JudikaturJustiz7Ob2339/96p

7Ob2339/96p – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kay S*****, vertreten durch Mag.Josef Hofinger, Rechtsanwalt in Grieskirchen, wider die beklagte Partei Günther B*****, vertreten durch Dr.Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in Lilienfeld, wegen S 68.804,31 sA, infolge Revision beider Streitteile gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgericht vom 19.März 1996, GZ 29 R 45/96a-30, womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Lilienfeld vom 23.Dezember 1995, GZ C 776/94-22, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß sie lautet:

"Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger S 28.894,31 samt 4 % Zinsen seit 26.2.1994 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 39.610,-- sA wird abgewiesen."

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten an Prozeßkosten erster Instanz S 3.313,61 zu ersetzen; hingegen ist der Beklagte schuldig, dem Kläger S 4.132,80 an Barauslagen für diesen Verfahrensteil zu ersetzen.

Der Kläger ist ferner schuldig, dem Beklagten an Verfahrenskosten zweiter Instanz S 1.070,69 zu ersetzen; hingegen ist der Beklagte schuldig, dem Kläger S 325,95 an Barauslagen für diesen Verfahrensteil zu ersetzen.

Der Beklagte ist schließlich schuldig, dem Kläger S 3.266,-- an Prozeßkosten und S 3.310,-- an Barauslagen für das Revisionsverfahren zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Gerhard S*****, die Streitteile und andere Personen gründeten Anfang 1991 zur Förderung der Kultur im Bezirk L***** den "Kulturverein T*****". Gerhard Schodl wurde Obmann, der Beklagte Obmann-Stellvertreter, der Kläger Kassier. Dem ging vor, daß sich der Kläger bereit erklärt hatte, als gewerberechtlicher Geschäftsführer des vom Verein betriebenen Kaffeehauses gegen ein Konsulentenhonorar von S 2.500,-- monatlich aufzutreten. Außerdem vermietete er dem Verein um S 4.000,-- monatlich drei Billardtische und verkaufte dem Verein eine Kaffeehauseinrichtung um S 33.000,--, die in Monatsraten zu S 1.000,-- bezahlt werden sollte. Die Aufnahme in den Vereinsvorstand und die Funktion des Klägers als Kassier sollte nur "pro forma" erfolgen, tatsächlich sollten die finanziellen Angelegenheiten des Vereins, was das Kaffeehaus betraf, vom Beklagten und hinsichtlich des Kulturbetriebes von Gerhard S***** besorgt werden, was in der Folge auch geschah. Die von der Bezirkshauptmannschaft L***** als Vereinsbehörde genehmigten Vereinsstatuten sehen unter anderem folgende Regelung vor:

"12.1. Der Obmann oder der Stellvertreter vertreten den Verein nach außen;

12.2. Im Innenverhältnis ist der Obmann oder sein Stellvertreter dem Verein gegenüber verpflichtet, Verpflichtungsurkunden gemeinsam mit dem Schriftführer, in Geldangelegenheiten gemeinsam mit dem Kassier zu unterfertigen..."

Die Vereinsgründung wurde von der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich mit Bescheid vom 26.3.1991 nicht untersagt.

