JudikaturOLG Graz

2R75/25d – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht hat durch die Richterinnen Mag. a Gassner (Vorsitz) und Mag. a Schiller, sowie den Richter Mag. Scheuerer in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei B* AG , HRB **, **, Deutschland, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen EUR 25.700,00 samt Anhang über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 22.485,06) gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 02.März 2025, GZ **-59, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es insgesamt zu lauten hat:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 22.485,06 samt 4 % Zinsen seit 11.01.2021 Zug um Zug gegen Rückgabe des **, Fahrzeugidentifikationsnummer **, zu bezahlen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei einen weiteren Betrag von EUR 3.214,94 samt Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu bezahlen, wird a b g e w i e s e n.

3. Die Kostenentscheidung wird bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.482,62 (darin EUR 413,77 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Klägerin erwarb am 10.06.2015 im Zuge eines Privatverkaufs das Fahrzeug **, **, mit einem Kilometerstand von 102.500 km um EUR 52.000,00. Im Fahrzeug ist ein Dieselmotor der Baureihe **, Abgasklasse EURO 5b verbaut.

Die Beklagte ist die Herstellerin dieses Dieselmotors, in dem zur Reduzierung der Stickoxid-Emissionen ein gekühltes Hochdruck-Abgasrückführungventil (AGR-Ventil) und ein AGR-Kühler mit Bypassventil in einem integrierten Modul zusammengefasst sind. Das Abgas wird vor der Turbine des Abgasturboladers entnommen, anschließend gekühlt und zwischen der Drossel- und Drallklappe in den Ansaugtracht eingeleitet. Hinter der Turbine des Turboladers sind als externe Abgasnachbehandlungskomponenten ein Dieseloxidationskatalysator zur Reduktion von HC- und CO-Emissionen und ein beschichteter Dieselpartikelfilter zur Abscheidung partikelförmiger Abgasbestandteile verbaut. Der Oxidationskatalysator und der Dieselpartikelfilter sind im Abgasstrang nacheinander einzeln angeordnet. Weiters sind (bis zu 3) Nacheinspritzungen programmiert, um bei niedrigen Lastzuständen des Motors eine Partikelfilterregeneration einleiten zu können. Alle Fahrzeughersteller verwenden eine temperaturabhängige Regulierung der Abgasrückführungsrate (mit unterschiedlichen Technologien, mit an verschiedenen Stellen platzierten Temperatursensoren und unterschiedlichen Rampen). Das sogenannte „Thermofenster“ dient dem Bauteilschutz des Motors und soll eine Versottung bzw. Verlackung des Abgasrückführsystems verhindern.

Im Fahrzeug wurde ein Thermofenster verbaut, bei dem nur von + 17 °C bis + 33 °C Außentemperatur eine volle Abgasrückführung erfolgt und außerhalb dieses Temperaturbereichs die Abgasrückführung reduziert ist, jedoch keine Niederdruck-Abgasrückführung (ND-AGR) zur innermotorischen Stickoxidreduktion, kein NOx-Speicherkatalysator (NSK) und kein SCR-Katalysator (selektive katalytische Reduktion von Stickoxiden) zur motorexternen Abgasnachbehandlung. Die Abgasrückführung wird als innermotorische Maßnahme zur Verminderung des Stickoxidausstoßes eingesetzt. Aus technischer Sicht ist das Emissionskontrollsystem kein einzelnes (konkretes) Bauteil, sondern umfasst alle Maßnahmen (Hard- und Software, innermotorisch oder im Abgastrakt), die Emissionen vor Austritt aus dem Auspuff kontrollieren bzw. regulieren. Die Prüfung des Abgasverhaltens des gegenständlichen Fahrzeugtyps erfolgte damals unter Laborbedingungen im sogenannten „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) auf dem Rollenprüfstand bei einer Raumtemperatur von + 20° bis + 30 °C.

Die für das Fahrzeug am 04.05.2012 unter der Genehmigungsnummer ** und dem Abgasverhalten 692/2008F, Euro 5(b), von der luxemburgischen Typengenehmigungsbehörde (C*) erteilte Typengenehmigung ist nach wie vor aufrecht.

[F1] Das KBA [Kraftfahrbundesamt] vertritt die Ansicht, dass beim Fahrzeug im Zeitpunkt der Auslieferung am 06.09.2012 und im Zeitpunkt des Kaufs durch die Klägerin am 10.06.2015 eine unzulässige Abschalteinrichtung vorlag, weil das Thermofenster in der Seriensoftware bereits oberhalb der im Unionsgebiet vorherrschenden Durchschnittstemperatur von 12°C die AGR-Rate reduzierte. Der Fahrzeughersteller wurde daraufhin zu Abhilfemaßnahmen aufgefordert.

