JudikaturJustiz6Ob229/16v

6Ob229/16v – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Wirleitner Oberlindober Gursch, Rechtsanwälte in Steyr, gegen die beklagte Partei I***** W*****, vertreten durch Dr. Fritz Vierthaler, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen 12.101 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 30. August 2016, GZ 1 R 173/16h 15, womit das Urteil des Bezirksgerichts Steyr vom 28. Juni 2016, GZ 9 C 140/16a 11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.303,92 EUR (darin 217,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 2.301,24 EUR (darin 1.362 EUR Barauslagen und 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Steyr zu 13 Hv 133/15a wurde die Beklagte schuldig erkannt, im Zeitraum Ende April 2013 bis 13. Mai 2013, im Jagdrevier der Einzeljagd „Forstverwaltung W*****“ im Bereich der Alberhütte (sohin außerhalb des Gebiets des Nationalparks Kalkalpen) dadurch, dass sie den Luchskuder mit der Bezeichnung „B 7“ mit einem Kugelgewehr der Marke Blaser, Kal. 30 06, erlegte, Exemplare einer im Anhang IV lit a) der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen aufgezählten, sohin einer geschützten wildlebenden Tierart, entgegen Rechtsvorschriften, nämlich entgegen § 5 OÖ ArtenschutzV idgF sowie entgegen § 1 Abs 1 der OÖ Schonzeitenverordnung 2007 idgF, getötet zu haben. Sie wurde hiefür wegen des Vergehens der vorsätzlichen Schädigung des Tier und Pflanzenbestands nach § 181f Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 8 EUR, im Nichteinbringungsfall zu 120 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 366 Abs 2 StPO wurde die klagenden Partei als dortige Privatbeteiligte mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Die klagende Partei begehrte von der Beklagten die Zahlung von 12.101 EUR samt Zinsen und brachte dazu vor, sie sei aufgrund gesetzlichen Auftrags dazu verpflichtet, den Bestand der Luchse im und um den Nationalpark Kalkalpen zu gewährleisten und zu fördern. Sie sei daher verpflichtet, einen neuen Luchskuder anzukaufen und auszusetzen, nachdem die Beklagte rechtswidrig das im Park lebende, dort geborene Tier „B7“ geschossen habe. Ohne eine Neuansiedlung männlicher Tiere sei die Population nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die klagende Partei sei unmittelbar in ihrem Vermögen geschädigt, und als diejenige, die die Kosten der Wiederherstellung zu tragen habe, ersatzberechtigt. Die Wiederansiedlungskosten in Höhe des Klagsbetrags würden sich aus dem Wert des neu zu erwerbenden Luchses sowie den in den Schutzbereich fallenden Folgeschäden ergeben.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, die klagende Partei habe durch den Abschuss des Luchses „B7“ keinen Schaden erlitten, weil es sich dabei um einen wild geborenen Luchs handle, die Erlegung des Luchses nicht im Gebiet des Nationalparks Kalkalpen erfolgt sei, sowie das Wiederansiedlungsprojekt für den Luchs und die Bestandsstützung aus öffentlichen Fördermitteln finanziert werde. Die klagende Partei habe keinen gesetzlichen Auftrag zur Wiederansiedlung eines Luchskuders. Jedenfalls würden sich die Pflichten der klagenden Partei auf das Gebiet des Nationalparks beschränken. Eine Pflicht zur Bestandssicherung außerhalb des Nationalparks bestehe nicht. Unmittelbar Geschädigte durch die Erlegung des Luchses sei die katholische Kirche als Jagdberechtigte, in deren behördlich festgestelltem Jagdgebiet das Tier erlegt worden sei. Ein Fall einer bloßen Schadensverlagerung liege nicht vor. Die klagende Partei sei, wenn überhaupt, nur mittelbar Geschädigte. Sie sei in keinem absolut geschützten Recht verletzt worden. Bei den Kosten der Auswilderung eines Luchses im Nationalpark handle es sich allenfalls um einen bei deliktischer Haftung nicht ersatzfähigen, mittelbaren, bloßen Vermögensschaden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dabei ging es im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die klagende Partei wurde gemäß Art IV Abs 2 der Vereinbarung gemäß Art 15a BVG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Oberösterreichische Kalkalpen samt Anlagen, BGBl I 1997/51, gegründet. Zu den Aufgaben der Nationalparkverwaltung gehört gemäß Art V dieser Vereinbarung unter anderem die Durchführung jener Maßnahmen, die dem Schutz des Lebensraums, der Tiere und Pflanzen dienen (Art 5v Z 3 leg cit).