Daß das Vereinsvermögen mehr umfaßt hätte, als die vom Kläger gelieferte Kaffeehauseinrichtung, konnte nicht festgestellt werden. Die Vereinsbuchhaltung bestand nur aus dem Kassabuch (in dem nur die Ausgaben eingetragen wurden), dem Wareneingangsbuch sowie den gesammelten Unterlagen über Tageslosungen, Löhne, Eingangsrechnungen und Getränkeverbrauch. Eine Aufbuchung erfolgte nicht, demzufolge wurden Aufwendungen und Erträge, Gewinne und Verluste, Vermögen und Schulden des Vereins nicht ermittelt. Die Geschäfte des Vereins entwickelten sich nicht günstig. Der Kulturbetrieb warf nie einen Gewinn ab, aber auch der Kaffeehausbetrieb war nicht besonders einträglich. Der Kläger kam nur ganz selten nach L*****. Als er einmal eine Veranstaltung in der T***** besuchte, fragte er den Beklagten nach dem Geschäftsgang und verlangte Einsicht in die Buchhaltung, weil er sich als der Behörde gemeldeter Kassier für die finanziellen Belange des Vereins verantwortlich fühlte. Der Beklagte erklärte ihm, es sei alles in Ordnung, er könne ihm jedoch keine Buchhaltungsunterlagen zeigen, weil sich diese beim Steuerberater befänden. Der Kläger gab sich mit dieser Auskunft zufrieden. Im Dezember 1991, möglicherweise auch erst im Frühjahr 1992, erklärte S***** bei einer Zusammenkunft, an der der Kläger nicht teilnahm, seinen Rücktritt als Obmann. Daß er dies schriftlich bekanntgegeben hat, konnte nicht festgestellt werden. Ungeachtet dessen war er weiter als Obmann tätig. In einem am 6.2.1992 über sein Ersuchen vom selben Tag ausgestellten Vereinsregisterauszug wurde er als Obmann angeführt. Ende März 1992 war der Kulturverein T***** zahlungsunfähig. Obwohl die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse Exekution führte, wurde der Konkurs nicht angemeldet. Der Beklagte und Gerhard S***** bezahlten die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge aus eigener Tasche. Bei einem weiteren Besuch in der T***** im Frühjahr 1992 fragte der Kläger den Beklagten neuerlich nach dem Geschäftsgang und verlangte neuerlich Einsicht in die Buchhaltung des Vereins. Als ihm der Beklagte eine Schachtel mit Rechnungen zeigte, meinte er, daß dies nicht seinen Vorstellungen von einer ordnungsgemäßen Buchhaltung entspreche. Da er sein Konsulentenhonorar und die Billardtischmiete nur bis März 1992 und auf die verkaufte Kaffeehauseinrichtung insgesamt bis dahin nur S 3.000,-- erhalten hatte - den mit schlechtem Geschäftsgang begründeten Stundungsersuchen hatte er immer zugestimmt - wurde er hellhörig und erkundigte sich bei der Steuerberatungskanzlei Mag.F***** in L***** über die finanzielle Lage des Vereins. Eine Angestellte teilte ihm mit, daß ihr sein Name unbekannt sei und daß sie ihm keine Auskunft erteilen könne. Grund für diese Mitteilung war, daß die Buchhaltung nicht von Mag.F*****, sondern von Mag.R*****, gleichfalls Steuerberater in Lilienfeld, betreut wurde. Der Kläger wertete diese Mitteilung im Zusammenhang mit seinen übrigen Wahrnehmungen als Alarmzeichen und erklärte mit einem an den Verein gerichteten undatierten Schreiben im Mai oder Juni 1992 seinen Rücktritt als Kassier. Mit am 27.5.1993 beim Bezirksgericht L***** zu C ***** eingelangter Klage begehrte der Kläger vom Kulturverein T***** insgesamt S 53.635,-- sA, und zwar sein Konsulentenhonorar von April bis Juli 1992 mit S 10.000,--, die Billardtischmiete Rest April 1992 sowie von Mai bis Juli 1992 mit S 13.635,-- sowie den restlichen Kaufpreis für die Kaffeehauseinrichtung mit S 30.000,--. Das gegen den Verein ergangene Versäumungsurteil im klagsstattgebenden Sinn unter gleichzeitiger Verurteilung des Vereines zur Bezahlung von S 12.608,64 an Prozeßkosten erwuchs in Rechtskraft. Der Kläger führte zu E ***** des Bezirksgerichtes L***** vergeblich Exekution gegen den Verein, wobei ihm S 2.560,67 an Kosten entstanden.

