JudikaturJustiz7Ob187/07m

7Ob187/07m – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr. Ingrid E*****, Psychologin, *****, vertreten durch Dr. Stefan Glaser, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, gegen die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Verein K*****, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung und Unterlassung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. Juli 2007, GZ 12 R 122/07k-16, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

In ihrer auf die Feststellung der Nichtigkeit des Vereinsauflösungsbeschlusses vom 21. 4. 2007 und des Beschlusses vom 13. 5. 2006 über die Aufnahme eines weiteren Vereinsmitglieds sowie auf Unterlassung gerichteten Klage beantragt die Klägerin als Mitglied des beklagten Vereins, diesem möge zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehrens „geboten" werden, sämtliche im Zusammenhang mit der beschlossenen Vereinsauflösung stehenden Auflösungs- und Abwicklungsmaßnahmen zu unterlassen, „insbesondere es zu unterlassen, den am 21. 4. 2007 gefassten Beschluss über die freiwillige Auflösung des Vereins der Vereinsbehörde mitzuteilen". Das Rekursgericht hat den Sicherungsantrag, dem hinsichtlich des zuletzt angeführten Begehrens („insbesondere ... mitzuteilen") bereits vom Erstgericht - unbekämpft - nicht stattgegeben wurde (weil die Anzeige bei der Vereinsbehörde bereits vor Erlassung der einstweiligen Verfügung [vom 8. 5. 2007, ON 7] erfolgt war), mangels unwiederbringlichen Schadens (§ 381 Z 2 EO) zur Gänze abgewiesen:

Die Klägerin, die neben den Einkünften aus der Vereinstätigkeit auch solche aus ihrem Kassenvertrag als Wahlpsychologin habe, bringe zwar vor, dass es nicht möglich sei, „den dadurch entstehenden Schaden (vor allem den Verdienstentgang in den nächsten Jahren)" durch Geldersatz wieder gutzumachen, weil sie sich nicht am Beklagten schadlos halten könne und die Ermittlung eines Geldersatzes scheitern müsse, „weil so viele Faktoren zusammenspielen". Zur Höhe ihres Schadens und dazu, worin außer in einem Verdienstentgang er bestehe und warum er „nicht in Geld wieder gutzumachen" sei, bringe sie jedoch in ihrer Klage (verbunden mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) nichts substantiiert vor. Der hier behauptete Schaden sei daher ein Vermögensschaden, der grundsätzlich in Geldersatz abgegolten werden könne und daher nicht „unwiederbringlich" im Sinn des § 381 Z 2 EO sei.

Rechtliche Beurteilung

In der Zulassungsbeschwerde des dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurses macht die Klägerin geltend, dass das Rekursgericht einerseits von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweiche, andererseits eine solche Rechtsprechung „zum konkreten Sachverhalt" fehle. Dabei wird Folgendes übersehen:

Ob ein Anspruch gefährdet ist, kann nur aufgrund der im konkreten Fall als bescheinigt angenommenen Umstände beurteilt werden (RIS-Justiz RS0005118). Diese Frage hat daher in der Regel keine erhebliche Bedeutung im Sinn des §§ 402 Abs 4, 78 EO, 528 Abs 1 ZPO (4 Ob 76/06i mwN; jüngst: 10 Ob 84/07m). Nach der Rechtsprechung ist auch die Beurteilung die Unwiederbringlichkeit eines Schadens im Sinn des § 381 Z 2 EO grundsätzlich stets von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig (8 Ob 78/05m). Eine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende krasse Fehlbeurteilung liegt nicht vor:

Behauptet ein Sicherungswerber - wie hier - einen (reinen) Vermögensschaden, so ist dieser gewöhnlich durch Geldersatz adäquat ausgleichbar (RIS-Justiz RS0005270 [T3] = 10 Ob 221/02a). Zu den Voraussetzungen eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nach § 381 Z 2 EO besteht eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (Nachweise etwa bei E. Kodek in Angst § 381 EO Rz 11 ff und Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner § 381 EO Rz 12 ff). Von dieser ist das Rekursgericht nicht abgewichen: Kann doch ein Schaden - wie die Klägerin selbst erkennt - nur dann als unwiederbringlich bezeichnet werden, wenn die Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich ist und Geldersatz entweder nicht geleistet werden kann oder die Leistung des Geldersatzes dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist (stRsp; RIS-Justiz RS0005270; E. Kodek aaO Rz 11; Sailer aaO Rz 12 jeweils mwN).

