JudikaturOLG Linz

6R65/25h – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Vertragsrecht
22. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Dr. Karin Gusenleitner-Helm und Mag. Hermann Holzweber in der Rechtssache der klagenden Partei A* Holding GmbH , FN **, **straße **, B*, vertreten durch die SAXINGER Rechtsanwalts GmbH in Wels, gegen die beklagte Partei C* D* , geboren am **, Unternehmer, **, B*, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen EUR 26.152,59 sA , über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 17. März 2025, Cg*-21, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 2.875,92 (darin EUR 479,32 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin (die im relevanten Zeitraum von ihren Geschäftsführern E* und F* G* vertreten wurde) betreibt eine „ On-Demand-Lieferplattform “ und ist im Bereich des „ Quick-Commerce-Handels “ tätig, der sich durch die schnelle Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen auszeichnet. Sie bietet auf ihrer Website eine große Auswahl an Lebensmitteln, Produkten und Botendiensten an. Ziel der Klägerin ist es, innerhalb von 60 Minuten nach der Bestellung an ihre Kunden zu liefern. Dazu muss die Bestellplattform reibungslos funktionieren und alle technischen Prozesse müssen nahtlos in Echtzeit ineinandergreifen. Um das Angebot zu erweitern, entschieden die Geschäftsführer der Klägerin zu Beginn des Jahres 2021, die Bestellplattform überarbeiten zu lassen. Im Jahr 2021 hatte die Klägerin zumindest einen Programmierer angestellt.

Die Klägerin beauftragte daher den Beklagten, der als selbstständiger Softwareentwickler und Webdesigner tätig ist, Ende Jänner 2021 mit der (Neu-)Programmierung und Modernisierung ihrer Website. Dieser nahm die Neugestaltung der Website noch Ende Jänner 2021 in Angriff. Als „ Go-Live Termin “ („ Launch “ der Website) war ursprünglich der 16. März 2021 vorgesehen. Dieser Termin verschob sich allerdings mehrfach, da der Beklagte mangels Fertigstellung der Programmierung anriet, mit dem Launch noch zuzuwarten. Am 8. April 2021 forderte die Klägerin, dass die neue Website mit allen Funktionen endlich online gehen müsse, nachdem sich bei „ Testläufen “ der Klägerin bereits am 7. April 2021 Fehler der neuen Website (etwa beim Bestellvorgang oder beim Layout) gezeigt hatten. Darüber hinaus deponierte die Klägerin betreffend die Formatierung zahlreiche Einwände und Änderungswünsche. Am 16. April 2021 meldete die Klägerin gravierende Probleme, weil die Website aufgrund einer Änderung der Öffnungszeiten offline gewesen sei. Der „ Go-Live-Termin “ wurde letztlich für 21. April 2021 festgelegt und umgesetzt.

Bereits am 21. April 2021 zeigten sich Probleme mit der neuen Website. (Partner-)Restaurants konnten Bestellungen nicht bestätigen und wurden den Kunden nicht angezeigt. Die Zahlungsabwicklung über den Anbieter „ H* “ funktionierte nicht, was dem Beklagten ebenso sofort mitgeteilt wurde wie der Umstand, dass manche Kunden keine Produkte in den Warenkorb legen und nicht bestellen konnten. Der Beklagte wurde angehalten, diese Probleme dringend zu lösen. Ein reibungsloser Bestellvorgang war regelmäßig nicht möglich, was die Klägerin dem Beklagten vorwarf. Weil dem Beklagten angekündigt wurde, dass er für den damit verbundenen Umsatzeinbruch der Klägerin einzustehen habe, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Streitteilen erheblich. Nachdem der Beklagte der Klägerin im Mai 2021 seine Schlussrechnung übermittelt hatte, antwortete die Klägerin:

Hallo C*,

Das ist wie ich sehe eine Schlussrechnung.

Diese bringen wir gerne nach Fertigstellung aller Punkte zur Anweisung.

Auch erwarten wir uns, wenn wir langfristig noch Projekte umsetzen sollten, einen Nachlass für unseren Umsatzeinbruch von über 20.000€ und den Verlust von 5 Restaurants in der Zeit direkt nach der Umstellung bis jetzt.

Die wie wir wissen alle nur durch IT Probleme verursacht wurden.

[…]

Am 18. Mai 2021 übermittelte die Klägerin ein weiteres Schreiben an den Beklagten:

Hallo C*,

Wie gesagt sind einige beauftragte Punkte nicht abgeschlossen und zwar folgende:

Der Beklagte erklärte sich nicht bereit, Zusatzleistungen zu erbringen, ohne diese zu verrechnen. Am 19. Mai 2021 kündigte die Klägerin in zwei Schreiben an, die Zusammenarbeit einzustellen, wenn der Beklagte das Angebot der Klägerin ablehne. Am 20. Mai 2021 wiederholte und erläuterte die Klägerin im Wesentlichen ihren Standpunkt.

Da der Beklagte den Vorschlag der Klägerin nicht annahm, beendete diese mit 21. Mai 2021 die Zusammenarbeit mit dem Beklagten. Sie richtete am selben Tag folgendes „ abschließende “ Schreiben an den Beklagten:

Da wir nun nach mehrmaligen Versuchen zu keiner Einigung kommen, beenden wir nun endgültig die Zusammenarbeit.

Wenn du auf einen Rechtsstreit aus bist machen wir einen Schadenersatz von € 50.000,- + 50h x "deinen Stundensatz" für die noch fehlenden Tasks (die du selbst unten bestätigt hast und noch weitere) + die Kosten für eine zusätzliche Stellungnahme einer externen Agentur bzgl. dem gelieferten Ergebnis geltend

Deine Zugänge werden hiermit alle deaktiviert.

