JudikaturJustiz9ObA25/05z

9ObA25/05z – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekurs- und Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Norbert Hein, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Walter W*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 7.630,65 sA, über Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Dezember 2004, GZ 11 Ra 92/04k 37, und über (außerordentliche) Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Oktober 2004, GZ 11 Ra 92/04k 33, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zum Rekurs:

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen gewesen sei. Den daraufhin gestellten Antrag des Beklagten, das Berufungsgericht möge seinen Ausspruch dahin abändern, dass die ordentliche Revision für zulässig erklärt werde, wies das Berufungsgericht zurück. Einer Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit bedürfe es nicht, weil in Streitigkeiten aus Arbeits- und Sozialrechtssachen nach § 505 Abs 4 ZPO ohnehin eine außerordentliche Revision erhoben werden könne.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht aufzutragen, den Antrag des Beklagten auf Zulässigerklärung der ordentlichen Revision als außerordentliche Revision dem Obersten Gerichtshof vorzulegen; hilfsweise wird die Aufhebung und Anordnung der Verbesserung, hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht begehrt.

Der Rekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelbeschränkungen des § 519 ZPO gelten für alle im Berufungsverfahren ergehenden Beschlüsse, die nicht in Abs 1 Z 1 oder 2 bezeichnet sind. Unanfechtbar ist daher - neben dem Fall des § 508 Abs 4 ZPO („Antrag nicht stichhältig"), der hier allerdings nicht vorliegt (RIS Justiz RS0115271 ua) - auch ein Beschluss des Rechtsmittelgerichts, womit der - in Arbeits- und Sozialrechtssachen im Gesetz nicht gedeckte - Antrag einer Partei, das Berufungsgericht möge seinen Ausspruch dahin abändern, dass die ordentliche Revision für zulässig erklärt werde, als unzulässig zurückgewiesen wurde (vgl 5 Ob 285/02a).

Zur Revision:

Der an das Berufungsgericht gerichtete Antrag des Beklagten, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision für zulässig erklärt werde, ist deshalb unzulässig, weil die Abs 2 und 3 des § 502 ZPO für Streitigkeiten in Arbeits- und Sozialrechtssachen nicht gelten (§ 502 Abs 5 Z 4 ZPO). Hat daher das Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist, kann ohnehin eine außerordentliche Revision erhoben werden, ohne dass es einer Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision durch das Berufungsgericht bedarf. Die vorliegende ordentliche Revision ist daher in eine außerordentliche Revision umzudeuten (8 ObA 106/03a; 10 ObS 278/03k; RIS Justiz RS0110049 ua). Ihre Zulässigkeit hängt allerdings - wie auch sonst - vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.

§ 23 Abs 1 Satz 3 AngG bedeutet, dass bei der Ermittlung der für das Entstehen (und die Höhe) des Abfertigungsanspruchs nach § 23 Abs 1 AngG maßgebenden ununterbrochenen Dauer des Arbeitsverhältnisses alle in unmittelbar aufeinander folgenden Arbeitsverhältnissen mit demselben Arbeitgeber (dh derselben physischen oder juristischen Person) erworbenen Anwartschaften zusammenzurechnen sind (9 ObA 232/92; 9 ObA 262/97p; RIS Justiz RS0028390; vgl auch VwSlg 3454). In der Zeit vom 1. 1. bis 31. 8. 2000 war der Beklagte allerdings nicht bei der Klägerin, sondern bei der B***** L***** GmbH beschäftigt. Insoweit er versucht, auch für diese Zeit ein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zugrundezulegen, entfernt er sich von den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen, insbesondere jener, dass das vorhergehende Arbeitsverhältnis mit der Klägerin per 31. 1. 1999 einvernehmlich aufgelöst wurde. Die Frage, ob ein Geschäftsführer einer GmbH auch Arbeitnehmer iSd §§ 1151 ff ABGB ist, hängt vom Inhalt der getroffenen Vereinbarung ab (RIS Justiz RS0027929 ua), deren Auslegung in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bildet. Im Übrigen räumt auch der Revisionswerber ein, dass die bloße Tätigkeit als Geschäftsführer und Lehrlingsbeauftragter "kein direktes" Angestelltenverhältnis des Beklagten begründete.

Bei Dienstzeiten, die bei verschiedenen Konzernunternehmen verbracht wurden, handelt es sich nicht um solche beim selben Arbeitgeber (14 Ob 20/86; vgl zum Konzernbegriff 6 Ob 579/83, SZ 56/101). Besondere Umstände, die ein Abgehen von dieser Rechtsprechung rechtfertigten könnten, vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Auf Überlegungen im Schrifttum (vgl Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer , AngG Kommentar, § 23 Rz 18), die bei bestimmten Konstellationen die Anrechnung von Dienstzeiten bei einem anderen Konzernunternehmen in Betracht ziehen (zB im Fall der Strategie der Abfertigungsvermeidung durch den Arbeitgeber), braucht nicht eingegangen werden; derartige Fälle, stehen hier nämlich nicht fest. Die Anrechnung von bei einem anderen Arbeitgeber zugebrachten Vordienstzeiten ist Sache einer Vereinbarung ( Martinek/Schwarz/Schwarz , AngG7 445 mwN), die zwischen den Parteien nicht feststellbar war. Dass der Beklagte nicht dem Geltungsbereich des BUAG unterliegt, ist unstrittig. Eine gesetzliche Wertung, die Sondernorm des § 13b Abs 6 BUAG sei auch für Sachverhalte "außerhalb der Bauwirtschaft" anzuwenden, ist entgegen der Annahme des Revisionswerbers nicht erkennbar. Der Abfertigungsanspruch des Beklagten wurde von den Vorinstanzen zutreffend verneint.

Zuletzt bleibt noch die Frage, ob der Beklagte die Abfertigung, die er sich selbst ausgezahlt hatte, in der Folge gutgläubig verbrauchte. Dies wurde von den Vorinstanzen verneint. Der gute Glaube beim Empfang und Verbrauch eines unrechtmäßigen Dienstbezugs - hier in Gestalt einer Abfertigung - wird nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit ausgeschlossen; er ist vielmehr schon dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Bedienstete - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit des ihm ausgezahlten Bezugs auch nur Zweifel hätte haben müssen (RIS Justiz RS0033826 ua). Dies wurde vom Berufungsgericht bejaht und vertretbar mit dem Hinweis ua darauf begründet, dass der Beklagte noch bevor er selbst die Auszahlung der Abfertigung an sich verfügte, einen Aufhebungsvertrag samt Generalklausel mit der Klägerin abgeschlossen hatte, ohne dass hierin eine Abfertigung vereinbart worden wäre. Letztlich handelt es sich aber bei der Beurteilung der Frage, ob der Empfänger unredlich war und daher die irrtümliche Zahlung nicht gutgläubig verbrauchen konnte, regelmäßig um einen Einzelfall (8 ObA 289/01k ua), sodass auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt. Dies gilt auch für die Frage, ob aus dem zeitlichen Ablauf auf einen Verzicht der Klägerin auf Rückzahlung der ungerechtfertigten Abfertigung geschlossen werden könnte. Die außerordentliche Revision des Beklagten war daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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