JudikaturJustiz9Ob138/06v

9Ob138/06v – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Mai 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Alma Steger, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Felix H*****, Geschäftsführer, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einberufung einer Generalversammlung (Streitwert EUR 1.000) und Zustimmung zu einem Antrag (Streitwert EUR 35.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. September 2006, GZ 2 R 66/06y-17, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 30. Dezember 2005, GZ 9 Cg 166/05w-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, eine außerordentliche Generalversammlung der Gesellschafter der Felix H***** GmbH (FN ***** Landes- als Handelsgericht Salzburg) einzuberufen, wobei in der Tagesordnung die beabsichtigte ordentliche Herabsetzung des Kapitals von derzeit EUR 500.000 um EUR 427.327,16 auf EUR 72.672,84 und die daraus resultierende Änderung des Gesellschaftsvertrags anzukündigen sind.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, einem Antrag der klagenden Partei auf Herabsetzung des Stammkapitals der Felix H***** GmbH (FN ***** Landes- als Handelsgericht Salzburg) von derzeit EUR 500.000 um EUR 427.327,16 auf EUR 72.672,84 durch Rückzahlung des Betrags von EUR 427.327,16 an die beklagte Partei sowie auf Abänderung des Gesellschaftsvertrags in seinem Punkt 'IV. Stammkapital' dahingehend, dass dieser lautet 'Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 72.672,84 und ist voll und bar einbezahlt', zuzustimmen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 5.235,32 (darin EUR 780,72 USt und EUR 551 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit EUR 3.286,40 (darin EUR 406,40 USt und EUR 848 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.922,82 (darin EUR 292,47 USt und EUR 1.168 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte und sein Vater waren zunächst gemeinsam Gesellschafter der Felix H***** GmbH (im Folgenden kurz Gesellschaft). Der Beklagte hielt an der Gesellschaft einen Geschäftsanteil, der einer Stammeinlage von ATS 490.000 entsprach; sein Vater hielt einen Geschäftsanteil, der einer Stammeinlage von ATS 510.000 entsprach. Auf Grund des Abtretungsvertrags vom 23. 10. 2000 erwarb der Beklagte den Geschäftsanteil seines Vaters um den Abtretungspreis von ATS 1. Dabei erwarb er jenen Teil des Geschäftsanteils seines Vaters, der einer Stammeinlage von ATS 10.000 entsprach, auf eigene Rechnung, während er jenen Teil des Geschäftsanteils seines Vaters, der einer Stammeinlage von ATS 500.000 entsprach, auf Grund des Treuhandvertrags mit der Klägerin vom selben Tag auf Rechnung der Klägerin erwarb. Die Klägerin bezahlte auch den Abtretungspreis von ATS 1. Der Treuhandvertrag zwischen den Parteien sah unter anderem vor, dass der Beklagte über das Treuhandgut nur nach Maßgabe der Weisungen der Klägerin verfügen und den Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft nur mit Zustimmung der Klägerin ändern darf. Weiters stellte der Beklagte am 23. 10. 2000 ein unbefristetes Anbot zur Abtretung des Treuhandguts an die Klägerin.

