JudikaturJustiz9Ob149/04h

9Ob149/04h – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Februar 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emma H*****, vertreten durch Mag. Michael Tinzl und Mag. Albert Frank, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Emil H*****, vertreten durch Dr. Kasseroler Partner Rechtsanwälte KEG in Innsbruck, wegen Löschung einer grundbücherlichen Eintragung (Streitwert EUR 20.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. September 2004, GZ 4 R 161/04i-16, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16. April 2004, GZ 8 Cg 179/03d-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.063,80 (darin EUR 177,30 am USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin, die Mutter des Beklagten, war Eigentümerin mehrerer Liegenschaften. Am 18. 6. 2003 unterfertigten die Streitteile - die Unterschriften wurden notariell beglaubigt - einen nicht als Notariatsakt errichteten Schenkungsvertrag, mit dem die Klägerin dem Beklagten zwei Liegenschaften ins Eigentum übertragen sollte. Der Vertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

“2. SCHENKUNGSVEREINBARUNG

2.1. Der Geschenkgeber hat unmittelbar vor Unterfertigung dieses Vertrages dem Geschenknehmer den unter Vertragspunkt 1.3 genannten Vertragsgegenstand geschenkt und übergeben. Der Geschenknehmer hat die Schenkung dankend angenommen.

3. ÜBERGABE UND ÜBERNAHME

3.1. Die Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes in den Besitz und Genuss des Geschenknehmers erfolgte unmittelbar vor Vertragsunterfertigung.

3.2. Zum Zwecke der Übergabe und Übernahme wurde der Vertragsgegenstand am Tag der Vertragsunterfertigung gemeinsam begangen und besichtigt, wobei der Geschenkgeber dem Geschenknehmer einen Grundbuchsauszug aushändigte und die Verwaltungsunterlagen übergab.

...

8. WOHNRECHT

8.1. Der Geschenknehmer räumt seinen Eltern ... das Recht ein, auf der Liegenschaft EZ 464 ... auf Lebenszeit unentgeltlich zu wohnen.

8.2. Diese nehmen die Rechtseinräumung an.

8.3. Die Rechtseinräumung ist als Wohnungsgebrauchsrecht zu qualifizieren.

8.4. Die auf die EZ 464 mit darauf errichtetem Gebäude... entfallenden Aufwendungen werden von den Wohnberechtigten in der Höhe getragen, wie sie bis dato von ihnen übernommen wurden.

...

11. VERTRAGSVERFASSER

11.1. Die Vertragsteile beauftragen... [Vertragsverfasser] mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages.

12. KOSTEN, STEUERN, GEBÜHREN

12.1. Die Kosten der Errichtung dieses Vertrages und der grundbücherlichen Abwicklung desselben und alle mit der Abwicklung dieses Vertrages in Zusammenhang stehenden Steuern, Abgaben und Gebühren trägt der Geschenkgeber.

13. BEVOLLMÄCHTIGUNG

Der Vertragserrichter ist namens der Vertragsteile ermächtigt und bevollmächtigt

13.1. diesen Vertrag grundbücherlich durchzuführen und die erforderlichen Genehmigungen und Bewilligungen einzuholen und behördliche Zustellungen entgegenzunehmen;

13.2. Nachträge und Ergänzungen zu diesem Vertrag zu verfassen und Aufsandungserklärungen im Sinne der Bestimmungen des § 32/1 Grundbuchgesetz abzugeben, soweit dies für die grundbücherliche Durchführung dieses Vertrages erforderlich ist. Diese allfälligen Änderungen, Ergänzungen und Nachträge dürfen allerdings dem wirtschaftlichen Zweck dieses Vertrages nicht widersprechen und nur dazu dienen, diesen Vertrag grundbücherlich durchzuführen ....”

Der Schenkungsvertrag enthält auch eine gesetzmäßige Aufsandungserklärung der Klägerin. Weiters räumte der Beklagte als Geschenknehmer seinen Eltern ein Belastungs- und Veräußerungsverbot an der Liegenschaft EZ 464 ein.

