JudikaturJustiz7Ob313/01g

7Ob313/01g – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. April 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Heinrich P*****, vertreten durch Hule Heinke, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Friedrich P*****, vertreten durch Dr. Maximilian Schaffgotsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes (Streitwert EUR 162.237,60 = S 2,232.438), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 16. Oktober 2001, GZ 17 R 203/01z-10, womit der Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 27. Juli 2001, GZ 1 Cg 92/01z-3, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Beklagte (der Vater des Klägers) ist bücherlicher Eigentümer einer Reihe im Urteilsbegehren aufgezählten Grundstücke, an denen ein Vorkaufsrecht zugunsten des Klägers bücherlich angemerkt ist. Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes für ihn an konkret bezeichneten Liegenschaften einzuwilligen. Der Vorkaufsfall sei eingetreten, als der Beklagte mit seinem Sohn, Bruder des Klägers, einen Übergabsvertrag am 24. 11. 2000 abgeschlossen habe. Der Kläger habe dem Beklagten gegenüber Einlösungserklärungen abgegeben und angeboten, den Einlösungspreis zu bezahlen. Der Beklagte sei der Aufforderung, die von ihm vorbereitete Urkunde "Einlösungserklärung und Kaufvertrag" in grundbuchsfähiger Form zu unterfertigen sowie die davon umfassten Liegenschaften im Sinne der §§ 1061 iVm 1047 ABGB dem Kläger zum freien Besitz zu übergeben, nicht nachgekommen. Der Beklagte befinde sich hinsichtlich der Übergabe der von der Einlösung umfassten Liegenschaften im Leistungsverzug, hinsichtlich der Annahme des Einlösungspreises im Annahmeverzug.

Gleichzeitig stellte der Kläger den Antrag auf Anmerkung der Klage hinsichtlich der von der Einlösungserklärung umfassten Liegenschaften.

Das Erstgericht bewilligte den Antrag auf Streitanmerkung. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Beklagten Folge und wies den Antrag auf Streitanmerkung ab. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass eine Streitanmerkung bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen nach dem Regelungszweck des § 61 GBG selbst dann nicht zu bewilligen sei, wenn auf Grund dieses Anspruches der Erwerb eines bücherlichen Rechtes begehrt werde. Eine Streitanmerkung setze die Geltendmachung eines dinglichen Rechtes, zumindest aber eines Rechtes voraus, das zufolge besonderer Bestimmungen einem dinglichen Recht gleichzuhalten sei. Das Vorkaufsrecht wachse durch seine Verbücherung über den bloß persönlichen Anspruch des Berechtigten gegen den Liegenschaftseigentümer hinaus und bedeute eine Beschränkung des Verfügungsrechtes des Letzteren, die vom Grundbuchsrichter von Amts wegen zu beachten sei. Der Kläger mache hier aber keine Umgehung seines Vorkaufsrechtes durch eine bereits erfolgte Grundbuchseintragung zu Gunsten eines Dritten geltend, sondern nehme den Abschluss des Übergabsvertrages zum Anlass für die Ausübung seines Vorkaufsrechtes. Eine Verletzung seines bücherlichen Vorkaufsrechtes, die eine Anmerkung seiner Klage rechtfertigen würde, liege daher nicht vor.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die hier zu lösende Rechtsfrage bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht behandelt worden sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss wiederherzustellen. Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 61 Abs 1 GBG setzt eine Streitanmerkung voraus, dass der Kläger behauptet, durch eine Einverleibung in einem dinglichen oder einem solchen kraft besonderer Bestimmungen gleichzuhaltenden Recht verletzt worden zu sein (1 Ob 2133/96z, 1 Ob 292/98t, NZ 1990/100, SZ 58/71 uva). Danach muss für den Kläger, soweit es an einer Verwirklichung des Ausnahmetatbestands gemäß § 70 GBG fehlt, bereits ein derartiges Recht einverleibt gewesen sein (NZ 1990, 263, 1 Ob 292/98t; RIS-Justiz RS0061032). Wird die Feststellung und Einverleibung eines bisher nicht eingetragenen dinglichen Rechtes begehrt, kommt eine Streitanmerkung gemäß § 61 Abs 1 GBG nicht in Betracht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Klageanmerkungen nur zulässig sind, soweit sie das Grundbuchsgesetz oder ein anderes Gesetz, das auch deren Rechtswirkungen festlegt, vorsieht. Das schließt zwar einen Analogieschluss nicht aus, schränkt einen solchen jedoch auf Klagen ein, deren Anspruchsgrund und Wirkung einem Klagetypus entsprechen, der einer Streitanmerkung zugänglich ist. Voraussetzung jeder Analogiebildung ist aber jedenfalls eine planwidrige Unvollständigkeit der Rechtsordnung, die die Ursache für eine nicht gewollte Gesetzeslücke bildet (1 Ob 2133/96z, 1 Ob 292/98t je mwN; RIS-Justiz RS0016506).

