3R72/25w – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht durch den Richter Mag. Tanczos (Vorsitz) und die Richterinnen Dr in . Lichtenegger und Mag a . Binder in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. DI Dr. A* B* , geboren am **, Eigentümervertreter, und 2. C* B* , geboren am **, beide wohnhaft **, beide vertreten durch die Eger/Gründl Rechtsanwälte OG in Graz, sowie den Nebenintervenientinnen auf Seiten der klagenden Parteien 1. Dr. D * , geboren am **, Ärztin, **, und 2. E * , geboren am **, Pensionistin, **, beide vertreten durch Mag. Martin Streitmayer, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagten Parteien 1. F* G * , geboren am **, Pensionist, und 2. H* G * , geboren am **, Pensionistin, beide wohnhaft **, vertreten durch Dr. Harald Christandl, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung (Streitwert EUR 31.000,00), Unterlassung (Streitwert EUR 2.000,00) und Wiederherstellung (Streitwert EUR 2.000,00), über die Berufung der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 4. März 2025, **-23, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig,
a.) den klagenden Parteien die mit EUR 3.909,90 (darin enthalten EUR 651,65 Umsatzsteuer) und
b.) den Nebenintervenientinnen auf Seiten der klagenden Parteien die mit EUR 3.909,90 (darin enthalten EUR 651,65 Umsatzsteuer)
bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,00.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .
Entscheidungsgründe:
Text
Die Kläger sind die Eigentümer der Liegenschaft EZ I* KG J* K* mit dem Grundstück L*, Wohnadresse M* Straße **. Die Beklagten sind die Eigentümer der Liegenschaft EZ ** KG J* K* mit den Grundstücken .**, N* und O*, Wohnadresse M* Straße P*. Im C-Blatt dieser Liegenschaft (CLNR 4) ist die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück N* gemäß Punkt 2. des Dienstbarkeitsvertrages vom 6. Jänner 1974 und dem Lageplan vom 9. April 1973 für die EZ I* KG J* K* eingetragen.
Die örtliche Situation stellt sich wie folgt dar:
Der (an das Grundstück N* anschließende) Weg, EZ ** KG J* K* mit der Grundstücksnummer Q*, steht im Hälfteeigentum des Erstbeklagten und zu je einem Viertel im Eigentum der Kläger. An diesen Weg schließt das Grundstück R* an. Dessen Eigentümer ist S*.
Die Zufahrt zum Grundstück der Kläger (Grundstück L*) erfolgt von der M* Straße kommend über das Grundstück N* der Beklagten (asphaltierter Weg). Von der T* Straße kommend fährt man über das Grundstück R* (Feldweg) von S* zum Grundstück der Kläger zu.
Auf dem Grundstück N* der Beklagten befindet sich folgendes Tor:
Der Erstbeklagte hat zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt seinen Pkw so auf dem Weg des Grundstücks N* abgestellt, dass eine Zufahrt zum Grundstück L* nicht möglich war.
Mit ihrer Klage vom 23. Dezember 2023 begehren die Kläger , den Beklagten (und ihren Rechtsnachfolgern) gegenüber als Eigentümern des dienenden Grundstücks, 1 . die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück N* für das Grundstück L* festzustellen , 2 . jeden Eingriff in die Dienstbarkeit durch Beeinträchtigung der Funktion des elektrischen Tores auf dem Grundstück N* oder durch zufahrtsbehinderndes Abstellen des Pkws auf diesem Grundstück und jeden ähnlichen Eingriff zu unterlassen und 3 . die Funktionstüchtigkeit des elektrischen Tores auf diesem Grundstück wiederherzustellen . Die Zufahrt zum klägerischen Grundstück verlaufe seit mehr als 30 Jahren über das Grundstück der Beklagten. Das Recht dieses Grundstück zu befahren ergebe sich aus der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit und aus der Offenkundigkeit des Vorliegens eines Weges (der asphaltiert sei). Die Beklagten würden die Durchfahrt durch das auf dem Grundstück N* befindliche elektrische Tor verhindern. Bis 1. Oktober 2023 habe dieses Tor mit der den Klägern zur Verfügung gestellten Fernbedienung geöffnet werden können. Seit einer Änderung in der Torsteuerung sei ein elektrisches Öffnen und Schließen aber nicht mehr möglich. Auch die manuelle Öffnung des Tores sei unmöglich. Zudem sei es vorgekommen, dass der Erstbeklagte durch das Abstellen seines Pkw am Servitutsweg die Zufahrt verhindert habe.
