 20. Dezember 2017 (ON 75, 4 ff: 23. Jänner 2017) sowie des Kreisgerichts Krakau-Krowodrzy (Sąd Rejonowy dla Krakowa-Krowodrzy) vom 9. Dezember 2019 (ON 75, 6 ff: bis 3. November 2016) vor dem Datum der Verurteilung durch das Amtsgericht Ansbach vom 7. September 2017 (ON 75, 5 f) und stehen diese Urteile daher (nach österreichischem Recht) zueinander im Verhältnis des § 31 StGB (vgl RIS-Justiz RS0090759; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4 § 31 Rz 24).
Die Mehrfachqualifikation der strafbaren Handlung (dazu Riffelin WK-StGB² § 33 Rz 2) lässt sich hier aus dem gewerbsmäßigen Handeln sowohl in Bezug auf wertqualifizierte als auch auf einbruchsqualifizierte Diebstähle ableiten, wobei jede der beiden Varianten für sich genommen den maßgeblichen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe begründen würde (vgl § 130 Abs 2 StGB; RIS-Justiz RS0116020). Zusätzlich erschwerend ist in Hinblick auf § 33 Abs 1 Z 1 StGB die – hier gerade nicht für die rechtliche Unterstellung entscheidende (vgl § 70 Abs 1 Z 1 StGB) – Tatwiederholung im Rahmen der nach § 29 StGB gebildeten Subsumtionseinheit in Anschlag zu bringen ( RiffelaaO § 33 Rz 3 und 5; RIS-Justiz RS0091375 [T6]).
Das knapp neunfache Überschreiten der Qualifikationsgrenze des § 128 Abs 1 Z 5 StGB ist richtigerweise im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB zu berücksichtigen ( Riffel aaO § 32 Rz 77).
Selbiges gilt für die Tatausführung als Kriminaltourist, die nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung sowohl bei Abwägung der Schuld (§ 32 Abs 3 StGB) als auch unter spezial- und generalpräventiven Gesichtspunkten (zu deren Einfluss auf die Strafzumessung im engeren Sinn: RiffelaaO § 32 Rz 23) zu beachten ist (RIS-Justiz RS0120234). Entgegen dem Berufungsvorbringen begründet die Einreise ins Bundesgebiet allein zur Begehung strafbarer Handlungen nämlich sehr wohl ein maßgebliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber rein innerösterreichischen Reisebewegungen; sind damit doch ein erhöhter Organisationsaufwand, ein intensiver Täterwillen und ein gesteigerter sozialer Störwert verbunden. Unter dem Aspekt der Generalprävention wiederum ist nicht (wie vom Verteidiger im Rahmen der Berufungsverhandlung angedeutet) die Staatsangehörigkeit des Angeklagten entscheidend, vielmehr soll die verhängte Strafe auf einen (keineswegs ethnisch definierten) Personenkreis mit hohem kriminellem Potential abhaltend wirken (vgl instruktiv: 12 Os 78/06x).
Dass der Angeklagte die Taten bei offener Probezeit nach Aussetzung eines Strafrests zur Bewährung durch Beschluss des Bezirksgerichts Krakau (Sąd Okręgowy w Krakowie) vom 24. April 2023 (mit Bewährungsfrist bis 24. April 2025; vgl ON 75, 17 f) begangen hat, erhöht den Schuldgehalt zusätzlich ( Tipold in Leukauf/Steininger aaO § 33 Rz 8; RiffelaaO § 33 Rz 10; RIS-Justiz RS0090597 [T1], RS0090954).
Anhaltspunkte für eine von seiner Berufung reklamierte bloß untergeordnete Rolle bei der Tatausführung finden sich – abseits von seinen Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung (ON 89, 5) – dagegen keine. Vielmehr wurde nach den (im Beweisverfahren verlesenen [ON 89, 6]) Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht nur seine DNA am Griff jenes Fensters sichergestellt, durch welches Mittäter überhaupt erst ins Innere des Einbruchsobjekts gelangten (vgl ON 2.7, 3 und 10; ON 8.3), sondern hat der Angeklagte auch – insoweit ganz im Sinne seines Berufungsvorbringens – tatsächlich versucht, die Anmietung des Tatfahrzeugs durch ihn zu verschleiern, indem er nach Sicherstellung des Lieferwagens die Ausstellung eines inhaltlich unrichtigen Mietvertrags veranlasste (ON 17; ON 12.5). Eine führende Beteiligung im Sinne des § 33 Abs 1 Z 4 StGB wurde vom Erstgericht ohnehin nicht angenommen.
Des weiteren darf die im Rahmen der Berufungsverhandlung angesprochene finanzielle und emotionale Betroffenheit seiner Familie im gegebenen Zusammenhang keine Berücksichtigung finden, widerspräche doch deren Wertung als mildernd sowohl dem für die Strafbemessung geltenden Vorrang der Schuldbezogenheit (§ 32 Abs 1 StGB) als auch dem Gleichbehandlungsgebot; Häftlinge mit einer stabileren Vollzugsverträglichkeit und solche ohne (intakte) Beziehungen zu Angehörigen würden grundsätzlich schlechtergestellt (RIS-Justiz RS0090905).
Alles in allem erweist sich (insbesondere) in Anbetracht des raschen Rückfalls bei offener Probezeit nach der bedingten Entlassung aus einer mehrjährigen Freiheitsstrafe die erstgerichtliche Sanktion als tat- und schuldadäquat und damit weder einer Reduktion zugänglich noch erhöhungsbedürftig.
Die vom Angeklagten angestrebte teilbedingte Strafnachsicht (§ 43a Abs 4 StGB) scheitert aus denselben Gründen schon aufgrund spezialpräventiver Überlegungen.
Damit ist beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen, was die aus dem Spruch ersichtlichen Kostenfolgen nach sich zieht.