Es konnte nicht festgestellt werden, daß der Beklagte vorsätzlich oder fahrlässig Vermögen des Kulturvereins T***** verheimlicht, beiseitegeschafft, veräußert oder verringert, die Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt oder in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung des Klägers vereitelt hätte. Im August 1992 kamen "einige" Vorstandsmitglieder überein, den Kulturverein T***** aufzulösen. Ohne Einberufung oder Abhaltung einer Generalversammlung gab S***** der Bezirkshauptmannschaft L***** die Auflösung bekannt, die an die Sicherheitsdirektion für Niederösterreich weitergemeldet wurde. Der Kläger wurde hievon nicht verständigt. Er holte sich im August 1992 seine Billardtische ab. Die Kaffeehauseinrichtung erschien ihm nicht verwertbar, weshalb er sie zurückließ, obwohl die übrigen Vereinsmitglieder nichts dagegengehabt hätten, wenn er sie mitgenommen hätte. Mit Schreiben vom 9.2.1994 forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung von S 85.332,93 auf.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger vom Beklagten die Bezahlung von S 68.809,31 sA, und zwar begehrt er an im Verfahren C ***** des Bezirksgerichtes L***** zuerkanntem Kapital S 53.635,--, die Kosten dieses Verfahrens von S 12.608,64 sowie die Exekutionskosten S 2.560,67. Der Beklagte habe den Verein am 1.9.1992 gesetz- und statutenwidrig ohne Regelung der Vereinsverbindlichkeiten aufgelöst. Er habe die finanziellen Angelegenheiten des Vereins, für die er zuständig gewesen sei, nur unzureichend erledigt und dem Kläger trotz Aufforderung keine Einsicht in die Unterlagen gewährt. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit sowie die Erforderlichkeit der Konkursanmeldung sei daher nicht oder nicht rechtzeitig von ihm erkannt worden. Durch die Vereinsauflösung ohne Feststellung eines Vermögensstatus und unter Ausfolgung von Vermögenswerten an die ehemaligen Mitglieder sei den Gläubigern rechtswidrig der Zugriff auf Vereinsvermögen entzogen worden. Die Vorgangsweise des Beklagten habe gegen Gläubigerschutzbestimmungen, insbesondere gegen die §§ 69 KO, 157 und 159 StGB, sohin Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB, verstoßen.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß er für die Verbindlichkeiten des bereits aufgelösten Vereines nicht persönlich haftbar gemacht werden könne, zumal nicht er, sondern Gerhard S***** Obmann und der Kläger selbst Kassier und sohin für die finanzielle Gebarung des Vereines verantwortlich gewesen sei. Die Möbel habe der Kläger bereits abgeholt oder könne dies noch tun, so daß er nicht den Kaufpreis dafür verlangen könne. Hinsichtlich der im Vorverfahren aufgelaufenen Kosten sei der Rechtsweg unzulässig. Der Beklagte habe ohnedies schon Schulden des Vereines gegenüber der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse in Höhe von S 123.000,-- bezahlt, sodaß der Kläger unter Berücksichtigung des internen Ausgleichsanspruches der Mitglieder nichts mehr von ihm verlangen könne. Der Anspruch des Klägers auf Entgelt für die gelieferten Möbel sei überhöht.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Bezahlung von S 23.169,31 samt 5 % Zinsen und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab. Die Organe eines zu ideellen Zwecken gegründeten, zu deren Unterstützung aber auch unternehmerisch tätigen Vereines hätten bei der unternehmerischen Tätigkeit die Sorgfalt ordentlicher Kaufleute anzuwenden. Da der Kläger die Funktion eines Kassiers nur "pro forma" übernommen habe und nach den mit den übrigen Vorstandsmitgliedern getroffenen Vereinbarungen auf die finanziellen Angelegenheiten des Vereins keinen Einfluß ausüben sollte, sei der Einwand des Beklagten, der Kläger habe als Kassier die finanzielle Misere des Vereins selbst zu verantworten, nicht stichhältig. Vielmehr habe der Kläger bei der Verfolgung seiner Ansprüche aus seinen mit dem Kulturverein T***** abgeschlossenen Verträgen die Position eines außenstehenden Gläubigers. Der Beklagte und Gerhard S***** hätten gegen ihre Verpflichtung, den Verein finanziell zu betreuen, allein schon durch die unzureichende Buchführung verstoßen. Sie hätten es verabsäumt, den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu erkennen und dementsprechend rechtzeitig die Eröffnung des Konkurses zu beantragen. Sie hätten daher Schutzgesetze verletzt und hafteten gegenüber dem Kläger für alle Nachteile, die dieser dadurch erlitten habe, daß die Zahlungsunfähigkeit des Vereines ihm verspätet bekanntgegeben worden sei. Da sich nicht bestimmen lasse, inwieweit S***** oder der Beklagte an der unterlassenen Konkurseröffnungsantragstellung beteiligt seien, seien sie gegenüber dem Kläger solidarisch für die diesem erlittenen Nachteile verpflichtet. Hätten S***** und der Beklagte 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, sohin Ende Mai 1992, die Konkurseröffnung des Vereins beantragt, wäre es dem Kläger möglich gewesen, die Billardtische schon zwei Monate früher an sich zu nehmen und anderweitig zu vermieten und es wäre ihm dadurch kein Mietentgang für Juni und Juli 1992 von zusammen S 8.000,-- erwachsen. Außerdem hätte der Kläger bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Vereins, die sich erst später herausgestellt habe, eine sinnlose Prozeß- und Exekutionsführung unterlassen und es wären ihm dadurch nicht Prozeßkosten in Höhe von S 12.608,64 und