JudikaturOLG Graz

3R37/25y – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
27. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht durch den Richter Mag. Tanczos (Vorsitz) und die Richterinnen Dr in . Steindl-Neumayr und Mag a . Binder in der Rechtssache des Klägers A* B* , geboren am **, **, vertreten durch den Verfahrenshelfer Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beklagten Mag. (FH) C* , geboren am **, Steuerberater, **, vertreten durch Dr. Rupert Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 600.000,00 und Feststellung (Streitwert EUR 5.000,00), über die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 7. Jänner 2025, **-169, in nichtöffentlicher Sitzung

1. beschlossen:

Spruch

Die Berufung wegen Nichtigkeit wird verworfen .

Der Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen .

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten binnen 14 Tagen mit EUR 5.341,92 (darin EUR 890,32 USt) bestimmte Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSgründe:

Text

Der Beklagte hat den Kläger ab 2005 (ab 2010 als selbständiger Steuerberater) in Steuerangelegenheiten beraten.

Im Jahr 2012 entwickelten der Kläger und D* E* die Idee, dass die Tochter des Klägers F* B* in G* die Gastlokale „H*“ und „I*“ pachtet und der Kläger die Lokale faktisch führt. Davon abweichend erklärten D* E* und der Kläger dem Beklagten, dass die Pächterin F* B* diese Lokale auch tatsächlich führen soll und der Kläger F* B* mit diesen Lokalen „eine Zukunft ermöglichen“ wolle. Der Beklagte „sprach sich deutlich gegen die Übernahme der Lokale durch F* B* und damit im Ergebnis durch die Familie B* aus“; er versuchte dem Kläger zu erklären, dass die Lokale mit den im Rahmen familiärer Unterstützung verfügbaren Mitteln nicht geführt werden können und dass sie bei Führung mit angestelltem Fremdpersonal voraussichtlich wirtschaftlich nicht erfolgreich sein werden. Trotz dieser Bedenken des Beklagten schloss der Kläger im Namen von F* B* (als Pächterin) mit der Verpächterin J* E* (vertreten durch ihren Ehemann D* E*) Pachtverträge ab. In weiterer Folge traf der Kläger alle unternehmerischen Entscheidungen im Zusammenhang mit diesen Lokalen und er führte als Bevollmächtigter der F* B* (die Inhaberin der Geschäftskonzessionen war) in ihrem Namen und auf ihre Rechnung die Lokale. Ausgehend von den dokumentierten Verhältnissen, wonach F* B* die wirtschaftlich berechtigte Pächterin der Lokale war , übernahm der Beklagte die steuerliche Vertretung von F* B* und er gab für F* B* „zu den betrieblichen Ergebnissen“ der beiden Lokale Steuererklärungen ab. Der Beklagte nahm keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Lokale und es ist nicht feststellbar, dass er in den Steuererklärungen unrichtige Angaben gemacht hätte.

Ohne Wissen des Beklagten entwickelten der Kläger und D* E* im Frühling 2013 die Idee, die Liegenschaften des Klägers um EUR 400.000,00 an eine noch zu gründende Gesellschaft zu veräußern. Am 27. April 2013 verfasste Dr. K* ein Kaufanbot, das der Kläger paraphierte. Erst danach kontaktierte der Kläger den Beklagten. Er zeigte ihm das Anbot, worauf sich der Beklagte sofort dafür einsetzte, dass dieses Anbot wirkungslos wird, weil seiner Ansicht nach der Verkauf „nicht im besten Interesse des Klägers lag“. Das Anbot wurde „hinfällig“, weil der Kläger keinen anderen Gesellschafter namhaft machte. Ob der Kläger EUR 1.200,00 an Dr. K* für die Erstellung des Anbots bezahlt hat, ist nicht feststellbar; sonstige finanzielle Konsequenzen trafen den Kläger jedenfalls nicht.

