JudikaturJustiz5Ob193/02x

5Ob193/02x – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Oktober 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Martin Frederik M*****, vertreten durch Dr. Peter Zdesar, öffentlicher Notar in 9500 Villach, 10. Oktober-Straße 18, betreffend die Einlage EZ ***** über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 29. Mai 2002, AZ 2 R 130/02y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 21. März 2002, TZ 1789/02, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Eintragungsgesuch des Antragstellers wurde vom Erstgericht insoweit abgewiesen, als er bei seiner Liegenschaft die Einverleibung des Fruchtgenussrechtes für Leo (*****) und Elisabeth M***** (*****) gemäß Pkt II des Servitutsvertrages vom 30. 7. 2001 erreichen wollte.

Diese Vertragsbestimmung lautet:

"Vereinbarungsgemäß räumt Herr Martin Frederik M***** dem Herrn Leo M***** und über dessen Weisung auch seiner Ehegattin, der Mutter des Liegenschaftseigentümers, Frau Elisabeth M***** auf deren jeweilige Lebenszeit die Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechtes im Sinne der Bestimmungen der §§ 509 ff ABGB in Ansehung der oben beschriebenen Liegenschaft EZ ***** ein. Der Liegenschaftseigentümer ist berechtigt, die Liegenschaft auch selbst mitzubenutzen, sodass das eingeräumte Fruchtgenussrecht gemeinsam mit dem Liegenschaftseigentümer auszuüben ist. Eine diesbezügliche Benützungsregelung der Liegenschaft wird zwischen den Vertragsteilen gesondert vereinbart."

Das Erstgericht vertrat dazu den Standpunkt, dass entgegen der Vorschrift des § 12 Abs 1 und 2 GBG Inhalt und Umfang der eingeräumten Dienstbarkeit nicht bestimmt genug angegeben worden seien, weil die Benützungsvereinbarung nicht vorgelegt wurde. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Vorweg sei festzuhalten, dass dann, wenn eine Urkunde, aufgrund deren eine Einverleibung begehrt wird, im Zusammenhang mit einer anderen Urkunde steht und sich im Text ausdrücklich auf diese andere Urkunde bezieht, die Vorlage der bezogenen Urkunde nur dann notwendig ist, wenn sie konstitutive Eintragungsvoraussetzungen enthält. Die Vorlage sei somit nicht notwendig, wenn die eigentliche Urkunde schon alle zur Eintragung erforderlichen Merkmale enthält (NZ 1995/335; so auch RPflSlgG 190, 632 und 2101).

Im vorliegenden Fall sei das Begehren der Vertragsteile darauf gerichtet, dass der Punkt II.) des Servitutsvertrages über das Servitutsrecht im Grundbuch eingetragen wird. Demnach wären Leo und Elisabeth M***** im Sinn der §§ 509 ff ABGB Fruchtgenussberechtigte, aber eingeschränkt durch ein Mitbenutzungsrecht des Liegenschaftseigentümers, sodass das eingeräumte Fruchtgenussrecht gemeinsam auszuüben wäre. Dass eine derartige vertragliche Gestaltung zulässig ist, begegne grundsätzlich keinen Bedenken (vgl etwa SZ 25/21). Allerdings, und dies sei hier entscheidend, habe der Fruchtnießer das ausschließliche Recht auf Ausübung der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse, was den Eigentümer von der Verwaltung ausschließe (Hofmann in Rummel, ABGB3, Rz 3 zu § 509). Die Fruchtnießung sei gemäß § 509 ABGB das Recht, eine fremde Sache ohne alle Einschränkungen zu genießen. Es sei daher nicht möglich, dass der Eigentümer einer Sache, wie im Punkt II.) des Servitutsvertrages beabsichtigt, an seiner Sache ein Fruchtgenussrecht ausübt, sodass eine dingliche Wirkung einer Vereinbarung wie der gegenständlichen nicht möglich und daher auch nicht eintragungsfähig sei.

Aus diesem Grund erweise sich die Entscheidung des Erstgerichtes im Ergebnis als richtig, ohne dass die Frage der Relevanz einer weiteren Urkunde zu lösen wäre.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde mit dem Fehlen höchstgerichtlicher Judikatur zur Frage der Verbücherung von Mitbenützungsrechten des Eigentümers neben Fruchtgenussberechtigten begründet.