[…]

Die weitere Bearbeitung der Bestellplattform (Behebung von Fehlern im Quellcode, Fertigstellung noch nicht erledigter Punkte, Programmierung einer „ Restaurant-App “) übernahm nun der Programmierer J* K*, der der Klägerin für „ Hosting “ und Programmierung im Zeitraum 2. April 2021 bis 15. Juli 2021 EUR 3.324,- (brutto) in Rechnung stellte. Nachdem sich die Kundenbeschwerden trotz der fortschreitenden Arbeit J* L* bis Ende Juli 2021 nicht legten, beauftragte die Klägerin im August 2021 ein IT-Unternehmen (dessen Gesellschafter die Klägerin und J* K* waren) mit einer vertiefenden Analyse und Bearbeitung der Website. Die Behebung der Fehler in der Programmierung, die zum Teil erst sukzessive – primär durch Kundenbeschwerden – ans Licht traten, wurde Anfang des Jahres 2022 abgeschlossen.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 13. August 2024 eingebrachten Klage die Zahlung von EUR 26.152,59. „ Aus advokatorischer Vorsicht “ würden nur die Rechnungen jenes IT-Unternehmens vom 20. August 2021 bis 4. Jänner 2022 geltend gemacht (die davor gelegten Rechnungen über gesamt EUR 3.324,- sind somit ebensowenig klagsgegenständlich wie die Leistungserbringung im Zusammenhang mit der „ Restaurant-Anwendung “ [ON 13, S 2]). Der Beklagte habe seine vertraglichen Verpflichtungen schwerwiegend verletzt und trage die Hauptverantwortung für „ den/die “ der Klägerin entstandenen „ Schaden/Kosten für die Mängelbehebung “ von EUR 29.476,59. Die Geltendmachung weiterer Schäden (insbesondere Umsatzeinbußen und Gewinnentgang) aufgrund der unzureichenden Dienstleistungen und Sorglosigkeit des Beklagten behalte sich die Klägerin vor.

Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und erhob insbesondere einen Verjährungseinwand. Der Klägerin seien die behaupteten Mängel spätestens seit Mai 2021 bekannt. Sie habe damals bereits mehr als EUR 50.000,- für fehlende Tasks sowie Kosten einer externen Agentur gefordert. Ihr sei daher klar gewesen, dass Mängelbehebungskosten anfallen würden, sodass die behaupteten Folgeschäden vorhersehbar gewesen seien. Die erst nach Ablauf der dreijährigen Frist eingebrachte Klage sei daher wegen Verjährung abzuweisen.

Die Klägerin replizierte zum Verjährungseinwand, dass Schadenersatzansprüche in der Regel binnen drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger verjährten. Eine Vielzahl der Programmierungsfehler des Beklagten sei erst nach dem Launch der neuen Website aufgetreten. Nachdem der Beklagte diese Fehler nicht verbessert habe, habe die Klägerin für die Fehlersuche und Fehlerbehebung Kosten von EUR 29.476,59 tragen müssen. Da die klagsgegenständlichen Rechnungen erst beginnend mit 20. August 2021 an die Klägerin fakturiert worden seien und die Klägerin frühestens ab diesem Zeitpunkt (sukzessive) Kenntnis vom Ausmaß des gesamten Schadens erlangt habe, sei die Klagsforderung nicht verjährt. Im Mai 2021 sei die Klägerin lediglich von einem Schaden aufgrund der Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen und Fertigstellung ausgegangen. Mit weiteren schwerwiegenden Mängeln habe sie nicht gerechnet.

Das Erstgericht wies die Klage nach Einschränkung auf die Verjährungsfrage ab. Neben dem eingangs wiedergegebenen, im Berufungsverfahren nicht mehr strittigen Sachverhalt legte es noch folgende Feststellungen zugrunde (die bekämpfte Feststellung ist kursiv gesetzt):

Den Geschäftsführern der Klägerin war im Zeitpunkt des Abbruches der Zusammenarbeit mit dem Beklagten am 21.05.2021 klar, dass die vom Beklagten programmierte neue Bestellplattform nicht uneingeschränkt funktionsfähig ist und neben noch nicht umgesetzten Punkten auch (Programmierungs-) Fehler aufweist, die durch einen fachkundigen IT-Experten behoben werden müssen. Die Klägerin war bereits ab 21.04.2021 laufend damit konfrontiert, dass sich Kunden bei ihr über die mangelnde Funktion der Website beschwerten. Konkret zeigten sich bis 21.05.2021 Fehler der neuen Bestellplattform in den Bereichen der Nutzerfreundlichkeit für mobile Nutzer, Fehlermeldungen bei Bestellvorgängen, unrichtige bzw sich widersprechende Einstellungen des Mindestbestellwerts sowie damit einhergehende Fehlermeldungen und Funktionsstörungen bei den Restaurant- und Shoppartner. Worin die einzelnen Fehler in dem insgesamt rund 8,3 Millionen Zeilen umfassenden Quellcode konkret lagen, war den nicht fachkundigen Geschäftsführern der Klägerin Ende Mai 2021 nicht bekannt.

In seiner rechtlichen Beurteilung wandte das Erstgericht die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB an, die zu laufen beginne, wenn mit Aussicht auf Erfolg geklagt werden könne, weil hinreichende Gewissheit über Schadenseintritt, Schädiger sowie Ursachenzusammenhang bestehe. Schon eingetretene und aus demselben Schadensereignis voraussehbare künftige Schäden würden verjährungsrechtlich eine Einheit bilden und keinen gesonderten Fristenlauf auslösen. Der drohenden Verjährung sie diesfalls mit Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen. Hier sei der Klägerin bereits am 21. Mai 2021 klar gewesen, dass die vom Beklagten konzipierte Bestellplattform Fehler aufweise, die die Behebung durch einen fachkundigen IT-Experten erfordern würden, weshalb bereits im Mai 2021 ein Programmierer mit der Fehlerbehebung und Fertigstellung der Website beauftragt worden sei. Die Voraussehbarkeit der Höhe der Mängelbehebungskosten sei nicht relevant, weil die Klägerin bereits Ende Mai 2021 jedenfalls im Stande gewesen wäre, eine Feststellungsklage zu erheben. Die Mängelbehebungskosten ab 20. August 2021 stellten daher keinen unvorhersehbaren (eigenständigen) Folgeschaden dar, womit die Klagsansprüche im Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits verjährt gewesen seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Ziel einer Klagsstattgabe; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Der Beklagte strebt mit seiner Berufungsbeantwortung die Bestätigung des Ersturteils an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1. In der Beweisrüge beantragt die Klägerin statt der oben kursiv wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellung folgende Ersatzfeststellung:

Den Geschäftsführern der Klägerin war im Zeitpunkt des Abbruches der Zusammenarbeit mit dem Beklagten am 21.05.2021 noch nicht klar, dass die vom Beklagten programmierte neue Bestellplattform neben noch nicht umgesetzten Punkten auch zusätzlich (Programmierungs-) Fehler aufweist, die durch einen fachkundigen IT-Experten behoben werden müssen. Die Geschäftsführer der klagenden Partei haben erst im Rahmen der Fehlersuche (sukzessive) Kenntnis von den Programmierungsfehlern erlangt. Der klagenden Partei war der Schaden und das Ausmaß der von der beklagten Partei zu verantwortenden (Programmierungs-)fehler erst mit der letzten Rechnung der M* GmbH vom 04.01.2022 bekannt.

1.2.Voranzustellen ist, dass die Beweiswürdigung des Erstgerichts auf US 12 ff ausführlich, aktenbezogen und gut nachvollziehbar ist, sodass darauf grundsätzlich verwiesen werden kann (§ 500a ZPO). Hervorzuheben ist davon vor allem die Überlegung, dass die Klägerin vor dem Verjährungseinwand noch vorgebracht hat, sie habe „ nach vermeintlicher Fertigstellung der Website im Mai 2021 fest[gestellt], dass die konzipierte Website mit gravierenden (Programmierungs-)Fehlern behaftet und somit nicht funktionsfähig war “ (ON 1, S 5). Erst nach Erhebung des Verjährungseinwands hat sie ihr Vorbringen adaptiert.

1.3. Die Klägerin kritisiert an der Beweiswürdigung des Erstgerichts zunächst, es sei widersprüchlich, den Geschäftsführern der Klägerin zuzugestehen, keine IT-Fachkenntnisse zu besitzen, ihnen aber zu unterstellen, sie hätten bereits am 21. Mai 2021 sicher beurteilen können, dass es sich um erhebliche Funktionsstörungen – verursacht durch Programmierungsfehler im Sourcecode – und nicht lediglich um eine unvollständige Fertigstellung handelte.

Der behauptete Widerspruch liegt nicht vor. Im Unternehmen der Klägerin war feststellungsgemäß im Jahr 2021 zumindest ein Programmierer angestellt. Außerdem hat J* K* bereits im April 2021 für Leistungen (auch) in Zusammenhang mit der in Rede stehenden Domain eine Rechnung an die Klägerin gelegt (Beilage ./25). Es ist daher durchaus möglich, dass die Geschäftsführer der Klägerin von einem der Programmierer über erhebliche Programmierfehler informiert wurden.

1.4. Weiters sei die Annahme, dass der Schriftverkehr eine klare Kenntnis der Klägerin über gravierende Mängel belege, unzutreffend. Das Gericht würdige unzureichend, dass die Klägerin erst schrittweise erkannt habe, dass die Probleme nicht nur in einer unvollständigen Fertigstellung lägen. Somit beruhe die Beweiswürdigung auf einer unzulässigen Unterstellung von technischem Wissen und einer einseitigen Interpretation der Beweise. Dass die Klägerin eine List-of-Open-Points vorgelegt und eine Zahlung erst nach „ Fertigstellung aller Punkte “ (Beilage ./8) zugesagt habe, indiziere, dass sie das Gewerk noch nicht als „ fertiggestellt “ betrachtet habe. Für die Klägerin habe kein Grund zur Annahme bestanden, „ dass der Berufungsgegner gravierende Mängel in seiner Arbeit aufwies “.

Tatsächlich lässt schon ein Blick auf ein Schreiben vom 19. Mai 2021 (Beilage ./9) die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse zu. Dort schreibt E* von „ Fehlern “, die der Beklagte nicht eingesehen habe, und von „ Bugs “, die – wie das Erstgericht bereits dargelegt hat (US 13) – Programmierfehler bezeichnen, und die von „ Inhouse Developern “ der Klägerin gelöst wurden. In Beilage ./26 wendet sich F* G* am 26. April 2021 an den Beklagten, damit „ wir alle Bugs fixen “. Auch die vom Erstgericht bereits ins Treffen geführten Whats-App-Korrespondenzen Beilagen ./Z und ./AA legen nahe, dass über Intervention der Klägerin Fehlfunktionen im Bestellablauf „ gefixt “ werden sollen, was nicht auf eine bloß angenommene Unvollständigkeit der Leistung schließen lässt. Die Erstellung einer Liste mit offenen Punkten kann auch den Zweck verfolgt haben, neben noch nicht erbrachten Leistungsteilen jene Mängel in der Programmierung zu definieren, die noch zu beheben sind.

Wenn die Berufung nun behauptet, in der Korrespondenz sei mit „ fixen “ die Fertigstellung der Website gemeint, so verstärkt dies den Eindruck, dass die Prozessbehauptungen an den Verfahrensstand angepasst werden. Laut Duden online bedeutet „ fixen “ im EDV-Bereich – wie im Ergebnis vom Erstgericht angenommen – „ berichtigen, beheben “, wobei als Beispiel „ Bugs fixen “ angeführt wird. Die Berufungsbeantwortung verweist dazu zutreffend auf die Wortwahl in Beilage ./26, wonach nach dem Fixen der Bugs die Website fertigzustellen sei, was belegt, dass F* G* das Wort „ fixen “ nicht synonym für „ fertigstellen “ verwendete.