Vor Abschluss des Kaufvertrages am 31. Oktober 2022, mit dem die Kläger ihr Grundstück (L*) und die Anteile am Grundstück Q* von den Nebenintervenientinnen erwarben (die Nebenintervenientinnen erhielten das Eigentum an diesen Grundstücken vom Bruder des Erstbeklagten, U* G* [verstorben am 13. Oktober 2019], aufgrund eines Übergabevertrages auf den Todesfall übertragen), seien die Kläger auf kein Bestreiten der Dienstbarkeit durch die Beklagten hingewiesen worden. Bei sämtlichen Besichtigungen sei die Zufahrt über das Grundstück N* erfolgt. Am 10. Dezember 2022 habe der Erstbeklagte dem Erstkläger gegenüber behauptet, die Wegparzelle Q*, die an das Grundstück N* anschließe, dürfe von niemandem betreten werden, weil sie in seinem Alleineigentum stehe. Mit dieser Argumentation habe er am 29. Dezember 2022 die Zufahrt zum Grundstück L* über das Grundstück N* verweigert. Das Bestehen einer Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück N* sei zu diesem Zeitpunkt nicht bestritten worden. Das Vorbringen der Beklagten zur Freiheitsersitzung seit Errichtung des Tores widerspreche deren Rechtsstandpunkt, wonach es sich bei der Wegservitut „allenfalls“ um eine Personalservitut handle. Weil die Beklagten die Dienstbarkeit bestreiten, die Freiheitsersitzung behaupten und die Zufahrt verhindern würden, sei die Klagsführung notwendig.
Die Nebenintervenientinnen auf Seiten der Kläger ergänzten, ihnen sei nach dem Tod des Bruders des Erstbeklagten, U* G*, eine Fernbedienung zur Bedienung des am Servitutsweg errichteten Tores ausgehändigt worden. Von 13. Oktober 2019 bis 29. Dezember 2022 (Übergabe der Liegenschaft an die Kläger) seien sie regelmäßig über den Servitutsweg zum Grundstück L* zugefahren. Das Servitutsrecht sei zu keinem Zeitpunkt von den Beklagten bestritten worden. Am 29. Dezember 2022 habe der Erstbeklagte die Zufahrt über das Grundstück N* verweigert. Dabei habe er nicht das Bestehen der Dienstbarkeit bestritten, sondern behauptet, Alleineigentümer des Grundstücks Q* zu sein, das (nach Verlassen des Grundstücks N*) nicht befahren werden dürfe.
Die Beklagten beantragten die Klagsabweisung und wendeten ein, die Servitut gründe sich auf Punkt 2. des Dienstbarkeitsvertrages vom 6. Jänner 1974. Sie sei gegen eine unter anderem vom Bruder des Erstbeklagten (damals Eigentümer des Grundstücks L*) zu leistende einmalige Ersatzleistung von ATS 20.000,00 mit der Maßgabe eingeräumt worden, dass die Kosten der Errichtung und Erhaltung des Weges von den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke, zu deren Gunsten sie einverleibt werde, zu gleichen Teilen zu tragen seien. Der Erstbeklagte habe die Kosten der Wegerrichtung alleine getragen und Anfang 1980 auf dem Grundstück N* ein Tor errichtet. Seither sei nur noch den Beklagten eine Zu- und Abfahrt über dieses Grundstück möglich gewesen. Die Beklagten hätten sich der Servitutsausübung widersetzt. Die servitutsberechtigten Grundstückseigentümer hätten den Weg seither nicht mehr benutzt. Ihr Servitutsrecht sei erloschen. Der Erstbeklagte habe stets klar gemacht, dass eine Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens nicht mehr vorliege und seinem Bruder die Zufahrt über das Grundstück N* lediglich bis auf Widerruf gestattet worden sei. Die Einräumung der prekaristischen Nutzung lasse das Dienstbarkeitsrecht nicht wieder aufleben. Die Kläger wären vor Erwerb des Grundstücks über diese Sach- und Rechtslage informiert gewesen. Das Feststellungsbegehren werde zudem vom Unterlassungs- und Leistungsbegehren „konsumiert“ und sei jedenfalls abzuweisen. Das Unterlassungs- und das Wiederherstellungsbegehren seien nicht hinreichend konkretisiert und unschlüssig.
