JudikaturJustiz7Ob86/16x

7Ob86/16x – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Juni 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** I*****, vertreten durch die Sachwalterin E***** I*****, diese vertreten durch Mag. Michael Hirm, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei W***** AG *****, vertreten durch Dr. Christoph Schützenberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.106 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 11. Februar 2016, GZ 1 R 207/15h 12, womit das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 26. Juni 2015, GZ 50 C 205/15h 8, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 744,43 EUR (darin enthalten 120,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben einen Krankenversicherungsvertrag auf unbestimmte Zeit, gültig ab 1. November 2012, abgeschlossen. Diesem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten und Krankenhaus Taggeldversicherung der Beklagten (in Folge: AVB) zugrunde; sie lauten auszugsweise:

Der Versicherungsschutz

...

§ 2 Abschluss des Versicherungsvertrags

...

(2) Der Antragsteller ist sechs Wochen an sein Angebot gebunden. ...

(4) Über die Antragsannahme entscheidet die Geschäftsleitung des Versicherers. Die Entscheidung ist dem Antragsteller in geschriebener Form mitzuteilen. Mit der Zustellung (Aushändigung) des Versicherungsscheins oder einer Annahmeerklärung in geschriebener Form ist der Versicherungsvertrag abgeschlossen.

...

Ende des Versicherungsvertrags

§ 13 Kündigung durch den Versicherungsnehmer

(1) Der Versicherungsvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Versicherungsnehmer hat das Recht, den Versicherungsvertrag zum Ende eines jeden Versicherungsjahrs, frühestens aber zum Ablauf einer vereinbarten Vertragsdauer, mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen.

(2) Das Versicherungsjahr richtet sich nach dem ursprünglichen Versicherungsbeginn.

(3) Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und soll an die Geschäftsleitung des Versicherers gerichtet sein.

...“

Mit Schreiben vom 5. November 2012 kündigte der Kläger diesen Vertrag, weil er sich ein besseres Angebot von einer anderen Versicherungsanstalt erwartete.

Daraufhin erhielt er von der Beklagten am 9. November 2012 nachstehendes Schreiben:

„Krankenversicherung ...

Die Kündigung ist gemäß den Allgemeinen Versicherungsbedingungen jeweils nur für den Schluss eines jeden Versicherungsjahres, unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist vorgesehen. Die obige Versicherung hat am 1. 2. 1991 begonnen, das laufende Versicherungsjahr endet daher am 31. 1. 2014. Zu diesem Datum haben wir die Beendigung vorgemerkt.

...“

Am 25. Oktober 2013 verfasste der Kläger ein Schreiben an die Beklagte, welches bei dieser am 28. Oktober 2013 einlangte:

„Polizze: ...

Hiermit treten wir von der beantragten Kündigung zurück, da diese nur durch ein Missverständnis geschickt worden ist. Bitte o.g. Polizze in unveränderter Form weiterführen.

...“

Darauf reagierte die Beklagte nicht.

Der Kläger wurde am 1. Juni 2014 im Klinikum K***** mit der Diagnose „Akutes Subduralhämatom links hemisphäral, wahrscheinlich traumatisch bedingt“ stationär aufgenommen.

Am 4. Juni 2014 wurde ein Formular der Beklagten handschriftlich ausgefüllt („Antrag nach den derzeit geltenden, dem gewählten Tarif entsprechenden Versicherungsbedingungen“). Von den Möglichkeiten „Neuaufnahme“, „Umwandlung zu VersNr“, „Wiederaufnahme“, „Zusatz zu VersNR“ ist „Kündigungsrücknahme zu VersNR“ mit der handschriftlich ergänzten Polizzennummer angekreuzt. Die im Formular vorgesehene Möglichkeit „Versicherungsbeginn“ ist mit „1. 2. 2014“ ausgefüllt.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12. Juni 2014 mit, dass sie wie bereits persönlich von der Landesdirektion avisiert, bedauere, mitteilen zu müssen, dass eine Kündigungsrücknahme nicht erfolgen könne.