Die Klägerin hatte vor Unterfertigung des Vertrags maximal eine Stunde lang Gelegenheit gehabt, den Vertragstext durchzulesen. Über die wesentlichen Vertragspunkte war sie vor ihrer Unterschrift durch den vertragserrichtenden Rechtsanwalt mündlich aufgeklärt worden. Sie wollte die beiden Liegenschaften dem Beklagten bei Vertragsunterfertigung auch tatsächlich sofort schenken, und nicht etwa nur auf den Todesfall. Am 13. 8. 2003 teilte der ursprüngliche Prozessvertreter der Klägerin dem vertragserrichtenden Rechtsanwalt per Telefax mit, der Klägerin sei erst im Nachhinein bewusst geworden, dass mit dem Vertrag auch das Eigentum an der Liegenschaft EZ 464 mit ihrem Wohnhaus übertragen werden solle, was ihrem Willen nicht entsprochen habe. Im Übrigen habe die Prüfung der Verträge ergeben, dass die behauptete Übergabe der Liegenschaften nie durchgeführt worden sei und der Vertrag zu seiner Gültigkeit auch der Notariatsaktform bedurft hätte. Der für die Klägerin einschreitende Rechtsanwalt sei beauftragt, möglichst rasch und unbürokratisch eine Lösung der Situation herbeizuführen. Er dürfe den Vertragserrichter daher höflich um Übermittlung einer vom Beklagten unterfertigten Erklärung bzw Bestätigung ersuchen, womit der Vertrag aufgehoben bzw das Nichtzustandekommen bestätigt werde. Nach dem wahren Willen der Klägerin solle die Übertragung der Liegenschaft testamentarisch nach deren Ableben erfolgen.

Ungeachtet dessen veranlasste der Beklagte unter Mitwirkung des vertragserrichtenden Rechtsanwalts die Verbücherung des Schenkungsvertrages auch hinsichtlich der Liegenschaft EZ 464, die ua zur Einverleibung des Eigentumsrechts zu seinen Gunsten führte.

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 15. 9. 2003 beim Erstgericht eingebrachten Klage die Feststellung, dass der Schenkungsvertrag hinsichtlich der Liegenschaft EZ 464 nichtig sei und die aufgrund dieses Vertrags erfolgten grundbücherlichen Eintragungen zu löschen seien. Sie brachte dazu - soweit dies im Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist - im Wesentlichen vor, dass eine tatsächliche Übergabe der Liegenschaft weder vor, noch nach Abschluss des Schenkungsvertrages stattgefunden habe. Der Schenkungsvertrag sei auch deshalb nichtig, weil er nicht in Form eines Notariatsakts errichtet worden sei. Die Klägerin habe sich an den Beklagten und dessen Rechtsvertreter gewandt, die ihren Vertreter immer wieder mit einer Rückantwort und einer Stellungnahme zum Sachverhalt vertröstet hätten. Anstatt auf die Aufforderung, die Unwirksamkeit des Vertrags zu bestätigen, zu reagieren, hätten sie einen Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechts des Beklagten gestellt.

