4R45/25b – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch den Senatspräsidenten Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag. Andreas Wiesauer und Mag. Stefan Riegler in der Rechtssache der Klägerin A* , geboren am **, Landesbedienstete, **, vertreten durch Mag. Gudrun Pixner, Rechtsanwältin in Traunkirchen, gegen den Beklagten Dr. B* , geboren am **, Zahnarzt, **, vertreten durch die Spiessberger Traxler Bart Rechtsanwälte GmbH Co KG in Altmünster, wegen (zuletzt) EUR 17.080,47 sA , über die Berufung des Beklagten (Berufungsinteresse: EUR 17.007,39 sA) gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 24. Jänner 2025, Cg*-36, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit EUR 1.958,22 (darin enthalten EUR 326,37 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Text
Der Beklagte ist ein in C* praktizierender Zahnarzt. Zwischen Dezember 2018 und Juni 2019 führte er bei der Klägerin eine Zahnsanierung sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer durch, wobei er Implantate und Kronen einsetzte. Die Kosten des Zahnersatzes beliefen sich insgesamt auf EUR 40.101,09, davon entfielen EUR 23.179,71 auf die Sanierung des Oberkiefers. Während im Unterkiefer und im Seitzahnbereich des Oberkiefers der Zahnersatz fest eingesetzt werden konnte, lösten sich wiederholt die an den sechs Frontzähnen des Oberkiefers (Zähne 13 bis 23) angebrachten Kronen. Eine nachhaltige Fixierung gelang nicht.
Die Klägerin begehrt (zuletzt) EUR 12.600,00 an aufzuwendenden Kosten für die „Herstellung eines der ärztlichen Kunst entsprechendes Ergebnisses“, Schmerzengeld von EUR 2.400,00 für die erlittenen (physischen und psychischen) Schmerzen, EUR 1.618,47 an vom Beklagten verrechneten, letztendlich aber frustrierten Kosten, EUR 362,00 an Kosten für eine Notfallbehandlung bei einer anderen Zahnärztin sowie EUR 100,00 an „Unkosten“ (Fahrtkosten, Parkgebühren bzw Kosten für „Beratung und Korrespondenz“). Sie brachte – soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung – vor, dem Beklagten sei es trotz zahlreicher Mängelbehebungsversuche nicht gelungen, die Kronen an den Frontzähnen zu fixieren, sodass diese wiederholt schon bei geringsten Belastungen herausgefallen seien. Dadurch habe er seine Pflichten aus dem Behandlungsvertrag, der auch Elemente eines Werkvertrags aufweise, nicht erfüllt. Daher hafte er der Klägerin einerseits für die Kosten einer Ersatzvornahme, zumal es ihr aufgrund eines Vertrauensverlusts nicht mehr zumutbar sei, dem Beklagten weitere Verbesserungsversuche zu ermöglichen. Andererseits stehe der Klägerin Schmerzengeld für die mit den letztendlich frustrierten Behandlungen einhergegangenen Schmerzen (einschließlich der durch Probleme beim Sprechen sowie durch Vermeidung des Essens in Gesellschaft verursachten psychischen Belastungen) sowie ein Ersatz der ihr entstandenen sonstigen Auslagen zu. Dass die Klägerin selbst für das Ausfallen der Kronen (mit-)verantwortlich sei, weil sie an Bruxismus („Zähneknirschen“) leide und eine diesbezügliche Behandlung mittels einer Schiene abgelehnt habe, treffe nicht zu. Die vom Sachverständigen angeführte theoretische Möglichkeit einer günstigeren Sanierung durch das „Aufbrennen von Keramik“ auf die Kronen komme nicht in Betracht. Es könne ihr nämlich nicht zugemutet werden, diese Maßnahme vom Beklagten durchführen zu lassen. Andere Zahnärzte würden sich hingegen weigern, auf diese Art und Weise „auf die bereits vorhandenen Kronen aufzusetzen“.
Schließlich hafte der Beklagte auch deshalb, weil er die Klägerin nicht ordnungsgemäß über die Behandlung und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt habe. Wäre das der Fall gewesen, hätte sie in die Behandlung nicht eingewilligt.