Der Errichtung und dem Betrieb des Nationalparks Kalkalpen liegt das Ziel zugrunde, die für dieses Gebiet repräsentativen Landschaftstypen sowie die Tier und Pflanzenwelt einschließlich ihrer Lebensräume zu bewahren (Art III Abs 1 Z 3 leg cit).

Mit Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung LGBl 2005/58 wurde das Gebiet „Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen Gebiet Reichraminger Hintergebirge/Sengsengebirge“ als „Europaschutzgebiet Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen“ bezeichnet. Gemäß § 1 Z 2 der Verordnung wurde der Nationalpark zum Teil des Gebiets von Gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß Art 4 der RL 92/43/EWG des Rates vom 21. 5. 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen („Fauna Flora Habitat Richtlinie“) ausgewiesen. Gemäß § 3 Z 5 dieser Verordnung ist Schutzzweck des Gebiets unterem anderem die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands des Luchses.

Der getötete Luchs „B 7“ entstammt dem Luchsvorkommen des Nationalparks Kalkalpen. Ursprung der nunmehr wieder begrenzt auftretenden Luchspopulation im Nationalpark Kalkalpen ist ein in den letzten Jahren durchgeführtes Wiederansiedlungsprojekt, im Zuge dessen einzelne Luchse angekauft und im Nationalpark ausgesetzt wurden. Die unmittelbare Auswirkung der Erlegung des Luchses „B 7“ auf die Populationsgröße ist eine Reduktion um 1/6. Die tatsächliche Überlebenswahrscheinlichkeit der Population wurde durch den Abschuss des Luchses „B 7“ um 14 % bei geringem Wachstum bzw um 6 % bei starkem Wachstum bei insgesamt bereits unsicheren Aussichten verringert. Nach dem Verlust des Luchses „B 7“ kann das weiterhin betriebene Wiederansiedlungsprojekt nur durch die Anschaffung eines männlichen Luchses gesichert werden.

Für die Anschaffung und Aussetzung eines Luchses laufen Kosten in Höhe von insgesamt 12.101 EUR auf.

Die Anbringung eines Halsbandsenders ist verpflichtend, um den Luchs aus der Schweiz nach Österreich ausführen zu dürfen. Die Anbringung eines solchen Halsbandsenders entspricht internationalem Standard.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass der klagenden Partei die Aufgabe zugeordnet sei, die Population gefährdeter Tiere zu bewahren. Um ihrer gesetzlich zugeordneten Aufgabe der Gewährleistung des Luchsbestands nachkommen zu können, sei die klagende Partei daher verpflichtet, einen neuen männlichen Luchs anzuschaffen. Diese Anschaffungskosten würden aus dem laufenden Budget der klagenden Partei getragen, sodass sie unmittelbar Geschädigte sei. Daran ändere auch nichts, dass der Luchs „B 7“ außerhalb des Gebiets des Nationalparks erlegt wurde. Die klagende Partei habe daher Anspruch auf Ersatz des Werts des neu zu erwerbenden Luchses sowie auf Ersatz der festgestellten Folgeschäden. Schutzzweck des § 181 f Abs 1 StGB sei der Erhalt einer lebensfähigen Population einer bestimmten Art in einem Gebiet sowie die Erhaltung vom gesamten Ökosystemen. § 181f Abs 1 StGB sei daher ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsabweisenden Sinn ab. Normzweck des § 181f StGB sei der Umweltschutz und somit öffentliches Interesse. Ein bestimmter Personenkreis solle damit nicht geschützt werden. Deshalb sei die Bestimmung nicht als Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB zu qualifizieren. Auch die vom Erstgericht zitierten Verordnungen enthielten weder an die Beklagte gerichtete Verbote noch Gebote. Auch insoweit liege daher kein Schutzgesetz vor. Mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwischen der Bestimmung des § 181f StGB und dem behaupteten Schaden liege nur ein mittelbarer, nicht ersatzfähiger Schaden vor. Auch mit dem Institut der Drittschadensliquitation lasse sich der Ersatzanspruch der klagenden Partei nicht begründen. Unmittelbar Geschädigte könnte allenfalls die Jagdberechtigte sein. Wilde Tiere wie der gegenständliche Luchs seien herrenlos und stünden grundsätzlich jedermann zur Aneignung frei. Als Jagdberechtigte jenes Reviers, in dem der Luchs „B 7“ von der Beklagten erlegt wurde, sei nur sie berechtigt, durch Aneignung Eigentum am Luchs „B 7“ zu erwerben.