Im vorliegenden Fall fand keine Änderung des Grundbuchsstandes statt. Für den Kläger war auch bisher kein Eigentumsrecht, sondern lediglich ein Vorkaufsrecht einverleibt. Nach ständiger Rechtsprechung besitzt das verbücherte Vorkaufsrecht eine dem Veräußerungsverbot entsprechende Wirkung. Es stellt ein vom Grundbuchsgericht von Amts wegen zu beachtendes Verfügungshindernis für den dinglich belasteten Eigentümer dar. Zwecks grundbücherlicher Übertragung einer mit einem bücherlichen Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft muss dem Grundbuchsgericht in grundbuchsrechtlich zureichender Weise urkundlich nachgewiesen werden, dass dem Vorkaufsberechtigten die Liegenschaft gehörig angeboten wurde und er von seinem Recht nicht Gebrauch gemacht hat oder mit der beantragten Einverleibung einverstanden ist (Aicher in Rummel I3 § 1073 ABGB, Rz 13 mwN). Solange also keine Eintragung im Grundbuch unter Verletzung des dinglichen Vorkaufsrechtes des Klägers erfolgt, ist er in seinen bücherlichen Rechten nicht verletzt.

Wird ein Dritter im Grundbuch unter Missachtung des verbücherten Vorkaufsrechtes als Eigentümer eingetragen, so steht dem Vorkaufsberechtigten gegen den eingetragenen Dritten die Löschungsklage und die Streitanmerkung zu (SZ 37/78). In diesem Fall hat der Vorkaufsberechtigte gegen den Dritten auch ein Abforderungsrecht nach § 1079 2. Satz ABGB. Nach ständiger Rechtsprechung steht aber dem in seinem dinglichen Vorkaufsrecht Verletzten gegenüber dem Verpflichteten nach § 1079 1. Satz ABGB das Recht auf Schadenersatz zu, nämlich das Recht auf Naturalersatz, d.h. auf Verschaffung der Möglichkeit des Erwerbs des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Objektes (8 Ob 526/86; RIS-Justiz RS0020221, RS0020210). Der Anspruch des Vorkaufsberechtigten gegenüber dem Vorkaufsverpflichteten beruht daher - wie sich aus dem Gesetz ergibt - auf dem Titel des Schadenersatzes. Eine Streitanmerkung bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen ist nicht zu bewilligen (RIS-Justiz RS0060629).

Der vorliegende Anspruch hat also eine gänzlich andere Grundlage und Wirkung als jener gegen einen im Grundbuch unter Verletzung der bücherlichen Rechte des Vorkaufsberechtigten eingetragenen Dritten, weshalb sich eine analoge Anwendung des § 61 GBG verbietet. Eine Streitanmerkung der Klage des Vorkaufsberechtigten gegen den Vorkaufsverpflichteten auf Zustimmung zur Einverleibung seines Eigentumsrechtes auf Grund des behaupteten Eintrittes des Vorkaufsfalls ist daher nicht zulässig.

Dem Revisionsrekurs war ein Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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