Der Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Er wandte – auf das Wesentliche zusammengefasst – ein, die Behandlung sei lege artis erfolgt. Außerdem habe er die Klägerin umfassend über die Behandlung und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt. Die Probleme der Klägerin resultierten einerseits daraus, dass sie an Bruxismus leide und seinen diesbezüglichen Behandlungempfehlungen (ua Verwendung einer „Knirschschiene“) nicht folgen habe wollen, sodass die Klägerin das Alleinverschulden, jedenfalls aber ein (überwiegendes) Mitverschulden treffe. Andererseits sei eine bakterielle Zahnfleischentzündung, die mehrere Mundhygienetermine erfordert habe, mitursächlich für die Zahnlockerungen. Eine Sanierung der vorhandenen Kronen durch das Aufbrennen einer Keramikschicht sei der Klägerin jedenfalls zumutbar. Es sei auch keineswegs ausgeschlossen, dass derartige Arbeiten von anderen Zahnärzten durchgeführt würden.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgerichtder Klage im Umfang von EUR 17.007,39 sA statt. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer EUR 73,08 wies es ab. Seiner Entscheidung legte es den auf den Seiten vier bis acht des Urteils wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde, worauf gemäß § 500a ZPO verwiesen werden kann. Für das Berufungsverfahren wesentlich sind folgende Feststellungen (wobei die vom Beklagten bekämpften Feststellungen kursiv hervorgehoben sind):
Am 19. Februar 2019 wurden die vorderen sechs Zähne des Oberkiefers (Zähne 13 -23) für die Überkronung präpariert, welche der Beklagte am 21. März 2019 durchführte. An diesem Tag wurden auch die Kronen in regio 14 bis 16 und 24 bis 26 eingesetzt, womit die Sanierung des Oberkiefers abgeschlossen war. Am 12. Juni 2019 fand die Eingliederung der Kronen im Unterkiefer statt, wodurch dessen Sanierung fertiggestellt war.
Bereits am 12. Mai 2019 löste sich erstmals eine Krone im Oberkiefer bei Zahn 12. Die Krone wurde in der Zahnarztpraxis des Beklagten am 13. Mai 2019 von seiner Assistentin D* wieder einzementiert. Der Klägerin wurden dafür keine Kosten verrechnet. D* hatte bei diesem Termin die Vermutung, dass die Klägerin bruxiert und möglicherweise das Tragen einer Schiene erforderlich sein wird. Mit der Klägerin wurde darüber nicht gesprochen.
Am 30. Juli 2019 zementierte der Beklagte die nächste herausgefallene Krone im Oberkiefer (Zahn 23) kostenlos ein.
Am 13. Jänner 2020 musste die gelöste Krone des Zahns 11 im Oberkiefer befestigt werden. Der Klägerin entstanden dafür keine Kosten. Bei diesem Termin teilte der Beklagte der Klägerin erstmals mit, dass er Bruxismus (Zähneknirschen nachts) für die Ursache des Ausfalls der Kronen hält. Er empfahl ihr das nächtliche Tragen einer Knirschschiene, die Klägerin lehnte dies ab. Der Beklagte empfahl ihr weiters eine Physiotherapie gegen die Verspannungen der Hals- und Kaumuskulatur, die die Klägerin auch in Anspruch nahm.
Am 28. Februar 2020 war die Klägerin erneut in der Ordination des Beklagten zur Wiederbefestigung einer Krone im Oberkiefer, diesmal jene des Zahns 21. Auch die Krone des Zahns 23 musste am 14. August 2020 abermals eingesetzt werden. Beide Male wurden der Klägerin keine Kosten in Rechnung gestellt. Der Beklagte empfahl der Klägerin im Rahmen eines Kontrolltermins am 16. Juni 2020 abermals das Tragen einer Knirschschiene im Oberkiefer und schätzte die Kosten mit EUR 450,00 ein. Die Klägerin lehnte das Tragen einer Knirschschiene weiterhin ab, da sie davon ausging, nachts nicht mit den Zähnen zu knirschen.
Wegen Problemen mit ihrem Zahnfleisch – speziell Zahnfleischentzündungen im Oberkiefer – war die Klägerin zwischen August 2019 und Oktober 2022 mehrmals zur Mundhygiene in der Praxis des Beklagten. Beim Termin am 29. September 2020 war das Zahnfleisch der Klägerin in regio 11 bis 13 in keinem guten Zustand und die Zähne dort gelockert. Als E*, die zahnärztliche Assistentin des Beklagten, die Mundhygiene bei der Klägerin durchführte, löste sich die Krone des Zahns 12. Der Beklagte setzte diese am Ende des Termins kostenlos wieder ein.
Um das wiederholte Ausfallen der Kronen in Zukunft zu vermeiden, führte der Beklagte am 18. November 2020 eine Verblockung der Zähne 11 bis 13 durch, wobei gegossene Stiftaufbauten und neue Kronen eingesetzt wurden.
Der Beklagte stellte der Klägerin für Arbeiten zwischen August 2020 und November 2020 insgesamt EUR 809,00 in Rechnung, wovon EUR 735,92 auf das neuerliche Einsetzen der Kronen 11 bis 13 samt Verblockung entfielen und EUR 73,08 auf die Mundhygiene.
Bei einem Mundhygienetermin am 11. Mai 2021 musste die sich erneut gelöste Krone des Zahns 23 befestigt werden. Der Klägerin wurden dafür keine Kosten verrechnet.
Im Februar 2022 zeigte sich eine Lockerung der Zähne 21 und 23, weshalb der Beklagte die Kronen am 3. Mai 2022 neu verankerte. Für diese Arbeiten verrechnete er der Klägerin EUR 809,47.