1.5. Die Beweiswürdigung sei auch deshalb lückenhaft, weil wirtschaftlich und logisch schwer nachvollziehbar sei, dass die Klägerin als auf eine funktionierende Plattform angewiesenes Start-up trotz Kenntnis von gravierenden Fehlern monatelang inaktiv geblieben sein solle. Ein Abwarten bis Herbst 2021 wäre einem (selbstverursachten) wirtschaftlichen Ruin gleichgekommen. Dass die Klägerin erst später auf die Mängel reagiert habe, lege vielmehr nahe, dass ihr diese im Mai 2021 noch nicht „ in ihrer vollen Tragweite “ erkennbar gewesen seien.

Dass die Klägerin ein „ Start-up “ sei, bringt sie erstmals im Berufungsverfahren vor, sodass dem Erstgericht in der mangelnden Relevierung dieses Umstands kein Vorwurf gemacht werden kann. Dass sie deshalb finanzschwach sei, kann selbstverständlich nicht ohne weiteres angenommen werden. Im Übrigen behauptet die Klägerin selbst, die Fehlerbehebung sei im Jänner 2022 zur Gänze abgeschlossen gewesen (ON 1, S 5). Sie konnte es sich offensichtlich leisten, mit der Klage mehr als zweieinhalb Jahre zuzuwarten. Inwiefern ein „ Abwarten “ (womit?) bis in den Herbst 2021 für die Klägerin ruinös gewesen sein sollte, legt die Berufung nicht nachvollziehbar dar. Urgenzen und Aufforderungen der Klägerin zur „ Problembehebung “ sind jedenfalls seit April 2021 festgestellt.

1.6. Die Berufung stützt ihre Argumentation auf die Aussage des Geschäftsführers E*, der „ glaubhaft “ gewesen sei. Warum das Erstgericht ihm keinen Glauben geschenkt habe, sei unklar. Die Reaktion des Geschäftsführers auf die Befragung durch den Beklagtenvertreter sei als Indiz gegen dessen Glaubwürdigkeit gewertet worden, weil er sich durch die Konfrontation mit angeblich nicht nachvollziehbaren Umsatzeinbußen „ angegriffen fühlte “ und in eine Verteidigungshaltung gewechselt sei. Dabei sei es eine „ natürliche menschliche Reaktion “, sich gegen (unrichtige) Vorwürfe zur Wehr zu setzen. Die Argumentation des Geschäftsführers sei vielmehr konsistent mit seiner bisherigen Darstellung.

Die Klägerin greift hier freilich nur ein Argument des Erstgerichts heraus. Damit etwa, dass man bei der Klägerin am 21. April 2021 bereits von einer weitestgehenden Fertigstellung der Website ausgegangen war (US 14 iVm US 12 f und PV G*, ON 14.2, S 13), dass keiner der Geschäftsführer aufklären konnte, warum in der von ihnen vorab gelesenen Klage davon die Rede ist, dass man im Mai 2021 die gravierende Mangelhaftigkeit der Website festgestellt habe (US 15), oder dass E* bei Befragung durch den Beklagtenvertreter im Ergebnis zugestand, dass die gröbsten Mängel ab Juli 2021 behoben gewesen seien (US 15 zu ON 14.2, S 11), setzt sich die Berufung nicht ansatzweise auseinander. Eine falsche Glaubhaftigkeitsbeurteilung der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin wird also nicht zur Darstellung gebracht.

1.7. Weiters werden die Ausführungen des Erstgerichts zu einer Vereinbarung einer „ Pauschale für eine Mängelbehebung “ mit dem IT-Unternehmen am 20. August 2021 (oder wenige Tage zuvor) kritisiert (US 15 zu ON 14.2, S 11 f und Beilage ./CC, S 1). Die Vereinbarung einer Pauschale für die Analyse spreche nicht gegen die Aussagen der Geschäftsführer. Eine Pauschalvereinbarung sei eine wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme zur Kostenkontrolle.

Diese Überlegungen der Berufung gehen am Thema vorbei. Das Erstgericht hat aufgezeigt, dass E* von einer „ Pauschale […] für die Analyse der Website inklusive Mängel behebungen für die Mängel “ gesprochen hat. Von Fertigstellungsarbeiten ist hier nicht die Rede. Die Bezeichnung der Leistung im Gegenwert von EUR 6.000,- lautet im Übrigen nicht auf „ Analyse “, sondern auf „ Programmierung “, was die Darstellung von E*, es sei nur um „ die ersten kleinen Mängelbehebungspunkte “ gegangen, durchaus fraglich erscheinen lässt.

1.8. Die Berufung befasst sich auch ausführlich mit der Glaubwürdigkeitsbeurteilung hinsichtlich des Zeugen J* K*. Insbesondere könne dem Zeugen nicht vorgeworfen werden kann, dass er sich auffällig oft um das Wording „ mangelnde Fertigstellung “ bemüht hätte, wenn er doch nur konkret und präzise seinen Arbeitsauftrag wiedergegeben habe. Dem Zeugen werde einerseits vorgeworfen, er habe sich auffallend bemüht, bestimmte Formulierungen zu verwenden, was als Indiz übermäßiger Vorbereitung gewertet werde, andererseits werde ihm aufgrund eines Fehlers bei der Datumsangabe (nämlich dass Rechnungen betreffend die „ N* “ im September 2021 „ herein geflattert “ seien: ON 18.4, S 10) die Glaubwürdigkeit abgesprochen, obwohl der Fehler auf eine „ mangelnde Absprache “ mit der Klägerin hindeute. Als externer Auftragnehmer der Klägerin habe der Zeuge keinen Zugang zu den Geschäftsbüchern der Klägerin gehabt und daher keine präzisen Angaben darüber machen können, wann und in welcher Höhe Rechnungen tatsächlich bei der Klägerin eingegangen seien. Zudem habe der Zeuge ausdrücklich betont, er „ glaube “, die Installation der „ N* “ sei im September 2021 ein Thema gewesen. Trotz doppelter Belehrung des Zeugen über die Wahrheitspflicht sowie die strafrechtlichen Konsequenzen einer Falschaussage habe der Zeuge unerschütterlich an seiner Darstellung festgehalten, was für seine Ernsthaftigkeit und seine Überzeugung von der Richtigkeit seiner Aussage spreche. Das Erstgericht hätte weitere Argumente oder Indizien anführen müssen, die eine mangelnde Glaubwürdigkeit des Zeugen plausibel begründeten.

