JudikaturJustiz7Ob231/05d

7Ob231/05d – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. November 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG, *****, vertreten durch Krall Kühnl, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Markus H*****, vertreten durch Dr. Günter Zeindl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 13.676,32 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. Juni 2005, GZ 4 R 69/05m-22, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. Jänner 2005, GZ 57 Cg 52/04i-17, infolge Berufung der Klägerin abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit EUR 812,52 (darin enthalten EUR 135,42 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte verschuldete als Lenker seines bei der Klägerin haftpflichtversicherten PKW am 30. 5. 2001 in I***** gegen 1.00 Uhr nachts einen Verkehrsunfall. Dabei wurde der Fußgänger Bernhard K*****, als er auf einem Schutzweg die Straße überqueren wollte, vom Fahrzeug des Beklagten frontal erfasst, zu Boden gestoßen und verletzt. Der Beklagte hielt nach dem Schutzweg kurz an, schaltete dann das Licht am PKW aus und setzte seine Fahrt fort, wobei er von einem Unfallzeugen verfolgt wurde. Der Beklagte hielt sein Fahrzeug sodann in einer Sackgasse an. Kurz darauf erschien die von einem anderen Unfallzeugen verständigte Polizei. Der Beklagte, der in dieser Nacht von 21.30 Uhr bis 00.50 Uhr zumindest vier große und zwei kleine Biere und ein Bacardi-Cola getrunken hatte, wurde einem Alko-Test unterzogen, wobei um 1.51 Uhr eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,47 mg/l und um 1.52 Uhr eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,48 mg/l ermittelt wurde. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die aktuelle Blutalkoholkonzentration des Beklagten zum Zeitpunkt des Unfalles noch 0,78 Promille betrug.

Ein gegen den Beklagten eingeleitetes Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung nach § 5 Abs 1 StVO zog eine Bestrafung des Beklagten gemäß § 37a iVm § 14 Abs 8 FSG nach sich.

Der Beklagte wurde wegen des Unfalles auch strafrechtlich rechtskräftig verurteilt. Er wurde vom Bezirksgericht Innsbruck im Verfahren 7 U 281/01y schuldig erkannt, als PKW-Lenker infolge mangelnder Vorsicht und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr, insbesondere dadurch, dass er „unter Alkoholeinfluss stehend" ... den aus seiner Sicht von links nach rechts die Fahrbahn auf dem dortigen Schutzweg überquerenden Fußgänger Bernhard K***** zu spät wahrgenommen und niedergestoßen hat, diesen fahrlässig leicht am Körper verletzt zu haben und hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB begangen zu haben. Ein Strafantrag hinsichtlich des Vergehens nach § 94 Abs 1 StGB wurde von der Staatsanwaltschaft Innsbruck gemäß § 227 Abs 1 StPO aus dem Grund des § 34 Abs 2 StPO zurückgezogen.

Bernhard K***** begehrte im Verfahren des Bezirksgerichtes Innsbruck 12 C 1126/02s von den nunmehrigen Prozessgegnern seine unfallskausalen Schäden ersetzt. Die Klägerin und der Beklagte wurden zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, dem Genannten EUR 5.883,18 samt 4 % Zinsen seit 4. 6. 2002 zu bezahlen und die mit EUR 2.006,74 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Das Mehrbegehren von EUR 1.272,17 sA wurde abgewiesen. Dieses Urteil wurde vom Landesgericht Innsbruck bestätigt und die nunmehrigen Prozessgegner zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, dem Kläger K***** die mit EUR 524,44 bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung und Barauslagen von EUR 788,50 zu ersetzen. Die Prozesskosten der nunmehrigen Streitparteien im Verfahren 12 C 1126/02s BG Innsbruck beliefen sich auf EUR 1.953,80. Bereits vorprozessual hatte die nunmehrige Klägerin dem verletzten Fußgänger EUR 1.816,82 bezahlt. Im Strafverfahren hatte die Klägerin Privatbeteiligtenkosten von EUR 296,24, den Privatbeteiligtenzuspruch von EUR 363,36 sowie die Kosten für die Einholung eines Protokolles von EUR 26,16 zu tragen. Der zum Unfallszeitpunkt hinsichtlich des PKW des Beklagten bei der Klägerin bestehenden Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (AKHB 1997) zugrunde, die ua folgende Bestimmungen enthalten:

Artikel 9

Was ist vor bzw. nach Eintritt des Versicherungsfalles zu beachten?

