JudikaturJustiz6Ob243/15a

6Ob243/15a – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers DI Dr. A***** D*****, vertreten durch Rechtsanwälte Mandl GmbH in Feldkirch gegen die Antragsgegner 1. A***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2. Ing. M***** D*****, vertreten durch Dr. Georg Birkner, Rechtsanwalt in Wien, 3. Mag. S***** M*****, 4. DI Dr. E***** B*****, sowie 5. MMag. Dr. L***** A*****, wegen Bestellung von Stiftungsvorstandsmitgliedern gemäß § 27 Abs 1 PSG über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 10. November 2015, GZ 3 R 94/14v 32, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass im Verfahren nach § 27 PSG auch einzelnen Organmitgliedern Antragslegitimation zukommt. Diese ursprünglich zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern entwickelte Judikatur ist auch auf das Bestellungsverfahren nach § 27 Abs 1 PSG zu übertragen, differenziert doch das Gesetz insoweit nicht. Insoweit kommt daher dem Antragsteller aufgrund seiner Eigenschaft als Mitglied des Stiftungsbeirats Antrags und Rekurslegitimation zu. Die bloße Stellung als Stifter wäre demgegenüber zur Begründung der Parteistellung nicht ausreichend (6 Ob 305/01y).

1.2. Ergänzend ist in Übereinstimmung mit dem Rekursgericht darauf zu verweisen, dass im Außerstreitverfahren die Parteistellung des formellen Antragstellers von der Begründung des Antrags abhängig ist (RIS Justiz RS0123813). Demgemäß ist dann, wenn einem Antrag ein Vorbringen, dass der Einschreiter auch ein eigenes subjektives Recht geltend machen wollte, nicht ausreichend deutlich zu entnehmen ist, in einem reinen Rechtsfürsorgeverfahren trotz formeller Antragstellung die Parteistellung und Rechtsmittellegitimation zu verneinen (RIS Justiz RS0123813).

2.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass ein Antragsteller kein subjektives Recht hat, selbst zum Notliquidator bestellt zu werden (RIS Justiz RS0118770). Diese Rechtsprechung gilt auch für § 27 Abs 1 PSG (6 Ob 164/12d).

2.2. Im Revisionsrekursverfahren behauptet der Antragsteller zwar einen eigenen materiell rechtlichen Anspruch darauf, dass die am Besten geeignete Person mit den besten Qualifikationen zum Stiftungsvorstand bestellt werde. Der Revisionsrekurs bleibt jedoch eine nähere Begründung für diese Auffassung schuldig. Der pauschale Verweis auf das bei Privatstiftungen bestehende Kontrolldefizit (6 Ob 195/10k; 6 Ob 82/11v; 6 Ob 244/11t; 6 Ob 157/12z; 6 Ob 140/14b ua) vermag hier einen derartigen materiell rechtlichen Anspruch nicht zu begründen. Vielmehr hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen, dass dem bei Privatstiftungen bestehenden strukturellen Kontrolldefizit auf der Ebene des Verfahrensrechts, insbesondere durch Erweiterung der gerichtlichen Prüfungsbefugnisse und durch rechtsschutzfreundliche Auslegung jener Bestimmungen zu begegnen ist, die einzelnen Personen die Legitimation zur Stellung von Anträgen an das Gericht einräumen; nur auf diese Weise könne das tendenziell bestehende Kontrolldefizit durch eine umfassende Prüfung und Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht ausgeglichen werden (vgl 6 Ob 140/14b).

2.3. Es bleibt unerfindlich, warum im vorliegenden Fall ein diesbezügliches Bestellungsrecht nicht dem satzungsmäßig dafür vorgesehenen Organ, nämlich dem Beirat, sondern dem Antragsteller allein zukommen soll.

3.1. Die Auswahl der für die Funktion eines Vorstandsmitglieds geeigneten Person steht ebenso im Ermessen des Gerichts wie die Bestimmung der Funktionsperiode, wenn diese in der Stiftungserklärung nicht fix vorgegeben ist (6 Ob 164/12d; Arnold , PSG 3 § 27 Rz 12). Demgemäß ist das Rechtsmittelverfahren auf die Überprüfung allfälliger Ermessensfehler beschränkt. Derartige Ermessensfehler vermochte der Revisionsrekurswerber in seinem Rechtsmittel jedoch nicht aufzuzeigen. In der Entscheidung 6 Ob 164/12d wurde im Rechtsmittel nicht behauptet, dass eine ungeeignete Person zum Vorstandsmitglied bestellt wurde.

