JudikaturOLG Innsbruck

23Rs24/25p – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
27. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Vetter als Vorsitzende, die Richterinnen des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser und Mag. Grössl sowie die fachkundigen Laienrichter:innen Mag. Oswald Wolkenstein (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und AD in RR in Sabine Weber (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , derzeit ohne Beschäftigung, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT , Landesstelle **, vertreten durch ihre Mitarbeiterin B*, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 5.2.2025, ** 30, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.

Ein Kostenersatz findet im Berufungsverfahren nicht statt.

Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am ** geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war im Beobachtungszeitraum (in den abgelaufenen 180 Kalendermonaten vor Antragstellung) lediglich drei Monate arbeitstätig (02/2016 bis 04/2016), ansonsten war sie im Krankenstand oder in Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4.4.2023 lehnte die Beklagte den auf die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gerichteten Antrag der Klägerin vom 23.2.2023 mit der Begründung ab, dass eine Berufsunfähigkeit nicht dauerhaft vorliege. Vorübergehende Berufsunfähigkeit im Ausmaß von mindestens sechs Monaten liege ebenfalls nicht vor. Daher bestehe auch kein Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch auf medizinische oder berufliche Maßnahmen der Rehabilitation.

Mit der dagegen erhobenen rechtzeitigen Bescheidklage beantragt die Klägerin , die Beklagte dazu zu verpflichten, ihr ab dem Stichtag eine Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß, in eventu ein Rehabilitationsgeld ab dem Antragstag zu gewähren. Aufgrund ihres Gesundheitszustands sei ihre Arbeitsfähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken. Sie sei sohin berufsunfähig im Sinne des Gesetzes.

Die Beklagte beantragt unter Aufrechterhaltung ihres im Anstaltsverfahren eingenommenen Standpunkts die Klagsabweisung. Die Klägerin habe keinen Beruf erlernt, weshalb ein Berufsschutz und/oder Tätigkeitsschutz ausscheide. Sie sei auch imstande, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihr unter billiger Berücksichtigung der von ihr ausgeübten Tätigkeiten noch zugemutet werden könne, wenigstens die Hälfte des Entgelts zu erwerben, das eine körperlich und geistig gesunde versicherte Person regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflege. Es bestehe daher weder Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension noch auf medizinische Rehabilitation.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Haupt- und Eventualbegehren der Klägerin ab. Dieser Entscheidung legte es die in den US 2 bis 4 wiedergegebenen Feststellungen zugrunde, auf die zunächst – um Wiederholungen zu vermeiden – verwiesen wird. Zum besseren Verständnis der Berufungsentscheidung werden auszugsweise nachstehende Feststellungen wiedergegeben:

„[…] Die Klägerin ist seit dem Stichtag unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses in der Lage, 6 Stunden leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen ohne Einwirkung von Kälte, Nässe und Durchzug im Gehen, Stehen und überwiegend Sitzen im Wechsel zu verrichten. Rein stehende oder gehende Tätigkeiten sind ihr nicht möglich. […] Der Klägerin sind nur mehr Arbeiten unter einfachem oder durchschnittlichem Zeitdruck möglich.

Das Leistungskalkül der Klägerin weist keine Einschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte auf. Auch können von ihr öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden. Der Klägerin ist eine Wohnsitzverlegung oder Wochenpendeln nicht zumutbar. Ein Tagespendeln im Ausmaß von einer Stunde pro Wegstrecke ist ihr zumutbar.

Bei Einhaltung des Leistungskalküls sind regelmäßige Krankenstände im Ausmaß von fünf bis sechs Wochen pro Jahr zu erwarten. Eine wesentlichen Besserung des die geminderte Arbeitsfähigkeit verursachenden Zustands ist in absehbarer Zeit durch Gewichtsabnahme wahrscheinlich. […]

Unter Berücksichtigung ihres eingeschränkten Leistungskalküls kann die Klägerin noch leichte Hilfstätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes verrichten. Dies wären leichte Tischarbeiten in der industriellen Fertigung, zB Durchführung leichter Verpackungsarbeiten, Verpackung von Gegenständen mit geringem Gewicht, die Tätigkeit einer Sortiererin, einer Montiererin, Bestückerin, Wareneinrichterin, Finish-Arbeiterin, Platinenbestückerin. […]

Derartige Arbeitsplätze existieren in unterschiedlichen Bereichen der industriellen Fertigung, so zB in der Kunststoffindustrie, Leichtmetallindustrie, Kleinteilfertigung, Spielwaren- und Schmuckwarenindustrie, Brillenerzeugung, Stempelerzeugung, Elektrowarenerzeugung, Leiterplattenproduktion etc.