(Obliegenheiten)

...

2. Als Obliegenheiten, die zum Zweck der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Erhöhung der Gefahr dem Versicherer gegenüber zu erfüllen sind und deren Verletzung im Zeitpunkt des Versicherungsfalles die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung bewirkt (§ 6 Abs 2 VersVG) werden bestimmt,

...

2.2. dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften befindet;

...

Eine Verletzung der Obliegenheit gemäß Pkt. 2.2 liegt nur vor, wenn im Spruch oder in der Begründung einer rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung festgestellt wird, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde.

...

3. Als Obliegenheiten, deren Verletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung bewirkt (§ 6 Abs 3 VersVG) werden bestimmt,

3.1. im Fall der Verletzung von Personen diesen Hilfe zu leisten oder, falls die hiezu Verpflichteten dazu nicht fähig sind, unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen;

3.2. bei Personenschäden die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen;

3.3. dem Versicherer längstens innerhalb einer Woche ab Kenntnis

3.3.1. den Versicherungsfall unter möglichst genauer Angabe des Sachverhaltes,

3.3.2. die Anspruchserhebung durch den geschädigten Dritten,

3.3.3. die Einleitung eines damit im Zusammenhang stehenden verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens schriftlich anzuzeigen.

...

3.4. Nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhaltes beizutragen;

...

3.6. dem Versicherer, außer im Fall der Freiheit von der Verpflichtung zur Leistung, die Führung des Rechtsstreites über den Ersatzanspruch zu überlassen, dem vom Versicherer bestellten Rechtsanwalt Prozessvollmacht zu erteilen und jede von diesem verlangte sachdienliche Aufklärung zu geben.

...

Art 11

Inwieweit ist die Leistungsfreiheit des Versicherers bei Verletzung einer Obliegenheit oder einer Erhöhung der Gefahr beschränkt?

Vereinbarungsgemäß

1. beträgt die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Verletzung einer Obliegenheit oder einer Erhöhung der Gefahr je ATS 150.000,-- (EUR 10.900,93), für jeden Versicherungsfall insgesamt maximal ATS 300.000,-- (EUR 21.801,85).

...