Mit dem angefochtenen Urteil gibt das Erstgericht dem Feststellungs- und dem Unterlassungsbegehren statt (Punkte 1. und 2.) und weist das Wiederherstellungsbegehren ab (Punkt 3.). Es traf – über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus – die auf den Seiten 9 bis 12 der Urteilsausfertigung dargestellten Feststellungen, deren kursiv gestellte Passagen [F 1] bis [F 3] im Berufungsverfahren strittig sind:
„U* G* war aufgrund des Erbentfertigungsvertrages vom 02.12.1973 bis zu seinem Ableben am 13.10.2019 alleiniger Eigentümer des Gst. Nr. L* (EZ I* KG J*). Der Erstbeklagte übergab seinem Bruder U* G* eine Fernbedienung, mit welcher sich das auf dem Gst. Nr. N* errichtete Tor, aber auch die Garagen der Beklagten, als auch jene von U* G* öffnen ließen. U* G* fuhr über das Gst. Nr. N*, aber auch von Osten kommend, auf das Gst. Nr. L* zu. Wenn die Eltern von U* G* diesen besuchten, fuhren sie meistens von Osten über das Gst. Nr. N*, aber auch manchmal von Westen kommend zum Gst. Nr. L* zu.
[F 1] Es kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeklagte das Tor im Jahr 1980 errichten ließ, um U* G* an der Zufahrt zum Gst. Nr. L* zu hindern, oder dass der Erstbeklagte seinem Bruder in seiner grundbücherlich einverleibten Berechtigung zur Zufahrt über das Gst. Nr. N* einschränkte.
Die Zweitbeklagte lebt seit dem Jahr 1983 auf der Liegenschaft mit der Adresse M* Straße P*.
Zeitnahe bevor U* G* den Nebenintervenientinnen das Gst. Nr. L* übergab, gab es zwischen ihnen ein Treffen vor Ort, bei welchem U* G* den Nebenintervenientinnen die Liegenschaft zeigte und über wesentliche Punkte informierte. Dabei erklärte U* G* diesen, dass sie zur Liegenschaft über das Gst. Nr. N* zufahren können und zeigte ihnen die Fernbedienung zur Öffnung des Tores. U* G* übergab mit Vertrag vom 10.08.2009 das Gst. Nr. L* mit dem Zeitpunkt seines Todes an die Nebenintervenientinnen. [F 2] Irrtümlich wurde bei diesem Übergabsvertrag auf den Todesfall vergessen, den Hälfteanteil am Gst. Nr. Q*, bei welchem es sich um die private Zufahrtsstraße zur Liegenschaft handelt, mitzuübertragen. Mit Nachtrag zum Übergabsvertrag vom 09.07.2019, errichtet von Mag. V*, der Nichte der Beklagten, wurde der Übergabsvertrag auf den Todesfall um den Hälfteanteil des Gst. Nr. Q* ergänzt und den Nebenintervenientinnen übergeben. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-West vom 07.09.2020 wurde dieses Vorgehen verlassenschaftsgerichtlich genehmigt.