Der Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, die Klägerin habe sich bereits im Mai 2003 an ihn gewandt und ihm angeboten, ihm die beiden Liegenschaften zu schenken, womit er sich Anfang Juni 2003 einverstanden erklärt habe. Die Klägerin habe ihm die Liegenschaft EZ 464 sofort übergeben. Nach eingehenden Gesprächen in der Kanzlei des Vertragsverfassers am 10. 6. 2003 sei am 18. 6. 2003 der in der Zwischenzeit über Auftrag der Klägerin verfasste Vertrag unterfertigt worden. Dabei habe der Vertragsverfasser detailliert auf alle Rechtsfolgen des Schenkungsvertrags hingewiesen. Die Klägerin habe auch am 7. 7. 2003 die Grunderwerbssteuer entrichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Sei das Eigentumsrecht des Beschenkten aufgrund eines nicht in Form eines Notariatsaktes errichteten Vertrages einmal im Grundbuch einverleibt, könne die Gültigkeit der Übertragung nicht wegen Fehlens der körperlichen Übergabe bekämpft werden. Sowohl die körperliche Übergabe als auch die bücherliche Übertragung machten die Schenkung “unanfechtbar”.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer Klagestattgebung ab, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 20.000 übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Die Klägerin mache zu Recht geltend, dass der Schenkungsvertrag unwirksam sei, weil darüber entgegen § 1 Abs 1 lit d NotAktsG kein Notariatsakt aufgenommen worden sei. Danach sei die Gültigkeit von Schenkungsverträgen ohne wirkliche Übergabe nur bei Aufnahme eines Notariatsakts gültig. Auch wenn es im Grundbuchsverfahren nach ständiger Rechtsprechung beim urkundlichen Nachweis der bereits erfolgten Übergabe der Darstellung konkreter Übergabsakte nicht bedürfe, betreffe diese Judikatur ausschließlich das formale Grundbuchsverfahren, wogegen die im Vertrag enthaltene (übereinstimmende) Erklärung über eine erfolgte Übergabe der Liegenschaft aus materiell-rechtlicher Sicht für sich allein keine wirkliche Übergabe darstelle. Eine “wirkliche Übergabe” müsse sinnfällig nach außen bemerkbar und so beschaffen sein, dass aus ihr der Wille des Geschenkgebers hervorgehe, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen. Sie liege dann vor, wenn neben dem Schenkungsvertrag ein anderer, von diesem verschiedener und als Übergabe erkennbarer, Akt gesetzt werde, der nach außen in Erscheinung tritt und geeignet ist, dem Willen des Geschenkgebers Ausdruck zu verleihen, das Schenkungsobjekt aus dessen Gewahrsame in die des Beschenkten zu übertragen. Die Klägerin habe sich darauf berufen, es habe eine wirkliche Übergabe der Liegenschaft nicht stattgefunden. Die bloße Behauptung des Beklagten, eine solche Übergabe sei doch erfolgt, genüge nicht, weil tatsächliche Umstände, aufgrund welcher der rechtliche Schluss möglich wäre, eine dem Gesetzeszweck entsprechende wirkliche Übergabe habe stattgefunden, behauptet und bewiesen werden müssten. Derartige tatsächliche Umstände habe der Beklagte jedoch nicht behauptet, sodass davon auszugehen sei, dass keine wirkliche Übergabe im Sinne einer Besitzübertragung stattgefunden habe. Auch wenn der Oberste Gerichtshof wiederholt formuliert habe, dass im Falle der Erfüllung des eine Liegenschaft betreffenden formlosen Schenkungsversprechens in Gestalt der erwirkten bücherlichen Eigentumseinverleibung des Beschenkten nicht nur mit Klage auf Rückübertragung des Eigentumsrechts an der geschenkten Liegenschaft vorgegangen werden könne, sei doch zu beachten, dass die Erfüllung ein zweiseitiger Akt sei, der den Willen des Schenkenden, das Schenkungsversprechen zu erfüllen, und des Beschenkten, das Geschenk zu übernehmen, voraussetze. Bei einer körperlichen Übergabe könne in aller Regel kein Zweifel am Übergabe- und Erfüllungswillen bestehen. Bei einer “Erfüllung” durch bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beschenkten, die auch ohne Dazutun des Schenkenden veranlasst werden könne, erhebe sich allerdings die vom Obersten Gerichtshof noch nicht gelöste Frage, ob eine gegen den Willen des Schenkenden veranlasste Einverleibung des Eigentumsrechts für den Beschenkten ebenfalls den Formmangel der fehlenden Notariatsaktsform heile. Die “wirkliche Übergabe” setze einen Akt voraus, aus dem unter anderem der Wille des Geschenkgebers hervorgehe, das Objekt der Schenkung in den Besitz des Beschenkten zu übertragen. Dies müsse auch für eine Heilung des Formmangels durch bücherliche Einverleibung gelten. Auch dann sei zu verlangen, dass der auf Übertragung des Eigentums gerichtete Wille des Geschenkgebers zumindest noch zum Zeitpunkt des Grundbuchsantrags vorhanden ist. Nur dann werde dem Zweck der Formvorschrift, der Verhinderung übereilter Schenkungen, entsprochen. Veranlasse hingegen der Geschenknehmer trotz Widerrufs eines solchen Schenkungsversprechens die Einverleibung seines Eigentumsrechts, liege keine einvernehmliche Erfüllung des Schenkungsvertrags und damit keine “wirkliche Übergabe” im Sinne des § 1 Abs 1 lit d NotaktsG vor, sodass das Schenkungsversprechen des Geschenkgebers nichtig sei. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin durch ihren damaligen Rechtsvertreter dem nach wie vor vom vertragserrichtenden Rechtsanwalt vertretenen Beklagten gegenüber eindeutig zu erkennen gegeben, sie wolle das Schenkungsversprechen - auch wegen Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Notariatsaktsform - nicht aufrechterhalten und die Liegenschaft nicht übergeben. Die vom Beklagten veranlasste Verbücherung seines Eigentumsrechts sei unter diesen Umständen rechtsmissbräuchlich erfolgt und nicht geeignet, den Mangel der fehlenden Notariatsaktsform zu heilen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof noch nicht mit der erheblichen Rechtsfrage befasst habe, ob auch eine gegen den Willen des Geschenkgebers vorgenommene Einverleibung des Eigentumsrechts für den Beschenkten den Mangel der wirklichen Übergabe heile.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Nachdem feststeht, dass der Schenkungsvertrag nicht in Form eines Notariatsakts errichtet wurde, könnte der Beklagte nur Eigentum erworben haben, wenn entweder bei oder unmittelbar vor Vertragsabschluss eine wirkliche Übergabe der Liegenschaft im Sinne des § 943 ABGB stattgefunden hat oder wenn eine Heilung durch nachträgliche Erfüllung des ursprünglich formungültigen Rechtsgeschäfts (§ 1432 ABGB) erfolgt ist.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auf die Behauptungs- und Beweislast des Beklagten für jene Tatsachen hingewiesen, die als wirkliche Übergabe zu qualifizieren wären. Macht ein Beklagter geltend, das Eigentum an einer Sache sei vom Kläger auf ihn übergegangen, so hat er alle Tatsachen darzulegen, aus denen er diesen Rechtsübergang ableiten will. Der Umstand, dass im schriftlichen Schenkungsvertrag festgehalten wurde, eine - weitgehend symbolische - Übergabe der Liegenschaft sei unmittelbar vor Vertragsabschluss erfolgt, ist nicht von entscheidender Bedeutung, hat doch die Klägerin ausdrücklich vorgebracht, diese Wissenserklärung entspreche nicht den Tatsachen. Der Beklagte wendete darauf lediglich - ebenfalls im Widerspruch zum Urkundeninhalt - ein, die Liegenschaft sei ihm bereits einige Zeit vor Unterfertigung des Schenkungsvertrags, “wahrscheinlich am 1. 6. 2003”, übergeben worden, nachdem Übereinstimmung dahin erzielt worden sei, dass die Klägerin ihm diese Liegenschaft schenken wolle; auf welche Weise diese Übergabe vor sich gegangen sein soll, legte er nicht dar.