Am 6. 7. 2005 hielt der Beklagte als Alleingesellschafter eine außerordentliche Generalversammlung der Gesellschaft ab. Dabei fasste er den Beschluss, das Stammkapital der Gesellschaft von EUR 72.672,83 auf EUR 500.000 zu erhöhen und die Kapitalerhöhung als Alleingesellschafter zur Gänze zu übernehmen, wobei der Übernahmepreis 100 % der übernommenen Stammeinlage betrage. Die Kapitalerhöhung sei laut Protokoll notwendig, weil die Klägerin die Nutzungsvereinbarung mit der Gesellschaft hinsichtlich eines wesentlichen Teils des Fuhrparks aufgekündigt habe, weshalb die Notwendigkeit der Ersatzbeschaffung bestehe und zur Finanzierung der Anschaffungskosten die Zuführung neuen Kapitals erforderlich sei. Mit Schreiben vom 7. 7. 2005 teilte die Gesellschaft der Klägerin die am Vortag beschlossene Kapitalerhöhung mit und forderte sie im Sinne der bestehenden Treuhandvereinbarung auf, binnen vier Wochen nach Beschlussfassung zu erklären, ob sie zur Übernahme des auf sie entfallenden Anteils der Kapitalerhöhung in der Höhe von EUR 213.663,59 bereit sei. Die Klägerin reagierte auf diese Mitteilung zunächst damit, dass sie mit Notariatsakt vom 25. 7. 2005 das Abtretungsanbot des Beklagten vom 23. 10. 2000 hinsichtlich eines Geschäftsanteils von ATS 500.000 zum Abtretungspreis von ATS 1 annahm. Mit Schreiben vom 5. 8. 2005 teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit, dass die Klägerin das Abtretungsanbot des Beklagten angenommen habe, und forderte den Beklagten unter Bezugnahme auf die Treuhandvereinbarung auf, von der Durchführung und Anmeldung der Kapitalerhöhung der Gesellschaft Abstand zu nehmen. Ungeachtet dieser Aufforderung veranlasste der Beklagte als Geschäftsführer die Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Firmenbuch. Am 27. 8. 2005 wurde die Kapitalerhöhung im Firmenbuch eingetragen. Am 30. 9. 2005 wurde die Klägerin als Gesellschafterin mit einer Stammeinlage von EUR 36.336,42 im Firmenbuch eingetragen. Die Klägerin begehrt nach Klageänderung wie aus dem Spruch ersichtlich, nachdem sie zuvor begehrt hatte, der Beklagte habe die Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Firmenbuch zu unterlassen. Die vom Beklagten „handstreichartig" vorgenommene Kapitalerhöhung verletze die Treuhandvereinbarung zwischen den Parteien. Die Kapitalerhöhung hätte als Änderung des Gesellschaftsvertrags der Zustimmung der Klägerin bedurft. Die Klägerin sei durch das Verhalten des Beklagten von einer Hälftegesellschafterin mit 50 % des Stammkapitals zur Minderheitsgesellschafterin mit 7,27 % „degradiert" worden. Da sie jetzt nicht einmal mehr 10 % des Stammkapitals innehabe, seien ihr verschiedene Rechte, wie etwa jenes der Einberufung der Generalversammlung (§ 37 GmbHG), der Aufnahme von Tagesordnungspunkten (§ 38 GmbHG) oder der Erwirkung der gerichtlichen Bestellung von sachverständigen Revisoren (§ 45 GmbHG) genommen worden. Mangels besonderer Regelung im Gesellschaftsvertrag erfolge die Gewinnverteilung gemäß § 82 Abs 2 GmbHG nach dem Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen. Der Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Bilanzgewinns sei durch die Kapitalerhöhung von 50 % auf 7,27 % reduziert worden. Die Klägerin habe Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als habe die Verletzung der Treuhandvereinbarung nie stattgefunden. Dieses Ziel könne nur durch eine Herabsetzung des Stammkapitals der Gesellschaft von EUR 500.000 auf den früheren Stand von EUR 72.672,84 erreicht werden. Hiezu bedürfe es neuer Gesellschafterbeschlüsse.

Der Beklagte bestreitet das Klagevorbringen, beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und wendet ein, dass die Klägerin auf Grund eines Zerwürfnisses mit dem Beklagten die Nutzungsvereinbarung hinsichtlich des gesamten Fuhrparks aufgekündigt und die Rückstellung der Fahrzeuge binnen drei Tagen verlangt habe, um die Gesellschaft „aus dem Markt zu drängen". Um eine Insolvenz der Gesellschaft zu vermeiden, sei zur Finanzierung einer Ersatzlösung (Kaufleasing auf Restwertbasis) eine Erhöhung der Eigenkapitalausstattung geboten gewesen. Der Klägerin sei die Möglichkeit angeboten worden, an dieser Kapitalerhöhung im Ausmaß der Beteiligung laut Treuhandvereinbarung teilzunehmen und die Stammeinlage im bisherigen Verhältnis zum gesamten Stammkapital zu übernehmen. Davon habe sie jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die Klägerin sei wegen einer allfälligen Verletzung der Treuhandvereinbarung auf bloße Schadenersatzansprüche beschränkt. Sie sei jedoch nicht berechtigt, mit Gerichtsentscheidung in die Willensbildung der Gesellschaft einzugreifen. Ein Schaden der Klägerin sei im Übrigen gar nicht eingetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung der vorstehend wiedergegebenen Feststellungen ab. In rechtlicher Hinsicht ging es davon aus, dass das Klagebegehren schon deshalb nicht berechtigt sei, weil der Treuhandvertrag zwischen den Parteien nicht in Form eines Notariatsakts errichtet worden sei. Da es sich hier nicht um eine Erwerbs-, sondern eine bloße Vereinbarungstreuhand gehandelt habe, sei das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG verletzt worden.