E* fuhr ab 13.10.2019 bis zum Verkauf der Grundstücke an die Kläger regelmäßig über das Gst. Nr. N* zum Gst. Nr. L* zu. Dabei verwendete sie die von der Verlassenschaftskuratorin erhaltene Fernbedingung, um durch das Tor am Gst. Nr. N* zu gelangen. Bis zum Verkauf der beiden Grundstücke an die Kläger im Oktober 2022 wurde den Nebenintervenientinnen von den Beklagten nicht mitgeteilt, dass es ihnen nicht oder nur eingeschränkt erlaubt wäre, über das Gst. Nr. N* zuzufahren.
Mit dem Verkauf der Gst. Nr. L* und Q* wurde die W* GmbH von den Nebenintervenientinnen beauftragt und kam es im Zuge dessen zu einer Erstbesichtigung vor Ort, bei welcher Ing. X* als Mitarbeiter der W* GmbH und E* anwesend waren. Im Zuge dieser Besichtigung übergab E* Ing. X* die Fernbedienung für das Tor und teilte sie ihm mit, dass die offizielle Zufahrt zum Gst. Nr. L* über das Gst. Nr. N* führt. Ing. X* hob in weiterer Folge den Grundbuchsauszug zum Gst. Nr. L*, aus welchem sich die eingetragene Dienstbarkeit ergab. Da dem Geschäftsführer der W* GmbH der Erstbeklagten persönlich bekannt war, fragte er die Beklagten, ob sie Interesse hätten, die Grundstücke zu erwerben. Die Beklagten bejahten dies und zogen sich die diesbezüglichen Gespräche sodann über Monate hinweg. Das sodann von Beklagtenseite gelegte Anbot zum Kauf der Grundstücke wurde von den Nebenintervenientinnen nicht angenommen. Die Beklagten sprach weder mit Mag. Y* W*, noch mit Ing. X* über die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit zur Gst. Nr. N*. Sie erklärte diesen gegenüber auch in keinem Gespräch, dass die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit nicht mehr aufrecht wäre.
Bis zum Zeitpunkt am 31.10.2022 , als die Kläger die Fernbedienung für das Tor erhielten, fuhren diese auf das Gst. Nr. L* von Osten (über die T* Straße) kommend und nicht über das Gst. Nr. N* zu. Danach fuhren die Kläger mindestens fünfmal über das Gst. Nr. N* auf das Gst. Nr. L* zu.
Am 01.08.2022 kam es im Beisein von Mag. Y* W* im Haus der Beklagten zu einem Kennenlerntreffen mit dem Kläger, bei welchem der Erstbeklagte dem Erstkläger ein zweiseitiges Informationsschreiben mit folgendem Inhalt aushändigte:
Der Inhalt dieses Informationsschreibens wurde von den Streitteilen am 01.08.2022 nicht besprochen.
Nachdem der Kaufvertrag von den Klägern am 31.10.2022 unterfertigt wurde, besuchte der Kläger die Beklagten am 10.12.2022 . Im Zuge dieses Gespräches betonte der Erstbeklagte gegenüber dem Kläger, dass das Gst. Nr. Q* ihm alleine gehöre und es den Klägern daher nicht möglich ist auf das Gst. Nr. L* zuzufahren, selbst wenn die Zufahrt über das Gst. Nr. N* erfolgt, da an dieses das Gst. Nr. Q* anschließt. Dabei erklärte der Erstbeklagte, dass es für das Gst. Nr. L* über das Gst. Nr. N* ein Servitut gibt, aber eben nur bis zum Tor.