Am 18. Oktober 2022 löste sich bei der Mundhygienebehandlung die Krone des Zahns 21. Für die Wiedereinsetzung wurden keine Kosten in Rechnung gestellt.
Am 12. Jänner 2023 suchte die Klägerin den Beklagten auf, weil die Krone des Zahns 23 neuerlich herausgefallen war. Die Krone wurde provisorisch eingesetzt, als Dauerlösung war vom Beklagten eine Verblockung der Zähne 21 bis 23, ähnlich wie auf der rechten Seite in regio 11 bis 13, geplant. Zum wiederholten Male wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie sich die Kronen wegen Bruxismus selbst ausbeißt und aus seiner Sicht das Tragen einer Knirschschiene notwendig ist. Am 14. und 16. Jänner 2023 musste die Krone in regio 23, nachdem sie herausgefallen war, erneut befestigt werden. Die Wiedereinzementierungen wurden kostenlos durchgeführt.
Am 7. Februar 2023 war die Klägerin zum letzten Mal in der Ordination des Beklagten. Nicht nur die überkronten Zähne in regio 21 und 23 waren gelockert, sondern die gesamte Oberkieferfront. Da die Klägerin allerdings bereits seit mehreren Monaten mit der Behandlung beim Beklagten unzufrieden war, weil eine dauerhafte Fixierung der Kronen im Oberkiefer nicht erreicht werden konnte, wünschte sie in der Folge keine weiteren Behandlungen durch den Beklagten mehr.
Im Februar 2023 frakturierte der Zahn 23, wobei sich der gesamte Zahnaufbau samt Stift löste. Um sich den Zahn wieder einsetzen zu lassen, wandte sich die Klägerin an Dr. F*. Diese wollte in eine laufende Behandlung eines Kollegen nicht eingreifen und verwies die Klägerin an die Landespatientenschlichtungsstelle der Zahnärztekammer G*.
Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin mit den Zähnen knirscht (Bruxismus).
Die Lockerungen und Ausfälle der überkronten Zähne 13 bis 23 im Oberkiefer der Klägerin sind ausschließlich auf ein vom Beklagten falsch gewähltes Okklusionskonzept zurückzuführen, da die Bisshöhe im Seitzahnbereich des Oberkiefers durch den Beklagten nicht korrekt ausgeführt wurde. Aufgrund des bestehenden Tiefbisses der Klägerin und der mangelnden seitlichen Abstützung wirkt auf die sechs Frontzähne im Oberkiefer, ausgehend vom Unterkiefer, eine stärkere Kraft, sowohl vertikal als auch in der Vorschubbewegung. Bei einer fachgemäß ausgeführten seitlichen Abstützung wäre es nicht zum (wiederholten) Ausfall der Kronen in regio 13 bis 23 gekommen. Die nicht ordnungsgemäße Okklusion war sofort nach dem erstmaligen Einsetzen der Kronen im Oberkiefer erkennbar. Bruxismus als Hauptursache für das Lockern und Ausfallen der Kronen im Oberkiefer ist auszuschließen. Allein das Tragen einer Knirschschiene (ohne Korrektur des seitlichen Bisses) hätte nicht zum gewünschten Erfolg – im Sinne einer dauerhaften Fixierung – geführt.
Die Klägerin beabsichtigt, die Gebisssanierung im Oberkiefer durchführen zu lassen. Um ein der ärztlichen Kunst entsprechendes Behandlungsergebnis zu erzielen, ist es notwendig, neue Implantatkronen im Seitzahnbereich des Oberkiefers einzusetzen, um eine regelrechte Okklusion (Bisserhöhung) zu bekommen. Anschließend sind die Zähne 13 bis 23, am Besten zusammenhängend, neu zu überkronen. Für vier Implantatkronen und zwei Brückenanhänger fallen Kosten von EUR 6.600,00, für die neu angefertigte zusammenhängende Überkronung der Zähne 13 bis 23 EUR 6.000,00, somit insgesamt Kosten von EUR 12.600,00, an.
Theoretisch wäre es möglich, die bestehenden Kronen der Klägerin zu erhalten, indem sie abgeschraubt werden und eine Keramikschicht auf diese aufgebrannt wird, wofür EUR 200,00 pro Zahn (insgesamt EUR 1.200,00) anfallen würden. In der Praxis wird dies jedoch nicht durchgeführt und ein anderer Zahnarzt würde an den vom Beklagten angefertigten Kronen nicht weiterarbeiten.
Durch das wiederholte Ausfallen und Wiedereinsetzen der Frontzahnkronen erlitt die Klägerin seit dem erstmaligen Vorkommen im Mai 2019 insgesamt 20 Tage leichte Schmerzen. Die Klägerin belasteten das ständige Ausfallen der Kronen sowie die unzähligen Zahnarztbesuche sehr.
Der Klägerin sind durch Fahrtkosten, Parkgebühren, Beratung und Korrespondenz Unkosten in Höhe von EUR 100,00 entstanden.