Die L* eGen gewährte dem Kläger mit Kreditvertrag vom 21. Februar 2014 einen einmal ausnützbaren Kredit von EUR 450.000,00 (Sollzinssatz 3,75 % jährlich; Rückzahlung bis 31. Dezember 2040; quartalsmäßige Abrechnung der Zinsen und Nebengebühren). Der Beklagte war als Steuerberater des Klägers und der Familie B* in die Kreditvertragsverhandlungen so weit eingebunden, als er Exekutionslisten einholte, anhand offener Rechnungen ein Verzeichnis der Außenstände erstellte sowie einen Überblick über das Einkommen und die Verpflichtungen des Klägers samt Prognoserechnung (Wirtschaftlichkeitsrechnung) zum weiteren Betrieb der „Schutzhütte“ erstellte. Diese der Bank übermittelten Unterlagen besprach er gemeinsam mit dem damaligen Rechtsvertreter des Klägers Dr. M* und dem damaligen Bankdirektor N*. In die konkreten Verhandlungen über die Details des Kreditvertrages war er „nur am Rande“ involviert. Dr. M* prüfte die Kreditunterlagen; „teilweise“ zog er den Beklagten zur Unterstützung „in Bezug auf das Zahlmaterial“ bei. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte der Beklagte die Schulden und die „potentiellen“ Einkommensquellen des Klägers nicht im Detail, weil der Kläger als Landwirt bis 2010 steuerlich „pauschaliert“ war (die Steuern wurden auf Basis des Einheitswerts ermittelt, die tatsächlichen Einkünfte spielten keine Rolle) und weil der Kläger in weiterer Folge nur „über eine Pension und wiederkehrende Pachtzahlungen“ verfügte. Während der Kläger die Gespräche mit der kreditgebenden Bank selbst führte (teilweise ließ er sich durch Dr. M* vertreten), wurde bei Abschluss des Vertrages ein von Bankdirektor N* verlangtes „Familiengespräch“ geführt („damit alle Beteiligten wussten, worum es geht“), bei dem neben dem Kläger F* B*, O* B*, Dr. M* und der Beklagte anwesend waren.

Es ist nicht feststellbar, ob der Beklagte in weitere Kredite des Klägers eingebunden war.

Dass der Beklagte „Blankounterschriften“ des Klägers missbraucht habe, ist nicht feststellbar; er war auf den Konten nicht zeichnungsberechtigt.

Es ist nicht feststellbar, ob während stationärer (Krankenhaus-)Aufenthalte des Klägers Zahlungsflüsse veranlasst wurden, gegebenenfalls dass Auszahlungen in diesen Zeiträumen „nicht der Beauftragung durch den Kläger und den wirtschaftlichen Interessen des Klägers entsprochen hätten“.

Der Beklagte stellte den Kontakt zwischen dem Kläger und P* und Q* R* her, die in den Jahren 2015 und 2016 die Liegenschaften des Klägers erwerben wollten. Ab jenem Moment, in dem er die Telefonnummer des Klägers mit dessen Zustimmung an das Ehepaar R* weitergegeben hatte, hatte er mit der „Abwicklung“ der Kaufvertragsverhandlungen nichts mehr zu tun.

Als der Beklagte für den Kläger die Steuererklärung für das Jahr 2013 erstellte, wusste der Beklagte, dass der Kläger eine Pension bezog und die Landwirtschaft an O* B* verpachtet war. Der Beklagte wusste auch, dass im Jahr 2013 der Pachtzins für fünf Jahre im Vorhinein bezahlt werden sollte, „obwohl Zusatzvereinbarungen, die nach seiner Kenntnis mit dieser Vorauszahlung junktimiert worden waren, letztlich nicht zustande gekommen sind“. Der Kläger wies den Beklagten an, lediglich den Pachtzins für ein Jahr in die Steuererklärung aufzunehmen, weil die darüberhinausgehenden Zahlungen aus seiner Sicht keine Pachtzahlungen waren. Der Beklagte wies den Kläger vor der Einreichung der Steuererklärung ausdrücklich darauf hin, dass diese Vorgehensweise allenfalls steuerrechtliche Konsequenzen haben könnte. Trotz mehrfacher Aufforderung erhielt der Beklagte vom Kläger keine weiteren Nachweise über die Grundlagen des Zahlungsflusses. Letztlich brachte der Beklagte die Steuererklärung im Frühjahr 2016 so fristwahrend ein, dass eine bereits angedrohte Beugestrafe von EUR 2.000,00 vermieden wurde, obwohl er noch nicht über alle Belege verfügte. Nachdem der Kläger die dem Beklagten erteilte Vollmacht aufgelöst hatte, forderte ihn am 13. September 2017 das Finanzamt zur Stellungnahme über die vereinnahmte und dem Finanzamt nachträglich bekannt gewordene Pachtzinsvorauszahlung auf, worauf der Beklagte den Kläger am 9. November 2017 auf die allfällige Notwendigkeit der Erstattung einer Selbstanzeige zur Abwendung von Strafen hinwies.