Das Berufungsgericht gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts liege hier keine formpflichtige Vereinbarungstreuhand vor. Abgesehen davon, dass der Beklagte die Ungültigkeit der Treuhandvereinbarung in erster Instanz nicht einmal eingewendet habe, sei nach dem Inhalt der Urkunden und dem zeitlichen Ablauf der Ereignisse von einer Erwerbstreuhand auszugehen, die nicht dem Formzwang des § 76 Abs 2 GmbHG unterliege. Die von der Klägerin angestrebte Naturalrestitution komme jedoch nicht in Betracht. Zum einen sei die Treuhandvereinbarung durch die Annahme des Abtretungsanbots des Beklagten durch die Klägerin bereits beendet worden und scheide daher als Anspruchsgrundlage aus. Zum anderen sei der Klägerin zwar zuzugestehen, dass der Beklagte seine Treuhandpflichten verletzt habe und die Rechtsposition der Klägerin dadurch beeinträchtigt worden sei, dass ihr Anteil am Stammkapital auf unter 10 % gesunken sei; dabei handle es sich jedoch weder um einen Vermögens-, noch um einen ideellen Schaden. Die Klägerin hätte die Verschlechterung ihrer Rechtsposition durch die Teilnahme an der Kapitalerhöhung vermeiden können. So aber laufe das Klagebegehren auf eine Umgehung der Beschränkungen der Rechte eines Minderheitsgesellschafters hinaus. Die begehrte Naturalrestitution scheide gemäß § 1323 ABGB aber auch dann aus, wenn sie weder möglich noch tunlich sei. Die Herabsetzung des Stammkapitals bedeute einen Eingriff in die Rechte Dritter, nämlich der Gesellschaftsgläubiger, zu deren Schutz in den §§ 54 ff GmbHG ein besonderes Aufgebotsverfahren vorgesehen sei. Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iSd Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Die Parteien waren durch einen Treuhandvertrag verbunden, bei dem das Treuhandobjekt, nämlich der einzige Geschäftsanteil an der Gesellschaft, vom Beklagten zu einer Hälfte im eigenen Interesse und zur anderen Hälfte treuhändig für die Klägerin gehalten wurde. Der Begriff der „Treuhand" ist im österreichischen Recht nicht geregelt, sein Inhalt richtet sich im Einzelnen nach den Parteienvereinbarungen (Strasser in Rummel, ABGB³ § 1002 Rz 42; RIS-Justiz RS0010444 ua). Das Gebot der Notariatsaktform nach § 76 Abs 2 GmbHG findet auf den Treuhandvertrag und die dem Treuhänder und dem Treugeber daraus typischerweise erwachsenden Verpflichtungen - so etwa für die im Regelfall auch ohne besondere Abrede im Treuhandvertrag aus § 1009 ABGB folgende Rückübertragungsverpflichtung des Treugebers - keine Anwendung. Wurde der Geschäftsanteil bereits im Rahmen der Treuhandvereinbarung vom Treuhänder auf Rechnung des Treugebers erworben und gehalten (sog Erwerbstreuhand), so besteht eine Herausgabeverpflichtung auch dann, wenn der Treuhandvertrag nicht in Notariatsaktform errichtet wurde (RIS-Justiz RS0010442 ua). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass nach dem gegenständlichen Ablauf des Übergangs des Geschäftsanteils des Vaters des Beklagten an der Gesellschaft auf den Beklagten und die Klägerin im Verhältnis der Parteien von einer nicht der Notariatsaktform unterliegenden Erwerbstreuhand auszugehen sei, ist nicht zu beanstanden. Es genügt, den Revisionsgegner insoweit auf die Begründung des Berufungsgerichts zu verweisen, zumal der Beklagte in erster Instanz weder die Formgültigkeit des Treuhandvertrags bestritten, noch ein Vorbringen erstattet hat, auf Grund welcher besonderen Umstände - trotz der für das Vorliegen einer Erwerbstreuhand sprechenden gegenständlichen Urkunden - von einer formpflichtigen Vereinbarungstreuhand auszugehen sei.