Am 25. September 2024 suchte die Klägerin Dr. F* auf, da sie Zahnfleischschmerzen hatte und sich nunmehr auch die Kronen in regio 21 und 22 gelöst hatten. Erst nach Haftungsausschluss zementierte Dr. F* die beiden Kronen wieder ein und behandelte das Zahnfleisch. Dafür wurden der Klägerin insgesamt EUR 362,00 in Rechnung gestellt.
In rechtlicher Hinsichtgelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass die Leistung des Beklagten mangelhaft war, weil er bei der Sanierung des Oberkiefers die Bisshöhe im Seitzahnbereich nicht lege artis ausgeführt habe, wodurch es zur Lockerung der Frontzähne im Oberkiefer und in weiterer Folge zum wiederholten Ausfall der Zahnkronen und zur Frakturierung des Zahnes 23 gekommen sei. Da der Klägerin (weitere) Sanierungsversuche durch den Beklagten nicht zuzumuten seien, habe sie Anspruch auf die Kosten der Sanierung bzw des dafür notwendigen Deckungskapitals. Außerdem habe der Beklagte ihr die Kosten der von ihm durchgeführten frustrierten Behandlungen von EUR 735,92 bzw EUR 809,47 zurückzuerstatten. Weitere Kosten von EUR 73,08 seien hingegen auf eine Mundhygiene entfallen, weshalb das Klagebegehren in diesem Umfang abzuweisen sei. Schließlich hafte der Beklagte für die von der Klägerin aufgewandten Behandlungskosten bei Dr. F* von EUR 362,00 sowie für ihre Spesen, die gemäß § 273 ZPO mit EUR 100,00 festzusetzen seien. Der Klägerin stehe außerdem für die mit dem mehrmaligen Ausfallen und Wiedereinsetzen der Frontzahnkronen verbundenen Schmerzen und Unannehmlichkeiten Schmerzengeld von EUR 2.400,00 zu.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten wegen Verfahrensmängeln, unrichtiger Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt primär, das Urteil („allenfalls nach Beweiswiederholung oder -ergänzung“) dahin abzuändern, dass die Klage „vollinhaltlich“ bzw „vollständig“ abgewiesen werde. Subsidiär begehrt er dessen Abänderung dahin, dass der Klägerin lediglich EUR 1.200,00 an Sanierungskosten, allenfalls jedoch höchstens – ausgehend von einem Mitverschulden von 50 % – EUR 8.503,70 zugesprochen werden. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Außerdem beantragt der Beklagte, „allenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen“.
Die Klägerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zum Antrag auf (allfällige) Anberaumung einer Berufungsverhandlung bzw Durchführung einer Beweiswiederholung bzw -ergänzung:
Ein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung ist seit der Neufassung des § 480 ZPO durch das Budgetbegleitgesetz 2009 nicht mehr vorgesehen. Die Entscheidung darüber, ob eine Berufungsverhandlung im Einzelfall erforderlich ist, steht generell im Ermessen des Berufungsgerichts (RS0127242; § 480 Abs 1 ZPO). Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung (und damit auch einer Beweiswiederholung bzw -ergänzung) ist im konkreten Fall aus nachfolgenden Überlegungen nicht erforderlich.
2. Zur Verfahrensrüge:
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt der Beklagte darin, dass das Erstgericht kein weiteres zahnmedizinisches Gutachten eingeholt habe, obwohl das Gutachten des Sachverständigen DDr. H* ungenügend geblieben sei (Pkt III der Berufung).
Zur Begründung verweist der Beklagte allerdings nur auf seine Ausführungen in der Tatsachenrüge. Daher genügt an dieser Stelle ebenfalls der Verweis auf deren Behandlung (unten Pkt 3). Wie dort zu zeigen sein wird, ist das Gutachten weder ungenügend noch ergänzungsbedürftig, weshalb kein Vorgehen nach § 362 Abs 2 ZPO geboten war. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt daher – unabhängig davon, ob die Verfahrensrüge überhaupt gesetzmäßig ausgeführt ist (vgl RS0043039) – nicht vor. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass der Beklagte im Verfahren erster Instanz weder eine (weitere) Gutachtenserörterung durch den Sachverständigen noch die Einholung eines Gutachten eines anderen Sachverständigen beantragt hat (siehe S 10/ON 32.4).
3. Zur Tatsachenrüge:
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht anlässlich der Behandlung einer Tatsachenrüge nur zu überprüfen hat, ob das Erstgericht die ihm vorliegenden Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat, jedoch nicht, ob seine Feststellungen mit der objektiven Wirklichkeit tatsächlich übereinstimmen. Gemäß § 272 ZPO obliegt die Beweiswürdigung primär dem erkennenden Gericht. Dieses hat nach sorgfältiger Überzeugung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des gesamten Verfahrens zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass in den Akten einzelne Beweisergebnisse existieren, die für den Prozessstandpunkt der Berufungswerberin sprechen, reicht im Allgemeinen noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung mit dem Ergebnis aufzuzeigen, dass die erstinstanzlichen Feststellungen abgeändert werden müssen. Die Beweisrüge muss also überzeugend darlegen, dass die getroffenen Feststellungen entweder überhaupt zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (RI0100099).