Der Kläger begehrt die Zahlung von 5.106 EUR sA sowie die Feststellung, dass der Krankenversicherungsvertrag über den 31. Jänner 2014 hinaus weiter aufrecht bestehe. In der von der Beklagten unterlassenen Reaktion auf seine „Kündigungsrücknahme“ – eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung – liege eine Zustimmung der Beklagten zum Weiterlaufen der vereinbarten Krankenversicherung über den 31. Jänner 2014 hinaus. In der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 2014 sei er bei einem Sturz verletzt worden. Für den aufgrund dieses Unfalls notwendigen, 69 tägigen stationären Aufenthalt schulde ihm die Beklagte das Taggeld in Höhe des Klagsbetrages. Er habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung des aufrechten Bestehens des Versicherungsverhältnisses. Hilfsweise erhob er das Feststellungsbegehren, dass ihm die Beklagte wegen der unterlassenen Reaktion auf die Rücknahme der Kündigung und wegen einer fehlerhaften Aufklärung über die Beendigung des Versicherungsvertrags zum 31. Jänner 2014 für sämtliche, ihm daraus entstehenden künftigen Schäden hafte, weil die Beklagte ihre (vor )vertraglichen Schutz und Sorgfaltspflichten verletzt habe. Dem Kläger sei dadurch die Möglichkeit genommen worden, sich und seine (über 65 Jahre alte und damit nicht mehr versicherbare) Ehefrau anderweitig krankenversichern zu lassen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe die rechtswirksame Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 9. November 2012 bestätigt. Die vom Kläger mit Schreiben vom 25. Oktober 2013 erklärte Rücknahme der Kündigung sei rechtlich nicht möglich und daher unwirksam. Sie sei als neuer Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrags zu werten, den die Beklagte nicht angenommen habe. Es habe keine unklare Vertragslage bestanden, über welche aufzuklären gewesen wäre.

Das Erstgericht wies das Haupt und das Eventualbegehren ab. Der Kläger habe die Untätigkeit der Beklagten auf sein Schreiben vom 25. Oktober 2013 (Rücknahme der Kündigung) – vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Versicherungsverhältnisses – nicht als Willen auf Vertragsfortsetzung verstehen dürfen, weshalb das Versicherungsverhältnis mit 31. Jänner 2014 beendet sei. Die Beklagte habe dem Kläger mit Schreiben vom 9. November 2012, also umgehend, das Ende des Versicherungsvertrags mit 31. Jänner 2014 bestätigt. Der Kläger hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, dass die Beklagte seine Rücknahme der Kündigung annehme und das Vertragsverhältnis fortsetze. Damit scheide auch eine Haftung der sich nicht rechtswidrig verhaltenden Beklagten aus culpa in contrahendo aus.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil in ein Teilurteil ab, mit dem es dem Hauptfeststellungsbegehren stattgab. Im Umfang des Zahlungsbegehrens wurde das Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die vom Kläger mit Schreiben vom 5. November 2012 ausgesprochene Kündigung habe Rechtswirksamkeit erlangt. In beiderseitigem Einvernehmen sei die Rücknahme einer Kündigung zulässig. Dem Schweigen der Beklagten auf das bei ihr am 28. Oktober 2013 – und somit vor Beginn der dreimonatigen Kündigungsfrist – eingelangte Schreiben des Klägers komme die Bedeutung der Zustimmung zur Rücknahme der Kündigung zu. Im Wissen um die rechtliche Wirkung einer Kündigung und deren einseitiger Rücknahme sei der beklagte Versicherer dem Kläger überlegen. Gerade weil der Kläger eine einseitig nicht mögliche Rücknahme der Kündigung ausgesprochen habe, hätte eine rechtzeitige – eine Disposition des Klägers zum Erhalt eines Versicherungsschutzes über den 31. Jänner 2014 hinaus noch ermöglichende – Ablehnung der Rücknahme der Kündigung dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprochen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Verpflichtung eines privaten Krankenversicherers zur Reaktion auf die Rücknahme einer Kündigung durch den Versicherungsnehmer fehle.

Gegen dieses Teilurteil wendet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger begehrt, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1.1 Der Versicherer hat eine unwirksame Kündigung zurückzuweisen. Tut er dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als wäre der Versicherungsvertrag wirksam gekündigt worden (RIS Justiz RS0013443 [T2, T6]; RS0018055 [T3]).

1.2 Die zeitwidrige Kündigung ist grundsätzlich in eine ordnungsgemäße Kündigung umzudeuten, also rechtlich so zu behandeln, als ob sie unter Einhaltung der vorgeschriebenen Fristen zum nächst zulässigen Termin ausgesprochen worden wäre, wenn dies dem mutmaßlichen, dem Erklärungsempfänger erkennbaren Willen des Kündigenden zum Zeitpunkt der Kündigung entspricht („Konversion“) (RIS Justiz RS0118103).