Aus dem Treuhandvertrag der Parteien vom 23. 10. 2000 ist vor allem die Regelung in Pkt 3.2. („Vertragsänderungen") hervorzuheben. Danach darf der Treuhänder „insbesondere" Änderungen des Gesellschaftsvertrags der Gesellschaft nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Treugeberin vornehmen. Das GmbHG widmet sich im 3. Abschnitt seines I. Hauptstücks den „Abänderungen des Gesellschaftsvertrags" (§§ 49-60). Zuerst trifft es einige „Allgemeine Bestimmungen" (§§ 49-51) für alle Abänderungen des Gesellschaftsvertrags und hebt dann zwei Abänderungen besonders hervor, nämlich die „Erhöhung" (§§ 52-53) und die "Herabsetzung des Stammkapitals" (§§ 54-60). Das Berufungsgericht ging daher zutreffend davon aus, dass es sich bei der gegenständlichen Kapitalerhöhung um eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags handelte. Allgemein gilt nach dem GmbHG, dass eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags nur durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen kann. Dieser Beschluss muss notariell beurkundet werden (§ 49 Abs 1 GmbHG). Die Abänderung hat keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Firmenbuch eingetragen ist (§ 49 Abs 2 GmbHG). Abänderungen des Gesellschaftsvertrags können nur mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden (§ 50 Abs 1 GmbHG). Jede Abänderung des Gesellschaftsvertrags ist von sämtlichen Geschäftsführern zum Firmenbuch anzumelden (§ 51 Abs 1 GmbHG). Die Erhöhung des Stammkapitals setzt nach dem GmbHG einen Beschluss auf Abänderung des Gesellschaftsvertrags voraus (§ 52 Abs 1 GmbHG). Zur Übernahme der neuen Stammeinlagen können von der Gesellschaft die bisherigen Gesellschafter oder andere Personen zugelassen werden (§ 52 Abs 2 GmbHG). Mangels einer anderweitigen Festsetzung im Gesellschaftsvertrag oder Erhöhungsbeschluss steht den bisherigen Gesellschaftern binnen vier Wochen vom Tag der Beschlussfassung an ein Vorrecht zur Übernahme der neuen Stammeinlagen nach dem Verhältnis der bisherigen zu (§ 52 Abs 3 GmbHG). Der Beschluss auf Erhöhung des Stammkapitals ist zum Firmenbuch anzumelden, sobald das erhöhte Stammkapital durch Übernahme der Stammeinlagen gedeckt und deren Einzahlung erfolgt ist (§ 53 Abs 1 GmbHG).

Ist nun aber einerseits die Erhöhung des Stammkapitals nach dem GmbHG eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags und darf andererseits der Treuhänder nach der Regelung in Pkt 3.2. des Treuhandvertrags „insbesondere" Änderungen des Gesellschaftsvertrags nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Treugeberin vornehmen, dann ist auch die weitere rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte gegen den Treuhandvertrag verstoßen hat, nicht zu beanstanden. Wie nämlich bereits ausgeführt, beschloss der Beklagte nicht nur ohne Zustimmung der Klägerin im Rahmen der außerordentlichen Generalversammlung vom 6. 7. 2005 als Alleingesellschafter die Erhöhung des Stammkapitals von EUR 72.672,83 auf EUR 500.000, sondern erwirkte auch gegen den erklärten Willen der Klägerin die Anmeldung des Beschlusses auf Kapitalerhöhung zum Firmenbuch.