Am 29.12.2022 war die Übergabe der Liegenschaft von den Nebenintervenientinnen an die Kläger im Beisein von Mag. Y* W*, DI X* und Mag. Z* vorgesehen. Der Erstbeklagte kam von sich aus ebenso zu diesem Treffen hinzu, blieb dabei aber am Tor stehen. Er äußerte dabei seinen Unmut zu den Geschehnissen, erklärte, dass ein Servitut besteht, welches über das Gst. Nr. N* von der M* Straße im Westen kommend bis zu diesem Tor verläuft. Er erklärte weiters, dass für das Gst. Nr. Q* jedoch kein Servitut besteht und erklärte der Erstbeklagte, dass er eine Besitzstörungsklage erhebt, wenn die Beteiligten weiter auf diesem Grundstück stehen bleiben. Dabei zeigte der Erstbeklagte auf das Gst. Nr. Q* und erklärte: „Dieser Weg, ist mein Weg und es gibt keine Zufahrt.“ Weiter erklärte der Erstbeklagte wortwörtlich: „Ihr könnts von da oben, bis da her gehen“. Dabei zeigte der Erstbeklagte über das Gst. Nr. N* in Richtung Westen zur dort anschließenden M* Straße. Der Erstbeklagte verwehrte dem später hinzukommenden Klagsvertreter die Zufahrt über das Gst. Nr. N*, sodass dieser umdrehen und über Osten kommend dem Gst. Nr. L* zufahren musste. Aufgrund der Geschehnisse wurde die Liegenschaft von den Klägern an diesem Tag nicht übernommen; die Übergabe erfolgte erst im Mai 2023. Dem Erstbeklagten ging es bei diesem Streitgespräch ausschließlich um das Gst. Nr. Q* und nicht um die Zufahrt über das Gst. Nr. N*.
[F 3] Der Erstbeklagte ging auch in der Tagsatzung am 08.05.2024 noch davon aus, dass das Gst. Nr. Q* in seinem alleinigen Eigentum steht, gestand den Klägern dabei gleichzeitig zu, dass ihnen ein Recht zur Zufahrt über das Gst. Nr. N* zukommt.
Die Nebenintervenienten leisteten mit dem Kaufvertrag vom 31.10.2022 dafür Gewähr, dass die Zufahrt zum öffentlichen Gut gesichert ist. Das Tor am Gst. Nr. Q* wurde im Dezember 2022 beschädigt und erstattete der Erstbeklagte diesbezüglich am 28.12.2022 eine Strafanzeige. Ab diesem Zeitpunkt bis zur Reparatur im Oktober 2023 konnte das Tor händisch geöffnet und geschlossen werden. Im Oktober 2023 wurde von den Beklagten im Zuge der Reparatur des Tores auch die Frequenz des Tores geändert, sodass das Tor mit der Fernbedienung des Klägers seit dem nicht mehr geöffnet werden kann. Die Frequenzänderung wurde dem Kläger vom Erstbeklagten angekündigt.“
Aus diesem Sachverhalt zog das Erstgericht zu den im Berufungsverfahren noch strittigen Punkten 1. und 2. des Klagebegehrens rechtlich folgenden Schluss: Werde eine Dienstbarkeit bestritten und liege eine Störungshandlung vor, könne eine Servitutenklage selbst für den Fall gegen den Eigentümer der dienenden Sache erhoben werden, dass eine Servitut bereits grundbücherlich einverleibt sei. Der Unterlassungsanspruch setze zur Störungshandlung die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen voraus und müsse ausreichend bestimmt sein. Vorliegend würden die Beklagten den aufrechten Bestand der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück N* infolge Nichtgebrauchs und/oder Freiheitsersitzung bestreiten. Sie hätten Störungshandlungen durch die Änderung der Frequenz des Tores und das Abstellen des Pkw auf der Zufahrtsstraße gesetzt. Durch diese sei den Klägern ein Zufahren über das Grundstück N* verunmöglicht worden. Weil sich der Erstbeklagte der Ausübung der Dienstbarkeit gegenüber seinem Bruder aber tatsächlich nicht widersetzt und seine Rechtsnachfolger die Dienstbarkeit ebenso (ungestört) ausgenutzt haben, bestünde das Begehren auf Feststellung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück N* der Beklagten zu Recht. Der Unterlassungsanspruch gründe sich auf die erfolgten Störungshandlungen und die zu erwartenden künftigen Eingriffe der Beklagten, die nach wie vor der Ansicht seien, das Grundstück Q* stehe in ihrem Alleineigentum und dürfe von den Klägern nicht befahren werden.
