JudikaturJustiz8ObA274/01d

8ObA274/01d – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. November 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras und die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Georg Genser und Ernst Boran als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Milivoj D*****, vertreten durch Schmid Horn, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) Basketballclub W*****, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, 2.) Veljko O*****, Unternehmer, *****, sowie 3.) Dr. Christoph O***** als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren des Mag. Werner K*****, Angestellter, *****, wegen S 272.848,-- netto sA, über den Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei (Streitinteresse des Revisionsrekurses S 235.563,20 sA) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. August 2001, GZ 7 Ra 100/01g-60, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. Oktober 2000, GZ 30 Cga 161/97y-49, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen über die Einrede der mangelnden Parteifähigkeit der erstbeklagten Partei werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der hier beklagte Basketballverein wählte noch am 26. 8. 1996 einen neuen Präsidenten, der sich davor am 20. 8. 1996 gegenüber dem Verein zur Übernahme von offenen Schulden in Höhe von S 425.000,-- verpflichtet hatte. Zu dieser Zeit hatte der Verein keine Aktiven. Nachdem dieser neue Präsident - der Zweitbeklagte - jedoch Mitte September 1996 erklärte, die eingegangenen Verpflichtungen nicht zu übernehmen und alle Funktionen zurückzulegen, fasste die daraufhin einberufene außerordentliche Generalversammlung des erstbeklagten Basketballvereines am 30. 9. 1996 den Beschluss, den früheren Präsidenten wieder zum Präsidenten zu wählen und beschloss gleichzeitig auch die Auflösung des Vereines. Die gesonderte Bestellung von Liquidatoren erfolgte nicht. Die offenen Forderungen des Vereines gegen den Zweitbeklagten wurden dem neuen Präsidenten zediert. Ein gesonderter Liquidator wurde nicht bestellt. Die Vereinsbehörde wurde von der freiwilligen Auflösung in Kenntnis gesetzt.

Die Statuten der Erstbeklagten enthalten im § 15 über die Vereinsauflösung folgende Regelung:

"Die freiwillige Auflösung des Vereines kann nur in einer zu diesem Zweck einberufenen außerordentlichen Generalversammlung beschlossen werden.

Diese Generalversammlung hat auch über die Liquidation zu beschließen. Grundsätzlich hat für diesen Fall alles vorhandene Vermögen dem A***** Landesverband Steiermark zuzufließen."

Der Kläger begehrt unter anderem von dem erstbeklagten Basketballverein verschiedene Ansprüche aus der unberechtigten Auflösung seines Spielervertrages. Er brachte zur Frage der Parteifähigkeit des Basketballvereines vor, dass eine gesonderte Bestellung von Liquidatoren nicht erfolgte und daher der letzte Obmann zur Vertretung befugt sei. Die Parteifähigkeit ergebe sich schon aus dem Passivvermögen, aber auch daraus, dass die Auflösung nicht ordnungsgemäß erfolgte, jedenfalls statutenwidrig sei und auch noch Forderungen gegenüber den Mitgliedern für die Spielsaison 1996/1997 bestehen würden.

Der erstbeklagte Basketballverein wendete vor allem seine mangelnde Parteifähigkeit ein, da er bereits aufgelöst sei und keinerlei Aktivvermögen vorhanden sei.

Das Erstgericht wies die Klage gegen die erstbeklagte Partei wegen mangelnder Parteifähigkeit zurück. Insoweit ging es davon aus, dass die Erstbeklagte in der Generalversammlung am 30. 9. 1996 ihre Auflösung beschlossen habe und über keinerlei Werte oder verteilbares Aktivvermögen verfügt habe. Allfälliges Passivvermögen sei nicht zu berücksichtigen. Auch die Forderung des Vereines gegen den Zweitbeklagten - früheren - Präsidenten sei zediert worden.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Klägers Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichtes dahin ab, dass diesem die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen wurde. Das Rekursgericht ging dabei zusammengefasst davon aus, dass der Gesetzgeber die Regelung der Liquidation des Vermögens eines Vereines den Statuten überlasse. Üblicherweise werde durch die Generalversammlung ein Liquidator bestellt, der das verbleibende Reinvermögen zu verwerten habe. Für den Fall, dass kein Liquidator eingesetzt werde, sei vom Erfordernis einer behördlichen Liquidatorenbestellung auszugehen. Da hier aber gar keine Liquidation erfolgt sei und die Generalversammlung über die Liquidation zu beschließen habe, habe der beklagte Verein seine Parteifähigkeit noch nicht verloren. Im Übrigen fehle es auch an Feststellungen zu den behaupteten aushaftenden Mitgliedsbeiträgen und darüber ob die außerordentliche Generalversammlung überhaupt ordnungsgemäß einberufen worden sei. Einer allfälligen Löschung im Vereinsregister komme nur deklarative Wirkung zu.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs ist gemäß § 47 Abs 2 iVm § 46 Abs 3 Z 1 ASGG jedenfalls zulässig und auch berechtigt.