Zumutbar sind auch Aufsehertätigkeiten, zB Portierstätigkeiten. Diese kann die Klägerin auch mit Zusatzfunktionen, wie Überwachen von Brandmelde- und Alarmanlagen, Schlüsseldienst, Sperrdienst, Entgegennahme und Ausgabe von Postsendungen, einfache Auskunftserteilung, Weiterleiten von Telefonaten ausüben. Auch Wächtertätigkeiten, beispielsweise in Kulturstätten (Museumsaufseherin) oder in der Parkplatzbewirtschaftung (Videoüberwachung von Toreinfahrten und Parkflächen, zB in Tiefgaragen) sind mit dem Leistungskalkül der Klägerin vereinbar.

Ausgehend vom Wohnort der Klägerin kann sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Radius einer zumutbaren Tagespendlerdistanz (eine Stunde Fahrzeit in eine Richtung mit öffentlichen Verkehrsmitteln) den gesamten Arbeitsmarkt zwischen ** und ** erreichen. In dieser Region existiert eine die Zahl 30 deutlich übersteigende Anzahl von Arbeitsplätzen unter Berücksichtigung der verminderten Arbeitszeitauslastung, die mit dem Leistungskalkül vereinbar sind.

Die Klägerin kann bei Aufnahme einer der genannten Verweisungstätigkeiten jedenfalls mehr als die Hälfte des Einkommens einer gesunden Person erzielen.“

Rechtlichverneinte das Erstgericht die Anwendbarkeit von § 255 Abs 1 und 2 ASVG und damit einen Berufsschutz der Klägerin. Da die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungskalkül jedenfalls noch eine Reihe von auf dem regionalen Arbeitsmarkt existenten Verweisungsberufen verrichten könne, sei auch keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG gegeben. Infolge des Leistungskalküls der Klägerin verbleibe auch kein Platz für eine Überprüfung nach § 255 Abs 3a ASVG.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Darüber hinaus wird beantragt, die Beklagte zum gesamten Kostenersatz zu verpflichten.

Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

I. Zur Verfahrensrüge :

1.Eingangs ihrer Verfahrensrüge weist die Klägerin darauf hin, dass die Verletzung der Begründungspflicht einen Verfahrensmangel darstelle (was grundsätzlich richtig ist), führt dann aber weiters aus, das Erstgericht habe den Sachverhalt „mangelhaft festgestellt, was zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache führe“. Damit releviert die Klägerin aber nicht einen Begründungsmangel, sondern einen sekundären Feststellungsmangel, dessen Aufgreifen der Rechtsrüge zuzuordnen ist (RS0042744; RS0114379). Die Klägerin bleibt aber weitere Ausführungen dahingehend schuldig, inwiefern das Erstgericht den Sachverhalt „mangelhaft festgestellt“ habe.

2. Im Weiteren moniert die Klägerin im Rahmen ihrer Verfahrensrüge ausschließlich, dass das Verfahren ohne ihre Einvernahme geschlossen worden sei, womit ihr die Möglichkeit genommen worden sei, sich im Verfahren zu äußern. Das Verfahren sei somit grob mangelhaft geblieben.

2.1. Wird einer Partei die Möglichkeit genommen, sich im Verfahren zu äußern, stellt dies eine Verletzung des „rechtlichen Gehörs“ dar, was sogar den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO darstellen würde. Dass der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren die Möglichkeit genommen wurde, sich im Verfahren „zu äußern“, ist aber unrichtig. Die Klägerin war im erstinstanzlichen Verfahren qualifiziert vertreten und konnte sich durch von ihrem Rechtsvertreter eingebrachte Schriftsätze und dessen Teilnahme an der Tagsatzung vom 5.2.2025 äußern. Sie wurde auch ordnungsgemäß zur Tagsatzung geladen.

2.2. Aber auch die unterlassene Einvernahme der Klägerin als Partei stellt keinen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens dar.

2.2.1. Eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung eines primären Verfahrensmangels ist dessen Wesentlichkeit. Ein wesentlicher und damit beachtlicher Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn dieser abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung herbeigeführt zu haben. Hatte die vorgefallene Mangelhaftigkeit bei abstrakter Betrachtung keinen möglichen Einfluss auf die Entscheidung, liegt auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Auch ein Stoffsammlungsmangel liegt nur dann vor, wenn er geeignet war, die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu verhindern (RS0043049; RS0116273).