Dazu ist zu sagen, dass eben nicht erwiesen ist, dass der Zeuge nur mit der Fertigstellung der Website beauftragt worden ist; er selbst gestand zu, dass er auch „ Schönheitsfehler “ beheben habe müssen (ON 18.4, S 9). Dass jedenfalls die Einschätzung, erst im September 2021 sei Thema gewesen, dass plötzlich und für die Geschäftsführung überraschend sehr hohe Rechnungen wegen der „ N* “ hereingeflattert seien, falsch war, bestreitet die Berufung gar nicht. Diese Fehleinschätzung lässt den Zeugen jedenfalls nicht zwingend glaubwürdig erscheinen. Auch wenn der Zeuge tatsächlich nur eingeräumt hat, zu „ glauben “, „ das “ sei im September 2021 (Thema) gewesen (ON 18.4, S 10), so zeigte das Erstgericht auf, dass die erste Rechnung mit 30. April 2021 und die erste hohe Rechnung mit 31. Mai 2021 datiert ist, sowie dass auch noch Rechnungen mit 30. Juni und 31. Juli 2021 vorliegen (Beilage ./Q). Der Umstand, dass die Klägerin also über vier Monate Rechnungen in unterschiedlicher Höhe erhielt, steht doch in einem Spannungsverhältnis mit der Darstellung, es seien plötzlich sehr hohe Rechnungen hereingeflattert. Dass das Erstgericht diese offensichtliche Fehleinschätzung des Zeugen (der im Übrigen nicht nur externer Auftragnehmer der Klägerin war, sondern in dem für die „ Mängelbehebung “ engagierten IT-Unternehmen mit der Klägerin auch gesellschaftsrechtlich verflochten war: Beilage ./7) bei der Beweiswürdigung berücksichtigte, ist jedenfalls nicht als Beweiswürdigungsfehler zu beanstanden. Eine Verpflichtung des Erstgerichts, weitere Umstände zu benennen, um die Unglaubwürdigkeit des Zeugen zu begründen, besteht nicht.

1.9.1. Die Berufung moniert ferner, das Erstgericht verkenne die wesentliche „ technische Differenzierung “ zwischen einem (Programmierungs-)Fehler (=Mangel) und einer unvollständigen Entwicklung der Website. Ein (Programmierungs-)Fehler bzw eine Funktionsstörung impliziere, dass ein bestimmtes System von seinem Soll-Zustand abweiche, obwohl es vollständig entwickelt sei. Eine unfertige Website hingegen weiche per Definition bereits von ihrem Soll-Zustand ab. Daraus folge, dass Funktionen, die nicht wie erwartet arbeiten, nicht zwangsläufig fehlerhaft seien, sondern schlicht nicht vollständig implementiert worden seien. Dass eine Website nicht wie erwartet funktioniere, könne auf eine unvollständige Entwicklungsphase hindeuten, ohne dass ein Programmierfehler (=Mangel) im Quellcode vorliege. Das Erstgericht habe nicht hinreichend dargelegt, welche Art von Programmierungsfehlern der Klägerin bekannt gewesen sei, in welchem Umfang diese vorgelegen seien und inwiefern diese Fehler für sie zu erkennen gewesen seien.

Das Erstgericht habe den ursprünglich geschuldeten Leistungsumfang nicht klar festgestellt. Daher habe es nicht zwischen einer Unvollständigkeit und einer Schlechtleistung differenzieren können. Dies stelle einen wesentlichen Mangel der Entscheidungsgrundlage dar und ziehe die gesamte Beweiswürdigung in Zweifel. Angesichts der Vielschichtigkeit potenzieller Fehlerquellen wäre eine präzisere Differenzierung erforderlich gewesen, um nachvollziehbar darzulegen, ob und inwieweit der Klägerin ein Erkennen der (Programmierungs-)Fehler zumutbar gewesen sei. Der Begriff „ Fehler “ im Kontext von Webanwendungen sei technisch unscharf und könne von Syntaxproblemen über Kompatibilitätskonflikte bis hin zu unvollständigen Implementierungen reichen. Auch der Beklagte habe nicht sagen können, worin die konkreten Fehler der an ihn „ herangetretenen “ Probleme gelegen seien (ON 18.4, S 8). Das Erstgericht hätte klar ausführen müssen, ob die gesamten Programmierfehler und der volle Schaden für die Klägerin im Jahr 2021 bereits vorhersehbar gewesen sei. Ein Schaden habe sich in den frühen Phasen im Mai 2021 noch nicht mit der für eine Klage nötigen Konkretheit manifestiert.

1.9.2. Die Frage, welche Funktionsstörungen der Website auf eine Schlechterfüllung („ Mangelhaftigkeit “) und welche auf eine (teilweise) Nichterfüllung („ Unvollständigkeit “) des Vertrags zurückzuführen sind, ist dem Bereich der Rechtsrüge (iSv sekundären Feststellungsmängeln) zuzuordnen. Das gilt auch für die Frage der Feststellung des „ geschuldeten Leistungsumfangs“, die im Übrigen nicht Gegenstand der bekämpften Feststellung ist. Ein Beweiswürdigungsfehler ist den Ausführungen der Berufung insofern nicht zu entnehmen. Der Umstand, dass die Berufung die Ausführungen zur Beweis- und zur Rechtsrüge miteinander verquickt, geht zu ihren Lasten (vgl RIS-Justiz RS0041911 [T1]).