Beim Fahrzeug wurde am 09.01.2023 bei einer Gesamtkilometerlaufleistung von 195.249 km im D*zentrum ** ein Software-Update aufgespielt, mit dem die Abgasrückführung angepasst und der Schadstoffausstoß reduziert wurde, wobei nicht festgestellt werden kann, in welchem Ausmaß. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass bzw. inwiefern sich der Temperaturbereich des Thermofensters aufgrund dieses Software-Updates veränderte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass beim Fahrzeug eine sogenannte „Höhenschaltung“, eine sogenannte „Taxifunktion“ oder eine Lenkwinkelerkennung vorliegen würde, die sich auf das Abgasverhalten und die NOx-Emissionen auswirken würde.

Die überwiegende Anzahl der 2012 in Europa genehmigten Diesel-Fahrzeuge hatte nur das im Klagsfahrzeug verbaute System. Im Zeitpunkt der Entwicklung des gegenständlichen Motors standen aber bereits andere technische Maßnahmen, wie SCR-Katalysator und Niederdruck-AGR-Technologie (ND-AGR) zur Verfügung. Im Jahr 2012 wären bereits andere Technologien der Abgasnachbehandlung (ND, SCR, NSK) zur Verfügung gestanden, die eingesetzt hätten werden können. Zwar hätte auch bei der Verwendung eines ND-AGR ein Thermofenster verwendet werden müssen, dieses hätte aber einen breiteren Temperaturbereich abdecken können. Durch die Kombination von ND-AGR mit HD-AGR (Hochdruck-Abgasrückführung) hätte das Thermofenster über einen viel größeren Nutzungsbereich programmiert werden können. Ein solches System der Kombination ND-AGR und HD-AGR wäre mit höheren Kosten verbunden gewesen. Mit einem SCR-Katalysator hätten bis zu 90 % des NOx umgewandelt und mit einem NSK-Katalysator (NOx-Speicherkatalysator) bis zu 70 % der Stickoxide chemisch gespeichert werden können.

Die durchschnittliche Gesamtkilometerlaufleistung des Fahrzeugs beträgt 300.000 km, zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz (23.10.2024) betrug der Kilometerstand 214.600 km.

Hätte die Klägerin im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses gewusst, dass aufgrund der Ausgestaltung der Abgaseinrichtung die Gefahr besteht, dass die Typengenehmigung bzw. die Zulassung des Fahrzeugs entzogen werden könnte, hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft. Hätte sie im Kaufzeitpunkt gewusst, dass beim Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung (verbotenes Konstruktionselement, wodurch die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringert wird) vorliegt, die der Typengenehmigungsbehörde verschwiegen wurde, sodass nur deshalb die EG-Typengenehmigung erteilt wurde, dann hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft, auch nicht zu einem geringeren Kaufpreis. Die Klägerin hätte eine Unsicherheit über die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs nicht in Kauf genommen und das Fahrzeug nicht erworben.

[F2] Die Beklagte bzw. die ihr zuzurechnenden Personen (etwa der Vorstandsvorsitzende E* und der mit der Motorenentwicklung betraute Ing. F*) haben es für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass sie bewirkten bzw. dazu beitrugen, dass Fahrzeuge mit dem von der Beklagten hergestellten Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sind und an Käufer wie die Klägerin verkauft werden, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Fahrzeuge ohne unzulässige Abschalteinrichtung erwerben wollten und ohne diesen Irrtum keinen bzw. nur einen Vertrag mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Die Beklagten bzw. die ihr zuzurechnenden Personen (etwa der Vorstandsvorsitzende E* und der mit der Motorenentwicklung betraute Ing. F*) konnten nicht annehmen, dass das konkret eingesetzte Thermofenster zulässig wäre.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von (eingeschränkt) EUR 25.700,00 s.A. Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und bringt im Wesentlichen vor, im Zeitpunkt des Kaufs sei im Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut gewesen. Die Beklagte nutze eine Lenkwinkelerkennung, um den Prüfzyklus zu erkennen. Nur im Prüfstandsbetrieb werde die erforderliche Abgasrückführung genutzt, um ein genügend geringes NOx-Niveau zu gewährleisten. Das im Fahrzeug verbaute Thermofenster sei unzulässig. Es erfolge eine Aktivierung des Prüfstandsmodus bei Temperaturen zwischen 17 und 33 °C, außerhalb dieser Parameter jedoch eine reduzierte Abgasrückführung. Es liege ein absichtliches sittenwidriges Überschreiten der Grenzwerte im realen Fahrbetrieb vor. Ein Ausnahmetatbestand, den die Beklagte zu beweisen hätte, sei nicht gegeben. Schon damals hätten eine HD-AGR als auch ND-AGR mit Abgasnachbehandlung verbaut werden können, sodass ein bedeutend weiterer Temperaturbereich ohne Korrektur der AGR-Rate abgedeckt hätte werden können. Im Fahrzeug sei auch eine jeweils unzulässige „Taxifunktion“ und eine „Höhenabschaltung“ verbaut. Im Kaufzeitpunkt habe die Klägerin davon ausgehen können, dass das Fahrzeug den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Die EG-Typengenehmigung sei aber durch unzulässige Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung erschlichen worden. Hätte die Klägerin gewusst, dass das Fahrzeug manipuliert worden sei und die versprochenen Eigenschaften nicht für die Lebensdauer des Fahrzeuges gewährleistet werden könnten, hätte sie es nicht erworben. Sie sei von der Beklagten vorsätzlich in die Irre geführt und geschädigt worden. Die Beklagte habe gewusst, dass sie die gesetzlichen Vorgaben nicht erfülle und habe die Abschalteinrichtungen dennoch verbaut. Sowohl E* (Vorstand) als auch die Ingenieure F* und G* hätten sich zum Betrugsvorwurf schuldig bekannt. Die Klägerin habe Anspruch auf Schadenersatz, es werde die Rückabwicklung des Vertrags begehrt.

Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung und wendet die mangelnde Passivlegitimation ein, weil sie am Kaufvertragsabschluss weder beteiligt gewesen sei, noch davon Kenntnis gehabt habe. Eine Rückabwicklung gegenüber der Beklagten als nicht am Kaufvertrag beteiligte Person komme nicht in Betracht. Das Fahrzeug sei zudem von keinem verpflichtenden Rückruf betroffen. Selbst wenn man vom Vorliegen eines Mangels ausgehen würde, wäre dieser lediglich geringfügig und verbesserungsfähig. Die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch und die geltend gemachte Naturalrestitution, aber auch für eine Irrtumsanfechtung lägen nicht vor. Allfällige irrtumsrechtliche Ansprüche wären bereits verjährt. Die Klägerin könne das Fahrzeug uneingeschränkt nutzen. Es sei keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut, Thermofenster seien technisch-physikalisch unverzichtbar und würden in sämtlichen in der EU produzierten Dieselfahrzeugen mit Abgasrückführung eingesetzt. Sie seien notwendig, um vor plötzlichen und unvorhersehbaren Motorschäden zu schützen und einen sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Es greife daher der Ausnahmetatbestand des Art 5 Abs 2 S 2 lit a der VO (EG) 715/2007. Beim Fahrzeug der Klägerin komme keine Lenkwinkelerkennung, keine „Taxischaltung“ und keine „Höhenschaltung“ zum Einsatz. Der Klägerin sei kein Schaden entstanden. Die Beklagte könnte nur dann ein haftungsbegründender Vorwurf treffen, wenn die Klägerin den Vertrag gerade deswegen geschlossen hätte, weil sie dazu von der Beklagten veranlasst worden sei. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht. Die Beklagte habe die Klägerin auch nicht über vertragsrelevante Umstände getäuscht. Die Klägerin habe keine Umstände dargelegt, aus denen sich eine Aufklärungspflicht vor Vertragsabschluss ergeben könnte. Die Beklagte habe keine wesentlichen Umstände verschwiegen und kein sittenwidriges Verhalten zu verantworten, weil es an der dafür erforderlichen Schädigungsabsicht fehle. Es liege kein Verschulden der Beklagten vor. Jedenfalls habe sich die Klägerin ein Benützungsentgelt nach der linearen Berechnungsmethode anrechnen zu lassen.

