JudikaturOLG Graz

1Bs106/25k – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
13. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Redtenbacher als Vorsitzenden, die Richterin Mag. aSchwingenschuh und den Richter Mag. Wieland in der Strafsache gegen A* B* wegen des Verbrechens der Brandlegung (nunmehr Brandstiftung) nach § 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 27. Juni 2025, GZ **-157, in nichtöffentlicher Sitzung den

B ESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

A* B* haftet für die durch sein erfolgloses Begehren auf Wiederaufnahme des Verfahrens verursachten Kosten.

Text

Begründung:

Mit Urteil des (seinerzeitigen Kreis-, nunmehr) Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 12. März 1979 (ON 41), AZ ** (nunmehr **), wurde A* B* wegen der (nach damaliger Rechtslage) Verbrechen der Brandlegung (nunmehr Brandstiftung) nach § 169 Abs 1 StGB und des versuchten schweren Betrugs nach den §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (nunmehr Vergehen des versuchten schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB) zu einer für die Dauer einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt.

Die Privatbeteiligte C* und D* wurden mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Dem aufgrund des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 11. September 1979, AZ 11 Os 110/79 (ON 57), rechtskräftigen Schuldspruch zu Folge hat A* B* in **, Gemeinde **,

Zur Begründung des erstinstanzlichen Urteils (ON 41) sowie zum weiteren bisherigen Verfahrensgang, insbesondere den zahlreichen Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens und den korrespondierenden gerichtlichen Entscheidungen, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die aktenkonforme Darstellung im angefochtenem Beschluss (BS 2ff) verwiesen (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1], RS0119090 [T4]).

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht Leoben als Drei-Richter-Senat iSd § 31 Abs 6 Z 2 StPO (zur mangelnden Ausgeschlossenheit iSd § 43 Abs 4 StPO bei einer vorherigen Beschlussfassung siehe RIS-Justiz RS0125149 [T18]; 13 Os 94/11i) – konform der ablehnenden Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Leoben (ON 151) – die (wiederholten) Anträge des Verurteilten auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens zum AZ ** (nunmehr **) des (Kreis-, nunmehr) Landesgerichts Leoben ab und verpflichtete ihn zur Haftung für die von ihm verursachten Kosten (ON 157).

Dagegen wendet sich seine Beschwerde (ON 158), in der zusammengefasst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs moniert sowie der Verweis auf die vorgebrachten neuen Tatsachen bzw. Beweismittel samt entsprechender Beweisanträge wiederholt wird.

Die Oberstaatsanwaltschaft äußerte sich inhaltlich nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 353 StPO kann der rechtskräftig Verurteilte, neben hier nicht relevanten Fällen, die Wiederaufnahme des Strafverfahrens selbst nach vollzogener Strafe verlangen, wenn dargetan wird, dass seine Verurteilung durch Urkundenfälschung oder durch falsch Beweisaussage, Bestechung oder eine sonstige Straftat einer dritten Person veranlasst worden ist (Z 1) oder wenn er neue Tatsachen oder Beweismittel beibringt, die allein oder in Verbindung mit früher erhobenen Beweisen geeignet erscheinen, seine Freisprechung oder die Verurteilung wegen einer unter ein milderes Strafgesetz fallenden Handlung zu begründen (Z 2).

Nur neue, d.h. in der Hauptverhandlung nicht vorgekommene (§§ 12 Abs 2, 258 Abs 1 StPO) Tatsachen oder Beweismittel können Anlass zur Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 353 Z 2 StPO geben. Als neue Beweismittel kommen etwa nicht gehörte Zeugen, die sinnliche Wahrnehmungen zu erheblichen Umständen gemacht haben könnten (§ 154 Abs 1 StPO), oder nicht verlesene Beweisurkunden in Betracht ( Lewisch, aaO § 353 Rz 34 ff, 47 f). Wertungen, Spekulationen, Plausibilitäten, Meinungen und Mutmaßungen sind allerdings keine Tatsachen oder Beweismittel im Sinn des § 353 Rz 2 StPO (RIS-Justiz RS0097545, RS0097540; Lewisch , aaO § 353 Rz 50).

Rechtskräftige Entscheidungen (auch) in Wiederaufnahmesachen entfalten Einmaligkeitswirkung. Ein Argument, dem die Fähigkeit eine Wiederaufnahme zu begründen, bereits rechtskräftig abgesprochen wurde, kann für sich allein ohne Neuerungen im Tatsachen- oder Beweismittelbereich nicht noch einmal zum Gegenstand eines Wiederaufnahmeantrags gemacht werden (statt aller OLG Graz 9 Bs 244/22h, 8 Bs 324/22s, 8 Bs 82/23d, 10 Bs 138/23d, jüngst 9 Bs 16/25h uva).