Exekutionskosten von S 2.560,67 erwachsen. Hinsichtlich der Kosten der Vorverfahren sei der Rechtsweg zulässig, da der Kläger diese Kosten als Schadenersatzforderung und nicht als Nebenforderung geltend mache. Für den dem Kläger vor April 1992 erwachsenen Schaden sei nicht erwiesen worden, daß dieser durch Verletzung einer anderen Gläubigerschutzbestimmung oder überhaupt durch das Verschulden des Beklagten eingetreten sei. Das Mehrbegehren des Klägers sei daher abzuweisen gewesen. Da das Grundgeschäft des Klägers mit dem Verein ein Handelsgeschäft gewesen sei, stehe ihm für die Schadenersatzforderung eine 5 %ige Verzinsung zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine und jener des Beklagten teilweise Folge und änderte dieses Urteil, das hinsichtlich der Abweisung eines 5 % übersteigenden Zinsenmehrbegehrens unbekämpft in Rechtskraft erwachsen war, dahin ab, daß es dem Kläger nur S 15.446,21 samt 4 % Zinsen zusprach und das Mehrbegehren von S 53.358,10 sA abwies. Es erklärte die Erhebung der ordentlichen Revision für zulässig. Tathandlungen des Beklagten im Sinne des § 159 Abs 1 Z 1 StGB seien nicht feststellbar gewesen. Der Kaffeehausbetrieb, für dessen finanzielle Führung der Beklagte verantwortlich gewesen sei, habe keinen Verlustfaktor dargestellt, es sei daher belanglos, daß der Verein nur über rudimentäre Buchhaltungsunterlagen darüber verfügt habe. Organwalter eines Vereines hafteten gegenüber Vereinsmitgliedern und Dritten ex delictu wegen Schutzgesetzverletzungen, so zB bei Verletzung der Konkursantragspflicht nach § 69 KO. Nach den vorliegenden Vereinsstatuten hätten der Obmann Gerhard S***** und der Beklagte als sein Stellvertreter nach Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen gehabt. Da sich die Anteile der einzelnen von den beiden fahrlässig handelnden Tätern nicht bestimmen ließen, hätten sie gemäß § 1302 ABGB solidarisch zu haften. Der Beklagte hätte ab Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Vereins eine frühere Auflösung des Mietvertrages über die Billardtische mit dem Kläger mit sofortiger Wirkung anstreben müssen. Seine Unterlassung habe dem Kläger einen Mietentgang bis August 1992 zugefügt. Allerdings treffe den Kläger ein Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB im Ausmaß von einem Drittel, weil er die Funktion des Vereinskassiers sowie eines gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht ausgeübt habe. Sein Bestreben, Kontrolle über die Buchhaltung zu erlangen, und die letztliche Zurücklegung der genannten Funktionen könnten daran nichts ändern. Hinsichtlich der Schadenshöhe sei der erstgerichtlichen Beurteilung grundsätzlich beizupflichten. Die frustrierten Prozeß- und Exekutionskosten seien ein Vertrauensschaden. Da dem Kläger kein voller Einblick in die wirtschaftliche Situation des Vereins gewährt worden sei, habe er die Prozeß- und Exekutionsführung nicht schon von vornherein als sinnlos erkennen können, zumal es ja auch zB zur Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge nach der Zahlungsunfähigkeit gekommen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung vom Kläger erhobene Revision ist teilweise, jene des Beklagten nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß auch Vereinsorgane gleich anderen handlungsbefugten Vertretern juristischer Personen gegenüber Dritten für zivilrechtliche Ansprüche haften, wenn sie Gläubigerschutzbestimmungen verletzt haben. Für die Inanspruchnahme eines Vereinsorganes ist keine strafrechtliche Verurteilung nach § 159 StGB im Zusammenhang mit § 69 KO, sohin von Schutznormen im Sinne des § 1311 ABGB, erforderlich, sondern nur die Feststellung der das Tatbild erfüllenden Umstände (vgl 7 Ob 655/90). Nach ständiger Judikatur kommt es hinsichtlich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers eines Unternehmens in Ansehung von Kreditdelikten nicht auf den formellen Bestellungsakt, sondern bloß auf die faktische Geschäftsführung an (vgl Höhne/Jöchl/Lummersdorfer, Das Recht der Vereine, 134). Eine interne Geschäftsverteilung kann für die deliktische Haftung maßgeblich sein; so judizierte der Verwaltungsgerichtshof jüngst, daß dann, wenn jemand als Kassier zwar Vorstandsmitglied ist, ihn die Statuten aber nicht zur Vertretung nach außen berufen, er auch nicht für rückständige Sozialversicherungsbeiträge haftet (vgl VwGH vom 20.2.1996, 95/08/0179). Auch ein zu ideellen Zwecken gegründeter Verein kann Kaufmann werden, wenn er ein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 Abs 2 HGB betreibt. Wenn daher ein Verein in einem Teilbereich die Erzielung von Gewinn beabsichtigt, ohne daß dabei die Gewinnerzielung zum Hauptzweck des Vereines wird und ohne daß es zu Gewinnausschüttungen an die Mitglieder kommt, kann ihm Kaufmannseigenschaft zukommen. Davon wäre beim hier vorliegenden Kaffeehausbetrieb des Kulturvereins T***** auszugehen. Vereinsorgane haften gegenüber dem Verein und den Vereinsmitgliedern sowie auch gegenüber Dritten für schuldhafte Pflichtverletzungen nach zivilrechtlichen Regeln. Als Haftungsmaßstab gilt der eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters. Dritten gegenüber haftet ein Organ jedenfalls unmittelbar aus seinem deliktischen Verhalten, was praktisch auf die Verletzung der Konkursantragspflicht bei fahrlässiger Krida hinausläuft (vgl Aicher in Rummel ABGB2 § 26 Rz 37 ff; Höhne/Jöchl/Lummersdorfer aaO, 69 f).

