Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag. Wieland und Mag a. Haas in der Strafsache gegen A* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen nach öffentlicher Verhandlung am 5. November 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M., sowie des Angeklagten A* und seines Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Lehofer über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. August 2025, GZ **-42, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, dass über A* die Freiheitsstrafe von fünf Jahren verhängt wird.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde – so weit hier von Bedeutung – der am ** geborene A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I.) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG schuldig erkannt, in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 39 Abs 1a StGB nach § 28a Abs 4 SMG zur Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Kostenersatz verpflichtet. Der aus dem Suchtgifthandel erlangte Erlös wurde in Ansehung eines Betrags von EUR 750,00 gemäß § 20 Abs 1 StGB und in Ansehung eines Betrags von EUR 25.750,00 gemäß § 20 Abs 3 StGB für verfallen erklärt.
Dem durch die Zurückziehung seiner Nichtigkeitsbeschwerde (ON 43.2, 2) in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch zufolge hat A* in **
I. vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er
1a) von Februar 2025 bis zu seiner Festnahme am 3. April 2025 insgesamt 350 Gramm Heroin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 19 % (66,50 Gramm Heroin-Base in Reinsubstanz), 400 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 85 % (340 Gramm Cocain-Base in Reinsubstanz) sowie 200 Gramm Cannabisharz mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 29,53 % THCA und 2,25 % Delta-9-THC (59,06 Gramm THCA und 4,5 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz) an diverse Abnehmer gewinnbringend weiterveräußerte bzw. im Auftrag seines Hintermannes weitergab;
1b) am 3. April 2025 B* 497,38 Gramm Heroin (96,70 Gramm Heroin-Base in Reinsubstanz) mit der Anweisung übergab, es an den vermeintlichen Abnehmer in Gestalt des verdeckten Ermittlers der Polizei zu übergeben;
II.1. von Anfang 2024 bis zu seiner Festnahme am 3. April 2025 ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen, indem er über die zuvor genannten Mengen hinaus unbekannte Mengen Cannabiskraut und Kokain bis zum Eigenkonsum inne hatte.
Mit unter einem gefassten Beschluss sah das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StGB vom Widerruf der bedingten Entlassung zum AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz (in Ansehung eines Strafrests von drei Monaten) und der bedingten Nachsicht zum AZ ** des Bezirksgerichts Graz-West (in Ansehung einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten) ab.
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe und den Verfall. Er strebt eine Reduktion der Strafe und ein Absehen oder zumindest die Minderung des Verfalls an (ON 43.2).
Die Oberstaatsanwaltschaft Graz trat dem Rechtsmittel entgegen.
Die Berufung hat teilweise Erfolg.
Fallbezogen liegen – wie bereits das Erstgericht auf Basis der dazu getroffenen Konstatierungen (US 5 vorletzter und letzter Absatz, US 6 erster Absatz) zutreffend ausgeführt hat – beim Angeklagten A* die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1a StGB vor. Entgegen der Berufung hat der Gesetzgeber den Katalog der erfassten strafbaren Handlungen in § 39 Abs 1a StGB – anders als bei § 33 Abs 2 StGB und im Gegensatz zu § 19 Abs 4 Z 3 JGG – gerade nicht in ausdrückliche Beziehung zu bestimmten Abschnitten des Besonderen Teils des StGB gesetzt, sondern eine rechtsgutbezogene Betrachtung vorgegeben (RIS-Justiz RS0134087, insbesondere 15 Os 119/22x verstärkter Senat JBl 2023, 537 [krit Birklbauer ]).
Strafbestimmend ist demnach – unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB – § 28a Abs 4 SMG mit einer infolge zwingender Anwendung des § 39 Abs 1a StGB erweiterten Strafbefugnis von Freiheitsstrafe von einem bis zu zwanzig Jahren.
Erschwerend ist, dass der Angeklagte mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen hat (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB; hier: Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen) und er (unter Berücksichtigung des Verhältnisses des § 31 StGB) schon fünf Mal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden (allerdings dem Segment leichter bis mittelschwerer Kriminalität zuzurechnender) Taten verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB; dies begründet trotz gleichzeitigen Vorliegens der Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 39 Abs 1a StGB keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot; RIS-Justiz RS0091527).
Schuldsteigernd (§ 32 StGB) wirken die Tatbegehung während zwei (in einem Fall bereits verlängerter) offener Probezeiten nach bedingter Entlassung und einer weiteren Verurteilung zu einer (bedingt nachgesehenen) 10-monatigen Freiheitsstrafe trotz Betreuung durch die Bewährungshilfe sowie im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit weiteren (aus der Strafhaft heraus agierenden) Personen.
Die Überschreitung des 25-Fachen der Grenzmenge (§ 28b SMG) zu I.1. um mehr als das Dreifache aggraviert die Schuld (§ 32 StGB).
Mildernd hingegen ist, dass der Angeklagte ein umfassendes reumütiges und wesentlich der Wahrheitsfindung dienliches Geständnis abgelegt hat (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB).
Die Sicherstellung des Suchtgifts lt. Standblätter ON 13.5 und ON 13.6 (darunter insbesondere rund 500 Gramm Heroin) mindert in diesem Umfang die Schuld.
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren als tat- und schuldangemessen. Diese Strafe entspricht auch spezial- und generalpräventiven Erfordernissen.
Keinen Erfolg hat hingegen die Berufung gegen den Verfallsausspruch.
Nach § 20 Abs 1 StGB hat das Gericht Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären. Ist ein dem Verfall unterliegender Vermögenswert nicht sichergestellt oder beschlagnahmt, so hat das Gericht nach § 20 Abs 3 StGB einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der diesem Vermögenswert entspricht.
Den (unbedenklichen) Urteilsannahmen zufolge veräußerte der Angeklagte 350 Gramm Heroin, 400 Gramm Kokain und 200 Gramm Cannabisharz an diverse Abnehmer, wobei er pro Gramm Kokain zumindest EUR 40,00 und pro Gramm Heroin zumindest EUR 30,00 erhielt (US 8 zweiter Absatz). Durch den Verkauf von Suchtgift erwirtschaftete er (somit) EUR 26.500,00 (US 10 vierter Absatz). Der bei ihm sichergestellte Betrag von EUR 1.250,00 stammte aus dem Suchtgiftverkauf (wobei er in der Hauptverhandlung zustimmte, dass EUR 450,00 davon für die Begleichung der Prozesskosten verwendet werden; US 10 fünfter Absatz).
Solcherart tragen aber die Feststellungen den Verfallsausspruch nach Abs 1 (in Ansehung von EUR 750,00) und Abs 3 (in Ansehung von EUR 25.750,00) des § 20 StGB.
Dass der Verfallsausspruch die Verpflichtung des Angeklagten zur Zahlung des Geldbetrags vermissen lässt (vgl. 3 Ob 178/24h [Rz 12 ff]), kann vom Berufungsgericht schon mangels darin für den Angeklagten gelegenen Nachteils iS des § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall iVm § 489 Abs 1 zweiter Satz und § 471 StPO nicht aufgegriffen werden.
Der Kostenausspruch ist eine Folge der Sachentscheidung und gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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