Gegen die Klagsstattgebung in den Punkten 1. und 2. des Urteils richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Anfechtungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils in Klagsabweisung. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die Kläger und die Nebenintervenientinnen beantragen in ihren Berufungsbeantwortungen der Berufung nicht Folge zu geben.
Gemäß § 480 Abs 1 ZPO kann über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
I. Zur Beweisrüge:
Voranzustellen ist, dass das Berufungsgericht die detaillierte Beweiswürdigung des Erstgerichts, welcher die Berufungswerber keine stichhältigen Argumente und Beweisergebnisse entgegenhalten können, für zutreffend erachtet. Gemäß § 500a ZPO bedarf es daher nur folgender Erwiderungen auf die Beweisrüge (RIS-Justiz RS0122301):
1. Anstelle der bekämpften Feststellung [F 1] , wonach nicht festgestellt werden konnte, dass der Erstbeklagte das Tor im Jahr 1980 errichten ließ, um seinen Bruder an der Zufahrt zum Grundstück Nr: L* zu hindern sowie, dass er seinen Bruder in der grundbücherlich einverleibten Berechtigung zur Zufahrt über das Grundstück Nr: N* einschränkte, begehren die Beklagten die Ersatzfeststellung:
„Der Erstbeklagte hat das Tor auf Grundstück N* im Jahr 1980 errichtet, womit Herr U* G* einverstanden war. Der Erstbeklagte hat Kraft alleiniger Kostentragung des errichteten Weges als auch des von seinem Bruder laut Beilage ./1 nicht gezahlten Anteilsbetrages diesem anstelle einer Dienstbarkeit eine Prekarium eingeräumt, womit der Beklagte und dessen Bruder als Rechtsvorgänger der Kläger einverstanden war.“
Sie argumentieren, aus ihren Aussagen (der Erstbeklagte sei der einzige Zeitzeuge) ergebe sich, dass die in Rede stehende Dienstbarkeit – mangels Beteiligung des Bruders des Erstbeklagten an den Wegerrichtungskosten – in ein Prekarium umgewandelt worden sei. Die Rechtsvorgänger der Kläger hätten daher keine Geh- und Fahrrechte mehr übertragen können.
1.1. Das Erstgericht begründet ausführlich, warum es die Aussage des Erstbeklagten zur Vereinbarung eines Prekariums mit seinem Bruder anstelle der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück N* in Zusammenschau mit den anderen vorliegenden Beweisergebnissen für nicht schlüssig hält. Dabei legt es seinen Überlegungen die Tatsachen zugrunde, dass der Grundbuchsstand seit Einverleibung der Servitut unverändert geblieben ist und die jeweiligen Eigentümer des Grundstücks L* eine Fernbedienung hatten, um bei ihren Zufahrten zum Grundstück L* das Tor öffnen und schließen zu können. Es ist unter weiterer Berücksichtigung des Schreibens „ A priori für den Käufer “, in dem der Erstbeklagte noch im August 2022 das Bestehen einer Servitut für das Grundstück der Kläger zugesteht, nicht zu beanstanden, wenn das Erstgericht den Schluss zieht, die Errichtung des Tores sollte weder die Zufahrt noch die Servitutsberechtigung des Bruders des Erstbeklagten einschränken. Soweit die Berufungswerber ihre Behauptung, die Dienstbarkeit sei mit Zustimmung des Bruders des Erstbeklagten in ein Prekarium umgewandelt worden, lediglich auf die Aussage des Erstbeklagten als „Zeitzeugen“ stützen, genügt dies den Anforderungen an eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge nicht (st. Rsp.; RIS-Justiz RS0041830). Eine Auseinandersetzung mit den bereits dargestellten Erhebungsergebnissen fehlt.