Mit der Behauptung, der Beklagte habe, da er infolge einer Alkoholisierung von 0,77 bis 1,2 mg/l (soll heißen %o) den Fußgänger auf dem Zebrastreifen übersehen und verletzt habe, trotz der massiven Kollision vom Unfallsort geflüchtet sei und dem Verletzten keinerlei Hilfe geleistet habe, die Obliegenheitsverletzungen der Alkoholisierung (Art 9.2.2. AKHB), der unterlassenen Hilfeleistung (Art 9.3.1. AKHB) sowie der Verletzung der vertraglichen Aufklärungspflicht (Art 9.3.4. AKHB) zu verantworten, weshalb sie ihm gegenüber leistungsfrei sei, begehrt die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit vom Beklagten im Regresswege ihre unfallskausalen Aufwendungen (Schadenersatzzahlungen an Bernhard K*****, Kosten der Zivil- und der Strafverfahren etc) von insgesamt EUR 13.676,32 (sA) ersetzt. Der Beklagte habe wissend um das kranke Deckungsverhältnis keine vergleichsweise Regelung mit dem Geschädigten gesucht und die von diesem geltend gemachten Ansprüche nicht befriedigt, sondern habe es dazu kommen lassen, dass Bernhard K***** seine Ansprüche eingeklagt habe. Sie, die Klägerin, habe den Schadenersatzprozess zum klaren und überwiegenden Vorteil des Beklagten geführt. Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Die von der Klägerin behaupteten Obliegenheitsverletzungen lägen nicht vor. Seine Alkoholisierung sei unter 0,8 Promille gelegen. Dass er nach dem Unfall kurz angehalten habe und dann weiter gefahren sei, sei als Kurzschlusshandlung unter dem Eindruck des Unfallgeschehens im Sinne eines sog. Unfallschrecks zu interpretieren. Eine allfällige Verletzung der von der Klägerin genannten Obliegenheiten sei nicht mit dem Vorsatz erfolgt, die Leistungspflicht des Versicherers zu beeinflussen oder die Feststellung für die Leistungspflicht bedeutsamer Umstände zu beeinträchtigen. Die Klägerin sei daher zur Leistung verpflichtet gewesen, weil das Verlassen der Unfallstelle und die Alkoholisierung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der der Klägerin obliegenden Leistungen Einfluss gehabt habe. Der von der Klägerin noch erhobene Vorwurf, er habe die Schadensmeldung falsch verfasst, sei unrichtig, da er in der Schadensmeldung doch ausdrücklich auf das Polizeiprotokoll verwiesen habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der von ihm festgestellte, soweit im Revisionsverfahren wesentlich, bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebene Sachverhalt kann im Einzelnen den Seiten 8 bis 17 des Ersturteiles entnommen werden. Ua traf das Erstgericht noch die Feststellung, das Verhalten des Beklagten nach dem Zusammenstoß mit dem Fußgänger, nämlich das Anhalten, Ausschalten des Lichtes, Weiterfahren und schließlich wiederum Anhalten und Licht Einschalten, sei als Kurzschlusshandlung unter dem Eindruck des Unfallgeschehens erfolgt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen dahin, der Klägerin sei der Nachweis, dass sich der Beklagte der Obliegenheitsverletzung der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand schuldig gemacht habe, nicht gelungen. Dass der Beklagte, nachdem er an der Unfallstelle kurz angehalten habe, die Beleuchtung am Fahrzeug ausgeschaltet habe und weitergefahren sei, sei eine Schockreaktion im unmittelbaren Anschluss an das Unfallsgeschehen und kein bewusster Verschleierungsversuch gewesen. Da mittlerweile unbeteiligte Passanten Rettung und Polizei verständigt hätten und somit ein Tätigwerden des Beklagten nicht mehr erforderlich gewesen sei, habe dieser die ihm in diesem Zusammenhang vorgeworfene Obliegenheitsverletzung ebenfalls nicht begangen. Dass der Beklagte nicht grundsätzlich die Absicht gehabt habe, Fahrerflucht zu begehen, ergebe sich daraus, dass er aus eigenem sein Fahrzeug wieder angehalten und sich einem Alkotest nicht widersetzt habe. Der Beklagte habe auch innerhalb einer Woche die Schadensmeldung an die Klägerin erstattet und der Einsichtnahme in sämtliche Polizeiprotokolle zugestimmt. Er habe durch seinen Vertreter die Klägerin auch über den Ausgang des Straf- sowie des Verwaltungsstrafverfahrens informiert.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz dahin ab, dass es dem Klagebegehren stattgab. Die Obliegenheiten 3.1. und 3.2. des Art 9 AKHB sollten nicht nur die nötigen Feststellungen über den Unfallsablauf, die Verantwortlichkeit der Beteiligten und den Umfang des entstandenen Schadens ermöglichen, sondern auch die Klarstellung aller jener Umstände gewährleisten, die für allfällige Regressansprüche des Versicherers von Bedeutung sein könnten. Darunter falle auch die objektive Prüfung der körperlichen Beschaffenheit des an einem Unfall beteiligten Lenkers hinsichtlich einer allfälligen Alkoholisierung. Die Entfernung des wartepflichtigen Lenkers vom Unfallsort sei geeignet, das Aufklärungsinteresse des Versicherers ernsthaft zu gefährden. Darauf, ob die polizeiliche Fahndung nach dem Lenker verhältnismäßig bald Erfolg hatte, komme es nicht an. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könne nicht von einem den Vorsatz des Beklagten ausschließenden Schockzustand nach dem Unfall ausgegangen werden. Der Vorsatz werde durch einen Unfallschock nur ausgeschlossen, wenn eine so starke Zerrüttung des Bewusstseins und der Willensbildung vorliege, dass Unzurechnungsfähigkeit anzunehmen sei. Solches habe der Beklagte gar nicht behauptet. Der zwingende Verdacht, der Beklagte habe durch sein Verhalten eine Alkoholisierung verschleiern wollen, sei nicht entkräftet. Daraus ergebe sich, dass dem Beklagten arglistige Täuschung (dolus coloratus) vorzuwerfen und die klagende Partei daher leistungsfrei sei. Auf die Ausführungen der Klägerin zu weiteren Obliegenheitsverletzungen sei daher nicht mehr einzugehen gewesen.