1.3 Die Beklagte hat mit Schreiben vom 9. November 2012 die (zeitwidrige) Kündigung des Klägers vom 5. November 2012 in eine ordnungsgemäße Kündigung zum nächstmöglichen Termin (31. Jänner 2014) umgedeutet. Das Berufungsgericht ging hier zutreffend davon aus, dass eine zum 31. Jänner 2014 wirksame Kündigung des Versicherungsverhältnisses vorlag, wogegen sich die Revision auch nicht wendet. Fraglich ist, ob diese Kündigung mit Schreiben des Klägers vom 25. Oktober 2013 „widerrufen/ zurückgenommen“ wurde:

2.1 Die Kündigung ist eine einseitige, vertragsgestaltende Willenserklärung eines Vertragspartners, die darauf gerichtet ist, den Vertrag zu beenden. Die Kündigung ist empfangsbedürftig und wird daher mit dem Zugang beim Empfänger wirksam (§ 862a ABGB). Nach dem Zugang ist ein einseitiger Widerruf der Kündigung nicht mehr möglich; eine darauf gerichtete Erklärung wäre in ein Anbot auf Fortsetzung des früheren Vertrags umzudeuten. Für die Fortsetzung ist dann noch die Annahme durch den anderen Teil erforderlich, die auch stillschweigend erfolgen kann ( Schauer , Das österreichische Versicherungsvertragsrecht 299 f; 7 Ob 3/77 = VersR 1978, 752; vgl RIS Justiz RS0014572; so auch deutsche Rechtsprechung und Lehre zur vergleichbaren Rechtslage: BGH VersR 1969, 415; Fausten in Langheid/Wandt Münchener Kommentar zum VVG 2 § 11 Rn 154 ff; Armbrüster in Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz 29 § 11 Rn 37; Rixecker in Römer/Langheid Versicherungsvertragsgesetz 4 § 11 Rn 12 ff; Muschner in Rüffer/Halbach/Schimikowski Versicherungsvertragsgesetz 3 § 11 Rn 31 f).

2.2 Die Rücknahme der Kündigung vom 25. Oktober 2013 ist demnach als Angebot zur Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses über den 31. Jänner 2014 hinaus zu verstehen. Der nunmehr erhobene – auch gar nicht näher begründete – Einwand der Beklagten, das Schreiben enthalte keine rechtsgeschäftliche Erklärung, geht ins Leere.

3. Zu prüfen bleibt nun, ob dieses Anbot des Klägers von der Beklagten (konkludent) angenommen wurde.

3.1 Eine stillschweigende Erklärung im Sinn des § 863 ABGB besteht in einem Verhalten, das primär etwas anderes als eine Erklärung bezweckt, dem aber dennoch auch ein Erklärungswert zukommt, der vornehmlich aus diesem Verhalten und den Begleitumständen erschlossen wird. Sie kann in einer positiven Handlung (konkludente oder schlüssige Willenserklärung) oder in einem Unterlassen (Schweigen) bestehen. Nach den von Lehre und Rechtsprechung geforderten Kriterien muss die Handlung oder Unterlassung nach der Verkehrssitte und nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer Richtung zu verstehen sein, also den zwingenden Schluss zulassen, dass die Parteien einen Vertrag schließen, ändern oder aufheben wollten. Es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein ganz bestimmter Rechtsfolgewille vorliegt, wobei stets die gesamten Umstände des Einzelfalls zur Beurteilung heranzuziehen sind (RIS Justiz RS0109021). Schweigen allein hat grundsätzlich keinen Erklärungswert (RIS Justiz RS0014124, RS0047273). Stillschweigen bedeutet nur dort Zustimmung, wo Gesetz, Verkehrssitte oder Treu und Glauben eine Pflicht zum Handeln auferlegen (RIS Justiz RS0014122) oder der Nichtzustimmende nach Treu und Glauben oder nach der Verkehrssitte hätte reden oder antworten müssen (RIS Justiz RS0013958; RS0016507; RS0062161 [T1]).

3.2 Vom Obersten Gerichtshof wurde bereits mehrfach betont, dass das Versicherungsverhältnis in besonderem Maße von Treu und Glauben beherrscht wird (RIS Justiz RS0018055), welchen Grundsatz der Versicherungsnehmer ebenso gegen sich gelten lassen muss wie der Versicherer. Diese starke Betonung von Treu und Glauben soll der Tatsache Rechnung tragen, dass jeder der beiden Vertragspartner auf die Unterstützung durch den jeweils anderen angewiesen ist, weil er dem jeweils anderen in der einen oder anderen Weise unterlegen ist. Der Versicherungsnehmer verfügt zum Beispiel allein über die Kenntnis wesentlicher Umstände für den Vertragsschluss und die Schadensabwicklung. Der Versicherer ist dem Versicherungsnehmer durch die Beherrschung der Versicherungstechnik, seine Geschäftskunde, seine umfangreichen Erfahrungen und wegen der Sachverständigen, der er sich bedienen kann, überlegen. Treu und Glauben beeinflussen daher das Versicherungsverhältnis in vielfacher Weise und können nach herrschender Meinung ergänzende Leistungs oder Verhaltenspflichten schaffen (7 Ob 161/15z mwN).

