JudikaturJustiz5Ob150/15t

5Ob150/15t – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtsache der klagenden Parteien 1. M***** B*****, 2. S***** B*****, beide vertreten durch die Weinrauch Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei E***** B*****, vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch, Mag. Hannes Pichler, Rechtsanwälte in Graz, wegen Zivilteilung (Streitwert 1.800 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 13. April 2015, GZ 13 R 37/15m 10, mit dem über Rekurs der klagenden Parteien der Beschluss des Bezirksgerichts Jennersdorf vom 13. Jänner 2015, AZ 1 C 9/15v 2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wie folgt zu lauten hat:

„1. Über Antrag der klagenden Parteien wird ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** (Bezirksgericht J*****) die Anmerkung der am 12. 1. 2015 beim Bezirksgericht Jennersdorf zu AZ 1 C 9/15v eingebrachten Teilungsklage bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1) Weinrauch Partner Rechtsanwälte OG, Jordangasse 7/3, 1010 Wien

2) Mag. Manfred Pollitsch, Mag. Hannes Pichler, Rechtsanwälte, Friedrichgasse 6/10/40, 8010 Graz

3) Bezirksgericht Jennersdorf zu AZ 1 C 9/15v

2. Das Bezirksgericht Jennersdorf wird als Grundbuchsgericht um den Vollzug und die Verständigung der Beteiligten ersucht.“

Text

Begründung:

Mit ihrer Klage vom 12. 1. 2015 begehrten die Kläger gegenüber der Beklagten die Aufhebung des Miteigentums an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** durch Zivilteilung. Unter einem beantragten sie, diese Klage im Grundbuch anzumerken. Die Streitteile seien aufgrund des Einantwortungsbeschlusses des Bezirksgerichts Jennersdorf vom 17. 2. 2014, AZ 3 A 118/12v, zu je einem Drittel eingeantwortete Erben nach dem am 2. 9. 2012 verstorbenen D***** H***** B*****. Die Liegenschaft EZ ***** GB ***** sei Teil des Nachlassvermögens und die Streitteile seien daher zu je einem Drittel außerbücherliche Eigentümer dieser Liegenschaft.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Anmerkung der Klage mit der Begründung ab, dass Eigentümer nach wie vor der verstorbene D***** B***** sei. Die Streitteile hätten ihr (gerichtsbekanntes) außerbücherliches Eigentumsrecht nicht eintragen lassen. Eine Klagsanmerkung könne aber nur gegen den Grundbuchseigentümer erfolgen, für oder gegen den außerbücherlichen Eigentümer könne eine Klage nicht angemerkt werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kläger nicht Folge. Der einem Miteigentümer zustehende Teilungsanspruch nach § 843 ABGB setze weder auf seiner Seite noch auf Seite der anderen Miteigentümer bücherliches Eigentum voraus. Auch dem außerbücherlichen Miteigentümer stehe daher grundsätzlich das Recht auf Anmerkung der Teilungsklage zu. Das sei aber nicht gleichbedeutend damit, dass eine solche Eintragung im Grundbuch gegen eine andere als im Grundbuch als dinglich berechtigt eingetragene Person zulässig sei. Eintragungen im Grundbuch seien nämlich nach § 21 GBG nur gegen den zulässig, der zur Zeit des Ansuchens als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechts, in Ansehung deren die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheine oder doch gleichzeitig als solcher einverleibt oder vorgemerkt werde. Zwar finde nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ausnahmsweise eine Durchbrechung dieses Grundsatzes statt, und zwar insbesondere auch zugunsten des Erben, der durch die Rechtskraft der Einantwortung Eigentum erwerbe. Bei den das außerbücherliche Eigentum des Erben beurteilenden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs habe dieser aber nicht die Anmerkung einer Teilungsklage, sondern die Anmerkung von Anfechtungsklagen nach § 20 AnfO und die Klagsanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG zu beurteilen gehabt. In diesen Fällen habe der Oberste Gerichtshof die Durchbrechung des Grundsatzes des § 21 GBG damit gerechtfertigt, dass andernfalls der jeweils beabsichtigte Gesetzeszweck nicht erfüllt werden könnte. Eine derartige nicht beabsichtigte Rechtsschutzlücke liege im Fall der Anmerkung der Teilungsklage allerdings nicht vor, sodass hier vom Grundsatz des § 21 GBG nicht abzugehen sei.