Aus dem Umstand, daß der Kulturverein T***** Ende März 1992 zahlungsunfähig war und der Beklagte und Gerhard S***** rückständige Sozialversicherungsbeiträge aufgrund einer von der nö. Gebietskrankenkasse geführten Exekution aus eigener Tasche bezahlten, mußte diesen beiden Vertretern des Vereins klar sein, daß eine Befriedigung der dem Kläger ab Ende März 1992 neu anfallenden Forderungen gegen den Verein nicht möglich sein wird. Nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB begeht das Delikt der fahrlässigen Krida unter anderem, wer als Schuldner mehrerer Gläubiger bzw als leitender Angestellter einer juristischen Person (in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit) fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert, insbesondere dadurch, daß er neue Schulden eingeht. Wer unter diesen Voraussetzungen neue Schulden eingeht, verstößt dadurch stets und notwendig gegen die von der Rechtsordnung zum Schutz der Gläubigerinteressen aufgestellten Sorgfaltsanforderungen. Der vom Schutzzweck des § 159 Abs 1 Z 2 StGB besonders erfaßte Neugläubiger wird dadurch geschädigt, daß er für seine Leistung keine Gegenleistung erhält. Sein Schaden ist damit höher als jener der Altgläubiger, die nur dadurch geschädigt werden, daß sie wegen verspäteter Anmeldung der Insolvenz eine geringere Quote erhalten als bei rechtzeitiger Anmeldung. Handelt der Schuldner mehrerer Gläubiger allein schon durch das Eingehen einer neuen Schuld trotz Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit objektiv sorgfaltswidrig, muß der Neugläubiger auch seinen gesamten kausalen Schaden und nicht nur jenen ersetzt begehren können, den er erlitten hätte, wäre er zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit bereits Gläubiger gewesen (vgl WBl 1988, 58 mwN). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hat der Beklagte gemeinsam mit S***** dieses Tatbild erfüllt. Der Annahme, es liege nur das Tatbild der Konkursverschleppung nach § 69 KO vor, steht schon allein der Umstand entgegen, daß mit dem Kläger und der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse zwei Gläubiger den Verein bedrängten und daß weder S***** noch der Beklagte ab dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Sanierungsversuche unternommen haben, den beiden sohin auch nicht die in der zitierten Bestimmung angeführte 60tägige Frist zugutegekommen wäre (ÖBA 1991/293), weiters der besonders den Beklagten treffende Umstand, daß die Buchhaltung des Kaffeehauses allein in einem Kassabuch, in das nur Ausgaben eingetragen wurden, und in einer nicht aufgearbeiteten Rechnungsablage bestand. Mangelhafte Buchführung indiziert das Verschulden an der Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, dies gilt auch, wenn der Geschäftsführer die Geschäfte nicht selbst führt und den Gang der Geschäfte nicht überwacht (vgl Reich-Rohrwig GesmbHR2, Rz 2/468 mwN). Unmaßgeblich für die Erfüllung des Tatbildes nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB durch den Beklagten ist es, daß ein Konkurs des Vereins mangels kostendeckenden Vermögens gar nicht eröffnet worden wäre, weil das Gesetz auch an die Nichteröffnung des Konkurses mangels hinreichenden Vermögens im Interesse der Gläubiger bestimmte Konsequenzen knüpft (vgl SSt 56/78).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte beim nach dem Geschäftsgang des Vereins nachfragenden Kläger nichts von den ausständigen Forderungen der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse bzw deren Exekutionsführung mitgeteilt. Da dem Beklagten klar sein mußte, daß sowohl die Billardtische als auch die Konzession des Klägers trotz Konkursreife des Vereins weiterhin in Anspruch genommen werden, hätte ihn nach Auffassung des erkennenden Senats in dieser Situation die Verpflichtung zur Mitteilung der Zahlungsunfähigkeit und Konkursreife des Vereins getroffen. Da dem Beklagten sohin das Begehen des Deliktes nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB anzulasten ist, wäre es an ihm gelegen gewesen, zu beweisen, daß der Schaden des Klägers ganz oder teilweise auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre (vgl EvBl 1989/122), was er jedoch nicht getan hat.

