JudikaturJustiz5Ob291/00f

5Ob291/00f – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Peter D*****, und 2.) Anneliese D*****, beide ***** beide vertreten durch Dr. Karlheinz Grabenwarter, öffentlicher Notar in 8010 Graz, betreffend Eintragungen in der Einlage EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. August 2000, AZ 4 R 206/00v, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 3. April 2000, TZ 2540/2000, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Eintragungsbegehren der Antragsteller zielt auf die Begründung eines Baurechts, das der Erstantragsteller als Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** der Zweitantragstellerin mit Notariatsakt vom 1. 9. 1999 eingeräumt hat. Dazu soll zunächst eine Anmerkung nach § 13 Abs 1 BauRG erwirkt und nach Durchführung des in § 13 Abs 2 BauRG vorgesehenen Aufforderungsverfahrens die Baurechtseinlage eröffnet und das Baurecht der Zweitantragstellerin einverleibt werden. Letzteres zusammen mit einer den Erstantragsteller und dessen Rechtsnachfolger im Eigentum der Stammliegenschaft begünstigenden Dienstbarkeit, deren Inhalt sich aus folgenden Bestimmungen des Notariatsaktes vom 1. 9. 1999 ergibt:

"Viertens: Die Bauberechtigte ist verpflichtet

.....

e) Keine Mietverträge über die Laufzeit der Baurechtsdauer abzuschließen und keine Baufinanzierung vorzunehmen, die im Ergebnis diesem Grundsatz zuwiderläuft; die Baurechtsnehmerin haftet dafür, dass lediglich Mietverträge abgeschlossen werden, die unter Berücksichtigung der Rechtslage die rechtzeitige Beendigung des Mietvertrages gewährleisten.

f) Keine unangemessenen Bestandentgelte und keine Vorziehung von Erträgnissen zu vereinbaren, sodass bei Ablauf der Baurechtsdauer der Baurechtsbesteller nicht an Mietverhältnisse gebunden ist, deren Bedingungen unüblich, nachteilig oder deren Mietzinse vorübergehend oder dauernd niedriger sind, als sie bei einer Neuvermietung erzielt werden können.

Die von der Baurechtsnehmerin unter Punkt Viertens e) und f) übernommenen Verpflichtungen sind nachweislich in die von der Genannten in jedem Fall schriftlich abzuschließenden Mietverträge aufzunehmen. Sie ist weiters verpflichtet, die Einhaltung dieser Bestimmungen gegenüber dem Baurechtsbesteller nachzuweisen. Die Baurechtsnehmerin räumt hiemit dem Baurechtsbesteller zur Ausübung, der diesem hiemit vertraglich eingeräumten Einsichts- und Kontrollrechte jene Befugnisse ein, die dem Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegenüber der Gesellschaft zustehen.

Zur Abwicklung der unter Punkt Viertens e) und f) enthaltenen Beschränkungen verpflichtet sich die Baurechtsnehmerin für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum des Baurechtes gegenüber dem Baurechtsbesteller und dessen Rechtsnachfolger im Eigentum der Stammliegenschaft, den Abschluss von Bestand- und Nutzungsverträgen zu unterlassen, sofern diese periodisch nicht wertmäßig gleichbleibende Mietzinse oder Nutzungsentgelte oder aber Entgelte in unangemessener Höhe zum Inhalt haben oder deren Laufzeit, den Ablauf des Baurechtes überschreiten sowie diese Verpflichtungen in die schriftlich abzuschließenden Mietverträge ausdrücklich im Vertragsteil aufzunehmen.

Zur Absicherung dieser Verpflichtung räumt die Baurechtsnehmerin dem Baurechtsgeber die Dienstbarkeit der Unterlassung des Abschlusses anderer als schriftlicher Bestand- und Nutzungsverträge sowie der Unterlassung des Abschlusses von Bestand- und Nutzungsverträgen mit einem Nutzungsentgelt oder Bestandzins in periodisch nicht gleichbleibender oder unangemessener Höhe oder mit einer, den Ablauf des Baurechtes überschreitenden rechtswirksamen Vertragsdauer ein und es wird dieses grundbücherlich sicherzustellende Recht vertraglich angenommen.

Fünftens:

.....