Über Antrag der Kläger änderte das Rekursgericht seinen Zulässigkeitsausspruch ab und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu, ob die Durchbrechung des Grundsatzes des § 21 GBG auch für die Anmerkung der Teilungsklage nach § 843 ABGB im Fall des außerbücherlichen Eigentums der Miteigentümer gerechtfertigt sei.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Kläger. Sie beantragen, dem Erstgericht als Grundbuchsgericht aufzutragen, die Klagsanmerkung zu bewilligen.

Der Revisionsrekurs ist aus dem schon vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.

Der Teilungsanspruch eines Miteigentümers nach den §§ 830, 843 ABGB folgt aus dem Gemeinschaftsverhältnis und nicht aus dem ideellen Eigentumsanteil an der gemeinschaftlichen Sache und bildet deshalb einen schuldrechtlichen Gestaltungsanspruch (RIS Justiz RS0013246 [T9]). Dieser setzt weder auf seiner Seite noch auf Seite der anderen Miteigentümer bücherliches Eigentum voraus, es genügt auch der Erwerb außerbücherlichen Eigentums im rechtstechnischen Sinn, insbesondere kraft Einantwortung (RIS-Justiz RS0013244 [T1], RS0013248).

2. Klagsanmerkungen sind nur zulässig, soweit sie das Grundbuchsgesetz oder ein anderes Gesetz vorsieht, das festlegt, welche Rechtswirkungen damit begründet werden sollen (§ 20 lit b GBG). Das schließt eine Analogie nicht aus, schränkt sie jedoch auf Klagen ein, deren Anspruchsgrund und Funktion einem der Streitanmerkung zugänglichen Klagstypus entsprechen (RIS-Justiz RS0016506 [T1]). Die Anmerkung der Klage auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft im Sinn des § 830 ABGB ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zulässig (RIS-Justiz RS0013239). Sie hat (nur) die Wirkung, dass ein im Prozess erstrittener Teilungsanspruch ohne weiteres Verfahren auch gegen jeden einzelnen Einzelrechtsnachfolger der Prozessparteien durchgesetzt werden kann (RIS-Justiz RS0013239 [T4]).

3. Eintragungen im Grundbuch sind nur wider den zulässig, der zur Zeit des Ansuchens als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechts, in Ansehung deren die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheint oder doch gleichzeitig als solcher einverleibt oder vorgemerkt wird (§ 21 GBG). Auf die wahre Rechtslage kommt es dabei nicht an (RIS-Justiz RS0060803 [T1]; RS0061117 [T3, T4]). Zutreffend hat aber das Rekursgericht darauf verwiesen, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der Grundsatz des § 21 GBG in bestimmten Fällen des außerbücherlichen Eigentums zur Vermeidung einer dem jeweiligen Gesetzeszweck widersprechenden Rechtsschutzlücke durchbrochen ist.

So ist die zur Wahrung des Vorzugspfandrechts nach § 27 Abs 2 WEG erforderliche Klagsanmerkung im Fall einer Zwangsversteigerung ab Anmerkung des Zuschlags im Grundbuch gegen den Ersteher (RIS Justiz RS0115386), im Fall einer Verschmelzung von Gesellschaften gegen die übernehmende Gesellschaft (RIS Justiz

RS0118486) und im Fall der Rechtsnachfolge von Todes wegen gegen den Erben (RIS Justiz RS0011263 [T12]) zulässig.

4. Auch die Anmerkung der Anfechtungsklage nach § 20 AnfO ist zu bewilligen, wenn der Anfechtungsgegner zwar kraft Einantwortung (außerbücherliches) Eigentum an einer Liegenschaft erworben hat, aber als solcher noch nicht im Grundbuch einverleibt ist (3 Ob 37/01i, 5 Ob 5/86). Das Übergehen der Rechtstatsache, dass der Erbe das Eigentum an einer Nachlassliegenschaft schon durch die Einantwortung erwirbt

und die Einverleibung im Grundbuch nur mehr deklarativen Charakter hat (RIS Justiz RS0011263), würde die dem Anfechtungsgläubiger ausdrücklich eingeräumte Möglichkeit der Klagsanmerkung nach § 20 AnfO vom Belieben des Anfechtungsgegners abhängig machen, ob er das ihm zustehende dingliche Recht (deklaratorisch) verbüchern lässt oder nicht. Ein derartiges Auslegungsergebnis kann wegen des eindeutigen Zwecks des § 20 AnfO nicht als der Absicht des Gesetzgebers entsprechend angesehen werden.