Die Klägerin legt im Rahmen ihrer Verfahrensrüge nun aber nicht dar, inwiefern durch ihre Einvernahme ein für sie günstigeres Beweisergebnis erzielt worden wäre und zu welchen konkreten Beweisthemen sie eine entscheidungswesentliche Aussage machen hätte können. Die Klägerin hat auch in ihrer Klage neben zahlreichen anderen Beweisanträgen nur pauschal ihre „PV“ als Beweis angeboten, ohne konkret darzulegen, zu welchen Beweisthemen sie eine Aussage treffen möchte. Insoweit liegt auch ein nicht ausreichend bestimmtes Beweisanbot vor.

2.2.2. Dazu ist anzumerken: Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Aussage einer Partei zur Klärung von Fragen, die der besonderen Sachkunde eines Sachverständigen bedürfen und daher der Beurteilung von Sachverständigen vorbehalten sind, grundsätzlich ungeeignet. Dazu gehören die Fragen des Gesundheitszustands des Klägers und zu dem durch diesen Gesundheitszustand eingeschränkten Leistungskalkül, wie auch Fragen der Verweisbarkeit (SVSlg 54.790).

Wie auch die Beklagte im Rahmen ihrer Berufungsbeantwortung richtig aufzeigt, sind daher medizinische Fachfragen im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht durch Parteieneinvernahme, sondern durch medizinische Sachverständige zu klären. Es stellt daher keinen Verfahrensmangel dar, wenn eine Einvernahme der Partei zu medizinisch relevanten Umständen unterbleibt, sofern die Partei die maßgeblichen Umstände ihres Leidens auf andere Weise in das Verfahren einbringen konnte. Regelmäßig genügen die Angaben des betroffenen Versicherungsnehmers im Zuge der Anamnese, die als Grundlage eines medizinischen Sachbefunds durchgeführt wird, um den Sachverhalt in dieser Hinsicht ausreichend aufzuklären (SVSlg 56.984). Dann ist es auch vertretbar, dass die Aufnahme dieses Beweises durch das Gericht unterblieb (SVSlg 41.562; Neumayrin ZellKomm³ II [2018] § 75 Rz 8 ASGG).

Der Klägerin wurde von allen im gegenständlichen Verfahren beigezogenen medizinischen Sachverständigen (für Lungenkrankheiten, für Innere Medizin/Kardiologie, für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, für Psychiatrie und Neurologie) jeweils im Rahmen einer umfassenden Anamnese ausführlich Gelegenheit dazu gegeben, ihre Leiden und Beschwerden zu schildern. Die Ergebnisse der eingeholten medizinischen Gutachten wurden von der Klägerin nach deren Zustellung auch nicht hinterfragt und beanstandet. So wurde auch deren Erörterung nicht beantragt. Die Klägerin ist auch zur einzig stattgefundenen Tagsatzung am 5.2.2025 erschienen, hat jedoch nicht darauf hingewiesen oder darauf gepocht, einvernommen zu werden. Wie ebenfalls von der Beklagten richtig in ihrer Berufungsbeantwortung aufgezeigt, hätte die Klägerin ausgehend von ihrem Standpunkt, wonach die unterlassene Parteieneinvernahme einen Verfahrensmangel darstellt, im Sinne der Mitverantwortung der Parteien für eine rasche und effiziente Prozessführung in der abschließenden Tagsatzung einen Antrag auf Parteieneinvernahme stellen können.

3. Der Verfahrensrüge ist sohin ein Erfolg zu versagen.

II. Zur Rechtsrüge :

1.Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht den Sachverhalt und den Pensionsanspruch der Klägerin zu Recht und von den Streitteilen auch nicht in Zweifel gezogen anhand des Invaliditätsbegriffs des § 255 Abs 3 ASVG geprüft hat. Dennoch ist ausgehend vom Inhalt des angefochtenen Bescheids Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension (10 ObS 122/13h; 10 ObS 13/13p; RS0083723; RS0084342; RS0083738). Von der Frage der Leistungszugehörigkeit ist nämlich die Frage zu trennen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 255 ASVG oder nach § 273 ASVG zu prüfen sind. Hiefür ist die tatsächlich verrichtete Tätigkeit maßgeblich, nicht die arbeitsvertragliche Einstufung oder die Anmeldung durch den Arbeitgeber.