Der Kläger begehrt vom Beklagten als Schadenersatz EUR 600.000,00 und mit Wirkung zwischen den Streitteilen die Feststellung, der Beklagte hafte dem Kläger für sämtliche Schäden, die aus „Malversationen“ und Falschberatungen des Beklagten, „insbesondere Abgabe falscher Steuererklärungen, der wirtschaftlichen Konstruktion der Tochter F* B* als Strohfrau des Klägers, Nichtherausgabe von Unterlagen, Nichtberichtigung des Sachverhalts gegenüber Finanzbehörden und dergleichen resultieren“.

Der Kläger behauptet – soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung (§ 500a Satz 1 ZPO) – , der Beklagte habe den Kläger dazu bestimmt, die Gastlokale H* und I* zu übernehmen und zu diesem Zweck F* B* als „Strohfrau“ einzusetzen. Tatsächlich habe der Beklagte die Lokale geführt und dem Kläger durch diese „unzulässige Scheinkonstruktion“ einen Schaden zugefügt; er habe bewirkt, dass die Schulden des Klägers angestiegen sind. Dem Verjährungseinwand des Beklagten hielt der Kläger entgegen, er habe erst am 11. Februar 2017 den Schaden erkennen können (davor sei er als schwerer Alkoholiker geschäftsunfähig gewesen) und die „Malversationen“ des Beklagten seien ein weiterhin andauerndes Dauerdelikt.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage mit den für das Berufungsverfahren bedeutsamen Behauptungen, er habe dem Kläger keinen Schaden zugefügt. Da aufgrund der zwischen den Streitteilen vereinbarten „AAB 2011 der Wirtschaftstreuhänder“ Schadenersatzansprüche nur innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht werden könnten, seien die unsubstantiiert behaupteten Schadenersatzansprüche auch verjährt.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Über den eingangs zusammengefassten Sachverhalt hinaus – die kursiv geschriebene Passage kennzeichnet eine bekämpfte Tatsachenfeststellung – legte das Erstgericht dieser Entscheidung die auf den Seiten 9 bis 19 des Urteils ersichtlichen Tatsachenfeststellungen zugrunde, auf die das Berufungsgericht verweist.

Aus diesem Sachverhalt zog das Erstgericht folgende für das Berufungsverfahren bedeutsame rechtliche Schlüsse:

1. Auf Basis des bis einschließlich der Tagsatzung vom 6. Juni 2018 erstatteten Vorbringens des Klägers sei kein Verhalten des Beklagten feststellbar, das kausal für den Eintritt des behaupteten Schadens sein könnte.

2. Das ab 23. Oktober 2023 erstattete Vorbringen des Klägers sei eine Klagsänderung (keine Konkretisierung eines schon davor zumindest in Grundzügen erstatteten Vorbringens). Auf dieses „außerhalb der Verjährungsfrist erstmalig ins Verfahren eingeführte Vorbringen“ (ON 169, Seite 55) sei wegen Verjährung nicht näher einzugehen, wobei das Erstgericht die von ihm angenommene Verjährung wörtlich wie folgt begründete:

„Alle weiteren, erst in der Tagsatzung vom 18.10.2023 oder später geltend gemachten Tatsachensubstrate unterliegen damit der materiellrechtlichen Verjährung, wobei sich das Verstreichen der Verjährungsfrist schon aus den Behauptungen der klagenden Partei ergibt, weshalb eine (weitere) Beweisaufnahme dazu vorläufig nicht notwendig war. Die klagende Partei bringt nämlich explizit vor, dass der Kläger am 11.02.2017 gesundet wäre und ab diesem Zeitpunkt keine Zweifel an seiner Geschäfts- und Prozessfähigkeit bestanden hätten (ON 20 Seite 13), und spätestens mit dem Schriftsatz vom 30.05.2018 wird auch explizit vorgebracht, dass der Kläger nicht nur vermutet, sondern weiß , dass er durch Täuschungshandlungen geschädigt worden sei, die vom Beklagten mit organisiert worden seien (ON 20 Seite 19) – exakt so wurden auch die entsprechenden Feststellungen im dafür notwendigen Umfang getroffen. Damit ist schon auf Basis des erstatteten Vorbringens geklärt, dass der Kläger (spätestens) ab 11.02.2017 in der Lage war, den Eintritt des Schadens und den Kausalzusammenhang zu erkennen – eine genaue Kenntnis der Höhe ist für den Beginn der Verjährungsfrist nicht erforderlich (für viele: RIS-Justiz RS0034366), sondern die Verjährung hat sogar dann schon begonnen, wenn ein Einzelschaden noch nicht einmal bezifferbar ist (ebendort [T9]) und es kommt auf die Höhe nicht einmal an, weil nur die Erkennbarkeit des Schadens ausschlaggebend ist (ebendort [T14]). Der Beginn der Verjährungsfrist wird in der konkreten Konstellation auch nicht dadurch „verschoben“, dass der Beklagte angeblich weiterhin schädigende Handlungen setzen würde, indem er Unterlagen nicht herausgebe – einerseits ist nicht einmal abstrakt erkennbar, welcher Schaden dem Kläger dadurch entstehen sollte, andererseits sind die Unterlagen des Steuerberaters für die Feststellung von faktischen Vermögensabflüssen nicht relevant. Es wäre am Kläger gelegen, innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist nach der Erkenntnis, dass ihm ein Schaden entstanden ist, die Höhe des Schadens zu ermitteln; zwar dürfen die Erkundigungspflichten des Geschädigten nicht überspannt werden, es wäre dem Kläger aber selbstverständlich zumutbar gewesen, durch Prüfung seiner Kontoausgänge (vgl dazu die Ankündigung der allfällige Vorlage derselben ON 112.2 Seite 29) zu ermitteln, welche Gelder „verschwunden“ sind, ohne dass er der Mitwirkung des Beklagten bedurft hätte (RIS-Justiz RS0034327, RS0065360).

Die Verjährung wird dabei auch nicht durch die bereits eingebrachte Leistungsklage unterbrochen, mag diese auch auf EUR 600.000,00 gerichtet gewesen sein, weil die Klage nur einzelne Tatsachensubstrate für die Begründung des Begehrens vorgetragen hatte. Bei Teileinklagungen – mögen sie auch nicht als solche bezeichnet sein – tritt die Unterbrechung der Verjährung nur für den eingeklagten Teilbetrag ein, nicht aber für sonstige Ansprüche, die nicht in Klage gezogen sind, für diese Ansprüche läuft die Verjährung weiter (RIS-Justiz RS0019184). Die Unterbrechungswirkung nach § 1497 ABGB tritt nicht nur bloß in Ansehung des jeweils geltend gemachten Teils einer Forderung, sondern auch nur hinsichtlich eines von mehreren denkbaren Schadenersatzansprüchen ein, weshalb im Falle der gesonderten Geltendmachung verschiedener Schadenersatzansprüche die Voraussetzungen der Verjährung jeweils gesondert und unabhängig zu prüfen sind (RIS-Justiz RS0034556 [T7]). Für die auf Schadenersatz gerichtete Leistungsklage ist selbstverständlich erforderlich, dass ein konkreter Schaden behauptet (und im weiteren Verfahren unter Beweis gestellt) wird, widrigenfalls die Klage wegen Unschlüssigkeit abzuweisen ist. Konsequenterweise unterliegt daher auch jede „ausdehnende“ Klagsänderung – und nichts anderes liegt vor, wenn neue, zusätzliche Elemente vorgetragen werden, die einen Schadenseintritt begründen sollten – ungeachtet des Umstandes, dass sich der (solcherart zuvor zumindest teilweise unsubstantiiert) in Klage gezogene Globalbetrag nicht ändert, der Verjährung.

Die Einbringung der Feststellungsklage unterbricht die Verjährung zwar für alle noch nicht bezifferbaren Schadenersatzansprüche, freilich aber nicht für jene, zu denen bereits ein Leistungsanspruch geltend gemacht werden kann, zumal diesfalls ein Feststellungsbegehren mangels eigenständigen Feststellungsinteresses abzuweisen wäre. Für all jene Teile, die bereits bezifferbar waren – das sind insbesondere alle Ansprüche unmittelbar aus der behaupteten Verschlechterung der Vermögenssituation – wird die begonnene Verjährung auch nicht durch das erhobene Feststellungsbegehren, das nach dem Vorbringen ohnehin (insofern rechtsrichtig) nur den über den bereits im Leistungspunkt geltend gemachten Betrag zu verstehen sei (ON 1 Seite 5), nicht berührt.