Die Klage wurde nun erst am 17. 11. 1997 zugestellt, nachddem der Auflösungsbeschluss bereits am 30. 9. 1996 erfolgt war.

Gegen eine vollbeendete und damit nicht mehr parteifähige Gesellschaft kann kein Prozessrechtsverhältnis begründet werden (vgl RIS Justiz RS0109397 mwN etwa SZ 70/50); dies gilt auch für Vereine.

Das Vereinsgesetz enthält zur Frage der Liquidation und Vollbeendigung nur einerseits in § 4 Abs 2 VereinsG 1951 die Vorgabe, dass die Statuten auch Bestimmungen über die freiwillige Auflösung des Vereines und die Verwertung des Vereinsvermögens im Falle einer solchen Vereinsauflösung zu enthalten haben. Andererseits bestimmt § 26 VereinsG, dass die freiwillige Auflösung eines Vereines dem Landeshauptmann vom abtretenden Leitungsorgan des Vereines binnen vier Wochen anzuzeigen und vom Landeshauptmann in einer für amtliche Verlautbarungen bestimmten Zeitung zu veröffentlichen ist. Erst mit Abschluss der Liquidation verliert nun der Verein zur Gänze seine Rechtsfähigkeit (vgl OGH RIS Justiz RS0079726, RS0009119 mwN etwa JBl 1975, 424 ua; Brändle/Schnetzer, Österreichisches Vereinsrecht2, 100;

Fessler/Keller, Österreichisches Vereinsrecht7, 137;

Aicher/Stabentheiner in Rummel ABGB3 § 26 Rz 49 f). Der Beschluss über die Bestellung des Präsidenten im Zusammenhang mit der Auflösung kann nun gleichzeitig auch als Beschluss über die Bestellung eines Liquidators verstanden werden. War aber im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses überhaupt kein Vermögen mehr vorhanden, so bedarf es auch keiner Liquidation eines solchen Vermögens. Ein formeller Verfahrensablauf wie etwa bei Kapitalgesellschaften im Sinne einer zwingend durchzuführenden Liquidationsphase ist im Vereinsgesetz nicht vorgesehen (vgl im Übrigen auch Fessler/Keller/Krejci/Zetter Reform des Vereinsrechts, 117 ff). Auch die hier vorliegenden Statuten enthalten keine dahingehende Regelung;

bestimmen sie doch nur, dass der Auflösungsbeschluss im Rahmen einer zu diesem Zweck einberufenen außerordentlichen Generalversammlung zu erfolgen hat und diese Generalversammlung auch einen Beschluss über die Liquidation zu fassen hat. Weiters ist nur festgelegt, dass ein allfenfalls vorhandenes Vermögen dem Landesverband zufließt. Soweit aber gar kein Vermögen mehr vorhanden ist, bleibt auch kein Anwendungsbereich für eine weitere Liquidation. Es fällt dann die Vollbeendigung mit dem Auflösungsbeschluss zusammen (vgl in diesem Sinne Höhne/Jöchl/Lummerstorfer Das Recht der Vereine, 143).

Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Erstgericht zu prüfen haben, inwieweit nun tatsächlich das vom Kläger behauptete Aktivvermögen - Forderungen für die Spielsaison 1996/1997 - vorhanden ist.

Abschließend bleibt auch noch festzuhalten, dass es Dritten nicht zusteht, eine allfällige Unwirksamkeit des Auflösungsbeschlusses wegen Verletzung einzelner Formerfordernisse gegenüber den Vereinsmitgliedern geltend zu machen. Sollen diese Formerfordernisse doch im Wesentlichen den Vereinsmitgliedern eine entsprechende Mitwirkung sichern (vgl RIS Justiz RS0017963 mwN; zur relativen Nichtigkeit allgemein Krejci in Rummel aaO § 879 Rz 248b, 249).

Der Kostenvorbehalt fußt auf §§ 2 ASGG, 50 und 52 ZPO.