Die Legalzession nach § 24 Abs 4 KHVG erfasse den durch das Urteil im Verfahren 12 C 1126/02s BG Innsbruck festgestellten Haftpflichtanspruch des beim Unfall verletzten Bernhard K***** einschließlich der diesem entstandenen Rechtsverfolgungskosten. Der Beklagte habe der Klägerin diese Kosten, die sie getragen habe, zu ersetzen. Die Kosten für den eigenen Aufwand im Rahmen der Schadensabwicklung könne die Haftpflichtversicherung vom Versicherungsnehmer nach stRsp aus Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen, wenn der Prozess zum klaren und überwiegenden Vorteil des Versicherten geführt worden sei. Unter den im § 2 Abs 1 KHVG genannten Voraussetzungen umfasse die Versicherung die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Ersatzansprüche, die auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen den Versicherungsnehmer erhoben würden. Die Abklärung der vom geschädigten Dritten erhobenen Ansprüche sei der Haftpflichtversicherung zuzubilligen, um unbegründete Ersatzansprüche abzuwehren. Die Einlassung in den Rechtsstreit mit Bernhard K***** sei, zumal eine Teilabweisung habe erreicht werden können, zum klaren und überwiegenden Vorteil des Beklagten gewesen, sodass die Klägerin Anspruch auf Ersatz der eigenen Schadenregulierungskosten aus dem Titel der Geschäftsführung ohne Auftrag habe.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch über Antrag des Beklagten nach § 508 Abs 1 ZPO aber dahin ab, dass es die Revision doch für zulässig erklärte. Sowohl „der Frage, ob der durch einen Unfallsschock ausgelöste, die Zurechnungsfähigkeit vermindernde Verwirrtheitszustand eines Unfalllenkers, der sich vom Unfallsort entfernt, den Vorwurf der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung nicht zulässt, wie der Beklagte unter Hinweis auf Zitate meint, als auch der Frage, ob die Versicherung Anspruch auf Ersatz der eigenen Schadensregulierungskosten aus dem Titel der Geschäftsführung ohne Auftrag hat, was der Beklagte unter Hinweis auf die Möglichkeit des Überschreitens der Grenze der Leistungsfreiheit bestreitet", könne Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommen.

Der Beklagte macht in der Revision unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass in Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteiles das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel des Prozessgegners mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, wenn auch nicht aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen, sondern, weil dessen Rechtsausführungen einer Ergänzung bedürfen, zulässig. Sie ist aber - im Ergebnis - nicht berechtigt.