1.2. Das Berufungsgericht teilt die Ansicht des Erstgerichts, wonach sich die „Einstellung“ der Beklagten offenbar im Jahr 2022 „veränderte“. Sie hießen es bereits nicht für gut, dass die Nebenintervenientinnen anstelle ihrer eigenen Tochter die Liegenschaft vom Bruder des Erstbeklagten übergeben erhielten. Sie beabsichtigten, diese selbst zu erwerben. Nachdem jedoch die Kläger die Liegenschaft gekauft hatten, wurden offenbar Gründe gesucht, warum eine Zufahrt zu deren Liegenschaft über das Grundstück der Beklagten nicht möglich sein soll. Dabei kam es noch im Dezember 2022 zur Erklärung des Erstbeklagten, wonach die Kläger über das Grundstück N* zwar bis zum Tor zufahren könnten, sie aber keine Berechtigung hätten, das Grundstück Q* zu benutzen, dessen Alleineigentümer er sei. In diesem Zusammenhang bekämpfen die Beklagten die Feststellung [F 2] , wonach bei Abschluss des Übergabevertrages auf den Todesfall zwischen dem Bruder des Erstbeklagten und den Nebenintervenientinnen vergessen worden sei, den Hälfteanteil am Grundstück Q* mitzuübertragen. Sie begehren ersatzweise die Negativfeststellung,
„Ob bei diesem Übergabsvertrag auf den Todesfall irrtümlich vergessen wurde, den Hälfteanteil am Grundstück Nr. Q*, bei welchem es sich um die private Zufahrtsstraße zur Liegenschaft handelt, mitzuübertragen, kann nicht festgestellt werden.
die abermals allein auf die Aussage des Erstbeklagten gestützt wird. Eine Auseinandersetzung mit den das Gegenteil ausdrückenden Urkunden (insbesondere Beilagen ./B und ./C) findet nicht statt. Auch auf diesen Einwand kann mangels gesetzmäßiger Ausführung nicht weiter eingegangen werden.
1.3. Die Berufungswerber führen aus, den Klägern wäre nicht damit geholfen, dass der Erstbeklagte im Verfahren mehrfach von einer Servitut gesprochen habe, die bis zum Tor des Grundstücks N* reiche, weil sich das Tor auf dem Grundstück N* noch vor der Grundstücksgrenze zum Grundstück Q* befinde. Den Klägern fehle daher jedenfalls das Fahrrecht zwischen Tor und Grenze zum Grundstück Q*. Ein Vorbringen, das Servitutsrecht wäre insoweit eingeschränkt, als ein Recht des Gehens und Fahrens nur bis zum Tor auf dem Grundstück N* bestünde, wurde im Verfahren nicht erstattet. Mit ihren Überlegungen verstoßen die Berufungswerber daher gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO. Ein sekundärer Feststellungsmangel, der im Fehlen von Feststellungen zur exakten Position des Tores und des Wegverlaufs gesehen wird, liegt nicht vor.
1.4. Die Beklagten begehren in diesem Zusammenhang auch, die bekämpfte Feststellung [F 3] , wonach der Erstbeklagte noch in der Tagsatzung vom 8.5.2024 von seinem Alleineigentum am Grundstück Q* ausgegangen sei und den Klägern gleichzeitig das Recht zur Zufahrt über das Grundstück N* zugestanden habe, sei dahin einzuschränken, dass den Klägern dieses Zufahrtsrecht nur bis zu dem auf diesem Grundstück situierten Tor zukomme. Diese Einschränkung scheitert nach dem Gesagten bereits am Fehlen von Beweisergebnissen, die sie tragen könnten. Die bekämpfte Feststellung [F 3] widerspricht auch nicht der von den Berufungswerbern aus dem Kontext gerissenen Aussage: „ Dabei erklärte der Erstbeklagte, dass es für das Gst.Nr. L* über das Gst.Nr. N* ein Servitut gibt, aber eben nur bis zum Tor .“ Das Erstgericht hält im angesprochenen Feststellungsblock den Inhalt des Gesprächs fest, das zwischen dem Erstbeklagten und dem Erstkläger am 10. Dezember 2022 geführt wurde. Bei diesem betonte der Erstbeklagte, das Grundstück Q* gehöre ihm allein, weshalb es den Klägern unmöglich sei, auf das Grundstück L* zuzufahren, selbst wenn die Zufahrt über das Grundstück N* erfolgen sollte. Wenn er abschließend festhält, es gäbe eine Servitut über das Grundstück N* bis zum Tor wird deutlich, dass der Erstbeklagte das Tor mit der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken N* und Q* gleichsetzt.