1.10. Da das Erstgericht ohnehin nicht festgestellt hat, dass der Klägerin am 21. Mai 2021 sämtliche Programmierfehler bekannt waren, sondern weil es die bekämpfte Feststellung mit Blick auf die Beweisergebnisse vielmehr sehr ausgewogen getroffen hat, bestehen zusammengefasst keine Bedenken an der Beweiswürdigung, sodass es bei der beanstandeten Feststellung zu bleiben hat.

2.1. Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt die Berufung, dass das Erstgericht kein berufskundliches Sachverständigengutachten eingeholt hat. Ein solches wäre zur Beurteilung der Frage einzuholen gewesen, ob die Geschäftsführer der Klägerin aufgrund der objektiven Erkenntnismöglichkeiten und mangelnden IT-Kenntnisse das Ausmaß der Programmierungsmängel feststellen hätten können. Die Klägerin habe vorgebracht, erst im Zuge der Fehlerbehebungsmaßnahmen und technischen Überprüfungen sukzessive Kenntnis über den vollen Umfang der Mängel erlangt zu haben. Seit Mai 2021 seien alle Änderungen am Quellcode lückenlos und detailliert nachvollziehbar, sodass gutachterlich zu belegen sei, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin tatsächlich über welche Mängel Erkenntnisse erlangt habe. Damit hätte das Erstgericht auf Sachverhaltsebene aufzeigen können, dass sich erst im August 2021 (sukzessive) für die Klägerin herausgestellt habe, dass der Beklagte (bislang unbekannte) Programmierfehler zu verantworten habe. Das Gutachten diene also dazu, den Wissensstand der Klägerin darzustellen, was entscheidend für die Beurteilung des Beginns der Verjährungsfrist sei. Ohne Gutachten habe das Erstgericht nur oberflächliche, unvollständige Sachverhaltsfragmente zur Verfügung gehabt, mit Gutachten hätte es die schon mit Beweisrüge begehrte Ersatzfeststellung treffen können.

Auf den Punkt gebracht behauptet die Klägerin also, das Erstgericht hätte bei Einholung des Gutachtens (gemeint wohl) aus dem Fachbereich Softwaretechnik und Programmierung (vgl nur ON 14.2, S 2) feststellen können, wann die Klägerin konkret welchen Programmierfehler erkannt hat. Die Ergebnisrelevanz begründet sie letztlich pauschal damit, dass bei Feststellung, dass der Klägerin die „ vorgetragenen “ Mängel am 21. Mai 2021 nicht bekannt gewesen seien, keine Verjährung anzunehmen gewesen wäre.

2.2. Damit setzt sich die Berufung mit der Rechtslage nicht hinreichend auseinander. Dass die Zusammenarbeit zwischen den Streitteilen am 21. Mai 2021 beendet wurde, weil die Klägerin mit der Vertragserfüllung durch den Beklagten – laienhaft gesprochen – unzufrieden war, wird von der Klägerin nicht infrage gestellt. Dieser Abbruch der Geschäftsbeziehung kann nun unter der Annahme, dass der Beklagte sein Gewerk bereits übergeben hatte, gewährleistungsrechtlich als Verbesserungsverweigerung oder, falls es noch nicht zu einer Übergabe gekommen war, als Rücktritt wegen Verzugs zu werten sein. Zumal die Klägerin selbst in ihrem Klagsvortrag von „ Mängelbehebungskosten “ spricht (ON 9, S 5; ähnlich ON 1, S 6 und 7; ON 7, S 25; ON 13, S 4), erscheint naheliegend, dass die Klägerin selbst von einer gewährleistungsrechtlichen Einordnung und damit von einer erfolgten Übergabe ausgeht. Letztlich kommt es darauf aber – wie noch zu zeigen ist – nicht an.

Hat der Übergeber einen Mangel verschuldet, so kann der Übernehmer gemäß § 933a Abs 1 ABGB auch Schadenersatz fordern. Bei – wie hier – behebbaren Mängeln steht dem Übernehmer das Erfüllungsinteresse zu (RIS-Justiz RS0126732, RS0021755). Mangels einer Sondervorschrift verjähren diese Ansprüche nach § 1489 ABGB (statt vieler P. Bydlinski in KBB 7§ 933a Rz 11). Aber auch alle Ersatzforderungen wegen Nichterfüllung unterliegen der Triennalverjährung (§§ 920, 1489 ABGB; RIS-Justiz RS0018406, RS0017735). Die dreijährige Verjährungsfrist nach dieser Bestimmung läuft ab jenem Zeitpunkt, zu dem die objektive Möglichkeit zur Klagseinbringung gegeben war (RIS-Justiz RS0034366 uam), und damit grundsätzlich ab Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen (RIS-Justiz RS0034374). Kenntnis der Schadenshöhe ist nicht Voraussetzung des Verjährungsbeginns (RIS-Justiz RS0034440).

Bei vertraglicher Schlechterfüllung besteht der Schaden nach der Lehre in den nicht entsprechenden Eigenschaften der Leistung, also im Mangel selbst (und daher nicht etwa in den Schadensbehebungskosten). Die Frist beginnt demnach nach der Lehre mit Kenntnis der Mangelhaftigkeit durch den Übernehmer zu laufen (vgl nur Zöchling-Jud in ABGB-ON 1.03§ 933a Rz 36 mwH). Nach der Rspr liegt der Schaden darin, dass der Werkbesteller infolge des schuldhaften Verzugs des Unternehmers mit der Verbesserung der Werkmängel und des deswegen erklärten Rücktritts die Kosten für die Verbesserung des Werks selbst zu tragen haben wird; er entsteht demnach in dem Zeitpunkt, in dem klargestellt ist, dass es zur Verbesserung des Werks durch den Unternehmer nicht mehr kommen wird, sei es, dass der Besteller die endgültige Weigerung des Unternehmers erkennen muss, sei es, dass dem Besteller das Misslingen des Verbesserungsversuchs erkennbar ist. Damit beginnt die Verjährungsfrist zu laufen (RIS-Justiz RS0022078; weitere Nachweise bei P. Bydlinski in KBB 7 § 933a Rz 11).