In seinem gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhobenen Revisionsrekurs vertritt der Antragsteller den Standpunkt, dass § 509 ABGB nur Kriterien für die Auslegung eines eingeräumten Fruchtenussrechtes enthalte und keineswegs zwingend sei. Es sei ohne weiteres möglich, das Fruchtgenussrecht auch an einem Miteigentumsanteil zu begründen; daher müsse es auch möglich sein, die Fruchtnießung so zu gestalten, dass auch dem Eigentümer Nutzungsrechte zustehen. § 509 ABGB verbiete keine Vereinbarungen, wonach dem Fruchtnießer abweichend von der gesetzlichen Regel sehr wohl weitere als die im Gesetz vorgesehenen Einschränkungen auferlegt werden. Es sei nicht einzusehen, warum der Fruchtnießer nicht auch dem Eigentümer die Benützung der dienstbaren Sache gestatten können soll. Die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Nutzung ergebe sich aus dem 16. Hauptstück des ABGB. Punkt II des Servitutsvertrages sei in diesem Sinn zu verstehen und solle nur mit dinglicher Wirkung festlegen, dass das Fruchtgenussrecht von den Dienstbarkeitsberechtigten gemeinsam mit dem Liegenschaftseigentümer ausgeübt werden soll. Eine Verpflichtung zur Benützungsregelung sei nicht normiert worden und auch gar nicht erforderlich, weil im Zweifelsfall die Bestimmungen des ABGB über die Gemeinschaft des Eigentums heranzuziehen seien. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den Beschluss des Erstgerichtes aufzuheben und die beantragte Grundbuchseintragung zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. Richtig ist, dass der Fruchtgenussberechtigte sein von Gesetzes wegen umfassendes Nutzungsrecht an einer fremden Sache (dazu Näheres bei Kiendl-Wendner in Schwimann2, Rz 1 zu § 509 ABGB und Hofmann in Rummel3, Rz 1 zu § 509 ABGB) zumindest der Ausübung nach mit dinglicher Wirkung auf einen anderen übertragen kann (RIS-Justiz RS0011626, RS0011715 und RS0015269), und zwar sowohl hinsichtlich eines realen als auch eines ideellen Teils der Sache (RIS-Justiz RS0015266, RS0015280, RS0011833). Der andere kann dabei auch der Eigentümer der mit dem Fruchtgenussrecht belasteten Liegenschaft sein (vgl 7 Ob 513/85), wenngleich sich in einem solchen Fall die Auslegungsfrage nach einem (teilweisen) Verzicht des Fruchtgenussberechtigten auf seine Dienstbarkeit stellt (vgl Hofmann aaO, Rz 2 zu § 524 ABGB). Demnach ist auch die rechtliche Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass sich der Liegenschaftseigentümer und der Fruchtgenussberechtigte schon im Dienstbarkeitsbestellungsvertrag auf eine Aufteilung der Nutzungsrechte in Bezug auf reale oder auch ideelle Anteile (RIS-Justiz RS0011833) der Liegenschaft einigen. Sogar eine Aufteilung der Nutzungsrechte nach Art und Umfang wurde erwogen (vgl Hofmeister zu NZ NZ 1993, 19/250). Ob dies uno actu (durch einen Vorbehalt von Nutzungsrechten durch den Liegenschaftseigentümer) oder in zwei Rechtsgeschäften geschieht, ist nach den Grundsätzen des § 2 Abs 3 AußStrG für die Verbücherungsfähigkeit belanglos. Zu Recht hat jedoch das Erstgericht darauf hingewiesen, dass der diesbezüglichen Vereinbarung im vorgelegten Servitutsvertrag die erforderliche Bestimmtheit fehlt. Für die Eintragung von Dienstbarkeiten verlangt § 12 GBG die möglichst bestimmte Angabe von Inhalt und Umfang des eingeräumten Rechts. Die hiefür erforderlichen Angaben fehlen. Einerseits soll das den Ehegatten Leo und Elisabeth M***** eingeräumte Fruchtgenussrecht durch Mitbenützungsrechte des Servitutsbestellers beschränkt sein, andererseits wurde nicht vereinbart, woran (oder worin) die vorbehaltenen Benützungsrechte des Liegenschaftseigentümers bestehen sollen. Ob hiefür die vorbehaltene Benützungsvereinbarung, unter der sich der Antragsteller offenbar eine Regelung gemeinsam auszuübender Nutzungsrechte vorstellt, überhaupt das geeignete rechtliche Instrument wäre, kann dahingestellt bleiben. Der Stattgebung des Grundbuchsgesuches steht jedenfalls das Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 3 GBG entgegen. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.