So hat der Oberste Gerichtshof die bereits dargestellte Rechtsansicht zur nicht (rechtzeitigen) Zurückweisung einer unwirksamen Kündigung damit begründet, dass die Klärung der Vertragslage bei einer unklaren oder rechtlich mangelhaften Kündigung dringend geboten ist und vom Versicherer unverzüglich eingeleitet werden muss. Die nicht rechtzeitige Zurückweisung einer – aus welchen Gründen immer – unwirksamen Kündigung ist als Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses oder als Verzicht auf die Geltendmachung der aus der Verspätung oder Unwirksamkeit einer Kündigung abgeleiteten Rechtsfolgen anzusehen (RIS Justiz RS0080729 [T1, T2]). Der Oberste Gerichtshof deutete hier unter Zugrundelegung der Grundsätze von Treu und Glauben das Schweigen des Versicherers als Einverständnis mit der Kündigung bzw als Annahme eines in der Kündigung liegenden Anbots auf Vertragsaufhebung (7 Ob 17/94) und damit als Willenserklärung.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Der Versicherungsnehmer, für den die Frage des (Nicht )Fortbestehens des Versicherungsverhältnisses im Hinblick auf die Beurteilung der Notwendigkeit des Abschlusses eines neuen Versicherungsvertrags von großer Bedeutung ist, wurde von der Beklagten zunächst ordnungsgemäß und unverzüglich über die Unwirksamkeit seiner Kündigung informiert und diese in eine Kündigung zum nächstmöglichen Termin umgedeutet. Wenn nun der Versicherungsnehmer während des daher bis zum genannten Beendigungstermin noch aufrechten Versicherungsverhältnisses seine vorherige Kündigung „widerruft“ rechnet er – umso mehr nachdem er über eine Unwirksamkeit der Kündigung umgehend in Kenntis gesetzt worden war – auch mit einer Mitteilung über die allfällige Unwirksamkeit seines „Widerrufs der Kündigung“. Es liegt bei gleicher Interessenlage wie bei einer unwirksamen Kündigung daher eine unklare Vertragslage vor, deren Klärung der Versicherer aufgrund seiner überlegenen Geschäftskunde nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unverzüglich einzuleiten hat. Unterlässt dies der Versicherer, indem er bloß schweigt, dann ist sein Schweigen als Zustimmung zu diesem – tatsächlich als Anbot auf Fortsetzung des bisherigen Versicherungsverhältnisses zu verstehenden – Widerruf zu verstehen.

4. Die nunmehr erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung, nach dem 31. Jänner 2014 seien keine Versicherungsprämien mehr vorgeschrieben worden, verstößt schon gegen das Neuerungsverbot, weshalb es eines näheren Eingehens darauf nicht bedarf.

5. Der Einwand der Beklagten, nach der Bedingungslage hätte die Entscheidung über den Neuabschluss des Krankenversicherungsvertrags nach Einholung von Angaben zu Vorerkrankungen und Behandlungsunterlagen jedenfalls in Schriftform erfolgen müssen, geht schon deshalb ins Leere, weil nicht von einem Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags, sondern von der Fortsetzung des bisherigen Versicherungsverhältnisses in der bereits bestehenden Form auszugehen ist.

6. Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung 7 Ob 230/06h ist nicht vergleichbar. Der vorliegende Fall unterscheidet sich insofern, als der Kläger hier seine Kündigung während aufrechtem Versicherungsverhältnis mit der Vorstellung widerrufen wollte, dass der bisherige Vertrag wie bisher fortgeführt werden könne.

7. Das Berufungsgericht ging daher zutreffend davon aus, dass das Unterbleiben der Zurückweisung eines während des noch aufrechten Versicherungsverhältnisses erklärten „Widerrufs“ einer zuvor wirksam erfolgten Kündigung als Zustimmung zu dem darin gelegenen Anbot auf Fortführung des bisherigen Versicherungsverhältnisses anzusehen ist.

Im vorliegenden Fall hat daher die Beklagte durch Schweigen dem Anbot des Klägers vom 25. Oktober 2013 auf Fortführung des Versicherungsverhältnisses zugestimmt. Dem im Juni 2014 gestellten „Neuantrag“, der sich ohnehin nur auf die Kündigungsrücknahme bezog, kommt für die Beurteilung der Geschehnisse im Oktober 2013 keine Bedeutung zu.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Streitwert im Revisionsverfahren beträgt entsprechend der Bewertung in der Klage, auf die der Bewertungsausspruch im Berufungsurteil keine Auswirkungen hat, 8.452,80 EUR.

Rechtssätze
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