Der Revisionswerber behauptet, er hätte bei entsprechender Erörterung vorgebracht, dass am Tag der Unterfertigung des Schenkungsvertrages die Liegenschaft gemeinsam begangen worden sei und die Klägerin ihm einen Grundbuchsauszug und die “Verwaltungsakte” übergeben hätte. Auch wenn die Rechtsprechung grundsätzlich bei Liegenschaftsschenkungen eine körperliche Übergabe ausreichen lässt (siehe dazu aber etwa Bittner, Der Mythos von der wirklichen Übergabe von Liegenschaften, GS Hofmeister 73 ff), so ist doch der im Übereilungsschutz liegende Gesetzeszweck besonders zu beachten. Wird eine Sache nur symbolisch oder durch Erklärung, nicht aber real “aus der Hand gegeben”, kommt dem Schenker der Vermögensverlust häufig nicht in ausreichendem Maße zu Bewusstsein. Aus diesem Grunde entspricht es auch herrschender Auffassung, dass das Besitzkonstitut zur wirklichen Übergabe bei einer Schenkung ohne Notariatsakt nicht ausreicht (vgl dazu nur NZ 1992, 230 mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor, bestand doch zwischen den Streitteilen niemals die Absicht, die Gewahrsame oder den Besitz an der Liegenschaft dem Beklagten zu übertragen, sondern war vielmehr klar, dass die Klägerin (und ihr Ehegatte) bis zu ihrem Tod die Liegenschaft kraft dinglicher Berechtigung (bücherlich einzuverleibendes Wohnrecht) weiterhin alleine benutzen sollten. Auch ein gemeinsames Begehen und Besichtigen der Liegenschaft einschließlich der Übergabe von “Verwaltungsunterlagen” stellt unter diesen Umständen keine “wirkliche Übergabe” im Sinne des § 943 ABGB dar.