Tritt ein Vertragsteil vom Vertrag zurück, weil der andere Teil die Gegenleistung verweigert, so läuft die dreijährige Verjährungsfrist hinsichtlich der Schadenersatzansprüche ab dem Tag, an welchem er die Möglichkeit hatte, den Rücktritt zu erklären. Der Schaden bei Nichteinhaltung einer vertraglichen Verpflichtung liegt schon darin, dass der Geschädigte den vertraglichen Leistungsanspruch verliert. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt daher spätestens mit der Wirksamkeit der Rücktrittserklärung (RIS-Justiz RS0018383 insb [T2]).

Davon zu trennen ist die Frage der getrennten oder gemeinsamen Verjährung von Primär- und Folgeschäden: Der der Prozessökonomie dienende Zweck des Verjährungsrechts verbietet es, die Verjährung jedes folgenden Teilschadens erst mit dessen Entstehen beginnen zu lassen; ist ein wenn auch der Höhe nach noch nicht bezifferbarer Schaden einmal eingetreten, so sind damit alle Voraussetzungen für den Ersatzanspruch gegeben und ist dieser dem Grunde nach entstanden. Der drohenden Verjährung seines Anspruchs auf Ersatz der künftigen, aber schon vorhersehbaren Schäden hat der Geschädigte daher dann, wenn ihm schon ein Primärschaden entstanden ist, mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen. Die kurze Verjährungsfrist des § 1489 ABGB wird daher auch in Gang gesetzt, wenn der Geschädigte die Höhe des Schadens noch nicht beziffern kann, ihm nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Die schon eingetretenen und die aus demselben Schadensereignis voraussehbaren künftigen Schäden bilden demnach verjährungsrechtlich eine Einheit und lösen keinen gesonderten Fristenlauf aus (RIS-Justiz RS0034374 [T22, 34], RS0087613, RS0087615, RS0097976). Nur für nicht vorhersehbare neue Wirkungen eines Schadensfalles beginnt vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme die Verjährungsfrist neu zu laufen (RIS-Justiz RS0034527).

2.3. Nach den – insofern unbekämpften und auch nicht von der Mängelrüge betroffenen – Feststellungen hat die Klägerin am 21. Mai 2021 die Zusammenarbeit mit dem Beklagten beendet. Dass sie dabei auf dem Standpunkt stand, dass die Leistungen des Beklagten nicht dem Geschuldeten entsprechen, ist ebenfalls unstrittig. Egal nun, ob man von einer verschuldeten Nichterfüllung durch den Beklagten und damit einem Rücktritt der Klägerin vom Vertrag oder aber von einer verschuldeten Schlechterfüllung durch den Beklagten und damit einem Erkennen des Misslingens einer Verbesserung des Gewerks durch die Klägerin ausgeht, hat mit dem Tag der „ Beendigung der Zusammenarbeit “ die Verjährungsfrist zu laufen begonnen. Damit kommt es aber nicht darauf an, wann genau die Klägerin jeden einzelnen Fehler bei der Programmierung durch den Beklagten erkannt hat.

2.4. Im Ergebnis fehlt es daher an der abstrakten Ergebnisrelevanz des behaupteten Stoffsammlungsfehlers.

3.1.1. In der Rechtsrügebehauptet die Berufung eine falsche Anwendung des § 1489 S 1 ABGB durch das Erstgericht. So sei nicht irrelevant, inwieweit voraussehbar gewesen sei, wie schwerwiegend die Mängel seien und wie hoch die Mängelbehebungskosten ausfallen würden. Außerdem sei nach stRspr für den Beginn der Verjährungsfrist auch erforderlich, dass dem Geschädigten alle wesentlichen Umstände bekannt seien, die zur Beurteilung des Kausalzusammenhangs erforderlich seien; eine bloß laienhafte Ahnung, dass „ etwas nicht passt“ , reiche nicht. Ein Projektverlauf wie hier erfordere eine differenzierte Betrachtung des Schadenseintritts, weil Fehler nur schrittweise sichtbar würden. Maßgeblich sei der Zeitpunkt, zu dem die Mängel so konkret erkennbar gewesen seien, dass von einem abschließenden Programmierfehler (Fehler bzw Mangel im Quellcode) ausgegangen werden müsse. Nur solche Folgeschäden würden keine eigene Verjährungsfrist auslösen, die als objektiv vorhersehbare Folgen des ersten Schadensereignisses gelten könnten; für unvorhersehbare Folgeschäden hingegen sei keine Feststellungsklage zur Vermeidung der Verjährung erforderlich (gemäßigte Einheitstheorie). Vorhersehbar sei ein Folgeschaden, wenn kein weiterer ungewöhnlicher Umstand mehr eintreten müsse; nicht vorhersehbar seien Folgeschäden, „ wenn zum schädigenden Ereignis, das den Erstschaden herbeigeführt hat, weitere Voraussetzungen hinzukommen müssen, und nicht abzusehen ist, ob es tatsächlich dazu kommen wird “. Die Kenntnis des Geschädigten liege erst vor, wenn der Sachverhalt so weit bekannt sei, dass dieser eine Klage konkret begründen könne. Eine bloße Vermutung bzw Erkennbarkeit des Geschädigten löse keinen Fristlauf aus.

Hier habe selbst J* K* als Fachmann den Umfang der Mängel zunächst nicht erkennen können. Die bloße Konsultation eines Helfers und eine allgemeine Ahnung von der „ Nicht Fertigstellung“ der Website reichten nicht, um von Kenntnis des Schadens iSd § 1489 ABGB zu sprechen. Das Erstgericht habe nicht beachtet, dass die Klägerin im Mai 2021 nur von einer unzureichenden Vertragserfüllung ausgegangen sei, sodass für sie das Erfordernis umfassender technischer Korrekturen aufgrund tiefgreifender Programmierungsfehler nicht vorhersehbar gewesen sei.