Der Revisionswerber geht selbst zutreffend davon aus, dass die ihm iSd Art 9.3.4. AKHB 1997 obliegende Aufklärungspflicht nicht nur die nötigen Feststellungen über den Unfallsablauf, die Verantwortlichkeit der Beteiligten und den Umfang des entstandenen Schadens ermöglichen, sondern auch die Klarstellung all jener Umstände gewährleisten soll, die für allfällige Regressansprüche des Versicherers von Bedeutung sein können. Darunter fällt auch die objektive Prüfung der körperlichen Beschaffenheit des an einem Unfall beteiligten Versicherungsnehmers hinsichtlich einer allfälligen Alkoholisierung (RIS-Justiz RS0080972; RS0081010; RS0081054). Eine Verletzung dieser Pflicht liegt vor, wenn dadurch im konkreten Fall etwas versäumt wurde, das der Aufklärung des Schadensereignisses im Sinne dieser Ausführungen dienlich gewesen wäre, so wenn ein konkreter Verdacht in bestimmter Richtung durch objektives Unbenützbarwerden oder objektive Beseitigung eines Beweismittels infolge der Verletzung im Nachhinein nicht mehr mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann (7 Ob 170/99x; 7 Ob 276/01s ua; RIS-Justiz RS0043520). Der Revisionswerber räumt weiters selbst zutreffend ein, dass ein Versicherungsnehmer, der eine Obliegenheit mit dem Vorsatz verletzt, die Leistungspflicht des Versicherers zu beeinflussen oder die Feststellung solcher Umstände zu beeinträchtigen, die erkennbar für die Leistungspflicht des Versicherers bedeutsam sind, maW eine Obliegenheitsverletzung mit dem Vorsatz begeht, die Beweislage nach dem Versicherungsfall zu Lasten des Versicherers zu manipulieren (sog „dolus coloratus"), seinen Anspruch verwirkt (RIS-Justiz RS0109766). Schließlich weist der Revisionswerber auch noch richtig darauf hin, dass sich § 6 Abs 3 VersVG für den Ausschluss des Kausalitätsgegenbeweises also nicht mit dem schlichten Vorsatz in dem Sinn begnügt, dass der Versicherungsnehmer die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens kennt und die Obliegenheitsverletzung bewusst und gewollt begeht, sondern vielmehr hinzukommen muss, dass der Vorsatz sich auf die Verschlechterung der Beweislage zum Nachteil des Versicherers erstreckt (7 Ob 219/01i ua Schalich, Obliegenheitsverletzungen und ihren Folgen, ZVR 2005, 348 [354]).

Im Weiteren widerspricht der Revisionswerber aber der Auffassung des Berufungsgerichtes, er habe, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass er sich in einem den Vorsatz ausschließlichen Schockzustand befunden habe, den zwingenden Verdacht, durch sein Verhalten nach dem Unfall seine Alkoholisierung verschleiern wollen, nicht entkräftet; zufolge seiner daher mit Verschleierungsvorsatz begangenen Obliegenheitsverletzung sei die Klägerin leistungsfrei. Entgegen dieser Ansicht sei ihm ein - vom Erstgericht festgestellter - Schockzustand zugutezuhalten, sodass ein bewusster Verschleierungsversuch nicht angenommen werden könne. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Es liegt zwar ohne weiteres nahe, dass der Beklagte durch den Unfall erschrocken ist. Er selbst spricht von einer „Kurzschlusshandlung unter dem Eindruck des Unfallsgeschehens im Sinne eines sog. Unfallsschrecks". Wie der Oberste Gerichtshof aber bereits wiederholt ausgesprochen hat, entlastet ein bloßer Unfallsschreck nicht vom Vorwurf vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheit (etwa) nach Art 8 Abs 1 Z 1 AKHB (hier nach Art 9.3.4 AKHB 1997). Hiezu ist vielmehr eine dermaßen starke Zerrüttung der Bewusstseinsbildung und Willensbildung der betroffenen Person erforderlich, dass diese als unzurechnungsfähig anzusehen wäre (RIS-Justiz RS0081381 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Dies ist nach den Verhaltensweisen des Beklagten unmittelbar nach dem gegenständlichen Unfall aber keineswegs anzunehmen. Insbesondere sein Vorgehen, nach dem Anstoß das Licht am PKW auszuschalten und von der Unfallsstelle mit unbeleuchtetem Fahrzeug zu flüchten, stellt ein bewusstes, ganz zielgerichtetes Verhalten dar, um eine Ausforschung und in der Folge Überprüfung seiner Fahrtauglichkeit zu erschweren bzw unmöglich zu machen.

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dem Beklagten sei eine mit Täuschungsvorsatz begangene Verletzung der Obliegenheit des Art 9.3.4 AKHB 1997 vorzuwerfen, weshalb die Klägerin leistungsfrei und (in bestimmtem Umfang - hiezu gleich) regressberechtigt ist, steht demnach mit gesicherter oberstgerichtlicher Judikatur im Einklang und erweist sich daher frei von Rechtsirrtum.