Angesichts der Prozessbehauptungen des Beklagten über eine Übergabe der Liegenschaft längere Zeit vor Vertragsunterfertigung geht auch der Vorwurf des Revisionswerbers ins Leere, das Berufungsgericht hätte mit ihm die Frage erörtern müssen, ob und unter welchen Umständen allenfalls eine Übergabe der Liegenschaft am Tag der Vertragsunterfertigung stattgefunden hat. Eine Übergabe an diesem Tag hat der Beklagte niemals behauptet. Ob das Berufungsgericht gehalten gewesen wäre, ihm Gelegenheit zu geben, seine unspezifizierte Prozessbehauptung über eine “wahrscheinlich” am 1. 6. 2003 erfolgte Übergabe zu präzisieren, kann dahingestellt bleiben, weil der Beklagte gar nicht behauptet, er hätte bei entsprechender Erörterung dazu zweckdienliches Prozessvorbringen erstatten können. Hat sich der Beklagte also im Verfahren erster Instanz ausschließlich auf eine angeblich Anfang Juni 2003 erfolgte Übergabe der Liegenschaft berufen, hatte das Berufungsgericht keinen Anlass, ihn zu einem Vorbringen über eine allfällige Übergabe am 18. 6. 2003 aufzufordern.

Nachdem nun davon auszugehen ist, dass eine wirkliche Übergabe nicht stattgefunden hat, und feststeht, dass die Notariatsaktform für den Schenkungsvertrag nicht eingehalten wurde, bleibt zu prüfen, ob eine nachträgliche Heilung des formungültigen Vertrags im Sinne des § 1432 ABGB eingetreten ist, auf die sich der Revisionswerber in der Sache beruft. Er vertritt die Auffassung, im Falle der Erfüllung des eine Liegenschaft betreffenden formlosen Schenkungsversprechens in Gestalt der erwirkten bücherlichen Eigentumseinverleibung des Beschenkten könne nicht mehr mit Klage auf Rückübertragung des Eigentumsrechts an der geschenkten Liegenschaft vorgegangen werden.

Dies entspricht einer in der Rechtsprechung häufig verwendeten Formulierung (vgl nur RIS-Justiz RS0011316; SZ 45/35 = NZ 1973, 126), von der auch das Berufungsgericht ausgegangen ist. Es hat allerdings zu Recht die Frage gestellt, ob jede spätere Einverleibung des Eigentumsrechts des Schenkers als “Erfüllung” des formlosen Schenkungsversprechens angesehen werden kann, oder ob eine solche Erfüllung nur dann vorliegt, wenn diese auf einem Willensakt des Schenkers beruht. Der vom Berufungsgericht vorgenommenen Differenzierung ist für den vorliegenden Fall zuzustimmen, zumal § 1432 ABGB für die Heilung eines formungültigen Rechtsgeschäfts grundsätzlich ein weiteres aktives Tun des unwirksam Verpflichteten, nämlich das Erbringen der zugesagten Leistung, fordert.

Dem Revisionswerber ist zuzugestehen, dass die bisherige Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Heilung formungültiger Schenkungsverträge über Liegenschaften nicht immer in der wünschenswerten Weise darauf Bedacht genommen hat, auf welche Weise es schließlich zur Einverleibung gekommen ist. Liegt aber - wie häufig - ein für sich formungültiger schriftlicher Schenkungsvertrag vor, der auch die notwendige Aufsandungserklärung des Schenkers enthält, erscheint es durchaus fraglich, ob von einer Erfüllung durch den Schenker im Sinne des § 1432 ABGB gesprochen werden kann, wenn die Einverleibung ohne dessen Zutun - oder gar gegen dessen erklärten Willen - allein vom Beschenkten veranlasst wird. In anderem Zusammenhang wird unter Beachtung des von den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften intendierten Übereilungsschutzes immer wieder betont, dass der Schenker nur dann nicht mehr schutzwürdig ist, wenn er über den Abschluss des (formungültigen) Schenkungsvertrags hinaus weitere Akte setzt, die geeignet sind, ihm seinen Vermögensverlust ausreichend bewusst zu machen. So wurde etwa im Zusammenhang mit der “wirklichen Übergabe” klargestellt, dass eine solche nur dann vorliegen kann, wenn neben dem Schenkungsvertrag ein anderer, von diesem verschiedener und als Übergabe erkennbarer Akt gesetzt wird, der nach außen in Erscheinung tritt und geeignet ist, dem Willen des Geschenkgebers Ausdruck zu verleihen, das Schenkungsobjekt aus seiner Gewahrsame in die des Beschenkten zu übertragen (5 Ob 21/98v, 1 Ob 147/00z, 1 Ob 115/02x). Da nun kein Grund dafür besteht, den klaren Gesetzeszweck des Übereilungsschutzes bei der Heilung formnichtiger Schenkungsverträge außer Acht zu lassen, erschiene es konsequent, auch im Rahmen des § 1432 ABGB einen zum schriftlichen Vertrag hinzutretenden Willensakt des Schenkers zu fordern. Der Hinweis des Revisionswerbers, die Klägerin habe doch in ihrer Aufsandungserklärung ausdrücklich in die Einverleibung des Eigentumsrechts zu seinen Gunsten eingewilligt, lässt außer Acht, dass diese Erklärung über den Vertragsabschluss nicht hinausgeht, sondern vielmehr einen typischen Bestandteil eines Liegenschaftsvertrags- und damit kein zusätzliches Warnsignal-darstellt.