Bei schuldhafter Konkursverschleppung haftet der Geschäftsführer nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (vgl die Darstellung bei Reich-Rohrwig aaO Rz 2/473 ff) dem Altgläubiger für das, was dieser bei rechtzeitiger Liquidation der juristischen Person bekommen hätte, d. i. die Differenz dessen, was er bei rechtzeitiger Konkurseröffnung erhalten hätte und was er tatsächlich erhält (Quotenschaden).

Neugläubiger, d.s. Gläubiger, deren Forderungen erst nach dem

Zeitpunkt entstanden sind, ab dem die Antragstellung auf

Konkurseröffnung schuldhaft unterlassen wurde, sind bei schuldhafter

Konkursverschleppung so zu stellen, als hätten sie mit der

Gesellschaft nicht kontrahiert. Ihnen gebührt daher der Ersatz des

Vertrauensschadens. Das Eingehen neuer Schulden kann im Tätigen neuer

Geschäfte, aber auch in der Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern

oder in der (weiteren) Inanspruchnahme entgeltlicher Leistungen

Dritter bestehen (vgl Reich-Rohrwig aaO Rz 2/468). Die ältere

Judikatur sprach dem Neugläubiger sowohl bei Konkursverschleppung

nach Eintritt der Überschuldung als auch nach Eintritt der

Zahlungsunfähigkeit den Vertrauensschaden zu. Die Entscheidungen SZ

60/179 = ÖBA 1988, 165 (Karollus) = RdW 1988, 14 = WBl 1988, 58 sowie

RdW 1989, 270 = ÖBA 1989, 1120 (Dellinger) sowie SZ 62/160 = JBl

1990, 322 = RdW 1990, 251 = WBl 1990, 187 = ecolex 1990, 289

differenzieren aber den Umfang der Schadenersatzpflicht des Geschäftsführers danach, ob der Neugläubiger seine Forderung nur nach Eintritt der Überschuldung und nach Ablauf der 60tägigen Sanierungsfrist erworben hat - dann werde nur für den Quotenschaden gehaftet - oder ob der Neugläubiger seine Forderung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GesmbH erworben hat, dann bestehe die Pflicht zum Ersatz des Vertrauensschadens. Zutreffend meint dazu Reich-Rohrwig aaO, daß beiden Vorschriften, und zwar § 69 KO und § 159 Abs 1 Z 2 StGB die Wirkung zuerkannt werden sollte, die die Konkursantragspflicht naheliegenderweise bezwecke, nämlich insolvente Gesellschaften aus dem Rechtsverkehr zu ziehen und daher jene zu schützen, die sich sonst mit dieser Gesellschaft nicht einlassen würden. Dementsprechend ist dem Neugläubiger stets der Vertrauensschaden zu ersetzen. Der Umfang des Schadenersatzes beim Vertrauensschaden ist aber nicht dem Fakturenwert gleichzusetzen. Hatte der Neugläubiger einen vertraglichen Anspruch erworben, der nun uneinbringlich ist, so ist er so zu stellen, wie wenn er das betreffende Geschäft mit der juristischen Person nie abgeschlossen hätte. Der Schadenersatz für eine gegenüber der insolventen juristischen Person uneinbringlichen Geldforderung ist daher in der Regel mit dem vereinbarten Entgelt, das die juristische Person dem Neugläubiger schuldet, nicht identisch; vom vereinbarten Entgelt ist nämlich der darin enthaltene kalkulierte Reingewinn zu ziehen (vgl ecolex 1993, 168).