Nicht gefolgt werden kann jedoch dem Berufungsgericht bei der weiteren Überlegung, dass der Treuhandvertrag als Anspruchsgrundlage ausscheide, weil er durch die Annahme des Abtretungsanbots des Beklagten durch die Klägerin bereits beendet worden sei. Richtig ist, dass das Treuhandverhältnis nach Pkt 4.1. des Treuhandvertrags solange als „abgeschlossen gilt", als die Treugeberin vom notariellen Abtretungsanbot keinen Gebrauch macht. Richtig ist daher auch, dass der Treuhandvertrag im Sinne dieser Regelung als beendet angesehen werden kann, als die Klägerin am 25. 7. 2005 das Abtretungsanbot des Beklagten angenommen hat. Die Klägerin macht hier jedoch gegenüber dem Treuhänder nicht die aufrechte Treuhandschaft geltend, sondern die Verletzung von Pflichten des Treuhänders zu einer Zeit, als der Treuhandvertrag zwischen den Parteien noch unstrittig aufrecht war. Richtig führt das Berufungsgericht aus, dass eine Verletzung der Treuhandpflichten den Treuhänder gegenüber seinem Auftraggeber schon nach allgemeinen Grundsätzen des ABGB ex contractu schadenersatzpflichtig macht (1 Ob 333/98x ua). Das Berufungsgericht gesteht der Klägerin auch zu, dass deren Rechtsposition dadurch verschlechtert worden sei, dass sich ihr Geschäftsanteil nicht mehr auf 50 %, sondern nur mehr auf weniger als 10 % belaufe, wodurch ihr verschiedene Gesellschafterrechte abhanden gekommen seien. Wenn das Berufungsgericht daran anknüpfend aber meint, dass die Verschlechterung der Rechtsstellung keinen Vermögensschaden darstelle, den das Berufungsgericht als Differenz zwischen dem Vermögen des Geschädigten vor und nach dem schädigenden Ereignis definiert, dann zielt es augenscheinlich auf den „rechnerischen Schaden" ab und verneint damit etwas, was die Klägerin gar nicht begehrt hat. Die Klägerin will keinen Geldersatz für ihren Schaden; sie muss ihn daher auch weder berechnen noch beziffern. Ihr geht es um die Wiederherstellung der Situation vor der eigenmächtigen Kapitalerhöhung durch den Beklagten. Ziel der Klägerin ist die Naturalrestitution ihrer früheren Rechtsstellung als Hälftegesellschafterin der Gesellschaft auf der Grundlage des von ihr übernommenen Stammkapitals von EUR 72.672,83.

Nach § 1293 ABGB heißt Schaden nicht nur jeder Nachteil, welcher jemandem an Vermögen oder seiner Person zugefügt worden ist, sondern auch jeder Nachteil, welcher jemandem an seinen Rechten zugefügt worden ist. Der weite Schadenbegriff des ABGB umfasst jeden Zustand, der rechtlich als Nachteil aufzufassen ist, an dem also ein geringeres rechtliches Interesse besteht als an dem bisherigen. Dabei ist nicht nur an den Rechtsverlust zu denken. Auch etwa die Belastung, das Bedingt- oder Befristetwerden eines Rechts oder auch die bloß vorübergehende Verhinderung der Ausübung eines Rechts kann ein Schaden sein (vgl Wolff in Klang, ABGB² VI, 1 mwN; 1 Ob 47/00v ua). Verliert zB der Gläubiger die für seine Forderung bestellte Sicherheit, so kann er vom Schädiger Naturalrestitution wegen dieses realen Schadens - in Form der Bereitstellung einer Sicherheit, mit der die verlorene Sicherheit wieder erreicht wird - verlangen (vgl 1 Ob 601/93; RIS-Justiz RS0022526 ua). Entgegen der offenbaren Annahme des Berufungsgerichts und des Revisionsgegners geht der Schadensbegriff des ABGB über „rechnerische Schäden", bei denen der Ersatz in Geld zu bemessen ist, hinaus (Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 2/2, 2/18 ua). Das Gesetz erfasst auch den „realen Schaden". Dieser ist maßgebend, wenn - wie im vorliegenden Fall - Ersatz durch Naturalherstellung (§ 1323 ABGB) geleistet werden soll (Koziol aaO Rz 2/2; Reischauer in Rummel, ABGB² § 1293 Rz 2; Karner in KBB, ABGB § 1293 Rz 1 ua).

Der reale Schaden liegt in der tatsächlichen negativen Veränderung der Vermögensgüter des Geschädigten (Koziol aaO Rz 2/17). Zu diesen Vermögensgütern gehört auch der Geschäftsanteil an einer GmbH (§ 75 GmbHG), bei dem es sich um die Summe aller Rechte und Pflichten des Gesellschafters handelt, die ihm aus seiner Mitgliedschaft an der Gesellschaft zukommen (Koppensteiner, GmbHG² § 75 Rz 4 ff; RIS-Justiz RS0004168 ua). Der Geschäftsanteil beinhaltet sowohl Vermögensrechte und -pflichten (wie das Recht auf Gewinn- und Liquidationsquote, das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhung oder das Recht auf Rückzahlung der Stammeinlage im Fall einer Kapitalherabsetzung bzw die Verpflichtung zur Einzahlung der übernommenen Stammeinlage etc), aber auch Herrschaftsrechte (wie das Recht auf Teilnahme und das Stimmrecht bei Gesellschafterbeschlüssen, das Kontrollrecht etc) und Mitgliedschaftsrechte (wie das Recht auf Sitz und Stimme in der Generalversammlung, auf Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen etc;

vgl Umfahrer, GmbH5 Rz 688; Gellis/Feil, GmbhG6 § 75 Rz 1 ua). Der betreibende Gläubiger greift auf einen Geschäftsanteil mit Exekution auf „andere Vermögensrechte" nach §§ 330 ff EO (3 Ob 14/95;

RIS-Justiz RS0004168 ua).