3.1. Der Beklagte bekämpft zunächst folgende Feststellungen (US 7):
„Die Lockerungen und Ausfälle der überkronten Zähne 13 bis 23 im Oberkiefer der Klägerin sind ausschließlich auf ein vom Beklagten falsch gewähltes Okklusionskonzept zurückzuführen, da die Bisshöhe im Seitzahnbereich des Oberkiefers durch den Beklagten nicht korrekt ausgeführt wurde. Aufgrund des bestehenden Tiefbisses der Klägerin und der mangelnden seitlichen Abstützung wirkt auf die sechs Frontzähne im Oberkiefer, ausgehend vom Unterkiefer, eine stärkere Kraft, sowohl vertikal als auch in der Vorschubbewegung. Bei einer fachgemäß ausgeführten seitlichen Abstützung wäre es nicht zum (wiederholten) Ausfall der Kronen in regio 13 bis 23 gekommen. Die nicht ordnungsgemäße Okklusion war sofort nach dem erstmaligen Einsetzen der Kronen im Oberkiefer erkennbar. Bruxismus als Hauptursache für das Lockern und Ausfallen der Kronen im Oberkiefer ist auszuschließen. Allein das Tragen einer Knirschschiene (ohne Korrektur des seitlichen Bisses) hätte nicht zum gewünschten Erfolg – im Sinne einer dauerhaften Fixierung – geführt“.
Stattdessen strebt er folgende Ersatzfeststellungen an:
„Die Lockerungen und Ausfälle der überkronten Zähne 13 bis 23 im Oberkiefer der Klägerin sind nicht auf ein vom Beklagten falsch gewähltes Okklusionskonzept zurückzuführen, sondern auf die Weigerung der Klägerin, eine zwingend notwendige Schienenbehandlung durchführen zu lassen. Diese Schienenbehandlung hätte erstens als Akutmaßnahme in der initialen Eingewöhnungsphase die Überlastung und das Bekauen der Frontzähne verhindert oder zumindest sehr stark reduziert und zweitens die gewohnheitsmäßige Bissposition (habituelle Position) in eine möglichst harmonische Beziehung zwischen Kiefergelenksposition, Verzahnung und Gesichts- bzw Halsmuskulatur gebracht. Zudem hätte durch die beschriebenen Effekte die Schienenbehandlung die Kopf- und Halsmuskulatur in Verbindung mit der indizierten Physiotherapie soweit entspannt, dass eine „saubere Registrierung“ der Bissposition ermöglicht wird. Eine definitive Registrierung der Bissposition ist zwingend für die Verwirklichung eines lege-artis-Okklusionskonzeptes erforderlich, jedoch bei verspannter Kau- und Halsmuskulatur – wie bei der Klägerin – nicht möglich. Außerdem hätte die Schiene als Testschiene, insbesondere zur Austestung des vom Beklagten geplanten Okklusionskonzepts der „freedom in centric“ gedient.“
Zur Begründung stützt sich der Beklagte – auf das Wesentliche zusammengefasst – darauf, dass das zahnmedizinische Gutachten des Sachverständigen DDr. H* „mangelhaft“ sei, wobei die Mangelhaftigkeit „fachlich, medizinischer Natur und größtenteils auf die nicht sachgerechte Einschätzung der Sachanlage und die entsprechenden Ausführungen des Sachverständigen“ zurückzuführen sei. In der Folge führt er dann einzelne Ausführungen des Sachverständigen ins Treffen, denen er dann (nur) seine eigenen Standpunkte entgegensetzt (Pkte II.1.1 bis II.1.5 der Berufung).
Erscheint ein Gutachten ungenügend, hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen anzuordnen, dass eine neuerliche Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige oder doch mit Zuziehung anderer Sachverständiger stattfinde (§ 362 Abs 2 ZPO). Nach dieser Bestimmung ist die Einholung eines weiteren Gutachtens nur notwendig, wenn das vorliegende (Erst-)Gutachten mit Mängeln behaftet ist, zB weil es unklar oder unschlüssig ist, oder wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeiten des Falles geboten ist. Das Gericht hat von Amts wegen dafür Sorge zu tragen, dass das Sachverständigengutachten vollständig, in sich schlüssig und widerspruchsfrei erstattet wird ( Pochmarski/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO 4S 148 mwN). Die Beurteilung der Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens sowie seines Beweiswerts und die daran anschließende Beantwortung der Frage, ob eine Ergänzung oder ein Vorgehen nach § 362 Abs 2 ZPO erforderlich ist, fällt in den Bereich der Beweiswürdigung (RS0113643, RS0043163, RS0097433).