In der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts, dass unter Berücksichtigung der von der Klägerin behaupteten Schäden die konkrete Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens nicht ausreichend bescheinigt wurde, kann eine gravierende Fehlbeurteilung, die das Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erforderlich machen würde, nicht erblickt werden; die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, die die Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO begründen, liegt nämlich ausschließlich bei der gefährdeten Partei (RIS-Justiz RS0005311). Außerdem ist, wenn - wie im vorliegenden Fall - durch die einstweilige Verfügung für die klagende Partei der Erfolg in der Hauptsache vorweg genommen werden soll, bei der Beurteilung des Vorliegens der konkreten Gefährdung eines unwiederbringlichen Schadens ein besonders strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0005295 [T2]; Sailer aaO Rz 18 mwN; 8 Ob 78/05m). Auch den im Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen:

In der Entscheidung 10 Ob 50/06k war das Sicherungsbedürfnis des Klägers nämlich von vornherein „augenscheinlich" (Sperre eines fast 34 Jahre alten Fußballspielers für 15 Pflichtspiele), während im Fall 9 Ob 17/02v die Gefährdung nach § 381 Z 2 EO im Revisionsrekurs nicht mehr in Frage gestellt wurde, und in 2 Ob 232/98a (im Fall eines Eishockeyprofis, dem die Möglichkeit genommen wurde, als Mitglied einer Nationalmannschaft an internationalen Bewerben teilzunehmen) ist ohnehin bereits festgehalten, dass ein Schaden nur dann als unwiederbringlich anzusehen sei, wenn die Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich ist und Geldersatz entweder nicht geleistet werden kann oder die Leistung des Geldersatzes dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist. Ein unwiederbringlicher Schaden kann zwar genauso in der Gefahr erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten liegen (6 Ob 174/07t mwN). Diese wurden von der Klägerin aber nicht bescheinigt. Auch der in dem drohenden Verlust von Geschäftsbeziehungen oder Schmälerung des good-wills (6 Ob 174/07t mwN) liegende Nachteil, der hier erkennbar behauptet wurde, kann ein unwiederbringer Schaden liegen. Da aber der Verein nach dem Vereinsregister mit 24. 4. 2007 aufgelöst wurde und die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren vorbrachte, dass er vermögenslos sei, ist der Schaden bereits infolge Vollbeendigung vor Einbringung des Antrags auf Erlassung der EV eingetreten (siehe dazu auch noch das Folgende).

Darin, dass die zweite Instanz die Voraussetzungen nach § 381 Z 2 EO als im vorliegenden Antrag nicht hinreichend behauptet und bescheinigt ansah, liegt somit keine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung, sodass sich die weiteren im außerordentlichen Revisionsrekurs angesprochenen Fragen (derzeit) gar nicht stellen.

Was hingegen die - im Revisionsrekurs erstmalig ausdrücklich angesprochenen - Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung nach § 381 Z 1 EO betrifft, entfernt sich die Klägerin von ihrem eigenen Vorbringen im Sicherungsantrag; darin (Seite 9) hat sie nämlich selbst ausdrücklich behauptet, dass eine Abwicklung des beklagten Vereins „aufgrund dessen Vermögenslosigkeit nicht erforderlich ist" und sich nur auf einen unwiederbringlichen, nicht in Geld wieder gutzumachenden Schaden (§ 381 Z 2 EO) berufen, obwohl auch die (objektive) Gefährdung nach § 381 Z 1 EO, also die Besorgnis der objektiven Vereitelung oder Erschwerung der Rechtsverfolgung im Sinn der letztgenannten Bestimmung, konkret behauptet und bescheinigt werden muss (E. Kodek in Angst § 381 EO Rz 4 ff). Davon, dass letzteres im vorliegenden Fall geschehen wäre, ist nicht auszugehen:

Die „freiwillige Auflösung des beklagten Vereins mit Rechtskraft 24. 4. 2007" ist (aufgrund der bereits vor der einstweiligen Verfügung erfolgten Anzeige bei der Vereinsbehörde) - wie sich aus dem offenen Vereinsregister ergibt - dort ohnehin bereits eingetragen. Unter der Prämisse, dass eine Abwicklung des Vereins mangels Vermögens gar nicht erforderlich ist, ist damit auch die Rechtspersönlichkeit des Beklagten bereits wirksam beendet worden (Krejci/Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, Vereinsgesetz 2002, § 27 Rz 17). Die Revisionsrekurswerberin erkennt dies - wenn auch im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines unwiederbringlichen Schadens (nach § 381 Z 2 EO) - ohnehin selbst und hält daher (auf Seite 3 des Rechtsmittels) völlig zutreffend fest: „Als Anspruchsgegner scheidet der Verein - mittlerweile längst abgewickelt und gelöscht - endgültig aus bzw ist die Anspruchsverfolgung gegen den Verein völlig aussichtslos" (vgl dazu: RIS-Justiz RS0009119;

RS0079726 und 8 ObA 274/01d [zur Vollbeendigung von Vereinen];

RS0110979 [zu den im Zusammenhang mit der Löschung einer Kapitalgesellschaft nach Klageeinbringung entwickelten Grundsätzen] sowie 6 Ob 287/02b [zur Anwendung dieser Grundsätze auch auf Vereine]).

Davon ausgehend ist dem Standpunkt, dass im Fall der Klägerin „auch" die Voraussetzungen des § 381 Z 1 EO erfüllt wären, weil der „bestehende Zustand" mittlerweile dadurch „verändert wird", dass der Verein abgewickelt und gelöscht „wird" und demgemäß seine Rechtspersönlichkeit erlischt, sodass die Klägerin ohne „zwischenzeitige" einstweilige Verfügung „nicht mehr" (?) in der Lage sei, ihre klagsgegenständlichen Ansprüche durchzusetzen, aber schon von vornherein die Grundlage entzogen. Auch die Rechtsmittelausführungen zur angeblichen Gefährdung der Anspruchsverfolgung nach dieser Gesetzesstelle gehen daher ins Leere. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
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