Der Revisionswerber tritt weiters der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes entgegen, er sei auch zum Ersatz der der Klägerin im Rechtsstreit mit dem Geschädigten erlassenen „Regulierungskosten" verpflichtet. Der betreffende Prozess sei keineswegs zu seinem überwiegenden Vorteil geführt worden, da ein Mitverschulden des Geschädigten eingewendet und auch Bestreitungen der Höhe nach erfolgt seien.

Auch damit vermag der Revisionswerber keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichtes aufzuzeigen. Dieses hat richtig erkannt, dass im hier gegebenen Fall der Leistungsfreiheit des Versicherers dieser gemäß § 24 Abs 4 KHVG berechtigt ist, hinsichtlich der von ihm dem Geschädigten gemäß Abs 1 leg cit erbrachten Leistungen Regress zu nehmen. Die betreffenden Leistungen des Versicherers umfassen hiebei regelmäßig den Haftpflichtanspruch des Dritten einschließlich der diesem entstandenen Rechtsverfolgungskosten, die hier festgestelltermaßen von der Klägerin befriedigt wurden. Den von der Klägerin weiters begehrten eigenen Mehraufwand im Rahmen der Schadensabwicklung (Prozessführung) gegenüber dem Geschädigten hat der beklagte Haftpflichtversicherte dann zu ersetzen, wenn der Prozess von seinem Versicherer (hier von der Klägerin) als Geschäftsführer ohne Auftrag zu seinem klaren und überwiegenden Vorteil geführt wurde (RIS-Justiz RS0019888). Abgesehen davon, dass der Revisionswerber die seiner Meinung nach nicht gerechtfertigten Verfahrenskosten der Klägerin gar nicht beziffert hat, ist dies aber schon im Hinblick darauf zu bejahen, dass im betreffenden Prozess ja die Abweisung eines Mehrbegehrens erreicht werden konnte. Der von der Revision in diesem Zusammenhang noch erhobene Einwand, die Klägerin habe es ihm, dem Beklagten, nicht überlassen, seinen eigenen Rechtsvertreter beizuziehen und diesem die Klagsführung in diesem Rechtsstreit zu überlassen und einen aufwendigen Prozess zu vermeiden, verfängt nicht, da nicht dargetan wird, inwiefern die Prozesskosten bei einem Vertreterwechsel vermindert worden wären. „Schlussendlich" macht der Revisionswerber noch geltend, dass nach den AKHB 1997 die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Verletzung einer Obliegenheit auf EUR 10.900,-- beschränkt sei. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum er der Klägerin nun Ersatz in Höhe von EUR 13.676,32 sA leisten solle. Die Aufwendungen der Klägerin aus dem Titel Geschäftsführung ohne Auftrag könnten nicht dazu führen, dass die Grenze dieser Leistungsfreiheit überschritten werde. Dieser Einwand ist insofern beachtlich, als Art 11.1. AKHB 1997 die Leistungsfreiheit des Versicherers bei Verletzung einer Obliegenheit auf EUR 10.900,93 und für jeden Versicherungsfall insgesamt auf maximal EUR 21.801,85 beschränkt. Die Bestimmung hält sich damit im Rahmen des § 7 Abs 1 KHVG, der festsetzt, dass die Leistungsfreiheit wegen Verletzung einer Obliegenheit oder einer Erhöhung der Gefahr höchstens je EUR 11.000,--, für jeden Versicherungsfall insgesamt höchstens EUR 22.000,-- beträgt. Die Auslegung des Art 11.1. AKHB 1997 hat jenen allgemeinen Grundsätzen zu folgen, die für die Auslegung von AGB der Versicherungsunternehmen entwickelt wurden. Danach kommt es darauf an, wie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer den Wortlaut der Bestimmung versteht, wobei deren erkennbarer Zweck zu berücksichtigen ist (stRsp, RIS-Justiz RS0050063 und RS0008901, jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Nach diesen Kriterien ist unzweifelhaft, dass die Verletzung einer Obliegenheit die Leistungsfreiheit der Klägerin bis EUR 10.900,93 bewirkt, während die Verletzung zweier oder mehrerer Obliegenheiten die Grenze der Leistungsfreiheit auf maximal EUR 21.801,85 erhöht (vgl etwa 7 Ob 167/00h, SZ 73/177 ua).