Demnach ist – bezogen auf den SV-Beweis – vom Berufungsgericht anlässlich einer Tatsachenrüge zu prüfen, ob das Gutachten vollständig, in sich schlüssig und widerspruchsfrei ist und sein Beweiswert ausreicht, um mit hoher Wahrscheinlichkeit – dem Regelbeweismaß der ZPO – eine Feststellung treffen zu können.
Ein Gutachten ist vollständig in diesem Sinn, wenn der Sachverständige alle vom Gutachtensauftrag umfassten Fragen abschließend beantwortete und dabei den gesamten Prozessstoff berücksichtigte ( Pochmarski/Kober, „Das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar“ – Anmerkungen zu 2 Ob 208/20g, bauaktuell 2021, 230).
Widerspruchsfreiheit eines Gutachtens liegt vor, wenn dieses weder in sich widersprüchlich ist (also der Sachverständige nicht aus derselben Tatsache an unterschiedlichen Stellen des Gutachtens verschiedene Schlussfolgerungen zieht) noch den Denkgesetzen oder den Gesetzen der Logik widerspricht. Letzteres betrifft schwere Fehler eines Gutachtens, die auch einem Laien auffallen, wie zB Rechenfehler ( Pochmarski/Kober , aaO).
Schlüssigkeit (eines Arguments) bedeutet im Allgemeinen, dass dann, wenn angenommene Prämissen (zB Tatsachen) wahr sind, daraus eine bestimmte Konklusion logisch folgt ( Detel , Grundkurs Philosophie, Band 1: Logik, S 48). In diesem Sinn hat das Gericht, dem zwar in der Regel die notwendige Kompetenz fehlt, ein Gutachten fachlich zu prüfen, – nur, aber immerhin – zu beurteilen, ob der Sachverständige einen auch für einen Laien nachvollziehbaren Weg von einer in seinem Befund festgestellten bzw angenommenen Tatsache zu der daraus abgeleiteten Schlussfolgerung aufgezeigt hat. Das Gutachten muss für einen Laien im Gedankengang und für einen Fachmann in allen Schlussfolgerungen nachvollziehbar sein. Dafür hat der Sachverständige die von ihm als bestehend angenommenen und angewendeten besonderen Erfahrungssätze offenzulegen. Dazu gehört die Angabe, welche Regeln der Technik oder sonstigen Regeln der Sachverständige warum für anwendbar hält. Findet sich im Gutachten keine für einen Laien nachvollziehbare Begründungskette von einer befundeten Tatsache zu einer Schlussfolgerung, ist das Gutachten unschlüssig ( Pochmarski/Kober , aaO mwN).
Ausgehend von diesen Grundsätzen gelingt es dem Beklagten nicht, Bedenken gegen das Gutachten bzw die darauf gestützten Feststellungen hervorzurufen. Weder zeigt er irgendwelche Unvollständigkeiten noch innere Widersprüche oder Verstöße gegen die Denkgesetze bzw Logikfehler auf. Soweit er einzelne Schlussfolgerungen infrage stellt (zB die vom Sachverständigen verneinte Notwendigkeit einer Schienenbehandlung, seine Erklärung der Markierungskontakte auf den Folien für die „Bisseinstellung“ und die Durchführbarkeit der von diesem dargestellten „richtigen“ Behandlung; Pkt II.1.2 der Berufung) kann er auch keine Zweifel an der Schlüssigkeit des Gutachtens erwecken. Denn er führt insoweit nur seine eigene Sichtweise, aber weder Expertenmeinungen (zB von Privatgutachtern) noch entsprechende Fachliteratur ins Treffen. Bloßes Vorbringen bzw Aussagen einer (wenn auch fachkundigen) Partei können aber – genauso wenig wie Aussagen (sachverständiger) Zeugen (RS0040598 insbes [T1]) – gutachterliche Schlussfolgerungen nicht entkräften.