Die Revision sei zulässig, weil zu der Frage, ob aus den der Tätigkeit der klagenden Partei zugrundeliegenden Regelungen sich Schadenersatzansprüche gegen einen Dritten, der durch die Tötung eines Tieres die der klagenden Partei obliegenden Aufgaben konterkariere, ableiten ließen, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.

1. Dem „Vermögen“ einer Person kommt kein absoluter Schutz zu (RIS Justiz RS0022462). Ein reiner Vermögensschaden ist daher bei fahrlässiger Zufügung außerhalb (vor )vertraglicher Beziehungen grundsätzlich nicht ersatzfähig (RIS Justiz RS0023122). Anderes gilt, wenn sich die Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens aus der Rechtsordnung ableiten lässt, insbesondere bei Schutzgesetzverletzungen, bei sittenwidrigem Verhalten des Schädigers (§ 1295 Abs 2 ABGB) sowie bei der Verletzung von vertraglichen oder vorvertraglichen Pflichten (RIS Justiz RS0023122 [T2]; RS0022813). Bei Schutznormübertretungen besteht eine Ersatzpflicht aber nur, wenn als Schutzzweck einer bestimmten Norm die Hintanhaltung eines über die Aufrechterhaltung absolut geschützter Rechtsposition hinausgehenden Interesses einer bestimmten Person an ihren vermögenswerten Interessen zu erkennen ist (RIS Justiz RS0022813 [T3]). Gehaftet wird nur für Schäden, die gerade in Verwirklichung jener Gefahr verursacht wurden, um deren Vermeidungswillen der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten fordert oder untersagt. Dabei ist ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Verletzung einer öffentlich rechtlichen Bestimmung und einem eingetretenen Schaden etwa schon dann anzunehmen, wenn die übertretene Norm die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen bloß mitbezweckte (RIS Justiz RS0022813 [T11]).

2.1. Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB ist nicht nur ein Gesetz im formellen Sinn, sondern jede Rechtsvorschrift, die inhaltlich einen Schutzzweck verfolgt (RIS Justiz RS0027415). Unter einem Schutzgesetz wird eine Vorschrift verstanden, die abstrakte Gefährdungsverbote normiert, die dazu bestimmt sind, die Mitglieder eines Personenkreises gegen die Verletzung von Rechtsgütern zu schützen (RIS Justiz RS0027710). Dementsprechend kommt die Annahme eines Schutzgesetzes nicht in Betracht, wenn allein das öffentliche Interesse gewahrt werden soll und ein Individualschutz nur als Nebenwirkung auftritt; verfolgt eine Vorschrift in der Hauptsache andere Zwecke, ist sie daneben aber auch zum Schutz von Individualinteressen erlassen worden, so genügt dies aber grundsätzlich zur Bejahung des Schutzgesetzcharakters (RIS Justiz RS0027710 [T2]). Der Umstand, dass die ein bestimmtes Gebot oder Verbot aussprechenden konkreten Verhaltensnormen dem öffentlichen Recht angehören und nicht ausschließlich den Schutz der Rechte einzelner oder bestimmter Personenkreise bezwecken, steht ihrer Qualifikation als Schutzgesetze nicht entgegen (RIS Justiz RS0027483).

2.2. Der Verstoß gegen ein Schutzgesetz verpflichtet nur insoweit zum Ersatz, als der Schaden aus der Verletzung eines Rechtsguts entstanden ist, zu dessen Schutz die Schutznorm erlassen worden ist (RIS Justiz RS0027529, RS0027553). Dabei genügt, dass die Verhinderung des Schadens bloß mitbezweckt ist (RIS Justiz RS0027553 [T6]). Um herauszufinden, ob die jeweilige Vorschrift, die übertreten wurde, den im konkreten Fall eingetretenen Schaden verhindern wollte, ist das anzuwendende Schutzgesetz teleologisch zu interpretieren (RIS Justiz RS0027553 [T7]; RS0008775). Sowohl der Geschädigte als auch die Art des Schadens und die Form seiner Entstehung müssen vom Schutzzweck erfasst sein (RIS Justiz RS0027553 [T18]).

3.1. § 181f StGB wurde mit BGBl I 2011/103 zur Umsetzung der EU Richtlinie 2008/99/EG über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht eingeführt. Geschütztes Rechtsgut der genannten Bestimmung ist die Umwelt in ihren Erscheinungsformen als geschützte wildlebende Tier oder Pflanzenart ( Manhart in Triffterer/Rosbaud/Hinterhofer , SalzburgKomm StGB § 181f Rz 6).