Zusammengefasst übernimmt das Berufungsgericht den vom Erstgericht erarbeiteten Sachverhalt als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt ihn seiner eigenen rechtlichen Beurteilung zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO).
II. Zur Rechtsrüge:
Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen der Beklagten für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des Urteils für zutreffend (§ 500a ZPO).
1. In einer zulässigen Rechtsrüge muss dargelegt werden, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes der Sache nach unrichtig sein soll, weil sonst keine Überprüfung der im angefochtenen Urteil vertretenen Rechtsansicht stattfinden kann (RS0043654 [T 15]; RS0043603; RS0041719; RS0043605). Warum die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes auf Basis des festgestellten Sachverhaltes unrichtig sein sollte, haben die Beklagten in ihrer Berufung nicht dargelegt. Der nicht näher ausgeführte Hinweis, die Annahme eines Feststellungsinteresses sei verfehlt, weil die ebenfalls begehrte Leistung noch mehr biete, als vom Feststellungsbegehren abgedeckt sei, erfüllt die Voraussetzungen an eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge nicht. Ein Feststellungsinteresse ist bereits dann als gegeben zu erachten, wenn eine objektive Ungewissheit über den Bestand oder Umfang eines Anspruchs besteht, die durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt werden kann (RIS-Justiz RS0038964; RS0032654). Klagegrund der Servitutenklage ist jede Bestreitung des Servitutsrechts ( Hofmann in Rummel ABGB 3 § 523 Rz 6) und zwar auch dann, wenn – wie hier - eine Servitut bereits einverleibt ist ( Memmer in Kletecka /Schauer, ABGB-ON 1.04 § 523 Rz 6; RIS-Justiz RS0122144).
2. Die Beklagten führen ihre Rechtsrüge auch nicht gesetzmäßig aus, soweit sie argumentieren, das Wegerecht sei mehr als 30 Jahre nicht ausgeübt worden, denn mit dieser Behauptung weichen sie von den erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen ab (RIS-Justiz RS0043312). Insoweit sie im Rahmen der Rechtsrüge abermals auf Feststellungsmängel zur genauen Situierung des Tores am Grundstück N* und zum konkreten Wegverlauf hinweisen und erneut das Fehlen eines Geh- und Fahrrechtes der Kläger im Bereich nach dem Tor bis zum Beginn des Grundstücks Q* behaupten, verstoßen sie – worauf bereits in der Beweisrüge hingewiesen wurde – gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO.
3. Zusammengefasst bleibt die Berufung erfolglos.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 46 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Bei den von den Nebenintervenientinnen verzeichneten Kosten war zu berücksichtigen, dass sich die Berufung der Beklagten auf die Punkte 1. und 2. des Urteils bezog. Das Berufungsinteresse beträgt daher EUR 33.000,00. Ein Streitgenossenzuschlag konnte zudem nur im Umfang von 15 % zuerkannt werden.
5. Der Bewertungsausspruch beruht auf § 500 Abs 2 Z 1 ZPO wobei kein Anlass bestand, von der von den Klägern vorgenommenen Bewertung ihres Feststellungs- und Unterlassungsbegehrens (EUR 31.000,00 und EUR 2.000,00) abzuweichen.
6. Die im Gesetz (§ 502 Abs 1 ZPO) genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen diese Entscheidung liegen nicht vor.