Auf das gesamte in der Tagsatzung am 18.10.2023 oder später erstattete Vorbringen ist daher wegen Ablaufs der (materiellen) Verjährungsfrist, die spätestens mit dem 11.02.2017 zu laufen begonnen hatte (spätester Zeitpunkt des Wegfalls einer allenfalls vorhandenen Geschäftsunfähigkeit als Hemmungsgrund), nicht weiter einzugehen, weil es sich gerade nicht um Spezifizierungen und Konkretisierungen eines bereits erstatteten Vorbringens handelt, sondern neue, abgeänderte Anspruchsgrundlagen ins Verfahren eingeführt wurden, zu denen die ursprüngliche Klagserhebung ebenso wie das gänzlich unspezifizierte Feststellungsbegehren eine Unterbrechung der Verjährung nicht ausgelöst hat. Auch der Umstand der veränderten vorgetragenen Tatsachengrundlage während des Verfahrens wurde ausdrücklich mit den Parteien erörtert (ON 112.2 Seite 30), woraufhin die klagende Partei – unrichtig – meinte, dass der Vortrag lediglich Präzisierungen des bereits erstatteten Vorbringen beinhalte; im Übrigen hat die beklagte Partei bereits in der Klagebeantwortung umfangreiches Vorbringen zur Verjährung erstattet.

Solcherart war – nachdem sich im Beweisverfahren ergeben hat, dass der Beklagte gerade nicht schuldhaft und vorwerfbar daran mitgewirkt hat, dass Geld „verschwunden“ wäre, keine vorwerfbare Fehlleistung in der steuerlichen Veranlagung der Pacht vorlag, für den Beklagten keine Umstände erkennbar waren, die die Befassung des Pflegschaftsgerichtes erforderlich gemacht hätten, und die übrigen Vorbringen der Verjährung unterliegen – das Leistungsbegehren vollständig abzuweisen.

Nachdem auch die weiteren dem Feststellungsbegehren zu Grunde gelegten Behauptungen – abgesehen von der behaupteten, aber nicht vorliegenden mangelhaften Vertretung bei der Ermittlung der Steuerlast aus dem Pachtzins – zunächst völlig unsubstantiiert geblieben sind und auf die später vorgetragenen (weiteren) behaupteten Mangelhaftigkeiten der Vertretung schon wegen der soeben dargestellten Verjährung keine Rücksicht zu nehmen ist war auch das Feststellungsbegehren vollständig abzuweisen. Zwar hat die klagende Partei in den Spruch des von ihr begehrten Feststellungsurteils diverse „Handlungen“ aufgenommen, die „insbesondere“ die Malversationen darstellen sollten, allerdings zu keiner davon (innerhalb der Verjährungsfrist) ein substantiiertes Vorbringen erstattet, welchen konkreten künftigen, noch nicht abschätzbaren Schadenseintritt der Kläger allenfalls zu gewärtigen hätte, oder welche konkreten Handlungen des Beklagten dessen Haftung für allfällige zukünftige Schäden auslösen sollte. Auch dieser Umstand wurde bereits mit dem Verbesserungsauftrag ON 2 und neuerlich insbesondere in den vorbereitenden Tagsatzungen hinreichend erörtert, wobei die klagende Partei weder in der ersten vorbereitenden Tagsatzung noch in der neuerlichen vorbereitenden Tagsatzung nach dem Richterwechsel weitere Konkretisierungen zum Feststellungsbegehren vortrug.“

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus den Anfechtungsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit, der unrichtigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es als nichtig aufzuheben, in eventu es aufzuheben und die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Über die Nichtigkeitsrüge ist gemäß § 471 Z 5 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden; über die restliche Berufung kann gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden. Da seit der Aufhebung des § 492 ZPO kein Parteirecht auf Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung existiert, ist der darauf gerichtete Antrag des Klägers zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

I. Zur Nichtigkeitsrüge:

Falls das Erstgericht den Kläger im Rahmen der öffentlichen mündlichen Streitverhandlung nicht an „Überlegungen, welche zur Urteilsschöpfung führten“ (Berufung ON 170, Seite 3) teilhaben ließ, kann dies keinen Nichtigkeitsgrund begründen; auch dann nicht, wenn (wie der Kläger in der Berufung auf den Seiten 3 bis 18 argumentiert) darin ein Verstoß gegen ein „Überraschungsverbot“ zu erblicken wäre. Die Behauptungen, die der Kläger zur Begründung der Nichtigkeitsrüge aufstellt, sind (weitgehend von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts abweichende) Tatsachenbehauptungen, beweiswürdigende Stellungnahmen zu Beweisergebnissen und rechtliche Schlussfolgerungen aus diesen Tatsachenbehauptungen – ein Nichtigkeitsgrund lässt sich daraus nicht ableiten.