3.2. Im vorliegenden Fall haben sich die Vorinstanzen ausführlich mit der Eignung der bestellten Personen auseinandergesetzt. Die Eignung einer zum Mitglied eines Stiftungsorgans bestellten Person kann aber naturgemäß nur aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, sodass die diesbezügliche Entscheidung in der Regel keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung aufweisen.

4.1. Die zahlreichen vom Revisionsrekurswerber angesprochenen Rechtsfragen sind im vorliegenden Fall nicht isoliert zu entscheiden, sondern könnten höchstens mittelbar für die zu treffende Auswahlentscheidung von Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die vom Revisionsrekurswerber thematisierte Intensität der von der Privatstiftung ausgeübten Konzernleitung. Wenn das Rekursgericht davon ausgeht, dass zwischen dem Halten von Anteilen an Holding Gesellschaften und der aktiven Führung von Konzern (Tochter )Unternehmen ein Unterschied besteht, so ist dem aus rechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten. Im Übrigen räumt der Revisionsrekurs selbst ein, dass die Privatstiftung nicht eine alle wesentlichen Leitungsbereiche umfassende straffe Konzernleitung darstellt. Die Behauptung des Antragstellers, die von ihm nominierten Stiftungsvorstände seien als einzige unter den zur Auswahl stehenden Kandidaten geeignet, findet in dieser Form in der Aktenlage keine Deckung.

4.2. Auch die umfangreichen weiteren Revisionsrekursausführungen vermögen keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, sondern betreffen ausschließlich die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit der von den Vorinstanzen vorgenommenen Bestellung im Einzelfall. Zur behaupteten Pflichtverletzung durch Unterlassung entsprechender Gewinnausschüttungen an die Konzernmutter hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen, dass in der Unterlassung von Gewinnausschüttungen nur dann eine Pflichtverletzung liegen könnte, wenn konkrete Umstände bescheinigt sind, aus denen sich ableiten ließe, dass eine Thesaurierung aus wirtschaftlichen Gründen zur Erhaltung und Absicherung der Unternehmen nicht erforderlich war (6 Ob 101/11p). Den Ausführungen zu den sonstigen Pflichtverletzungen ist eine konkrete Grundlage im festgestellten Sachverhalt nicht zu erkennen.

4.3. Nicht gefolgt werden kann auch den Revisionsrekursausführungen zur Aufsichtsrats bzw vorstandsähnlichen Stellung des Beirats. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Umstand, dass eine Stiftungsurkunde bzw deren Änderung im Firmenbuch eingetragen ist, einer späteren Prüfung hinsichtlich deren Gesetzmäßigkeit und damit Gültigkeit nicht entgegensteht (6 Ob 157/12z; 6 Ob 140/14b). Der Verweis auf den „Bestandschutz“ der einmal eingetragenen Privatstiftung geht schon deshalb ins Leere, weil § 10 Abs 2 FBG im Fall unzulässiger Eintragungen gerade eine Durchbrechung der Rechtskraft ermöglicht (6 Ob 102/12m mwN).

4.4. Zudem wird der Bestand der Privatstiftung durch die Entscheidungen der Vorinstanzen in keiner Weise in Frage gestellt. Soweit der Revisionsrekurs behauptet, die Frage sei ungeklärt, ob Rechtsprechungsänderungen wie sie mit den Entscheidungen 6 Ob 139/13d und 6 Ob 230/13m erfolgt seien, auch auf Altstiftungen anzuwenden seien, ist dem entgegenzuhalten, dass die dargestellten Entscheidungen keine Rechtsprechungsänderung, sondern nur eine konsequente Fortschreibung der bisherigen Judikatur darstellten (RIS Justiz RS0115030). Im Übrigen kann keinem Zweifel unterliegen, dass Rechtsprechungsänderungen grundsätzlich auch auf Altfälle anzuwenden sind (vgl RIS Justiz RS0109026; Kodek in Rummel/Lukas ABGB 4 § 12 Rz 37 ff mwN). Der vom Revisionsrekurs angesprochene Vertrauensschutz vermag ein Abgehen von diesen Grundsätzen umso weniger zu rechtfertigen, als den beiden Stiftern ein Änderungsrecht zukommt, sie mithin auf die ihrem Eindruck nach geänderte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reagieren könnten.

5. Zusammenfassend vermag der Revisionsrekurs daher keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität aufzuzeigen, sodass dieser spruchgemäß zurückzuweisen war.

Rechtssätze
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