Mit dem angefochtenen Urteil erkennt das Erstgericht die Klagsforderung als mit EUR 25.700,00 und die Gegenforderung als mit EUR 3.214,94 zu Recht bestehend und verflichtet die Beklagte zur Zahlung von EUR 22.485,06 s.A. Zug um Zug gegen die Rückgabe des **, **; das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer EUR 3.214,94 s.A. weist es ab. Dabei geht es vom eingangs zusammengefassten, soweit kursivwiedergegeben strittigen Sachverhalt aus und meint rechtlich nach umfassender Darlegung der Rechtsgrundlagen, das Thermofenster, mit dem das Fahrzeug ausgestattet sei, sei eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art 5 Abs 2 VO (EG) Nr 715/2007. Ein Ausnahmetatbestand gelange schon deshalb nicht zur Anwendung, weil es im Zeitpunkt der EG-Typengenehmigung andere technische Lösungen gegeben hätte. Die Klägerin könne sich gegen die beklagte Motorenherstellerin nicht auf eine unionsrechtliche Schutzgesetzverletzung stützen, weil ein daraus abgeleiteter Anspruch nur gegen den Fahrzeughersteller zustehe. Es komme daher nur eine Haftung wegen arglistiger Irreführung gemäß § 874 ABGB oder absichtlicher Schadenszufügung gemäß § 1295 Abs 2 ABGB in Betracht, wobei jeweils ein bedingter Vorsatz ausreiche. Von Bedeutung sei nur, ob die Beklagte vorsätzlich ein schadensverursachendes Verhalten gesetzt habe. Da die Beklagte bzw. ihre Repräsentanten es für möglich gehalten und sich damit abgefunden hätten, dass sie einen Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Verkehr bringen, den Kunden nicht gekauft hätten, wenn sie vom verbotenen Konstruktionsteil gewusst hätten, und die Beklagte bzw. ihre Repräsentanten nicht annehmen hätten können, dass das konkret eingesetzte Thermofenster zulässig wäre, lägen die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten vor. Das den objektiven Verkehrserwartungen nicht genügende Fahrzeug entspreche nicht dem Willen der Klägerin, weshalb ihr ein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Das von der Klägerin angerechnete bzw. von den Beklagten eingewendete Benützungsentgelt sei im Rahmen des Vorteilsausgleichs im Wege einer linearen Berechnung durch Abzug von der Klagsforderung und nicht aufrechnungsweise in Form einer Gegenforderung zu berücksichtigen. Dieses errechne sich - im Berufungsverfahren nicht mehr strittig - mit EUR 29.514,94. Ziehe man vom Kaufpreis von EUR 52.000,00 dieses Benützungsentgelt ab, verblieben EUR 22.485,06, die die Klägerin begehren könne. Da die Klägerin bei Bezifferung der Klagsforderung vom Kaufpreis bereits EUR 26.300,00 in Abzug gebracht habe, sei die Gegenforderung der Beklagten im darüberhinausgehenden Umfang von EUR 3.214,94 berechtigt. Im Ergebnis ergebe sich ein Klagszuspruch von EUR 22.485,06.

Gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Zur Aktenwidrigkeit :

1.1. Die Beklagte moniert, das Erstgericht habe trotz ausführlicher Beweismittel (ON 45.2, S. 18 ff., 37, 21) eine sehr simple und oberflächliche Feststellung ([F1]) zur Beurteilung der Zulässigkeit des Thermofensters durch das KBA getroffen, die im Ergebnis nicht den Tatsachen entspreche und sieht „hilfsweise“ eine Aktenwidrigkeit verwirklicht, die sie rügt.

1.2. Aktenwidrigkeit als Rechtsmittelgrund liegt dann vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RS0043347), somit dem Gericht bei Darstellung der Beweisergebnisse ein Irrtum unterlief, der aus den Akten erkennbar und wesentlich ist. Die Aktenwidrigkeit muss für das Urteil von wesentlicher Bedeutung (relevant), also geeignet sein, die Entscheidungsgrundlage zu verändern (RS0043347 [T 9]).

Worin ein „Irrtum“ des Erstgerichts gelegen sein soll erschließt sich nicht, kann sich dieses doch (auch) in diesem Punkt auf das plausible Gutachten des Sachverständigen stützen, dem unter anderem die Auskunftschreiben des KBA zugrunde lagen. Gerade aus dem Schreiben vom 08.05.2024 ergibt sich (nahezu wörtlich, jedenfalls aber) inhaltlich die bekämpfte Feststellung, teilweise sogar rot umrandet. Eine Aktenwidrigkeit im dargestellten Sinn liegt damit nicht vor. Möchte die Beklagte ergänzende Feststellungen zum chronologischen Verlauf ihrer Kontakte mit dem KBA und dessen Rückmeldungen erreichen, ist sie auf die Rechtsrüge zu verweisen, mit der sie sekundäre Feststellungsmängel geltend machen könnte.

2. Zur Mängelrüge :

2.1. Im Rahmen der Rechtsrüge [1.3.7.] kritisiert die Beklagte auch, der Zeuge H* hätte aufzeigen können, dass dem KBA die Funktions- und Wirkungsweise der Abgasrückführung auch anlässlich der Freigabe des freiwilligen Software-Updates vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt worden sei. Die Typgenehmigungsbehörde habe daher die konkrete Ausgestaltung und Wirkung des Thermofensters und sämtlicher anderer Funktionen des Emissionskontrollsystems gekannt, sodass alle (für die Frage der Zulässigkeit von Emissionskontrollsystemen zuständigen) Mitarbeiter der Beklagten in ihrer schon von Anfang an gegebenen Annahme, es liege ein ordnungsgemäßer Zustand vor, bekräftigt worden seien. Der Umstand, dass die Beklagte dies nicht habe unter Beweis stellen dürfen, werde als Verfahrensmangel geltend gemacht.