3.2. Der „eurasische Luchs“ (wissenschaftlich Lynx lynx) ist in Anlage IV der RL 92/43/EWG des Rates vom 21. 5. 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen („Fauna Flora Habitat Richtlinie“), auf die § 181f Abs 2 StGB verweist, aufgezählt.

3.3. Ein Schutz der Tier und Pflanzenarten durch den Staat ist allerdings nur unter Einsatz von finanziellen Mitteln möglich. Demgemäß legt Art 6 Abs 2 der Fauna Flora Habitat Richtlinie fest, dass die Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen treffen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden. Die Klägerin wurde im Gefolge der Art 15a B VG Vereinbarung BGBl I 1997/51 unter anderem mit der Aufgabe gegründet, jene Maßnahmen durchzuführen, die dem Schutz des Lebensraums, der Tiere und Pflanzen dienen. Nach § 6 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung LGBl 1997/113 ist Aufgabe der Klägerin unter anderem, bedrohte Tierarten zu fördern und zu erhalten. Gemäß § 3 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung, mit der das Gebiet „Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen Gebiet Reich raminger Hintergebirge/Sengsengebirge“ als „Europaschutzgebiet Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen“ bezeichnet wird (LGBl 2005/58), ist Schutzzweck des Gebiets unter anderem die Erhaltung der Lebensräume des Luchses.

3.4. Bei dieser Sachlage ist aber davon auszugehen, dass das Töten geschützter Tierarten nicht nur deshalb rechtswidrig ist, weil ein ideelles Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung dieser Tierarten besteht, sondern auch deshalb, weil die – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene bestehende – Verpflichtung zur Setzung von Maßnahmen zum Schutz dieser Tierarten für die öffentliche Hand einen nicht unwesentlichen finanziellen Aufwand bedeutet. Insoweit dient § 181f StGB daher auch dem Schutz finanzieller Interessen derjenigen, die diesen Aufwand zu tragen hatten. Der Umstand, dass die Tötung des Luchses außerhalb des Nationalparkgebiets erfolgt ist, ändert daran nichts, ist doch festgestellt, dass der gegenständliche Luchs aus jener Population stammt, die in den Aufgabenbereich der klagenden Partei fällt. Darauf, ob dem Schädiger der Charakter der übertretenen Norm als Schutzvorschrift bekannt ist, kommt es nicht an (RIS Justiz RS0117008).

3.5. Dabei kommt das Hauptargument gegen den Ersatz bloßer Vermögensschäden, nämlich die Gefahr einer unabsehbaren Ausuferung der Haftung (vgl RIS Justiz RS0022638 [T1]) im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil nicht ein beliebiger Dritter als Kläger auftritt, sondern gerade jener Rechtsträger, der durch Gesetz zum Schutz eben jener Tierpopulation eingerichtet wurde, in die die Beklagte eingegriffen hat. Dass nach dem widerrechtlichen Abschuss des Luchses ein neues Exemplar dieser geschützten Tierart kostenpflichtig angeschafft werden muss, war auch durchaus vorhersehbar. Wenngleich die Klägerin nicht Eigentümerin des getöteten Luchses war, ist sie rechtlich doch zur Erhaltung von dessen Population verpflichtet, was ihre Stellung der eines Eigentümers annähert.

3.6. Die Entscheidung 1 Ob 313/01p betraf die Frage, ob Anrainer einer Mülldeponie von Bestimmungen des Salzburger Naturschutzgesetzes geschützt sind. Diese Frage wurde vom Obersten Gerichtshof verneint. Die Überlegungen dieser Enscheidung lassen sich allerdings nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. In der zitierten Entscheidung wurde die Ablehnung des Schadenersatzanspruchs nämlich gerade mit der fehlenden individuellen Zuordnung begründet, die hier aber gegeben ist.

4. Soweit die Beklagte sich in ihrer Berufung gegen die Feststellung wendet, ein Halsbandsender sei erforderlich, damit der Luchs überhaupt aus der Schweiz ausgeführt werden kann, war die Tatsachenrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die Beklagte übersieht, dass der Zeuge DI Fuxjäger ausdrücklich angegeben hatte, dass die Klägerin ohne den Halsbandsender, der Standard sei, den Luchs nicht erhalten hätte. Warum das Erstgericht dieser Aussage nicht hätte folgen sollen, ist der Berufung auch nicht ansatzweise zu entnehmen. Damit erweist sich die Sache aber als spruchreif.

5. Daher war in Abänderung des Berufungsurteils das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

6. Aufgrund der Abänderung war auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens neu zu fassen. Diese gründet sich ebenso wie die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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