Auch in der Literatur wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass im Falle der Verbücherung formungültiger Liegenschaftsschenkungsverträge nicht unbeachtet bleiben dürfe, wie es zur Einverleibung gekommen ist. So verweist etwa Schubert (in Rummel I³ § 943 ABGB Rz 2) auf die bereits von Schauer (Zur Formpflicht der Vollmacht bei der Schenkung, NZ 1984, 190) geäußerten Bedenken und meint, dass Hoyer (Anm zu JBl 1999, 45) zu Recht eine Überprüfung der Judikatur angeregt habe.

Schauer vertritt die Auffassung, die Frage, ob auch die bloße Einverleibung den Erfordernissen der wirklichen Übergabe entspricht, bedürfe einer gesonderten Prüfung. Dagegen spreche, dass mit der bloßen Einverleibung für den Schenker nicht ein nach außen tretender sinnfälliger Akt verbunden ist. Dass eine Urkunde, die den Anforderungen an ein wirksames Schenkungsversprechen nicht genügen würde, ausreichen solle, um durch unmittelbare Vollziehung die Schenkung zu heilen, erscheine zweifelhaft.

Hoyer verweist einerseits darauf, dass eine im Schenkungsvertrag enthaltene Bestätigung der bereits erfolgten Übergabe der Liegenschaft nur für das Grundbuchsverfahren von Bedeutung sei, jedoch auf die materiell-rechtliche Wirksamkeit des Vertrages und damit den Eigentumserwerb keinen Einfluss habe. Andererseits meint er, eine im sonst formunwirksamen Schenkungsvertrag enthaltene, wenn auch beglaubigte, Aufsandungserklärung könne den über das Versprechen hinausgehenden Akt nicht darstellen. Anders verhalte es sich mit der nach Vertragsabschluss abgegebenen besonderen Aufsandungserklärung des § 32 Abs 2 GBG, einer nachfolgenden Antragstellung um grundverkehrsbehördliche Genehmigung uä; als den besonderen nachfolgenden Akt lasse sich auch das Verbücherungsgesuch auffassen, freilich nur, wenn es der Geschenkgeber stelle. Die undifferenzierte Annahme, durch bücherliche Eintragung des Eigentums des Beschenkten sei ein formloses Schenkungsversprechen erfüllt, verwechsle unbewusst Voraussetzung und Wirkung.

In jüngerer Zeit hat sich schließlich Dehn (Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung [1998]) ausführlich mit der Problematik der Heilung nach § 1432 ABGB befasst. Auch wenn in der Rechtswirklichkeit der Nachweis einer wirklichen Übergabe häufig durch die Vorlage einer Privaturkunde mit der Klausel, dass die Übergabe bereits stattgefunden habe, erfolge, müsse gerade im Hinblick auf die Heilbarkeit eines Formfehlers zwischen von Anfang an wirksamer Handschenkung durch wirkliche Übergabe und formnichtigem, durch Erfüllung geheiltem Schenkungsversprechen unterschieden werden (aaO 61). Die Frage nach der Heilung eines formnichtigen Schenkungsversprechens über eine Liegenschaft durch Erfüllung stelle sich erst, wenn eine wirkliche Übergabe nicht stattgefunden habe (aaO 63). Die Heilung eines formnichtigen Liegenschaftsvertrages lasse sich entweder durch die [nachträgliche] formgerechte, das heißt idR notariell beurkundete Errichtung einer intabulierbaren Urkunde, was in hohem Maße dem Nachholen der Form des Grundgeschäfts entspreche, oder durch die Aufgabe der Liegenschaft durch Übergabe und Intabulationserklärung erzielen; in beiden Fällen würden dem Übereignenden Handlungen abverlangt, die in hinreichendem Ausmaß seiner Warnung dienen (aaO 218 f).