2.2. Dabei übergeht sie, dass sie die Einvernahme des Zeugen H* einzig in ihrem Schriftsatz ON 51 beantragte, den das Erstgericht aber mit Beschluss vom 16.10.2024 - unanfechtbar (RS0039046) - zurückwies. Die Beklagte (die diese Zurückweisung in der Verhandlung vom 23.10.2024 rügte), formuliert jedoch ohnehin keine Mängelrüge, in der sie sich inhaltlich gegen Zurückweisung des (112-seitigen) Schriftsatzes ON 51 wendet mit dem Versuch, darzulegen, die Voraussetzungen dafür seien nicht vorgelegen. Da der Schriftsatz zurückgewiesen wurde und das darin enthaltene Vorbringen zu dieser Thematik in der mündlichen Streitverhandlung aber auch nicht mündlich vorgetragen wurde, ist auf das Vorbringen im Schriftsatz ON 51 sowie auf die darin enthaltenen Beweisanträge nicht einzugehen. Die Unterlassung der Einvernahme des Zeugen H* begründet keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

Das im Verfahren erster Instanz (ON 18 Seite 24) „aus advokatorischer Vorsicht“ erstattete Vorbringen, die Beklagte habe das Vorhandensein der temperaturabhängigen Abschalteinrichtung dem KBA als Typengenehmigungsbehörde offengelegt, blieb (weder auf den hier vorliegenden Motor bezogen noch zeitlich eingegrenzt) allgemein gehalten und nicht durch das Anbot von Beweismitteln unterstützt. Zudem lässt es unbeachtet, dass dem hier gegenständlichen Fahrzeug die Typengenehmigung am 04.05.2012 von der luxemburgischen Typengenehmigungsbehörde (C*) erteilt wurde.

3. Zur Tatsachen- und Beweisrüge :

3.1. Der Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung liegt nicht schon dann vor, wenn das Erstgericht aufgrund des Beweisverfahrens auch Feststellungen treffen hätte können, die für den Rechtsstandpunkt des Berufungswerbers günstiger wären. Er ist nur dann erfüllt, wenn das Erstgericht eine Begründung, wieso es zu bestimmten Feststellungen gelangt, unterlässt, wenn sich die getroffenen Feststellungen auf unschlüssige Überlegungen und Schlussfolgerungen des Erstgerichts gründen oder wenn die Beweiswürdigung und die sich darauf gründenden Tatsachenfeststellungen den Denkgesetzen widersprechen. Das Berufungsgericht hat aufgrund einer erhobenen Feststellungsrüge nicht etwa zu prüfen, ob die getroffenen (und nunmehr bekämpften) Feststellungen objektiv wahr sind, sondern nur, ob das Erstgericht die Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat ( Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 482 ZPO Rz 6), also ob die Feststellungen angesichts des vorliegenden Beweismaterials unter Anlegung von Plausibilitätsgrundsätzen nachvollziehbar und vertretbar sind. Der erkennende Richter hat im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu prüfen, ob der für die Feststellung einer Tatsache notwendige (hohe: RS0110701) Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht ist.

3.2. Die Beklagte kritisiert auch unter diesem Berufungsgrund die Feststellung [F1] und möchte an deren Stelle festgestellt wissen:

„Das KBA vertrat bis zum 14.07.2022 die Ansicht, dass es sich bei den Emissionsstrategien des Klagsfahrzeugs um zulässige Abschalteinrichtungen handelte. Erst nach einer erneuten Überprüfung, welche anlässlich der EUGH-Urteile vom 14.07.2022 aufgenommen wurde, gelangte es unter Berücksichtigung der neuen rechtlichen Gesichtspunkte zur Ansicht, dass beim Fahrzeug im Zeitpunkt der Auslieferung am 06.09.2012 und im Zeitpunkt des Kaufs durch die Klägerin am 10.06.2015 eine unzulässige Abschalteinrichtung vorlag. Bis zu diesem Zeitpunkt teilte das KBA die Rechtsansicht der Beklagten, dass das Thermofenster zum Motorschutzzweck und zum sicheren Betrieb des Fahrzeugs zwingend notwendig und daher zulässig war.“

Um die Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, muss die angestrebte Ersatzfeststellung jedoch im Widerspruch zur bekämpften Feststellung stehen (RS0043150 [T9]). Dies ist hier nicht der Fall. Offenbar möchte die Beklagte dazu, nämlich zur vorliegenden Ansicht des KBA, ergänzende Feststellungen erreichen, nämlich in Bezug auf einen vergangenen Zeitpunkt (bis zum 14.07.2022). Damit versucht sie, im Rahmen der Rechtsrüge geltend zu machende sekundäre Feststellungsmängel aufzuzeigen. Bereits an dieser Stelle ist ihr jedoch entgegenzuhalten, dass Beweisergebnisse zum letzten Satz der begehrten „Ersatzfeststellung“ nicht vorliegen, zumal die Teilung einer Rechtsansicht erfordert, dass alle Teile von denselben, abschließenden Grundlagen ausgehen und schon eine Offenlegung des konkreten Thermofensters und sämtlicher Emissionsminderungsstrategien beim KBA weder unter Beweis gestellt noch fallbezogen und substantiiert behauptet wurde.

