JudikaturJustiz8Ob24/95

8Ob24/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Oktober 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** AG, Graben 21, 1010 Wien, vertreten durch Wolf, Theiss Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Renate K*****, vertreten durch Dr.Herwig Mayrhofer und Dr.Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 630.471 S sA, infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 8.Mai 1995, GZ 4 R 42/95-13, womit infolge Rekurses der Beklagten der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 11.Jänner 1995, GZ 14 Cg 100/94d-9, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten der Rekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei erwirkte gegen die nunmehr in Deutschland ansässige, als Kaufmann bezeichnete Beklagte beim Erstgericht einen Wechselzahlungsauftrag über 630.471 S sA aufgrund eines bei der klagenden Partei in Wien zahlbaren, von der Beklagten als Akzeptantin unterfertigten Wechsels über diesen Betrag.

In den Einwendungen gegen diesen Wechselzahlungsauftrag erhob die Beklagte die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit. Die Beklagte sei weder Kaufmann bzw Unternehmer noch sei sie dies im Zeitpunkt der Unterfertigung des Wechselblanketts gewesen.

Die klagende Partei erwiderte, daß § 14 KSchG nur dann anzuwenden sei, wenn der Verbraucher im Inland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt habe. Beides sei nicht der Fall.

In der Tagsatzung vom 30.November 1994, in der auch über die materiellen Einwendungen der Beklagten verhandelt wurde, ergänzte die Beklagte ihr Vorbringen dahin, daß sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages ihren Wohnsitz im Inland gehabt habe, aber dann nach Deutschland übersiedelt sei.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit, da die Einschränkung für die Begründung der in § 14 KSchG genannten Zuständigkeiten nur für Verbraucher mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Beschäftigung im Inland gelte; der Wechsel sei am Sitz der klagenden Partei domiziliert.

Über Rekurs der Beklagten hob das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß auf, verwies die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Zur Begründung führte es aus: Der Verbraucher verliere den bei Vertragsabschluß gegebenen Schutz nicht, wenn er nach Abschluß des Vertrages ins Ausland übersiedle. Für die Frage, ob ein Gericht nach § 89 JN nur unter den Einschränkungen des § 14 KSchG in Anspruch genommen werden könne, sei nicht auf den Zeitpunkt der Komplettierung des Blankowechsels durch die klagende Partei, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages abzustellen, zu dessen Sicherung der Blankowechsel übergeben worden sei. Da das Erstgericht nicht geprüft habe, ob die Beklagte bei Abschluß des Kreditvertrages tatsächlich Konsumentin mit einem Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder einer Beschäftigung im Inland gewesen sei, sei das Verfahren ergänzungsbedürftig. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil zur Frage, ob § 14 KSchG auch dann auf einen Gerichtsstand nach § 89 JN anzuwenden sei, wenn der Verbraucher vor Komplettierung des Wechsels ins Ausland verziehe, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der Einrede der Unzuständigkeit stattgegeben und dem Erstgericht die Zurückweisung der Klage aufgetragen werde.

Die klagende Partei beantragt, dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist nicht zulässig.

Die hier maßgebliche Vorschrift des § 527 Abs 2 ZPO bindet die Zulässigkeit des Revisionsrekurses an die Voraussetzungen des § 528 ZPO, somit nach dessen mit § 502 Abs 1 ZPO übereinstimmendem Abs 1 daran, daß die Entscheidung über das Rechtsmittel von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Anfechtung der rekursgerichtlichen Entscheidung ist daher nur möglich, wenn das Rechtsmittel die unrichtige Lösung einer in diesem Sinn erheblichen Rechtsfrage geltend macht (JBl 1992, 794; 8 Ob 2/95). Nur in diesem Fall hat der Oberste Gerichtshof aus Anlaß des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluß die rechtliche Beurteilung durch das Rekursgericht in jeder Richtung zu überprüfen und dabei auch die in der Rekursbeantwortung vorgebrachten rechtlichen Argumente zu beachten (SZ 58/210). Hat das Gericht zweiter Instanz mit Recht ausgesprochen, daß die ordentliche Revision (der Rekurs oder Revisionsrekurs) zulässig sei, macht das Rechtsmittel dann aber nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, dann ist die Revision (der Rekurs) trotz des Ausspruches der Zulässigkeit durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (Kodek in Rechberger ZPO, Rz 3 vor § 502; 8 Ob 2/95).

Die Beklagte macht in ihrem Revisionsrekurs geltend, daß die aufgetragene Verfahrensergänzung nicht erforderlich sei, weil die klagende Partei das Vorbringen der Beklagten, sie habe bei Abschluß des Kreditvertrages ihren Wohnsitz im Inland gehabt und sei Konsumentin gewesen, nicht substantiiert bestritten habe und sich darüber hinaus aus der von der klagenden Partei vorgelegten Urkunde ergebe, daß die Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in ***** L***** gewohnt habe.

Mit diesem Vorbringen macht die Beklagte aber keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO geltend. Wenn das Rekursgericht, ausgehend von der von der Revisionsrekurswerberin nicht bekämpften Rechtsansicht, daß für die Frage der Zulässigkeit der Begründung des Gerichtsstandes nach § 89 JN auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Verbraucher abzustellen sei, zur Auffassung gelangte, daß der für die rechtliche Beurteilung erforderliche Sachverhalt noch nicht genügend geklärt sei, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (SZ 41/8; JBl 1975, 549; ÖBA 1990/229; 8 Ob 2/95). Die Ausführungen der Beklagten, mit denen sie darzutun versucht, daß weitere Beweiserhebungen nicht erforderlich seien, sind daher nicht geeignet, die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu begründen.

Da somit der Revisionsrekurs der Beklagten mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig ist, war es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, auf die vom Berufungsgericht relevierte Rechtsfrage der Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Abschlusses des Kreditvertrages auch für den Fall der späteren Komplettierung des vom Verbraucher zur Sicherung der Kreditverbindlichkeit übergebenen Blankowechsels sowie auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Revisionsbeantwortung einzugehen. Ebensowenig war aus Anlaß des unzulässigen Rechtsmittels ein allfälliger Verstoß gegen § 261 Abs 1 ZPO wahrzunehmen.

Da die klagende Partei in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen hat, waren ihr Kosten hiefür nicht zuzusprechen.

Rechtssätze
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