2. Die Klägerin macht im Rahmen ihrer Rechtsrüge sekundäre Feststellungsmängel geltend und moniert, dass das Erstgericht ihre Krankheiten und Gesundheitsstörungen aus orthopädischer, neurologisch/psychiatrischer, internistischer und pulmologischer Sicht nicht festgestellt habe.

2.1. Dazu hat bereits das Erstgericht richtig auf die Rechtsprechung verwiesen, wonach entscheidend für die Frage der Verweisbarkeit des Versicherten ausschließlich die aufgrund des ärztlichen Leistungskalküls getroffene Feststellung ist, in welchem Umfang er im Hinblick auf die bestehenden Einschränkungen behindert ist bzw welche Tätigkeiten er ausführen kann. Demgegenüber bildet die vom Sachverständigen erhobene Diagnose nur die Grundlage für das von ihm zu erstellende Leistungskalkül. Mangels eigener medizinischer Fachkenntnisse könnte das Gericht aus einer festgestellten Diagnose keinerlei Schlussfolgerungen ableiten, zumal je nach dem Schweregrad eines Leidens bei gleicher Diagnose der Umfang der Einschränkungen bezüglich der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit ganz unterschiedlich sein kann. Wesentlich ist daher nur die Feststellung des Leistungskalküls. Es bedarf daher der genauen Feststellung ärztlicher Diagnosen nicht (RS0084399 [T2]).

Zur Frage des Leistungskalküls der Klägerin hat aber das Erstgericht umfassende Feststellungen getroffen. Nicht richtig ist die in der Rechtsrüge aufgestellte Behauptung, das Erstgericht habe keine Feststellungen getroffen, ob und inwieweit die Klägerin aus orthopädischer, neurologisch-psychiatrischer, internistischer und pulmologischer Sicht in ihrem Leistungskalkül eingeschränkt sei.

2.2. Auf die Wiedergabe der zahlreich von der Klägerin gewünschten ergänzenden, aus den diversen Sachverständigengutachten zitierten Feststellungen (hauptsächlich) zu ihren gesundheitlichen Diagnosen wird – um Weiterungen zu vermeiden – verzichtet. Hervorgehoben werden von der Klägerin selbst im Rahmen der von ihr gewünschten Feststellungen jene, dass aus orthopädischer Sicht eine wesentliche Besserung des die geminderte Arbeitsfähigkeit verursachenden Zustands in absehbarer Zeit nicht sehr wahrscheinlich ist, sowie jene, dass aus internistischer Sicht mittelfristig und längerfristig nicht mit einer Besserung des Gesundheitszustands zu rechnen ist.

Selbst diese Einschätzungen der Sachverständigen und die darauf basierenden Feststellungen würden aber nichts daran ändern, dass die Klägerin aufgrund ihres verbliebenen Leistungskalküls trotz ihres eingeschränkten Gesundheitszustands und einer verminderten Arbeitsfähigkeit noch auf zahlreiche Tätigkeiten verwiesen werden kann, für die auch ein ausreichender Arbeitsmarkt vorhanden ist.

Die Feststellungsgrundlage ist aber nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind (RS0053317).

2.3. Weiters wünscht die Klägerin folgende ergänzende Feststellung:

„Der Klägerin steht jedenfalls ab dem Stichtag eine Berufsunfähigkeitspension bzw Rehabilitationsgeld im gesetzlichen Ausmaß zu. Der Gesundheitszustand der Klägerin wird sich aus orthopädischer und internistischer Sicht aufgrund des die geminderte Arbeitsfähigkeit verursachenden Zustands in absehbarer Zeit nicht sehr wahrscheinlich verbessern.“

2.3.1. Der erste Satz dieser begehrten „Feststellung“ stellt eine rechtliche Beurteilung dar, die einer Tatsachenfeststellung nicht zugänglich ist.