5. Die Anmerkung der Anfechtungsklage nach § 20 AnfO hat kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zur Folge, dass das Urteil über die Anfechtungsklage auch gegen Personen wirkt, die nach der Anmerkung bücherliche Rechte erworben haben. Die Klagsanmerkung nach § 20 AnfO schafft damit für die im Fall des Obsiegens im Anfechtungsprozess vorzunehmenden bücherlichen Eintragungen keine Rangordnung iSd § 53 GBG, sondern schließt bloß den guten Glauben der Personen aus, die nach der Anmerkung bücherliche Rechte erworben haben (RIS Justiz RS0050390). Die Anmerkung soll somit die Wirksamkeit des über die Anfechtungsklage ergangenen Urteils gegenüber späteren Rechtserwerbern sichern (3 Ob 37/01i). Den gleichen Zweck verfolgt aber auch die Anmerkung der Teilungsklage nach den §§ 830, 843 ABGB. Auch diese hat (nur) die Wirkung, dass ein im Prozess erstrittener Teilungsanspruch gegen jeden einzelnen Einzelrechtsnachfolger der Prozessparteien durchgesetzt werden kann. Würde man dem Miteigentümer die (von der ständigen Rechtsprechung grundsätzlich bejahte) Möglichkeit der Anmerkung seiner Teilungsklage gegenüber einem außerbücherlichen Miteigentümer nicht gewähren, bestünde eine vergleichbare Rechtsschutzlücke; läge es doch auch hier im Belieben des Beklagten, die Wirksamkeit des über die Teilungsklage ergangenen Urteils gegenüber einem Rechtsnachfolger dadurch zu verhindern, dass er das ihm zustehende dingliche Recht nicht (deklaratorisch) verbüchern lässt. Ohne eine Durchbrechung des Grundsatzes des § 21 GBG könnte daher die von der ständigen Rechtsprechung aufgrund des gebotenen Analogieschlusses als zulässig erachtete Anmerkung der Teilungsklage den eben diesen Analogieschluss rechtfertigenden Zweck nicht erfüllen. Es steht daher der Bewilligung der Anmerkung einer Teilungsklage nicht entgegen, wenn der beklagte Miteigentümer zwar kraft Einantwortung (außerbücherliches) Eigentum an einer Liegenschaft erworben hat, aber als solcher noch nicht im Grundbuch einverleibt ist.

6. Der Umstand, dass die Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuchs (RIS-Justiz RS0061117; RS0010717, RS0060885) nicht als (Mit )Eigentümerin im Grundbuch eingetragen war, trägt demnach die Abweisung des Antrags nicht.

Der Anmerkung der Teilungsklage stehen auch keine sonstigen Hindernisse iSd § 94 Abs 1 Z 1 GBG

entgegen.

Über einen Antrag auf Bewilligung der grundbücherlichen Streitanmerkung ist auch dann, wenn er wie hier im Zuge eines Rechtsstreits beim Prozessgericht gestellt wird, nach den Verfahrensvorschriften des Grundbuchsgesetzes zu entscheiden (RIS-Justiz RS0060701; RS0060516; RS0113517 [T1]). Auch das Prozessgericht hat daher die eingeschränkten grundbuchsrechtlichen Kognitionsmöglichkeiten zu beachten (vgl RIS-Justiz RS0117694). Es war daher an den Klägern gelegen, die behauptete (außerbücherliche) Miteigentümerstellung der Beklagten durch Vorlage von Urkunden zu bescheinigen (vgl

5 Ob 195/12f). Die Kläger haben zu diesem Zweck mit ihrem Antrag eine Ausfertigung des Einantwortungsbeschlusses vorgelegt. Diese weist zwar keine Rechtskraftbestätigung

auf und die Universalsukzession tritt erst mit (formeller)

Rechtskraft des

Einantwortungsbeschlusses ein (RIS Justiz RS0013001). Der sowohl für das bezughabende Verlassenschaftsverfahren als auch die anzumerkende Teilungsklage zuständige Richter des Erstgerichts hat diesen (auch objektiv richtigen) Umstand aber in der Begründung seines Beschlusses auf Abweisung des Antrags auf Klagsanmerkung ausdrücklich als gerichtsbekannt bezeichnet. Neben dem Buchstand, dem Gesuchsantrag und den ihm vorgelegten Urkunden kann das Grundbuchsgericht (nur) gerichtsbekannte Tatsachen bei seiner Entscheidung berücksichtigen (RIS-Justiz RS0040040 [T8, T10]).

7. Der Revisionsrekurs erweist sich damit als berechtigt. Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren daher im Sinne der Bewilligung des Antrags abzuändern.

Rechtssätze
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