II. Zur Mängelrüge:

1. Der Kläger wirft dem Erstgericht vor, es habe ihn nicht „im gesetzlich vorgesehenen Maß angeleitet, nämlich ganz konkret, dass es eine Verjährung vermutet“ (ON 170, Seite 18); darin erblickt der Kläger eine zu einer Überraschungsentscheidung führende Verletzung der erstrichterlichen Anleitungspflicht. Abgesehen davon, dass schon der Verjährungseinwand der Beklagten Anlass für den Kläger sein musste, vollständige und wahre Tatsachenbehauptungen zur Widerlegung des Verjährungseinwands aufzustellen (RIS-Justiz RS0122365), hat das Erstgericht in den Tagsatzungen vom 6. Juni 2018 (ON 21, Seite 7) und vom 18. Oktober 2023 (ON 92, Seite 13) mit dem Kläger die Verjährungsthematik ausführlich erörtert, sodass von einer Verletzung erstrichterlicher Anleitungspflicht keine Rede sein kann.

2. Die Verstöße des Klägers gegen das in den §§ 178, 226 ZPO normierte Bestimmtheits-, Vollständigkeits- und Prozessförderungsgebot hat das Erstgericht mit dem Kläger am 6. Juni 2018 (ON 21, Seiten 4 bis 8) und am 18. Oktober 2023 (ON 92, Seiten 12 und 13) so erörtert, dass der Kläger von der nunmehrigen Entscheidung nicht überrascht sein konnte.

3. Die Behauptung, „die unterbliebene Beweisaufnahme der angebotenen Beweise“ (ON 170, Seite 23), insbesondere der unterbliebene Sachverständigenbeweis zu „Ungereimtheiten“ (ON 170, Seite 36), stelle einen Verfahrensmangel dar, ist eine nicht gesetzmäßig ausgeführte Mängelrüge, weil der Berufungswerber keine konkreten Beweisthemen nennt, sodass nicht beurteilt werden kann, welche Beweisaufnahmen zu welchem für den Kläger günstigeren Verfahrensergebnis führen hätten sollen (2 Ob 174/12w, RIS-Justiz RS0043039).

III. Zu den Aktenwidrigkeitsrügen:

Da nur Tatsachenfeststellungen in einem Urteil diesen Berufungsgrund verwirklichen können (RIS-Justiz RS0043203, RS0043265, RS0043271), kann ein Teil des Spruchs eines in das Urteil aufgenommenen Beschlusses (ON 170, Seite 20) und eine unrichtige rechtliche Beurteilung (ON 170, Seiten 22 und 35) schon definitionsgemäß keine Aktenwidrigkeit begründen.

Die Idee, die Liegenschaften des Klägers zu verkaufen, hatten unstrittig D* E* und der Kläger; die sinnwidrige Vertauschung der Parteibezeichnungen auf Seite 11 des Urteils bedarf daher keiner Berichtigung.

IV. Zur Tatsachenrüge:

1. Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Beklagte die steuerliche Vertretung von F* B* „ausgehend von den dokumentierten Verhältnissen, wonach F* B* die wirtschaftlich berechtigte Pächterin der Lokale war“, übernahm. An Stelle dieser bekämpften Feststellung begehrt der Kläger eine Ersatzfeststellung, wonach der Beklagte bei Übernahme der steuerlichen Vertretung der F* B* „von den ihm bekannten wahren Verhältnissen, wonach F* B* lediglich als Strohfrau auf dem Papier die Pächterin der Lokale war“, ausgegangen sei.