Die Beweisrüge bleibt in diesem Punkt erfolglos.

3.3. Abschließend bekämpft die Beklagte die Feststellung [F2] und begehrt ersatzweise die folgende negative Feststellung:

„Es kann nicht festgestellt werden, ob die Beklagte bzw. die ihr zuzurechnenden Personen es für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben, dass sie bewirkten bzw. dazu beitrugen, dass Fahrzeuge mit dem von der Beklagten hergestellten Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sind und an Käufer wie die Klägerin verkauft werden, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Fahrzeuge ohne unzulässige Abschalteinrichtung erwerben wollten und ohne diesen Irrtum keinen bzw. nur einen Vertrag mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten bzw. die ihr zuzurechnenden Personen wissen mussten, dass das konkret eingesetzte Thermofenster nicht zulässig war.“

Die Klägerin bezog sich in ihrem Vorbringen zum Verschulden der Beklagten auf das Verhalten bestimmter namhaft gemachter Repräsentanten. Dies bestritt die Beklagte nur allgemein gehalten, ohne auf die konkreten Vorwürfe einzugehen. Soweit sie sich in ihrer Beweisrüge auf (ausschließlich) im Schriftsatz ON 52 erstattetes Vorbringen beruft, ist neuerlich darauf zu verweisen, dass dieser Schriftsatz zurückgewiesen wurde. In seinen beweiswürdigenden Überlegungen brachte das Erstgericht zum Ausdruck, dass die (namentlich genannten) der der Beklagten zuzurechnenden Personen nicht von der Zulässigkeit des eingebauten Thermofensters ausgehen hätten können, zumal eine Vermessung nur am Prüfstand und damit nur innerhalb des Temperaturfensters des Thermofensters erfolgt sei. Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass diese Personen kein Bewusstsein dafür gehabt hätten, dass es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung handeln könnte. Dies ist unter Bedachtnahme darauf, dass die Prüfung des Abgasverhaltens dieses Fahrzeugs unter Laborbedingungen auf dem Rollenprüfstand bei einer Raumtemperatur von 20 bis 30 °C erfolgte und im Fahrzeug aber ein Thermofenster verbaut wurde, bei dem nur von + 17 °C bis + 33 °C (!) Außentemperatur eine volle Abgasrückführung erfolgt, jedoch außerhalb dieses Temperaturbereichs die Abgasrückführung reduziert ist, nachvollziehbar. Die Orientierung an den Testbedingungen fällt ins Auge. Dass beim Genehmigungsverfahren eine Vermessung im Straßenbetrieb/Realbetrieb gar nicht vorgeschrieben/definiert war, steht dem nicht entgegen. Soweit die Beklagte in ihrer Beweisrüge darauf verweist, dass das Vorbringen der Klägerin zu E* und Ing. F* keinen Beweis für die gerügte Feststellung darstellen könne, weil die in der Anklageschrift dargestellten Vorwürfe sich nicht „auf Fahrzeuge wie das streitgegenständliche“ beziehen würden, stellt sie offenbar selbst auf die im Verfahren als Beilage./S vorgelegte Anklageschrift ab. Gerade aus dieser (Seite 29ff) lässt sich jedoch ableiten, dass den Repräsentanten der Beklagten bereits ab 2008 klar war, dass Änderungen in der Emissionsstrategie auf Basis der Außentemperatur problematisch sein könnten. Wenn auch der dort relevante Zusammenhang in der Umschaltung zwischen unterschiedlichen Modi anhand der Parameter „Außentemperatur, Luftdruck oder Zeit“ bestand, der als möglicherweise kritisch und „cycle beating“ verstanden werde, wird doch auch deutlich, dass bereits zu diesem Zeitpunkt das Bewusstsein vorhanden war, nicht nur eine implementierte Zykluserkennung (Umschaltungslogik) könnte als unzulässige Abschalteinrichtung gewertet werden. Ihre Bedenken und Überlegungen zu einer streng an den Testbedingungen orientierten Bedatung, die eine Aktivierung im Straßenbetrieb äußerst unwahrscheinlich mache, wären wohl obsolet gewesen, wären sie - wie die Beweisrüge aufzuzeigen versucht - ausschließlich davon überzeugt gewesen, dass die Frage der Abgasminderung und Einhaltung der Grenzwerte im Realbetrieb unter allen Umständen irrelevant wäre. Eine Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vermag die Beweisrüge nicht aufzuzeigen.

Das Berufungsgericht übernimmt daher die erstgerichtlichen Feststellungen gemäß § 498 Abs 1 ZPO und legt sie seiner Entscheidung zugrunde.

4. Zur Rechtsrüge :

4.1. Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren. Wenn zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich auch keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden. Sekundäre Feststellungsmängel liegen damit nur dann vor, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen nicht festgestellt wurden (RS0053317 [T5]). Solche Mängel liegen nicht vor.