Dass die gelieferte Website nicht den vereinbarten Anforderungen entsprochen habe, sei als Primärschaden zu verstehen. J* K* sei mit der Fertigstellung beauftragt worden. Weil das Erfordernis umfassender Fehlerbehebungsmaßnahmen nicht vorhersehbar gewesen sei, sei zwischen der allgemeinen Annahme eines Schadens einerseits und der späteren, konkreten Kenntnis der mangelhaften und grob fahrlässigen Leistung durch den Beklagten zu differenzieren. In diesem Zusammenhang sei auf die Entscheidung OGH 2 Ob 116/16x zu verweisen.

3.1.2.Was aus der Entscheidung OGH 2 Ob 116/16x konkret für die hier zu beurteilenden Rechtsfragen zu gewinnen sein soll, ist nicht ersichtlich. Dort ging es um die Reichweite einer Verjährungsverzichtserklärung, die mit Wirkung eines Feststellungsurteils abgegeben wurde.

3.1.3. Im Übrigen ist auf das zur Mängelrüge Ausgeführte (Punkt 2.2. und 2.3.) zu verweisen. Dass die Nicht- oder Schlechtleistung des Beklagten verjährungsrechtlich als Primärschaden zu verstehen ist, gesteht die Berufung ohnehin zu. Inwieweit die eingeklagten „ Mängelbehungskosten“ einen dazu hinzutretenden, selbständigen Folgeschaden bilden sollen, bringt auch die Klägerin nicht zur Darstellung. Selbst wenn man die Mängelbehebungskosten als eigenständige Folgeschäden behandeln wollte, wird nach der oben zitierten Rspr die kurze Verjährungsfrist des § 1489 ABGB bei Kenntnis des Primärschadens auch in Gang gesetzt, wenn der Geschädigte die Höhe des Schadens noch nicht beziffern kann, ihm nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Hier wusste die Klägerin im Zeitpunkt der Beendigung der weiteren Zusammenarbeit mit dem Kläger, dass sie einen Schaden im Umfang des Erfüllungsinteresses hat. Insofern hätte sie (fristgerecht) eine Feststellungsklage erheben können.

3.2.1. Als sekundärer Feststellungsmangel wird das Fehlen folgender Feststellung geltend gemacht:

Auch wenn den Geschäftsführern der Klägerin zum Zeitpunkt des Abbruches der Zusammenarbeit mit dem Beklagten am 21.05.2021 klar war, dass die vom Beklagten programmierte neue Bestellplattform nicht uneingeschränkt funktionsfähig ist, war für sie nicht erkennbar, ob es sich dabei um konkrete Programmierfehler oder lediglich um noch nicht vollständig implementierte Funktionen handelte, die zur Fertigstellung der Website erforderlich sind. Das tatsächliche Ausmaß der (Programmierungs-)Fehler offenbarte sich erst im Zuge der späteren Analyse durch die M* GmbH, die die Website eingehend prüfte, die gravierenden technischen Defizite im System des Beklagten aufdeckte sowie zuletzt am 04.01.2022 eine detaillierte Rechnung für die erforderlichen Korrekturmaßnahmen vorlegte.

Das Erstgericht übersehe, dass die laienhafte Kenntnis von einer Funktionsstörung der Website nicht die Kenntnis eines konkreten Schadens bedeute. Dass für den Verjährungsbeginn auch die „ Kenntnis des kausalen Ursachenzusammenhangs zwischen schädigendem Verhalten und eingetretenem Schaden “ erforderlich sei, habe das Erstgericht gänzlich außer Acht gelassen. Hinzu komme, dass das Erstgericht keine Feststellungen zum ursprünglich geschuldeten Leistungsumfang getroffen habe; ohne Abgrenzung zwischen „ nicht fertiggestellt “ und „ fehlerhaft umgesetzt “ lasse sich der haftungsrelevante Ursachenzusammenhang nicht ausreichend klären. Das Erstgericht hätte präziser analysieren müssen, ob und welche konkreten Fehler vorlägen, und ob diese erkennbar gewesen seien. Die pauschale Annahme von Erkennbarkeit oder Mangelhaftigkeit verkenne die technische Komplexität des Falls.

3.2.2. Dass es auf die begehrte Zusatzfeststellung nicht ankommt, ergibt sich – wie bereits dargelegt – daraus, dass der Schaden in der Nicht- oder Schlechterfüllung lag. Der Umstand der Nicht- oder Schlechterfüllung war der Klägerin bekannt – für sie waren die Beanstandungen so gravierend, dass sie die Zusammenarbeit mit dem Beklagten beendete. Dass sie die Höhe des zur „ Mängelbehebung “ erforderlichen Deckungskapitals nicht kannte, hindert (wie bereits erläutert) den Verjährungsbeginn nicht; sie hätte eine Feststellungsklage erheben können.

3.2.3.Dass dem Geschädigten der Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem eingetretenen Schaden bekannt geworden sein muss, ist nicht dahin zu verstehen, dass für den Beginn der Verjährung die Kenntnis des Geschädigten notwendig wäre, welche schuldhafte Handlung oder Unterlassung des Schädigers Ursache seines Schadens war. Vielmehr genügt es, wenn er Kenntnis von den schädlichen Wirkungen eines Ereignisses erlangt, dessen Ursache oder Mitursache irgendein dem Schädiger anzulastendes Verhalten ist (RIS-Justiz RS0034951 [T1, T36]).

Dass die Klägerin die Leistung des Beklagten in zahlreichen Punkten beanstandete und insofern auch ein Abweichen vom vertraglich Geschuldeten erkannt hat, belegt etwa die Aufzählung im Schreiben vom 16. Mai 2021. Sie hatte daher hinreichende Kenntnis von den vertragsverletzenden Wirkungen der Erfüllungshandlungen des Beklagten.

4.1. Der Berufung ist daher ein Erfolg zu versagen.

4.2.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

4.3.Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision liegen nicht vor, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts von den Umständen des Einzelfalls und nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO abhing.