Daran ändern auch die weiteren Ausführungen des Beklagten zum Bruxismus nichts (Berufung S 6 ff). Richtig ist zwar, dass der Sachverständige insoweit zwar letztendlich eingeräumt hat, dass er den „Vorzustand“ der Zähne der Klägerin (dh vor deren „Überkronung“) nicht beurteilen könne (S 5/ON 32.4). Daher könne Bruxismus im Fall der Klägerin eine Komponente sein, wenn auch nicht die Hauptursache (aaO). Auch wenn damit der Sachverständige nicht mit letzter Gewissheit eine (Mit-)Ursächlichkeit des „Knirschens“ ausschließen konnte, ergeben sich dadurch dennoch keine hinreichenden Bedenken gegen seine Schlussfolgerung, dass das wiederholte Ausfallen der Kronen aus der „nicht korrekt ausgeführten seitlichen Bisshöhe“ (S 15/ON 21) resultierte. Wie nämlich die Klägerin in ihrer Berufungsbeantwortung zutreffend aufzeigt, hat der Beklagte die Klägerin erst einige Zeit nach Abschluss der Zahnersatz-Behandlungen anlässlich der Lockerungen der Kronen darüber informiert, dass sie „möglicherweise eine Schiene brauche“ (S 13/ON 14.2, letzter Absatz). Außerdem führte er ausdrücklich aus, dass die Ursache selbst in diesem Zeitpunkt noch nicht erklärbar gewesen sei (S 14/ON 14.2, erster Absatz). Sollten die Ausführungen in der Berufung demgegenüber so zu verstehen sein, dass die Schienenbehandlung sozusagen von Beginn an geplant gewesen sei (arg „… hätte die Schienenbehandlung erstens als Akutmaßnahme in der initialen Eingewöhnungsphasedie Überlastung und das Bekauen der Frontzähne verhindern oder zumindest sehr stark reduzieren sollen und zweitens die gewohnheitsmäßige Bissposition [...] in eine möglichst harmonische Beziehung zwischen Kiefergelenksposition, Verzahnung und Gesichts- bzw Halsmuskulatur bringen sollen“; Berufung S 7), kann dem schon angesichts der oa eigenen Aussagen des Beklagten keine Überzeugungskraft zukommen (zumal das auch zumindest in einem Spannungsverhältnis mit der die Partei treffenden Wahrheitspflicht des § 178 ZPO stünde).
Daraus ergibt sich aber auch, dass die Behauptung des Beklagten, der Sachverständige hätte Abnützungsspuren an den Zähnen der Klägerin anhand von – nicht näher spezifizierten – „vorhandenen Modellen“, deren Vorlage der Beklagte im Verfahren angeboten habe, feststellen und dadurch verifizieren können (bzw müssen), dass die Klägerin an Bruxismus leide, nicht plausibel ist. In diesem Fall bliebe es nämlich unerklärlich, warum der Beklagte selbst – wenn es angeblich eindeutige Abnützungsspuren gegeben hat – nicht schon vor oder zumindest im Zuge der Behandlung die Klägerin auf einen Bruxismus hingewiesen hat, sondern selbst erst geraume Zeit nach Abschluss der Zahnersatz-Behandlung einen Bruxismus noch nicht als definitive Ursache der Probleme der Klägerin ausmachen, sondern – jedenfalls zunächst – nur Vermutungen anstellen konnte. Schon aufgrund der eigenen Aussagen des Beklagten ist das Vorliegen aussagekräftiger Abnützungsspuren zweifelhaft, weshalb seine nunmehrigen Ausführungen nicht für begründete Bedenken gegen das Gutachten ausreichen.
Von alldem abgesehen scheitert die Tatsachenrüge in diesem Punkt jedoch bereits daran, dass das Erstgericht – vom Beklagten unbekämpft – eine non-liquet-Feststellung dazu getroffen hat, ob die Klägerin „mit den Zähnen knirscht“ (US 7, dritter Absatz), also an Bruxismus leidet oder nicht. Daher kann – im Kontext einer anderen Feststellung, nämlich der Ursache der Probleme der Klägerin – diese Frage nicht andererseits bejaht (oder verneint) werden. Denn daraus resultierte ein in sich widersprüchlicher Sachverhalt, der keiner rechtlichen Beurteilung unterzogen werden kann (vgl Pochmarski/Tanczos/Kober, aaO, S 189 mwN). Schon deshalb kann Bruxismus nicht als (Mit-)Ursache der Ablösung der Zahnkronen festgestellt werden.
Damit kommt aber nicht nur der Tatsachenrüge in diesem Punkt keine Berechtigung zu, sondern kann insoweit auch kein Verfahrensmangel (durch „Verwertung“ eines ungenügenden Gutachtens) vorliegen. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, dass das Gericht einen Verfahrensmangel verwirklicht, wenn es seinen Tatsachenfeststellungen ein ungenügendes Gutachten zugrundelegt, ohne die nötigen Schritte zu setzen, mit dem bestellten oder einem zweiten Sachverständigen die Defizite zu beseitigen ( Pochmarski/Tanczos/Kober, aaO, S 149; vgl auch Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka , Zivilprozessordnung 5§§ 360 - 362 ZPO Rz 6 für den Fall einer auf Verfahrensfehlern beruhenden Unvollständigkeit), ist das hier nicht der Fall.