Die Baurechtsnehmerin, Frau Anneleise D*****, erteilt ihre Einwilligung, dass in der oben näher beschriebenen, neu zu eröffnenden Baurechtseinlage:

.....

b) Die Dienstbarkeit der Unterlassung

*des Abschlusses anderer als schriftlicher Bestand- und Nutzungsverträge sowie

*des Abschlusses von Bestand- und Nutzungsverträgen mit einem Nutzungsentgelt oder Bestandzins in periodisch nicht gleichbleibender oder unangemessener Höhe oder mit einer, den Ablauf des Baurechtes überschreitenden rechtswirksamen Vertragsdauer einverleibt werde.

Das Erstgericht wies das Eintragungsgesuch ab, weil die vereinbarte Unterlassungsverpflichtung nicht als Dienstbarkeit verbüchert werden könne und (was die Antragsteller in der Folge nicht bestritten haben) eine Begründung des Baurechts ohne gleichzeitige Eintragung der Dienstbarkeit offenbar nicht angestrebt werde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Auszugehen sei davon, dass nach § 9 GBG (unter anderem) nur dingliche Rechte einverleibt werden können.

Der Oberste Gerichtshof habe etwa in GlU 15.724 die Verpflichtung, den Bezug gewisser Produkte von anderen als einem bestimmten Unternehmen zu unterlassen, oder in WoBl 1992, 129 = NZ 1992/AGS 244, die Vereinbarung von Miteigentümern an einer Liegenschaft die Begründung von Wohnungseigentum zu unterlassen, nicht als grundbücherlich einverleibungsfähiges (Dienstbarkeits )Recht beurteilt.

Diese Judikatur sei auch auf die vorliegende Verpflichtung, den Abschluss gewisser Bestandvertragsbestimmungen (mit Dritten) zu unterlassen, übertragbar.

Wenngleich das Recht des Baurechtsbestellers ersichtlich als persönliche Dienstbarkeit konzipiert sein soll, sei die genannte Eigentumsbeschränkung keine persönliche Dienstbarkeit, wie sie in § 478 ABGB erschöpfend aufgezählt ist (vgl MGA ABGB35, § 478 E 1). Ebensowenig lägen Grunddienstbarkeiten im Sinn des § 473 ABGB vor, weil das Recht der Dienstbarkeit nicht mit dem Besitz eines Grundstückes verbunden ist. Sollte sich aber herausstellen, dass die genannte Eigentumsbeschränkung als Grunddienstbarkeit bestehen könnte, wenn die Voraussetzung des § 473 ABGB erfüllt wäre, könnte sie als unregelmäßige Servitut einer Person allein zustehen (vgl § 479 ABGB). Es komme lediglich darauf an, ob durch die genannten, als Dienstbarkeit beabsichtigten Rechte ein Eigentümer verbunden wird, zum Vorteil eines anderen in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen (§ 472 ABGB) und ob das Recht der Dienstbarkeit mit dem Besitz eines (anderen) Grundstückes zu dessen vorteilhafterer oder bequemerer Benützung verknüpft ist (§ 473 ABGB). Die unregelmäßige Servitut entspreche also inhaltlich einer Grunddienstbarkeit und stehe einer bestimmten Person, losgelöst vom Eigentum derselben an einem bestimmten, sonst herrschend genannten Grundstück zu.

Unter Fortentwicklung des Gedankens in der Entscheidung WoBl 1922, 129 vertrete das Rekursgericht die Ansicht, dass die Verpflichtung, den Abschluss gewisser (Bestands )Vertragsbestimmungen mit Dritten zu unterlassen, eine Eigentumsbeschränkung darstellt, mit der ein Nutzen oder ein Vorteil bei der Benützung des herrschenden Grundstückes nicht verbunden sein kann. Es handle sich um eine Beschränkung der Vertragsfreiheit (der Bauberechtigten), nicht aber um eine Eigentumsbeschränkung.

Die Unzulässigkeit der Begründung einer Grunddienstbarkeit bestehend darin, den Abschluss der genannten Vertragsbestimmungen zu unterlassen, bewirke daher auch die Unzulässigkeit einer irregulären Servitut mit einem solchen Inhalt.

