JudikaturJustiz9Ob72/01f

9Ob72/01f – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. April 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Georg B*****, Angestellter, ***** vertreten durch Egger Musey Rechtsanwälte Kommanditpartnerschaft in Salzburg, gegen die beklagte Partei Robert M*****, Angestellter, ***** vertreten durch Schubeck Schubeck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen DM 50.000 sA (S 350.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13. Dezember 2000, GZ 2 R 205/00f-24, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Revisionswerber meint, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liege deshalb vor, weil es zur Frage, ob ein Schreiben als Widerruf eines Kommissionsvertrages gewertet werden könne, keine (einheitliche) höchstgerichtliche Rechtsprechung gebe, übersieht er, dass der Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Eine solche Auslegung könnte nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd vorgenannten Bestimmung begründen, wenn dem Berufungsgericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die zu einem unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (RIS-Justiz RS0044298, RS0044358).

Eine solche liegt jedoch nicht vor. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass das Schreiben des früheren Klagevertreters vom 17. 2. 1998, mit welchem der Kfz-Händler Wilhelm O***** ausdrücklich aufgefordert wurde, den zunächst in Kommission überlassenen Pkw wieder an den Kläger zurückzustellen, als Widerruf des Kommissionsvertrages zu deuten sei, ist keineswegs unvertretbar. Die Frage, ob auch eine andere Auslegung dieser Willenserklärung möglich wäre, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042555/T1, RS0042776/T2).

Auf Grund des Widerrufs des Kommissionsvertrages und der daraus resultierenden Überschreitung der Verfügungsermächtigung durch Wilhelm O***** konnte der Beklagte nur nach § 366 HGB Eigentum am gegenständlichen Pkw erwerben (Griß-Reiterer in Straube, HGB I2, § 383 Rz 20), wobei nach dieser Gesetzesbestimmung ein Eigentumserwerb (wegen fehlender Gutgläubigkeit) dann ausgeschlossen ist, wenn dem Erwerber bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört bzw dieser nicht befugt ist, über die Sache für den Eigentümer zu verfügen.

Nach ständiger Rechtsprechung setzt guter Glaube iSd § 366 HGB die positive Überzeugung von der Rechtmäßigkeit des Besitzers bzw dessen Verfügungsbefugnis voraus (RIS-Justiz RS0010197). Wo irgendein Merkmal den Erwerbsakt objektiv verdächtig erscheinen lässt, liegt bereits kein gutgläubiger Erwerb vor (RdW 1999, 711 mwN; RIS-Justiz RS0010905). Speziell im Kfz-Handel und im Gebrauchtwagenkauf sind besondere Verhaltensregeln zu beachten. Der Erwerber eines Kfz muss sich auf Grund des Umstandes, dass Kraftfahrzeuge häufig unter Eigentumsvorbehalt verkauft werden, besonders sorgfältig vergewissern, dass er nicht in fremde Rechte eingreift (Schuhmacher in Straube, HGB I2, § 366 Rz 11a mwN; ecolex 1999/301 mwN). So ist vorerst insbesondere die Einsicht in den Typenschein zu verlangen (SZ 68/196; RIS-Justiz RS0010891). Legen besondere Umstände den Verdacht nahe, der Verkäufer könnte unredlich sein, bedarf es weiterer Aufklärungen, dies insbesondere, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Beklagte als Kfz-Händler mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vorzugehen hat. Ein Kaufmann hat die Erklärung des Veräußerers durch das Verlangen nach Vorlage von Urkunden - insbesondere der Typenscheine bei Kraftfahrzeugen, der Rechnungen und Zahlungsbelege - zu überprüfen. Die Unterlassung einer solche Nachforschung verwirklicht in der Regel grobe Fahrlässigkeit iSd § 366 Abs 1 HGB (ecolex 1999/301 mwN; 1 Ob 349/99a, RIS-Justiz RS0080033).

Letztlich hängt aber die Beurteilung, welche Anforderungen an die Sorgfalt des Erwerbers zu stellen sind, wiederum von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab (ecolex 1999/301; RdW 1999, 711; HS XVIII/XIX/14; RIS-Justiz RS0010168), sodass - unter Hinweis auf das bereits oben Gesagte - eine erhebliche Rechtsfrage nur bei einer krassen rechtlichen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes gegeben wäre.

Entgegen den Revisionsausführungen hat das Berufungsgericht die von der ständigen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze beachtet. Die rechtliche Beurteilung, wonach sich der Beklagte im vorliegenden Fall nicht allein mit der Erklärung Wilhelm O***** hätte begnügen dürfen, (nach wie vor) über den gegenständlichen Pkw verfügen zu dürfen, sondern weitere Nachforschungen - wie insbesondere das Verlangen nach Vorlage des Typenscheins - hätte anstellen müssen, steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Aus den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich, dass bereits beim Erwerb Verdachtsmomente vorgelegen sind, denen der Beklagte mit entsprechenden Nachforschungen hätte begegnen müssen. Ein Wissen um den Widerruf des Kommissionsvertrages ist - entgegen den Revisionsausführungen - nicht erforderlich. Zunächst wusste der Beklagte, dass Wilhelm O***** als Kommissionär tätig wird (also nicht selbst Eigentümer ist), sodass weitere Nachforschungen keinesfalls entbehrlich waren, da beim bloßen Vertrauen auf die Verfügungsbefugnis besonders hohe Anforderungen an die Gutgläubigkeit zu stellen sind (RIS-Justiz RS0080042). Inwieweit auch der konkrete Kaufpreis ein weiteres Indiz für den Beklagten war, an der Verfügungsermächtigung Wilhelm O***** zu zweifeln, kann bei der sonstigen Sachlage dahingestellt bleiben.

Eine erhebliche, für die Lösung des Falles notwendige Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt.

Rechtssätze
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