3.2. Weiters wendet sich der Beklagte gegen folgende Feststellung (US 7):
„Theoretisch wäre es möglich, die bestehenden Kronen der Klägerin zu erhalten, indem sie abgeschraubt werden und eine Keramikschicht auf diesen aufgebrannt wird, wofür EUR 200,00 pro Zahn (insgesamt EUR 1.200,00) anfallen würden. In der Praxis wird dies jedoch nicht durchgeführt und ein anderer Zahnarzt würde an den vom Beklagten angefertigten Kronen nicht weiterarbeiten.“
Ersatzweise soll festgestellt werden:
„Der gewünschte Behandlungserfolg kann auch dadurch erreicht werden, indem die bestehenden Kronen der Klägerin abgeschraubt werden und eine Keramikschicht auf diesen aufgebrannt wird, wofür EUR 200,00 pro Zahn (insgesamt sohin EUR 1.200,00) anfallen. Derartige Arbeiten werden auch von Zahnärzten durchgeführt, welche die ursprüngliche Behandlung nicht vorgenommen haben.“
Zur Begründung führt der Beklagte aus, es sei lebensfremd, wenn sich der Sachverständige nicht vorstellen könne, dass ein Kollege an der Arbeit des Beklagten weiterarbeite. Vielmehr entspreche es der Praxis und der Lebenserfahrung, dass Patienten – aus welchen Gründen auch immer – den Zahnarzt wechselten und vom neuen Zahnarzt weiterbehandelt würden (Pkte II.2.1 bis II.2.4 der Berufung).
Auch diese Argumentation verfängt jedoch nicht. Die Einschätzung des Sachverständigen bezog sich auf die spezifische Arbeit des Beklagten. Daher ist für den Beklagten daraus nichts gewinnen, wenn er pauschal meint, Zahnärzte arbeiteten nach einem Wechsel regelmäßig an der Arbeit von Kollegen weiter. Der vom Beklagten gezogene Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere ist nämlich nicht zwingend, weil es in speziellen Fällen durchaus denkbar ist, dass andere Zahnärzte eine unsachgemäße Behandlung eines Kollegen nicht einfach fortsetzen wollen, sondern eigene Behandlungskonzepte verfolgen (weil sie diese für zielführender halten). Dafür, dass ein solcher Fall hier – entgegen der Ansicht des Sachverständigen – nicht vorliegt, bietet die Berufung keine überzeugenden Argumente.
Damit ist auch dem weiteren Standpunkt des Beklagten, der Sachverständige widerspreche sich letztendlich selbst, habe er doch im Gegensatz dazu ihm [dem Beklagten] mit der Darstellung der richtigen Behandlungsmethode die Fortsetzung der Arbeit eines anderen Zahnarztes sehr wohl zugemutet, das Fundament entzogen. Da es insoweit auf die Besonderheiten der speziellen Behandlungssituation ankommt, ist die verallgemeinernde Darstellung des Beklagten nicht zielführend.
Ein (womöglich) auch in diesem Punkt geltend gemachter Verfahrensmangel liegt schon deshalb nicht vor, weil der Beklagte auch insoweit keine Unzulänglichkeiten des Gutachtens aufzeigen kann, die Anlass für ein Vorgehen nach § 362 Abs 2 ZPO geboten hätten.
Zusammengefasst erweist sich damit die Tatsachenrüge insgesamt als unberechtigt.
4. Zur Rechtsrüge:
Die Rechtsrüge erschöpft sich in einer Wiedergabe des festgestellten Sachverhalts, an den die Behauptung anschließt, das Erstgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin kein Mitverschulden an den eingetretenen Komplikationen treffe. Diesbezüglich geht die Rechtsrüge allerdings nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, weil die Verwendung einer Schiene bzw der vom Beklagten vorgeschlagenen Therapien ausgehend von den Feststellungen nichts an den „Komplikationen“ geändert hätte. Daher ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt und einer inhaltlichen Behandlung nicht zugänglich (RS0043603 [T8]).
Gleiches gilt, soweit der Beklagte die Rechtsauffassung vertritt, die Klägerin könne die Zahnkronen des Oberkiefers kostengünstiger auch mittels „Aufbrennens von Keramik“ durch andere Zahnärzte sanieren lassen und verstoße daher mit der (beabsichtigten) teureren Sanierung gegen ihre Schadensminderungspflicht. Denn es steht (nicht erfolgreich bekämpft) fest, dass die (theoretisch in Betracht kommende) alternative Sanierung in der Praxis nicht durchgeführt wird und andere Zahnärzte an den vom Beklagten angefertigten Kronen nicht weiterarbeiten würden (US 7 letzter Absatz).
Sollte der Beklagte überdies auf dem Standpunkt stehen, der Klägerin sei eine derartige Sanierung durch ihn selbst (nach wie vor) zumutbar, ist dem zu erwidern, dass das Erstgericht zutreffend von einem berechtigten Vertrauensverlust der Klägerin ausgegangen ist. Der diesbezüglichen Begründung (US 11 letzter Absatz) ist nichts hinzuzufügen (§ 500a ZPO).
Damit kommt auch der Rechtsrüge keine Berechtigung zu, weshalb der Berufung ein Erfolg zu versagen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 50 iVm 41 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung insoweit (geringfügig) überhöht verzeichnet, als diese kein verfahrenseinleitender Schriftsatz im Sinn des § 23a RATG ist (RS0126594). Dafür steht nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung daher nur ein Erhöhungsbetrag von EUR 2,60 (und nicht – wie verzeichnet – EUR 5,00) zu.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen waren. Die Frage, ob ein ärztlicher Kunstfehler vorliegt oder nicht, ist Tatfrage (RS0026418).