Auf den vorliegenden Fall bezogen wäre dem Kläger hinsichtlich der restlichen Kaufpreisforderung für die Kaffeehauseinrichtung von S 30.000,-- nur der Quotenschaden zugestanden. Die dafür maßgeblichen Berechnungskriterien hat der dafür beweispflichtige Kläger nicht unter Beweis gestellt. Die Abweisung dieser Teilforderung durch die Vorinstanzen erfolgte daher zu Recht. Wären jedoch die Billardtische dem Kläger bereits ab Ende März 1992 bzw Anfang April 1992 durch sofortige Aufkündigung des Bestandverhältnisses seitens des Beklagten wieder zur Verfügung gestellt worden, wäre dem Kläger bei anzunehmender Vermietbarkeit dieser Gegenstände kein Mietzinsentgang erwachsen. Vielmehr darf gemäß § 273 ZPO davon ausgegangen werden, daß er einen Mietzins in der geforderten Höhe erzielen hätte können. Die für das Zurverfügungstellen der Konzession dem Kläger versprochenen monatlichen S 2.500,-- stellen aber einen Reingewinn des Klägers dar, den er bei pflichtgemäßer Beendigung der Tätigkeit des Vereins durch Konkurseröffnung ab Ende März 1992 nicht mehr erzielen hätte können. Der dafür geforderte Betrag von S 10.000,-- kann ihm daher nicht zuerkannt werden, wohl jedoch der ihm aus der frustrierten Prozeß- und Exekutionsführung gegen den Verein erlittene Schaden. Dem steht nicht entgegen, daß der zu C 631/92 des Bezirksgerichtes Lilienfeld geforderte Betrag von S 53.635,-- auch Beträge enthält, die dem Kläger nunmehr nicht zuerkannt werden konnten, weil der Kläger die Prozeßführung im guten Glauben auf die noch gegebene Liquidität des Vereins betrieben hat. Zusammenfassend ergibt dies daher eine Klagsforderung von S 28.894,31 (das sind restliche Miete für die Billardtische S 13.635,-- sowie die Prozeß- und Exekutionskosten).

Strittig ist noch, ob den Kläger als "Vorstandsmitglied und Kassier" ein Mitverschulden am zu verhindernden weiteren Auflaufen von Verbindlichkeiten des Vereins ab dessen Zahlungsunfähigkeit trifft. Ein Haftungsausschluß für aus der Vorstandstätigkeit erwachsende Verbindlichkeiten durch die angenommene Zusage nur "pro forma" die Funktion eines Vorstandsmitgliedes zu übernehmen unter gleichzeitiger Delegation dieser Funktion an eine dritte Person ist gegenüber dritten vorstandsfremden Personen grundsätzlich unwirksam (vgl Krejci in Korinek, 79 sowie Höhne/Jöchl/Lummersdorfer aaO 68 f). Der vorliegend festgestellten "pro forma"-Beteiligung des Klägers an der Vorstandstätigkeit entsprach jedoch einer internen Willensbildung der Vorstandsmitglieder, die damit dem Kläger zusagten, daß er für die Vorstandstätigkeit von ihnen nicht zur Haftung herangezogen werde, womit sie auf den Vorwurf eines Mitverschuldens an Unregelmäßigkeiten, die durch die unterlassene Vorstandstätigkeit des Klägers als Kassier entstanden sind, verzichteten.

Der Revision des Klägers war daher teilweise, jener des Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, jene über die des Berufungs- und Revisionsverfahrens auch auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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