Bei der Naturalrestitution ist es gleichgültig, ob die reale Veränderung auch eine in Geld messbare Verminderung des Vermögens mit sich gebracht hat; entscheidend ist nur, dass eine tatsächliche negative Veränderung vorliegt, die durch Naturalherstellung ausgeglichen werden kann (Koziol aaO Rz 2/4, 2/17). Eine derartige negative Veränderung wurde hier vom Beklagten zu Lasten der Klägerin herbeigeführt, indem er eigenmächtig eine Kapitalerhöhung beschloss und das Gewicht des für die Klägerin treuhändig gehaltenen Geschäftsanteils beträchtlich verringerte und damit in ihre durch die Treuhandvereinbarung gesicherte Rechtsposition eingriff, wonach Änderungen ausdrücklich ihrer Zustimmung vorbehalten waren (vgl 1 Ob 47/00v ua). Das Gewicht des Geschäftsanteils, die Quote anteilsimmanenter Rechte und Pflichten, orientiert sich nämlich gemäß § 75 Abs 1 GmbHG bei Fehlen anderweitiger Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags nach der (relativen) Höhe der übernommenen Stammeinlage. Nach diesem Maßstab richtet sich zB das Stimmgewicht (§ 39 GmbHG) oder die Verfügbarkeit von Minderheitsrechten (§§ 37 Abs 1, 45 Abs 1, 48 Abs 1 GmbHG). In anderen Zusammenhängen kommt es auf die Relation der eingezahlten Stammeinlagen an (§§ 82 Abs 2, 91 Abs 3 GmbHG; Koppensteiner aaO § 75 Rz 6 ua).

Das Begehren der Klägerin zielt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf eine Umgehung der Minderheitsrechte, sondern auf eine Zurückversetzung in den vorigen Stand durch Beseitigung der Folgen des vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten ab. Es entspricht damit den Intentionen des ABGB, das von einem Vorrang der Naturalrestitution ausgeht (§ 1323 ABGB). Dieser Vorrang beruht darauf, dass die Naturalrestitution den besten und vollständigsten Ersatz darstellt. Sie wahrt das „Integritätsinteresse" des Geschädigten und ist am geeignetsten, den Ausgleichsgedanken zu verwirklichen. Während der Geldersatz nur das „Wertinteresse" in Geld ausgleicht, wird durch die Naturalrestitution jener tatsächliche Zustand hergestellt, wie er ohne schädigendes Ereignis bestanden hätte (Koziol aaO Rz 9/1; Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1323 Rz 1 ua). Gerade bei der gegenständlichen Konstellation wäre ein allfälliger Geldersatz nur schwer zu berechnen und ein darauf beschränkter Schadenersatzanspruch ein bloß „kümmerlicher Behelf" (vgl Vavrovsky, Stimmbindungsverträge 119 f; M. Tichy, Syndikatsverträge 183 ua).

Richtig ist, dass die Naturalrestitution bei Unmöglichkeit oder Untunlichkeit nicht in Betracht kommt (Koziol aaO Rz 9/16 ff; Danzl in KBB, § 1323 Rz 1; RIS-Justiz RS0112887 ua). Eine solche liegt aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des Revisionsgegners nicht vor. Die von der Klägerin begehrte Naturalrestitution greift nicht in die Rechte der Gesellschaftsgläubiger ein. Aus der Entscheidung SZ 57/174 (1 Ob 676, 677/84) über die Heilung von Formmängeln der notariellen Beurkundung einer Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH ist für den Standpunkt des Revisionsgegners nichts zu gewinnen. Hier geht es nicht um Formmängel der Beschlussfassung. Die beschlossene Kapitalerhöhung ist nach außen wirksam. Sie wird nicht einfach für ungültig erklärt. Es bedarf vielmehr zur Naturalrestitution der Einhaltung des im GmbHG vorgesehenen Kapitalherabsetzungsverfahrens. Der Beschluss auf Änderung des Gesellschaftsvertrags durch Herabsetzung des Stammkapitals (§ 54 Abs 1 GmbHG) stellt dabei nur den ersten Schritt (von vier Schritten) zur Durchführung der ordentlichen Kapitalherabsetzung dar. Darauf haben dann die Anmeldung der beabsichtigten Kapitalherabsetzung zum Firmenbuch (§ 55 Abs 1 GmbHG), nach Eintragung die Durchführung des Aufgebotsverfahrens einschließlich der Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger (§ 55 Abs 2 GmbHG) und die Anmeldung der Kapitalherabsetzung zum Firmenbuch (§ 56 Abs 1 und 2 GmbHG) anzuschließen (Koppensteiner aaO § 54 Rz 2).