Das Berufungsgericht erachtet die Beweiswürdigung des Erstgerichts, der der Berufungswerber keine stichhältigen Argumente und Beweisergebnisse entgegensetzen kann, für zutreffend (§ 500a ZPO; RIS-Justiz RS0122301), sodass es nur folgender Erwiderung auf die Beweisrüge bedarf:

Im Berufungsverfahren steht unstrittig fest, dass der Kläger und D* E* dem Beklagten mitteilten, der Kläger wolle F* B* mit den zu pachtenden Gastlokalen J* und I* eine Zukunft ermöglichen und die Pächterin F* B* werde diese Lokale auch tatsächlich führen. Da die Pächterin F* B* den Kläger bevollmächtigte, die Lokale in ihrem Namen und auf ihre Rechnung zu führen – auch dies steht im Berufungsverfahren unstrittig fest – , konnte der Beklagte als steuerlicher Vertreter von F* B* auch dann „von den dokumentierten Verhältnissen, wonach F* B*, die wirtschaftlich berechtigte Pächterin der Lokale war“, ausgehen, wenn er wusste, dass der Kläger als Bevollmächtigter die unternehmerischen Entscheidungen traf. Wie das Erstgericht treffend formulierte, blieb F* B* auch in diesem Fall „das Steuersubjekt in Bezug auf die Ergebnisse der betrieblichen Erträge und allenfalls Verluste“, sodass der Beklagte „die steuerliche Veranlagung offenkundig für F* B*“ vornahm (Ersturteil ON 169, Seite 41).

2. Jene in der Urteilsseite 47 enthaltenen Aussagen des Erstgerichts, die der Kläger als vermeintliche Tatsachen bekämpft – keine Bevollmächtigung des Beklagten (um über die Konten des Klägers zu verfügen), kein Schädigungsvorsatz des Beklagten – sind im Urteilsabschnitt rechtliche Beurteilung enthaltene rechtliche Beurteilungen des Erstgerichts, die keiner Tatsachenrüge zugänglich sind.

Das Berufungsgericht legt daher die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen, die zur rechtlichen Beurteilung ausreichen, gemäß § 498 ZPO seiner Entscheidung zugrunde.

V. Zur Rechtsrüge:

1. Der Kläger behauptet, der Beklagte sei Mittäter eines Finanzstrafdelikts (mit 30-jähriger Verjährung) gewesen, weil er dem Kläger nur davon abgeraten habe, Pachtvorauszahlungen in die Steuererklärung für das Jahr 2013 aufzunehmen, sein Mandat aber nicht niedergelegt habe, als der Kläger auf seine Aufklärung und Warnung nicht hörte.

2. Diese verkürzte Darstellung weicht vom festgestellten Sachverhalt ab:

Der Kläger hat den Beklagten angewiesen, lediglich den Pachtzins für ein Jahr in die Steuererklärung aufzunehmen, weil die darüberhinausgehenden Zahlungen (aus der Sicht des Klägers) keine Pachtzahlungen waren. Obwohl der Beklagte den Kläger vor Einreichung der Steuererklärung auf mögliche steuerrechtliche Konsequenzen hinwies und ihn mehrfach aufforderte, Nachweise über die (vom Kläger behaupteten) „Grundlagen des Zahlungsflusses“ vorzulegen, kam der Kläger dieser Aufforderung jahrelang nicht nach. Erst als das Finanzamt eine Beugestrafe androhte, brachte der Beklagte im Frühjahr 2016 die Steuererklärung ein, obwohl ihm der Kläger die angeforderten Belege nicht übermittelt hatte. Als das Finanzamt den Beklagten am 13. September 2017 zur Stellungnahme über die dem Finanzamt nachträglich bekannt gewordene Pachtzinsvorauszahlung aufforderte, wies der Beklagte den Kläger am 9. November 2017 auf die allfällige Notwendigkeit der Erstattung einer Selbstanzeige zur Abwendung von Strafen hin.

3. Diese Gegenüberstellung der Behauptungen des Berufungswerbers in der Rechtsrüge und der erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen ergibt eine so eklatante Abweichung vom festgestellten Sachverhalt, dass diese Rechtsrüge an nicht gesetzmäßiger Ausführung scheitert (3 Ob 221/17x; RIS-Justiz RS0041585; Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 ZPO Rz 16).

Im Übrigen erachtet das Berufungsgericht die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, denen der Berufungswerber nichts Stichhältiges entgegensetzen kann, für zutreffend (§ 500a ZPO).

Die Berufung bleibt daher erfolglos.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO sind nicht zu beantworten, sodass kein Anlass besteht, die ordentliche Revision zuzulassen.