Indem der Wiederaufnahmewerber explizit (wie in der Beschwerde) bzw. – soweit verständlich – in seinen zahlreichen Äußerungen auf das Gutachten des damaligen Brandsachverständigen Ing. F*, die Privatgutachten (Dobrowsky, Stumpfl [siehe dazu schon ON 70, ON 97, ON 114]) und „neue forensische Erkenntnisse“ zur Selbstentzündbarkeit von Heu unter „bestimmten Bedingungen“ verweist, bringt er – wie vom Erstgericht zutreffend erkannt – keine neuen Tataschen bzw. Beweismittel iSd § 353 Z 2 StPO vor, waren diese doch bereits Gegenstand des Erkenntnisverfahrens bzw. von zahlreichen Rechtsmittelentscheidungen in Zusammenhang mit Wiederaufnahmeanträgen. Wegen bereits entschiedener Sache („res iudicata“) verbietet sich daher ein Eingehen auf diese Argumente (siehe etwa OLG Graz, 9 Bs 16/25h). Der Widerruf des abgelegten Geständnis alleine ist für eine Wiederaufnahme wiederum nicht geeignet ( Lewisch , aaO § 353 Rz 56).

Der (in der Beschwerde) gestellte Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Brandursachenermittlung/ Chemie/ Thermodynamik / Agrarwissenschaften zum Beweis dafür, „ob es im gegenständlichen Fall aufgrund der konkreten Umstände – insbesondere Temperatur, Feuchtigkeitsgehalt, Lagerbedingungen und Belüftung – zu einer Selbstentzündung des gelagerten Heus gekommen sein kann und ob dies mit dem festgestellten Brandgeschehen vereinbar ist“, zumal ein Gutachten geeignet ist „diese alternative Brandursache zu untersuchen und eine allfällige Selbstentzündung als plausible Erklärung für den Brandausbruch zu prüfen“, bezieht sich auf kein neues Beweisthema (siehe dazu aber OLG Innsbruck, 11 Bs 6/24f). Überdies legt der Antrag nicht dar, aus welchen Gründen zu erwarten ist, dass die Durchführung des begehrten Beweises – rund 47 Jahre später – das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erbringen wird und läuft deshalb auf eine – nicht nur im Haupt-, sondern auch im Wiederaufnahmeverfahren unzulässige – Erkundungsbeweisführung (erkennbar auch an der Terminologie des Antrags [„ob“; RIS-Justiz RS0099353, RS0118123) hinaus (vgl. RIS-Justiz RS0107040, RS0118123, RS0099453).

Lediglich der Vollständigkeit halber ist den Beschwerdeargumenten zu entgegnen, dass das Erstgericht zu Recht kein Beweisverfahren durchgeführt und sich auf eine Eignungsprüfung (RIS-Justiz RS0099446) beschränkt hat, weil die Beurteilung des Beweiswerts von neuen Beweismitteln einem neuen Erkenntnisverfahren vorbehalten gewesen wäre ( Lewischin WK StPO § 353 Rz 62 mwN). Das Unterbleiben einer (nur ausnahmsweise durchzuführenden [§ 357 Abs 2 vierter und fünfter Satz StPO]) mündlichen Verhandlung über einen Wiederaufnahmeantrag stellt hingegen lediglich in den Fällen einen Verfahrensfehler dar, in denen sich die Tatsachen, durch die der Antrag begründet wird und ihre Eignung, eine Änderung der rechtskräftigen Entscheidung herbeizuführen, nur durch eine unmittelbare Beweisaufnahme klären lassen ( Lewisch , aaO § 357 Rz 23). Diese Voraussetzungen waren hier jedoch nicht gegeben (siehe auch OLG Graz, 9 Bs 83/23d).

Das subjektive Empfinden eines Justizirrtums durch den Antragsteller und der Hinweis, dass der seinerzeitige Brandsachverständige Ing. F* eine Selbstentzündung vorschnell ausgeschlossen hat, verfehlt den Bezugspunkt des Verfahrens, zumal eine Wiederaufnahme aus dem Grunde, dass die richterliche Beweiswürdigung als falsch erachtet wird, ausgeschlossen ist ( Kirchbacher, StPO 15 Vor § 352 RZ 6; OLG Wien, 17 Bs 55/25z).

Der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Verpflichtung zum Kostenersatz ist Folge des erfolglosen Begehrens auf Wiederaufnahme ( Lendl in Fuchs/Ratz, WK StPO §390a Rz17).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).