Das treuhandvertragswidrige Vorgehen des Beklagten kann nicht erfolgreich mit dem Einwand der Untunlichkeit der Naturalrestitution verteidigt werden. Wer seinen halben Geschäftsanteil an einer GmbH an einen anderen abtritt, ist darauf verwiesen, in allen Fragen der Änderung des Gesellschaftsvertrags das Einvernehmen mit dem anderen Hälftegesellschafter zu suchen (§ 50 Abs 1 GmbHG). Soweit es zu keiner Einigung kommt, bleiben nur die Möglichkeiten, die das GmbHG bietet. Für eigenmächtige Aktionen hinter dem Rücken des anderen Hälftegesellschafters besteht keine Rechtsgrundlage. Überlegungen des Beklagten, die von ihm einseitig durchgeführte Kapitalerhöhung wäre - ungeachtet der übergangenen Klägerin - ohnehin zum Wohl der Gesellschaft und damit auch zum Wohl der Klägerin gewesen, sind nicht zielführend. Das erstinstanzliche Beklagtenvorbringen zur Kündigung der Überlassung des Fuhrparks durch die Klägerin an die Gesellschaft ist in seinen angeblich die Kapitalerhöhung gebietenden Folgen nicht einmal schlüssig, behauptete doch der Beklagte selbst, dass die Konditionen, die die Klägerin für die Fahrzeuge verlangte, ohnedies überhöht und daher nur für die Klägerin von Vorteil gewesen seien. Weshalb dann aber die nun mögliche Anmietung (Leasing) der Fahrzeuge zu marktüblichen Konditionen - gegenüber der vorherigen Anmietung zu (angeblich) überhöhten Preisen - eine Erhöhung des Stammkapitals um fast das Sechsfache geboten hat, wurde vom Beklagten nicht offengelegt. Genau dieser Diskussion entzog sich der Beklagte, indem er die Änderung des Gesellschaftsvertrags allein durchzog und die Klägerin vor die vollendete Tatsache stellte, entweder bei der Kapitalerhöhung mitzuziehen oder in Hinkunft die Rolle des Kleingesellschafters einzunehmen.

Auch die Überlegung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin die Verschlechterung ihrer Rechtsposition durch die Teilnahme an der Kapitalerhöhung vermeiden hätte können, greift nicht. Dem Berufungsgericht schwebt offenbar eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Geschädigte vor. Danach muss die Geschädigte alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, die auch ein verständiger Durchschnittsmensch ergriffen hätte, um den Schaden möglichst gering zu halten (RIS-Justiz RS0027015 ua). Von einer Verletzung der Schadensminderungspflicht kann daher keine Rede sein, wenn die Klägerin bei einer übernommenen Stammeinlage von EUR 36.336,42 mit dem Betrag von EUR 213.663,59 fast das Sechsfache aufwenden müsste, um ihre bisherige Rechtsposition als Hälftegesellschafterin zu halten.

Die Auffassung des Revisionsgegners, die Klägerin hätte den Beschluss auf Kapitalerhöhung mit Anfechtungsklage nach § 41 GmbHG, dem einzig zulässigen Weg der gerichtlichen Überprüfung der Willensbildung der Gesellschaft, bekämpfen können, braucht hier nicht geprüft werden. Für die Ansicht, dieses Klagerecht verdränge den Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen Verletzung des Treuhandvertrags durch den Beklagten besteht keine rechtliche Grundlage.

Der Revision der Klägerin ist daher Folge zu geben und dem Klagebegehren in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen stattzugeben.

Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich des Verfahrens erster Instanz auf § 41 ZPO, hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 Abs 1 ZPO. Für die Berufung gilt nach § 23 Abs 9 RATG lediglich der dreifache - und nicht wie verzeichnet der vierfache - Einheitssatz.

Rechtssätze
7