Im vorliegenden Fall übersteigen die Zahlungen, die die Klägerin gemäß § 24 Abs 1 KHVG dem Geschädigten ungeachtet ihrer Leistungsfreiheit gegenüber dem beklagten Versicherten zu erbringen hatte, bereits die bei einer einzigen Obliegenheitsverletzung bestehende Grenze von EUR 10.900,93. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann es daher (ohne dass der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage, ob die Beschränkung der Leistungsfreiheit auch die der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag gebührenden Kosten umfasst, hier näher nachgegangen werden müsste) nicht dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten neben dem Verstoß gegen Art 9.3.4. AKHB 1997 noch eine weitere Obliegenheitsverletzung zur Last zu legen ist. Dies, nämlich die Begehung auch der Obliegenheitsverletzung gemäß Art 9.2.2. AKHB 1997, ist aus folgenden Erwägungen zu bejahen:

Art 9.2.2. AKHB 1997 bestimmt es als eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers iSd § 6 Abs 2 VersVG, dass der Lenker sich nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand iSd § 5 Abs 1 oder 8 StVO 1960 befindet, wobei dieser Umstand in dem rechtskräftigen Erkenntnis eines Strafgerichtes oder einer Verwaltungsbehörde festgestellt sein muss. Nach § 5 Abs 1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o und darüber gilt der Zustand einer Person als vom Alkohol beeinträchtigt. Eine solche Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers hat der Versicherer zu beweisen (7 Ob 29/88 mwN, ua). Sie ist bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o jedenfalls anzunehmen (§ 5 Abs 1 StVO: „gilt als beeinträchtigt"). Ein Gegenbeweis fehlender Beeinträchtigung ist in diesem Fall nicht möglich (Petrasch, Obliegenheitsverletzung und Leistungsfreiheit in den KFZ-Versicherungen, ZVR 1985, 65 [73 f] mwN).

Im vorliegenden Fall wurde die Alkoholbeeinträchtigung des Beklagten bereits im Strafurteil festgestellt. Obwohl die durch einen etwa eine Stunde nach dem Unfall vorgenommenen Alkotest festgestellte Atemluftalkoholkonzentration auf einen 0,8 %o Blutalkohol deutlich überschreitende Alkoholisierung hindeutet, konnte - einem im Strafverfahren eingeholten Sachverständigengutachten folgend - nicht ausgeschlossen werden, dass die Blutalkoholkonzentration des Beklagten zum Unfallszeitpunkt 0,8 %o doch noch nicht überschritt, sondern „nur" 0,78 %o betrug. Damit wäre dem Beklagten grundsätzlich die Möglichkeit offen gestanden, unter Beweis zu stellen, dass er trotz der festgestellten Alkoholisierung noch fahrtüchtig war. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen insbesondere auch zum Unfallsablauf lassen dies aber keineswegs annehmen. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zum Unfallszeitpunkt sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften befand. Ihm wird von der Klägerin daher zu Recht auch eine Obliegenheitsverletzung nach Art 9.2.2. AKHB 1997 vorgeworfen, weshalb sich die Grenze der Leistungsfreiheit der Klägerin gemäß Art 11.1. AKHB 1997 auf maximal EUR 21.801,85 erhöht. Da der im Übrigen der Höhe nach nicht weiter bekämpfte Zuspruch des Berufungsgerichtes diese Grenze bei weitem nicht erreicht, erweist sich auch der auf Art 11 AKHB 1997 gestützte Einwand des Revisionswerbers letztlich als nicht berechtigt, ohne dass noch erörtert werden müsste, ob der Beklagte, wie die Klägerin behauptet, auch die Obliegenheit der Hilfeleistung nach Art 9.3.1. AKHB 1997 verletzt hat.

Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
10