2.3.2. Was den zweiten Satz anlangt, darf auf die obigen Ausführungen zu Pkt. 2.2. verwiesen werden. Auch hier wird nur die Einschätzung des orthopädischen und des internistischen Sachverständigen zur Möglichkeit einer Verbesserung des (eingeschränkten) Gesundheitszustands der Klägerin wiedergeben, was aber nichts daran ändert, dass die „geminderte Arbeitsfähigkeit“ der Klägerin nicht jenes Ausmaß erreicht, welches für die Zuerkennung einer Invaliditätspension erforderlich wäre. Diese wäre nämlich nur gerechtfertigt, wenn die Klägerin nicht mehr imstande wäre, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihr unter billiger Berücksichtigung der von ihr ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden kann, wenigstens die Hälfte des Entgelts zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt. Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Die Klägerin kann nämlich mit dem ihr verbliebenen Leistungskalkül noch sechs Stunden leichte Tätigkeiten pro Tag ausüben und damit noch eine Reihe von auf dem regionalen Arbeitsmarkt existenten Verweisungsberufen verrichten.

2.4. Insgesamt betrachtet sind daher die von der Klägerin gewünschten ergänzenden Feststellungen entbehrlich und rechtlich irrelevant. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt nicht vor.

3.Darüber hinausgehende rechtliche Argumente gegen die Abweisung des Pensionsbegehrens trägt die Berufung nicht vor, weshalb sich weitere rechtliche Ausführungen des Berufungsgerichts hiezu grundsätzlich erübrigen (RS0041585 [T2]; RS0043603 [T3]; RS0041570; RS0043338).

3.1. Dass die Klägerin keinen Berufsschutz genießt und die Frage des Vorliegens von Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen ist, ist im Berufungsverfahren nicht strittig. Die Klägerin vermag der Abweisung des Pensionsbegehrens in Anwendung dieser Bestimmung aber keine überzeugenden Argumente entgegenzuhalten. Nur pauschal behauptet sie, aufgrund der vorliegenden schweren Krankheiten und Gesundheitsstörungen stehe ihr ab dem Stichtag jedenfalls eine Berufsunfähigkeitspension bzw Rehabilitationsgeld im gesetzlichen Ausmaß zu. Die Klägerin ist aber trotz ihrer gesundheitlichen Leiden und den daraus resultierenden Einschränkungen in der Lage, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihr unter billiger Berücksichtigung der von ihr ausgeübten Tätigkeiten noch zugemutet werden kann, wenigstens die Hälfte des Entgelts zu erwerben, das eine körperlich und geistig gesunde versicherte Person regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt.

3.2. Im Verfahren erster Instanz begründete die – qualifiziert vertretene – Klägerin ihre Begehren ausschließlich mit der ihrer Ansicht nach gegebenen (gänzlichen) Arbeitsunfähigkeit. Aus welchen – tatsächlichen und rechtlichen – Gründen trotz gegebener Arbeitsfähigkeit ein Anspruch auf Rehabilitation bestehen soll, konkretisierte sie weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren.

Eine ordnungsgemäße Rechtsrüge erfordert die Darlegung, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache in der angefochtenen Entscheidung erster Instanz unrichtig sein soll (RS0043605; RS0043480 [T20]; RS0043603 [T4]). Beschränkt sich die Rechtsrüge darauf, allgemein die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen rechtlichen Beurteilung zu behaupten, ohne dies zu konkretisieren, ist sie nicht gehörig ausgeführt (RS0041719 [T4]). In diesem Fall ist es dem Berufungsgericht verwehrt, die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts zu überprüfen (1 Ob 70/12v; 5 Ob 199/12v; 9 ObA 156/89; 6 Ob 53/68). Ein weiteres Eingehen auf das Eventualbegehren erübrigt sich daher.

4. Damit bleibt die Berufung insgesamt erfolglos.

III. Verfahrensrechtliches:

1.Ein Kostenzuspruch an die im Berufungsverfahren unterlegene Klägerin scheidet schon deshalb aus, weil das Rechtsmittelverfahren weder mit tatsächlichen noch rechtlichen Schwierigkeiten verbunden war. Solche sind jedoch Voraussetzung für einen Kostenersatz nach Billigkeit gemäß § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG (10 ObS 116/06s; 10 ObS 35/95; Sonntag in Köck/SonntagASGG § 77 Rz 21). Die Klägerin hat es zudem unterlassen, die für einen Kostenersatz nach Billigkeit erforderlichen – vermögensrechtlichen - Voraussetzungen darzulegen (RS0085829). Ein Kostenersatz findet im Berufungsverfahren daher nicht statt.

2.Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn der §§ 2 Abs 1 ASGG, 502 Abs 1 ZPO stand im vorliegenden Berufungsverfahren nicht zur Beurteilung. Es war daher auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3, 502 Abs 5 Z 4 ZPO).