Die Beklagte meint, es fehle eine Bezugnahme auf ein bestimmtes Verhalten konkret zuordenbarer Personen der Beklagten und rügt „daher ausdrücklich das Vorliegen eines sekundären Feststellungsmangels“. Eine konkrete vermisste Feststellung formuliert sie jedoch nicht, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist, zumal das Berufungsgericht den festgestellten Sachverhalt unter Bedachtnahme auf das von den Parteien im Verfahren erster Instanz erstattete Vorbringen auch als für die anzustellende rechtliche Beurteilung ausreichend erachtet.

4.2.1. Im Kern ihrer Rechtsrüge versucht die Beklagte herauszuarbeiten, sie als Motorherstellerin treffe keine Schutzgesetzverletzung und ausgehend von der Rechtsansicht des KBA, ob das Fahrzeug nach Durchführung eines Software-Updates (?) über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfüge, sei von einem entschuldbaren Rechtsirrtum sowie noch nicht einmal fahrlässigem Handeln der Beklagten auszugehen. Zudem hätte das KBA hypothetisch die EG-Typengenehmigung erteilt, was die Beklagte als Herstellerin entlaste.

Das Berufungsgericht erachtet die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend, sodass unter Hinweis auf deren Richtigkeit den Argumenten der Beklagten kurz zu entgegnen ist (§ 500a ZPO).

4.2.2. Auf eine (deliktische) Haftung wegen Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung aufgrund der vom EuGH aus Art 5 VO 715/2007/EG abgeleiteten unionsrechtlichen Schutzgesetzverletzung stützte das Erstgericht die Haftung der beklagten Motorherstellerin ohnehin nicht. Vielmehr prüfte es zutreffend deren Haftung wegen arglistiger Irreführung gemäß § 874 ABGB oder absichtlicher Schadenszufügung gemäß § 1295 Abs 2 ABGB.

Die Schadenersatzpflicht nach § 874 ABGB greift auch dann Platz, wenn die arglistige Irreführung nicht durch den Vertragspartner, sondern durch einen Dritten erfolgt ist (RS1116298). List im Sinne des § 870 ABGB ist rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung (RS0014821), wobei dolus eventualis ausreicht (RS0014837; 10 Ob 31/23s).

Das Verhalten des Täuschenden und damit der Irrtum muss für den Vertragsabschluss kausal sein (RS0014790; RS0014821 [T3]): Der Vertragsschließende wird durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen in Irrtum geführt oder durch Unterdrückung wahrer Tatsachen in seinem Irrtum belassen oder bestärkt und dadurch zum Vertragsabschluss bestimmt (4 Ob 204/23p Rz 40; RS0014827 [T4, T5] ua). Nach § 1295 Abs 2 ABGB ist schadenersatzpflichtig, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt. Auch dafür genügt bedingter Vorsatz (RS0026603; 6 Ob 161/22b).

Eine Haftung der beklagten Motorherstellerin setzt somit voraus, dass ihr zurechenbare Personen (Repräsentanten) es zumindest für möglich hielten und sich damit abfanden, dass sie bewirkten oder dazu beitrugen, dass der gegenständliche Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung an Fahrzeugkäufer wie die Klägerin verkauft wird, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Fahrzeuge ohne unzulässige Abschalteinrichtung erwerben wollen und ohne diesen Irrtum keinen (oder zumindest einen Kaufvertrag mit anderem Inhalt) schließen würden.

4.2.3. Das hier interessierende Fahrzeug ist mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet:

Ein „Thermofenster“, aufgrund dessen die volle Abgasrückführung nur innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs - hier (jeweils unbekämpft) zwischen + 17° und + 33° Celsius (im relevanten Zeitpunkt des Kaufs aber auch ohne feststellbare Änderung durch ein Software-Update) - erfolgt, wohingegen sie bei Temperaturen darüber oder darunter reduziert wird, ist eine Abschalteinrichtung iSd Art 3 Z 10 VO 715/2007/EG (10 Ob 2/23a). Der Beklagten ist der ihr obliegende Nachweis der technischen Notwendigkeit der konkreten Abschalteinrichtung („Thermofenster“) - abseits der Verhinderung der Versottung und Verlackung - zum Schutz des Motors nicht gelungen (1 Ob 149/22a, 8 Ob 71/23h). Dies kann aber dahingestellt bleiben, zumal (ebenfalls unbekämpft) schon im Zeitpunkt der Entwicklung des gegenständlichen Motors andere technische Maßnahmen, wie SCR-Katalysator und ND-AGR-Technologie sowie auch im Jahr 2012 andere Technologien der Abgasnachbehandlung (ND, SCR, NSK) zur Verfügung standen, die hätten eingesetzt werden können.