Da ein dingliches Recht mit diesem Inhalt nicht begründet werden kann, sei auch die Einverleibung einer derartigen Dienstbarkeit ausgeschlossen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle nämlich höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob eine vom Baurechtsnehmer übernommene Verpflichtung, den Abschluss bestimmter Vertragsbestimmungen mit Dritten zu unterlassen, als Dienstbarkeit einverleibt werden kann. Die Entscheidung 5 Ob 87/81 betreffen einen ähnlichen, aber doch nicht gleich gelagerten Fall.

In ihrem Revisionsrekurs halten die Antragsteller an ihrem Eintragungsbegehren fest. Sie meinen, es bestehe ein legitimes Interesse des Grundeigentümers, sich die freie Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks nach Beendigung des Baurechts zu sichern. Es müsse ihm möglich sein, Behinderungen, die aus langfristigen Nutzungsverträgen mit dritten Personen oder durch kündigungsgeschützte, zeitlich über das Ende des Baurechts hinausreichende Bestandverträge eintreten, hintanzuhalten. Da das Baurecht nicht zufällig identisch mit dem Standort eines nutzbaren Gebäudes sei, letzteres vielmehr das wirtschaftliche Ergebnis der Ausübung des Baurechts und damit als Zubehör mit dem Baurecht identisch sei, stelle die Einschränkung der Nutzung des Gebäudes eine Einschränkung des Baurechts dar und folge daher dem Rechtscharakter einer Dienstbarkeit. Jede Form der Eigentumsbeschränkung, auch die einer Dienstbarkeitseinräumung, schränke im Übrigen auch die Gestaltungsmöglichkeit des jeweiligen Liegenschaftseigentümers ein. Daraus folge die Eintragungsfähigkeit der vereinbarten Unterlassungsverpflichtung als Dienstbarkeit.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat teilt die zutreffend begründete und daher nur noch mit kurzen Zusatzbemerkungen zu ergänzende Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass die dem Bauberechtigten vertraglich auferlegte Verpflichtung, das Gebäude nur zeitlich befristet bzw unter besonderen die Höhe und die Zahlung des Mietzinses betreffenden Bedingungen zu vermieten, nicht als Grunddienstbarkeit verbüchert werden kann. Dem Bauberechtigten stehen zwar am Bauwerk gemäß § 6 Abs 2 BauRG die Rechte des Eigentümers zu, sodass er die Baurechtseinlage auch mit Grunddienstbarkeiten belasten kann (vgl NZ 1996, 154/354 mit Anm von Hoyer), doch lässt sich die fallbezogene Einschränkung des Vermietungsrechtes eines Liegenschaftseigentümers nicht mit dem in § 473 ABGB definierten Inhalt einer Grunddienstbarkeit vereinbaren. Es fehlt das Tatbestandsmerkmal einer bequemeren oder wenigstens vorteilhafteren Benützung eines Grundstücks (vgl NZ 1992, 276/244 mit Anm von Hofmeister). Die von den Antragstellern (insbesondere vom Erstantragsteller als Baurechtsgeber) angestrebte Drittwirkung der Vermietungsbedingungen könnte gar nicht eintreten, weil auch der von einem Unbefugten (umso mehr der von einem verbotswidrig handelnden Liegenschaftseigentümer) abgeschlossene Mietvertrag grundsätzlich rechtswirksam ist (vgl MietSlg 7801 mwN) und die im MRG begründeten Rechte des Mieters - etwa die Bindung des Rechtsnachfolgers des Vermieters an den wirksam geschlossenen Hauptmietvertrag nach § 2 Abs 1 MRG - nicht abdingbar sind (die zur Beendigung eines Fruchtgenussrechtes ergangene Entscheidung JBl 1987, 376 = MietSlg 39.036 betrifft einen nicht vergleichbaren Fall; siehe auch 5 Ob 546/93 = EWr III/1120/4). Der Baurechtsgeber kann eine dem Baurechtsnehmer vertraglich auferlegte Einschränkung seines Vermietungsrechtes daher nur durch eine Vertragsstrafe bzw durch eine Vertragszuhaltungsklage sichern (vgl Klang in Klang2 V, 148).

Aus diesem Grund war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtssätze
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