Der Revisionswerber vermeint nun, die Eigentumseinverleibung sei der Klägerin deshalb zuzurechnen, weil die Antragstellung durch einen Rechtsanwalt erfolgt sei, der auch von ihr dazu bevollmächtigt und beauftragt worden wäre. Dem hat schon das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass das Schreiben des seinerzeitigen Vertreters der Klägerin vom 13. 8. 2003 an den vertragserrichtenden Rechtsanwalt, in dem auch auf die fehlende Notariatsaktform hingewiesen wurde, jedenfalls auch einen Widerruf des dem Vertragserrichter im Schenkungsvertrag erteilten Verbücherungsauftrags darstellt. Dem hält der Beklagte argumentativ nichts entgegen, sondern vertritt lediglich die (unzutreffende) Auffassung, das Einverleibungsgesuch sei auch im “ausdrücklichen und unwiderrufen gebliebenen” Auftrag der Klägerin erfolgt.

Im Übrigen haben die Vorinstanzen festgestellt, dass der Beklagte den Schenkungsvertrag „über den vertragserrichtenden Rechtsanwalt zur Verbücherung brachte“.

Das weitere Argument, die Klägerin habe den Verbücherungsbeschluss unbekämpft gelassen, weshalb ihr die Verbücherung zuzurechnen sei, übersieht, dass die Bewilligung des Grundbuchsantrags auf der Grundlage einer für das Grundbuchsgericht unbedenklichen Urkunde erfolgte, sodass nicht zu erkennen ist, welchen Erfolg ein Rechtsmittel der Klägerin hätte haben können. Was die Ausführungen des Revisionswerbers zum “Widerruf” des Schenkungsversprechens betrifft, so unterliegt er offenbar einem grundsätzlichen Rechtsirrtum. Wenn § 946 ABGB anordnet, dass Schenkungsverträge in der Regel nicht widerrufen werden dürfen, sind damit zweifellos rechtswirksame Verträge gemeint. Die Berufung darauf, dass ein Schenkungsvertrag mangels Einhaltung der gesetzlichen Formvorschriften unwirksam ist, steht dem Versprechenden aber selbstverständlich offen (vgl auch 5 Ob 16/72). Nichts anderes hat die Klägerin mit ihrem Löschungsbegehren, mit dem sie die Wiederherstellung des früheren Grundbuchsstands anstrebt, getan.

Unerheblich ist, ob die Klägerin die Schenkungssteuer entrichtete, da auch daraus keine “wirkliche Übergabe” der Liegenschaft abgeleitet werden könnte. Einer solchen öffentlich-rechtlichen Abgabenverpflichtung hätte sie sich gar nicht entziehen können. Es handelt sich auch weder um einen Akt der Besitzverschaffung noch der Bekräftigung ihres Schenkungsversprechens. Der Vollständigkeit halber ist schließlich darauf hinzuweisen, dass der Beklagte bei seiner Verrechnung selbst zugestand, nicht die Klägerin, sondern sein Vater habe die Steuer entrichtet (AS 121).

Es ist somit weder eine wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB erfolgt, noch hat eine Heilung durch Erfüllung des formunwirksamen Schenkungsvertrags im Sinne einer wirklichen nachträglichen Zuwendung stattgefunden; vielmehr hat die Klägerin deutlich erklärt, ihr Schenkungsversprechen nicht einhalten zu wollen.

Die Auffassung, ein Schenker könne nicht mehr auf Rückübertragung des Eigentums bzw auf grundbücherliche Löschung klagen, wenn das formlose Schenkungsversprechen durch bücherliche Einverleibung des Beschenkten „erfüllt“ ist, kann jedenfalls in den Fällen nicht zum Tragen kommen, in denen sich der Schenker gegenüber dem Beschenkten noch vor der Einverleibung auf die Formungültigkeit berufen und keine eigenen Schritte zur Verbücherung gesetzt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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