Ein kausaler Schadenseintritt wäre lediglich dann zu verneinen, wenn das objektiven Verkehrserwartungen nicht genügende Fahrzeug dennoch konkret dem Willen des Käufers entsprach (10 Ob 16/23k, ecolex 2023/406). Dass dieses Fahrzeug dem Willen der Klägerin entsprach, ist im Verfahren aber gerade nicht hervorgekommen, sodass jedenfalls von einem Schaden der Klägerin auszugehen ist, dessen Berechnung im Berufungsverfahren nicht mehr strittig ist.

4.3. Ob der für den Anfechtungsgrund der Arglist (§ 874 ABGB) bzw. der für die sittenwidrige Schädigung (§ 1295 Abs 2 ABGB) erforderliche Vorsatz vorliegt, ist eine Tatfrage, für die die Klägerin die Beweislast trifft (RS0012776; 6 Ob 118/22d). Das Erstgericht traf (wenn auch auf konkrete Repräsentanten der Beklagten bezogen knappe, aber im Gegensatz zu dem der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 8 Ob 7/25z zugrundeliegenden Sachverhalt ausreichende) positive Feststellungen zum Verhalten dieser Personen (des mit der Motorenentwicklung betrauten Ing. F*, des Vorstandvorsitzenden E*), sodass die Klägerin den ihr obliegenden Beweis des Vorliegens eines arglistigen und sittenwidrigen Verhaltens (von Organen bzw. Repräsentanten) der Beklagten ausgehend vom festgestellten Sachverhalt erbracht hat. Es steht damit (und wohl auch mangels substantiierter Bestreitung des diesbezüglichen Klagsvorbringens aufgrund schlüssigen Tatsachengeständnisses der Beklagten) fest, dass sie die Abgasmanipulationen vorsätzlich tätigte und zunächst verschwieg.

4.4. Die Beklagte bestritt im Verfahren erster Instanz das von der Klägerin (insbesondere auch unter Bezugnahme auf E* und Ing. F*; ON 6, ON 48) behauptete Verschulden nur (nicht ausreichend) allgemein und verneinte das Vorliegen selbst von Fahrlässigkeit unter Berufung auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum, weil das KBA, dem sie das Vorhandensein der temperaturabhängigen Abgasregelung offengelegt habe, eine solche stets für zulässig erachtet habe. Dazu führt sie nun auch in der Rechtsrüge aus und ergänzt (erstmals und damit ohnehin gegen das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot verstoßend), ihre unrichtige Rechtsansicht über die Zulässigkeit des Thermofensters wäre vom KBA als „zuständiger Behörde“ bei Offenlegung aller Funktionen vor Erteilung der EG-Typgenehmigung oder bei hypothetischer Einholung einer solchen Auskunft geteilt worden. Da nach den Feststellungen jedoch die luxemburgische C* die EG-Typgenehmigung erteilte und damit zuständig war - nicht das deutsche KBA - geht ihre Argumentation aber ins Leere, denn mit der hypothetischen Rechtsansicht einer gar nicht zuständigen Behörde vermag die Beklagte jedenfalls keinen ihr Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum aufzuzeigen (vgl 1Ob 104/24m mwN). Ungeachtet dessen muss ihre Berufung auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum bereits daran scheitern, dass sie nicht vorgebracht hat, zu welchem Zeitpunkt (bis zum Inverkehrbringen des gegenständlichen Fahrzeugs) aufgrund welcher konkreten Prüfschritte und/oder Ereignisse welche ihr zurechenbare Person legitimerweise darauf vertrauen hätte dürfen und auch konkret darauf vertraut hat, dass die verbaute Abschalteinrichtung nach den unionsrechtlichen Normen ausnahmsweise zulässig gewesen wäre (vgl 4 Ob 171/23k; 3 Ob 106/24w). Der bewusste Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung, die dazu dienen soll, die Grenzwerte zur Erlangung der Typgenehmigung einzuhalten, spricht im Übrigen ohne Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände gegen die Annahme eines Rechtsirrtums. Dass das von der Beklagten im zurückgewiesenen Schriftsatz ON 52 erstattete Vorbringen nicht Gegenstand des Verfahrens wurde, wurde bereits dargestellt (2.2.).

Weitere Argumente zieht die Rechtsrüge nicht an.

5. Ergebnis, Kosten, Zulassung :

5.1. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Da die Haftung der Beklagten auf Schadenersatz gründet, hat hinsichtlich des Benützungsentgelts eine Vorteilsanrechnung durch unmittelbaren Abzug von der Klageforderung und nicht in Form einer (von der Beklagten nicht ausdrücklich eingewendeten) Gegenforderung zu erfolgen (2 Ob 5/23h). Dies war im Wege einer Maßgabebestätigung zu berücksichtigen.

5.2. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50 Abs 1, 41 ZPO.

5.3. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO sind nicht zu beantworten, sodass kein Anlass besteht, die ordentliche Revision zuzulassen.